Kapitel 1: GRUND UND ZIEL DES UNIVERSUMS: DIE GEMEINDE
Gott ist der Herr der Geschichte
Kaum ein nichtchristlicher Historiker hat eine Vorstellung vom Sinn und Ziel der Geschichte. Er vermag wohl die wichtigsten Ereignisse und großen Persönlichkeiten unserer Geschichte aufzuzeichnen und einzugliedern, aber über deren Grund und Bedeutung weiß er kaum etwas. Diese Tatsache wird sogar von bedeutenden Historikern zugegeben. G. N. Clark sagte beispielsweise in einer Rede in Cambridge: „Es ist weder ein Geheimnis noch ein Plan in der Geschichte zu erkennen.“ André Maurois, französischer Biograph, Kritiker und Romanschriftsteller, meint: „Das Universum ist unwichtig. Wer hat es erschaffen? Warum leben wir hier auf diesem unbedeutenden kleinen Dreckhaufen, der im unendlichen Weltraum kreist? Ich habe nicht die geringste Ahnung und bin davon überzeugt, dass auch sonst niemand weiß, warum …“ Andere, weniger aufrichtige Experten sind gleichermaßen verwirrt in bezug auf das Warum und Wozu der Geschehnisse, die sie aufzeichnen, und der Persönlichkeiten, die sie beschreiben.
Die Existenz – für unsere Ahnen ein unergründliches Geheimnis
Die alten Griechen betrachteten die Geschichte als einen Kreis bzw. Kreislauf, wo sich alles wiederholt, ohne dass dabei ein bestimmtes Ziel verfolgt würde oder ein Grund erkennbar wäre. Das Sein bedeutete für sie ein unergründliches Geheimnis. Und diese Philosophie wird auch von den meisten modernen nichtchristlichen Chronisten vertreten.
Sie sehen keinen Zusammenhang in der Existenz. Für sie und für die Welt im allgemeinen ist Geschichte mehr oder weniger eine Aneinanderreihung von sinnlosen Krisen, ohne Zweck oder plausibles Ziel. Der Grund für ein sinnvolles Leben oder für die Existenz des Menschengeschlechts ist ihnen unbekannt. Sie wissen nicht, woher wir kommen und wohin wir gehen. Alles Sein bedeutet ein unbegreiflich großes Rätsel. Ihre Philosophie der Geschichte ist eine Philosophie der Unwissenheit, Enttäuschung und Hoffnungslosigkeit.
Das Universum – für moderne Zeitgenossen ohne Bedeutung
In der Neuzeit wurde diese Philosophie durch den Franzosen Jean Paul Sartre verbreitet. Er lehrte, jeder Mensch lebe als ein isoliertes Individuum in einer wasserdichten Kabine inmitten eines Universums, für dessen Existenz es keinen Grund gibt. Weil wir nicht wissen können, wer wir sind, woher wir kommen und wohin wir gehen, weil wir die Vergangenheit nicht verstehen und keine Hoffnung für die Zukunft haben, ist das Jetzt und Heute das Entscheidende. Nur das, was wir in diesem Moment erfassen, hat Sinn und zählt. Ferne Ziele sind ohne Bedeutung. Daher wäre es töricht und unsinnig, die Gegenwart der Zukunft zuliebe zu opfern. Aus dieser Philosophie heraus entstand die „Heute-Generation“, die Generation, die nicht warten kann. Der Genuss des Augenblicks ist hier das einzig vernünftige Ziel unseres Daseins. Daher: „Lasset uns essen und trinken, denn morgen sind wir tot“ (1 Kor 15,32). Eine ganze Hochschulgeneration wurde mit der Existenzphilosophie der Zügellosigkeit, Wertlosigkeit und Hoffnungslosigkeit gefüttert. Sie antwortete – wie nicht anders zu erwarten war – mit revolutionierender Gewalttätigkeit, Raub und Brandstiftung. Sie verbreitete Tod und Zerstörung in Städten, an den Universitäten der jeweiligen Länder und auf der ganzen Welt.
