1Was Sie vorab wissen sollten
Das Ziel dieses Lehrbuchs ist es, einen fokussierten und systematischen Überblick über die wichtigsten Aspekte des Personalmanagements im professionellen Fußball zu geben. Im Fokus stehen dabei sowohl der administrative Teil des Personals als auch die Spieler und Trainer.
Das Buch ist wie folgt aufgebaut: Jedem Kapitel ist eine Skizze der Schwerpunkte vorangestellt. Anschließend werden zunächst die einschlägigen theoretischen Zusammenhänge erläutert und anschließend auf den Bereich des professionellen Fußballs übertragen, wo sie mit empirischen Ergebnissen aus dem Sport unterlegt werden. Um das erarbeitete Wissen zu vertiefen, sind jedem Kapitel (mit Ausnahme dieser Einleitung) Kontrollfragen und Literaturempfehlungen beigegeben. Praktische Handlungsempfehlungen schließen die Kapitel ab.
Das Buch ist hierzu in neun Kapitel gegliedert: Im Anschluss an dieses erste Kapitel werden im zweiten Kapitel der Begriff „Personalmanagement“ definiert und seine Bedeutung im Rahmen der Unternehmensstrategie herausgearbeitet. Dabei geht das Kapitel auf die historische Entwicklung des Personalmanagements und seine Wandlung zum strategischen Personalmanagement ein. Zudem werden hier die verschiedenen theoretischen Ansätze des Personalmanagements vorgestellt. Im dritten Kapitel wird der Weg zum professionellen Fußball-Klubmanagement aufgezeigt und die Rolle des Personalmanagements im Fußballklub verortet.
Die weiteren Kapitel behandeln die Schwerpunkte des Personalmanagement bezogen auf die einzelnen Instrumente in chronologischer Reihenfolge des Mitarbeitszyklus (Bedarfsplanung, Beschaffung, Einstellung, Entlohnung, Bindung, Entwicklung und Freisetzung).
Das Buch schließt mit einem Nachruf auf die Bundesliga-Saison 2018/19.
2Personalmanagement: Begriffe und grundlegende theoretische Ansätze
Was erwartet Sie in diesem Kapitel?
Nach dem Lesen dieses Kapitels sollten Sie Kenntnisse über folgende Schwerpunktbereiche haben:
»Was bedeutet Personalmanagement und welche Entwicklung ist erkennbar?
»Welche Problemfelder bestehen im Personalmanagement?
»Welche personalökonomischen Ansätze gibt es, was charakterisiert sie und wie werden sie beurteilt?
»Welche motivationstheoretischen Ansätze gibt es, was zeichnet sie aus und welche Kritik existiert daran?
»Was ist Motivation und welcher Zusammenhang besteht zwischen Motiv, Anreiz, Motivation und Handlung?
»Was sind intrinsische und extrinsische Arbeitsmotive?
»Welcher Zusammenhang besteht zwischen Arbeitsmotivation, Arbeitszufriedenheit und Leistung?
»Welche ressourcenorientierten Ansätze gibt es, was zeichnet sie aus und welche Kritik existiert daran?
»Durch welche übergeordneten Theorien ist die Notwendigkeit des Personalmanagements erklärbar?
»Inwiefern erfolgt eine Weiterentwicklung zum strategischen Personalmanagement?
2.1Personalmanagement: Eine Definition
Unter dem Terminus „Personalmanagement“ sollen hier alle mitarbeiterbezogenen Gestaltungs- und Verwaltungsaufgaben verstanden werden. Hierbei handelt es sich insbesondere um die wirtschaftliche Bereitstellung der personellen Ressourcen im Hinblick auf Zeit, Raum und Menge. Dies umschließt den effizienten Personaleinsatz entsprechend der jeweiligen Aufgaben und Kompetenzen sowie die Integration der Mitarbeiter in den Betriebsablauf, ihre Vergütung, Weiterentwicklung und gegebenfalls auch ihre Freisetzung (Wadsack 2004a, S. 115; Lindner-Lohmann, Lohmann & Schirmer 2016, S. 1; Schmeisser, Andresen & Kaiser 2018, S. 37 f.; Schmitt 2007, S. 3 i.A.a. Groening 2005, S. 40 f.).
Abbildung 1: Aufgabenbereiche des Personalmanagement.
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Wadsack (2004a, S. 115), Keller (2008, S. 27), Lindner-Lohmann, Lohmann & Schirmer (2016, S. 1) und Schmeisser, Andresen & Kaiser (2018, S. 37 f.).