Unsere Gesellschaft explodierte beinahe über Nacht und verfiel in Gesetzlosigkeit und Kriminalität, wurde aufrührerisch und mörderisch und ein Opfer des Drogenkonsums. Das war das Resultat der Philosophie der Unwissenheit von gestern und der Hoffnungslosigkeit von morgen.1
Die Bibel – die einzig zuverlässige Quelle
Der Historiker weiß weithin weder um Grund noch Ziel der Geschichte, weil er die einzig sichere Quelle, die Bibel, ablehnt. Für die meisten Menschen – einschließlich der Historiker – genießt in der Geschichte immer die politische Macht das größte Ansehen, die über die zahlenmäßig größte Bevölkerung regiert, über die größten Landflächen verfügt, die meisten materiellen Reserven hat und sich der stärksten militärischen Macht rühmen kann. Nach Ansicht der Mehrzahl spielt die Geschichte der Großreiche in der Vergangenheit mit ihren Führern aus Politik, Verteidigung und Wirtschaft eine wichtige Rolle. Danach scheinen die Pharaonen, Nebukadnezar, Alexander der Große, Cäsar, Karl der Große und Napoleon die eigentlichen Geschichtsmacher zu sein. Jene Regenten und ihre Nachfolger bezeichneten sich auch selbst als die Architekten des Schicksals und Former der Ewigkeit. Sie glaubten, sie beeinflussten die Geschichte am nachhaltigsten und seien am Zustandekommen von Geschehnissen maßgeblich beteiligt.
Golgatha – der wahre Kern der Geschichte
Die ganze Welt – und insbesondere ihre Historiker – hat das Ziel total verfehlt. Es gibt nur eine Geschichtsphilosophie, die letztlich zählt, und das ist die „biblische Philosophie“.2 Den Kern der Geschichte bilden nicht etwa die ehemaligen Großreiche Ägypten, Babylon, Griechenland oder Rom. Ebensowenig ihre Gegenstücke in jüngerer Zeit, also Russland, China, die USA oder künftige Großreiche. Bei der Festlegung des Beginns unserer Geschichte muss man alle gewaltigen Reiche samt ihren großen Gestalten unbeachtet lassen. Man findet dann ein kleines Land, das die Bezeichnung „Nabel der Erde“, geographischer Mittelpunkt, trägt. In diesem Land gibt es einen kleinen Hügel: Golgatha. Dahinauf stieg vor zweitausend Jahren ein Mann namens Jesus, um zu sterben. Ich behaupte, dass dieser kleine Hügel in diesem kleinen Land den Kern der Weltgeschichte darstellt, das heißt nicht nur den Kern dieser unserer Welt, sondern auch all der unzähligen Milchstraßen und Systeme im Universum, von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Die Gemeinde – Mitte und Ziel der Geschichte
Dieser Jesus, der am Kreuz den Spott und Hohn der Leute ertrug, existierte „vor allen Dingen“ (Kol 1,17), das heißt sogar vor der Geschichte. Mit ihm beginnt unsere Geschichte, denn „alle Dinge sind durch das Wort (Jesus) gemacht, und ohne dasselbe (Jesus) ist nichts gemacht, was gemacht ist“ (Joh 1,3). Die Geschichte, die in Jesus ihren Anfang hat, wurde und wird von ihm gestaltet und überwacht. „Er trägt das All durch sein machtvolles Wort“ (Hebr 1,3 – Einh). Er regiert es, er wacht über ihm, er verfolgt einen Plan mit ihm. Dieser Plan ist und bleibt der bestimmende Faktor in der Geschichte. Alles in unserer Geschichte ist Teil dieses Plans. Nichts, auch nicht das Unbedeutendste, geschieht außerhalb von ihm. Das Universum und unsere Erde wurden zu dem Zweck erschaffen, den Menschen eine passende Wohnstätte zu sein.3
Die Menschen wurden als Ebenbild und Gegenstück Gottes zu dem Zweck erschaffen, dass sie seinem Sohn ein Partner in Ewigkeit wären. Nach dem Sündenfall und der Verheißung der Erlösung durch den Messias wurde das messianische Gottesvolk geboren und erzogen, um den Messias einzuführen. Der Messias aber kam zu dem Zweck, seine Gemeinde ins Leben zu rufen und so seine Braut zu empfangen. Daher ist die Gemeinde, der herausgerufene Leib der erlösten Menschheit, die Mitte und das Ziel nicht nur der Weltgeschichte, sondern auch all dessen, was Gott in allen Bereichen von Ewigkeit her getan hat und tut. Wenn das wahr ist, dann ist die gesamte Geschichte heilig. Es gibt keine „weltliche Geschichte“. Das ganze Universum ist an Gott und sein Vorhaben, die Gemeinde zu seinem ewigen Verbündeten zu machen und sie herauszurufen, gebunden. Dazu hat er es erschaffen, denn alle Dinge gehören der Gemeinde und sind zu ihrem Nutzen (1 Kor 3,21-23). Als Herr der Geschichte lenkt Gott alle Geschehnisse, nicht nur auf Erden, sondern in allen Sphären. Sie sind Teil in seinem Plan. Nicht Engel noch Erzengel, sondern die Gemeinde, seine auserwählte Braut, soll zur Reife und schließlich zur Thronerhebung mit dem Sohn gebracht werden.4 Diese herrliche Wahrheit fasste Paulus in die Worte: „Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben (der Gemeinde), alle Dinge (der ganze Kosmos) zum Besten dienen (mitwirken), denen, die nach dem Vorsatz berufen sind (der Braut)“ (Röm 8,28).
Romanze im Universum
Zweifelsohne spielt sich inmitten des Universums eine „Liebesgeschichte“ ab, die der Schlüssel zu aller Existenz ist. Von Anbeginn lag es in Gottes Absicht, seinem Sohn einen ständigen Partner zu geben, so wie Johannes in der Offenbarung als von der Braut, des Lammes Weib (Offb 21,9), schreibt. Johannes lässt uns außerdem wissen, dass dieser ständige Partner nach Gottes ewigem Plan nach dem Hochzeitsmahl des Lammes mit dem Bräutigam auf dem Thron sitzen soll (Offb 3,21). Das also ist das Endziel, die eigentliche Absicht für den Geschichtsablauf. Nach Römer 8,28 liegt darin der alleinige Grund für Gottes schöpferisches Handeln. Wir erfahren, dass alles Handeln Gottes von Anfang an im Blick auf die Gemeinde geschah. Nur aufgrund dieser Tatsache können wir hinter das Geheimnis um die Geschichte sehen und es verstehen.5 Von einem nichtchristlichen Historiker kann ein solcher Durchblick nicht erwartet werden. Sollte aber unser Verständnis von Röm 8,28 richtig sein, dann ist diese Schöpfung für die Gemeinde da; für sie handelt Gott (Ps 105). Darum ist es im Grunde nicht so wichtig, ob Pharao, Nebukadnezar, Darius, Sanherib und andere erhöht wurden. Wir lesen zu diesem Thema in Jes 10,5-14. Die Bedeutung dieser Könige war vollkommen abhängig von Gottes Absicht mit ihnen im Zusammenhang mit dem messianischen Volk, welches den Messias hervorbringen sollte. Eines Tages werden wir verstehen, dass nicht nur die in der Bibel niedergeschriebenen Beispiele, sondern auch alle anderen Ereignisse von Ewigkeit auf das eine Ziel hin geplant und gelenkt wurden: um die Braut zu gewinnen und vorzubereiten. In seinem Handbuch zur Bibel weist Henry Halley darauf hin, dass „… das Alte Testament über eine Nation berichtet, das Neue Testament aber über einen Menschen. Der Staat (Israel) wurde gegründet und von Gott erhalten, um der Welt den Menschen (Jesus) zu bringen.“
Begrenzte Annahme eines unbegrenzten Sühnopfers