Wissen | Kompetenz
Der Begriff „Kompetenz“ wird sehr unterschiedlich definiert. Im Rahmen der klassischen Organisationstheorie werden Kompetenzen als legitimer Handlungsspielraum, der die Erfüllung von Aufgaben ermöglicht, verstanden (Ulrich 1969). Dieses Verständnis liegt auch juristischen Begrifflichkeiten zugrunde (z.B. Graßmann 2005). In der Arbeitswissenschaft hingegen wird neben dieser strukturellen Komponente auch die personelle miteinbezogen, indem das Dürfen um das Können erweitert wird (Ulich 1992). Aus der in der Psychologie zugrunde liegenden individualistischen Perspektive, die auch in der Personalwirtschaft sowie insbesondere der Personalentwicklung Eingang gefunden hat, werden Kompetenzen im Bereich der Eignungsdiagnostik als individuelle Fähigkeiten verstanden, arbeitsplatzbezogene Herausforderungen zu bewältigen (Becker & Rother, 1998; Graßmann, 2005).
2.2Historische Entwicklung des Personalmanagements
Taylors (1911) Theorie des scientific managements bildet allgemein den historischen Ausgangspunkt der wissenschaftlichen Beschäftigung mit personalpolitischen Fragestellungen. Kennzeichen dieses Ansatzes ist die Betrachtung der Mitarbeiter als Produktionsfaktoren wie etwa Kapital und Betriebsmittel. Ihre Tätigkeit solle möglichst optimal an die rechtlichen, technologischen, organisatorischen und marktlichen Rahmenbedingungen der Unternehmung angepasst werden; persönliche Eigenschaften der Beschäftigten wie Ziele, Wünsche, Emotionen und Ängste werden als weitere Rahmenbedingungen erfasst. Vorgeworfen wird diesem Ansatz u.a., dass der Mensch dadurch zum Mittel der Unternehmenszielerreichung degradiert werde (Holtbrügge 2017, S. 1, 9 ff.; Wolf 2013, S. 93 ff.). Folgerichtig beinhaltet ein auf diesem Ansatz basierendes Personalwesen (das sog. klassische Personalwesen) hauptsächlich die Lohn- und Gehaltsabrechnung, das Führen von Personalakten und die Einstellung neuer Mitarbeiter ohne spürbaren Einfluss auf die Unternehmensstrategie.
In den frühen 1980er-Jahren fand eine Neuorientierung statt: Mitarbeiter wurden fortan nicht mehr als Produktionsfaktoren angesehen. In das Personalmanagement wurden Erkenntnisse der Organisations- und Arbeitspsychologie (Gebert & v. Rosenstiel 2002; Schuler 2007; v. Rosenstiel & Nerdinger 2011; Ulich 2011), der Organisations- und Arbeitssoziologie (Mikl-Horke 2007; Abraham & Büschges 2009) und der Philosophie (Steinmann & Löhr 1992; Holtbrügge 2001; Kaiser & Kozica 2012) integriert, wodurch die Bedürfnisse, Qualifikationen und Faktoren der individuellen Arbeitszufriedenheit mehr in den Fokus rückten (Holtbrügge 2017, S. 2 f.). Ebenso wurde versucht, die Arbeitsproduktivität und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen mittels personalpolitischer Instrumente zu steigern.
2.3Theoretische Ansätze des Personalmanagements
Mittlerweile lassen sich im Personalmanagement verschiedene theoretische Ansatzpunkte identifizieren, die im Folgenden dargestellt werden sollen. Diese umfassen die Ausgestaltung von Motivations- und Anreizstrukturen für die Mitarbeiter zur Steigerung der Produktivität.
Die theoretischen Ansätze des Personalmanagements lassen sich unterschiedlich klassifizieren. So unterscheidet Stock-Homburg (2010) bspw. zwischen ökonomischen Ansätzen, zu denen die Transaktionskostentheorie, die Prinzipal-Agenten-Theorie und der ressourcenbasierte Ansatz gerechnet werden, und verhaltenswissenschaftlichen Ansätzen. Letzere umfassen wiederum austauschtheoretische und motivationstheoretische Ansätze. Hier soll zwischen personalökonomischen, motivationstheoretischen und ressourcentheoretischen Ansätzen unterschieden werden.
2.3.1Personalökonomischer Ansatz
Der personalökonomische Ansatz ist an das traditionelle Personalmanagement angelehnt und versucht, personalpolitische Entscheidungen vor dem Hintergrund des Markets sowie bestehender Normen, Gesetze und Institutionen ökonomisch zu bewerten (Holtbrügge 2017, S. 32 f. i.A.a. Backes-Gellner, Lazear & Wolff 2001; Wolff & Lazear 2001; Sadowski 2002; Grieger 2004).
Nach Sadowski (2002) – dem Begründer der Personalökonomie in Deutschland – steht die Analyse bilateraler Tauschverträge (Arbeitsleistung gegen Einkommen, Bildung, Karrierechancen, Beschäftigungssicherheit) im Zentrum des Ansatzes. Daran anknüpfend werden Personalkosten als die „[…] Kosten, die durch den Einsatz menschlicher Arbeitskraft im Unternehmen entstehen […]“, definiert (Schmeisser, Andresen & Kaiser 2018, S. 23). Der personalökonomische Ansatz lehnt sich dabei stark an die Neue Institutionenökonomie und dabei insbesondere an die Prinzipal-Agenten- und die Transaktionskostentheorie an.
Im Wesentlichen geht die Prinzipal-Agenten-Theorie von einer Informationsasymmetrie zwischen einem Auftraggeber (Prinzipal) und einem Auftragnehmer (Agent) aus. Beide Akteure versuchen ihren individuellen Nutzen – teilweise auch durch Opportunismus – zu maximieren. So kann der Agent beispielweise seinen Aufwand unbemerkt reduzieren, so dass sich sein Nutzen erhöht. Ziel der Forschung ist es daher, Anreizstrukturen zu entwickeln, die den Opportunismus möglichst weit einschränken (Schubert 2013, S. 268 i.A.a. Alchian & Demsetz 1972; Eisenhardt, 1988; 1989; Fama 1980; Fama & Jensen 1983; Jensen & Meckling 1976; Mason, Thibault & Misener 2006; Kern 2007, S. 5; Schwendowius 2002, S. 15; Picot 1991, S. 150; Erning 2000, S. 89).
Die Transaktionskostentheorie basiert auf der Erkenntnis, dass die Nutzung der Institution Markt Kosten etwa für die Anbahnung und den Vertragsabschluss der Transaktion – eben die Transaktionskosten – verursacht. Diese Kosten fallen z.B. umso höher aus, je spezifischer und seltener die Transaktion ist. Sie verringern sich bspw., wenn sich die Vertragspartner besser kennen. Auf dieser theoretischen Grundlage lassen sich dann make-or-buy-Entscheidungen treffen oder es lässt sich erklären, warum Unternehmen entstehen (Coase 1937; Erlei, Leschke & Sauerland 2007; Picot 1991, S. 148 f.; Williamson 1985, S. 20 ff.). Werden bspw. immer Spieler vom gleichen Berater oder des gleichen Ex-Vereins verpflichtet, könnte dies mit der Transaktionskostentheorie begründet werden.
Die rein ökonomische Betrachtung personalpolitischer Entscheidungen reduziert die Komplexität zur Erzeugung empirisch überprüfbarer Aussagen (Backes-Gellner 1993; Alewell & Martin 2006), ermöglicht einfache betriebswirtschaftliche Analysen (Wunderer 1992, S. 214) und darauf aufbauend Gestaltungsempfehlungen. Nachteilig wirkt sich bei diesem Ansatz das hohe Abstraktionsniveau aus, wodurch intrinsische Motive und die Einhaltung ethischer Normen kaum berücksichtigt (Steinmann & Hennemann 1993, S. 55 ff.; Scherm 1998; Kabst 2004) und die zentralen Begriffe wie Nutzen oder Transaktionskosten nur schwer operationalisiert und gemessen werden können (Ghoshal & Moran 1996).
Zudem wird als Nachteil angesehen, dass auf diesem Ansatz basierende Gestaltungsempfehlungen opportunistisches Verhalten der Mitarbeiter fördern, da die Führungskräfte ihren Mitarbeitern strikte, ökonomisch bewertbare Anweisungen geben, die anschließend kontrolliert werden müssen und gleichzeitig die Mitarbeiter zu opportunistischem Verhalten drängen (Holtbrügge 2017, S. 36 i.A.a. Ghoshal 2005, S. 85).
2.3.2Motivationstheoretische Ansätze
In motivationstheoretischen Ansätzen müssen der Begriff Motivation geklärt und die unterschiedlichen Formen der...