Was aber war der Grund seines Kommens? Er kam, um zu sterben – und um aufzuerstehen (Joh 12,27). Und wozu? „Er starb und stand auf zur Erlösung der Welt“, lautet normalerweise die Antwort auf die Frage. Es wird Sie vielleicht überraschen, wenn ich Ihnen sage, dass mir diese Antwort zu einfach ist. Es stimmt, dass der Tod Jesu und seine Auferstehung aller Menschheit die Erlösung brachte. Nicht eine Seele des Adam-Geschlechts ist ausgeschlossen. „Und derselbe ist die Versöhnung für unsere Sünden, nicht allein aber für die unseren, sondern auch für die der ganzen Welt“ (1 Joh 2,2). Alle, die jemals geboren wurden oder noch geboren werden, vom Anfang der Menschheitsgeschichte bis hin zum Anbruch der Ewigkeit, sind in Gottes allumfassende erlösende Liebe eingeschlossen. Aber Gott wusste auch von Anfang an, dass nur ein Teil dieses universale Angebot annehmen würde. Jesus selbst weist in Mt 7,13-14 klar darauf hin: „Geht ein durch die enge Pforte. Denn die Pforte ist weit, und der Weg ist breit, der zur Verdammnis führt, und ihrer sind viele, die darauf wandeln. Und die Pforte ist eng, und der Weg ist schmal, der zum Leben führt, und wenige sind ihrer, die ihn finden.“ Wenn Gott von Ewigkeit her wusste, dass das „Nettoresultat“ seines schöpferischen Wirkens – einschließlich des Erlösungsplans – nur ein verhältnismäßig geringer Teil sein wird, dann mag daraus folgern: Dieser kleinen Gruppe gilt Gottes ganzes Denken, Planen, Wirken.6 Folglich wurde das Universum um dieser Gruppe willen erschaffen. Ihretwegen wurden die Bewohner der unsichtbaren Welt ins Dasein gerufen (Hebr 1,14). Ihretwegen wurde das Erdreich gegründet, und ihretwegen wurde das Adam-Geschlecht geboren. Um sie zu besitzen, trat Gott selbst in den Lauf der Geschichte ein, dadurch, dass er Mensch wurde. Diese kleine Gruppe heißt Gemeinde, Braut, Weib des Lammes (Mt 16,18; Offb 21,9).7
Die Braut – das „Endprodukt“ der Zeitalter
Kommenwir zum letzten „Beweis“ unserer Aussage. Wenn jemand das Warum und Wozu der Geschichte kennen möchte, muss er aufs Ende sehen, auf das Endresultat.8 Weil Prophezeiung im voraus geschriebene Geschichte ist, finden wir das letzte Kapitel der Geschichte im Buch der Offenbarung. Wenden wir uns den letzten Seiten zu: Was wird das Endprodukt der Zeitalter sein? Einzig und allein der ständige Partner des Gottessohnes. Das Endresultat und höchste Ziel alles Seins von Ewigkeit zu Ewigkeit, das Endprodukt aller Zeiten ist die fleckenlose Braut Christi. Sie ist es, die am Hochzeitsmahl des Lammes in Glückseligkeit vereint an der Seite des Bräutigams auf dem Thron des Universums sitzen wird. Sie wird mit ihm in einem Königreich herrschen und regieren, das sich ständig vergrößern wird. Der Grund für Jesu Menschwerdung war letztlich, seine Geliebte in Besitz zu nehmen (Offb 19,6-9). Die Gemeinde ist der Schlüssel zur Geschichte. Die Gemeinde, im Blut gewaschen und unbefleckt, ist die Mitte, der Grund und das Ziel für Gottes gewaltige Schöpfung. Deshalb ist die Geschichte nur Dienerin der Gemeinde. Die Völker der Welt sind wie Marionetten, die Gott für die Ziele mit seiner Gemeinde einsetzt (Apg 17,26). Die Schöpfung dient keinem anderen Zweck. Die Geschichte hat keinen anderen Grund. Schon vor Grundlegung der Welt bis hin zum Anbruch ewiger Zeiten war und ist es Gottes Plan, dass am Ende ein großartiges Ereignis stattfinden soll, nämlich die glorreiche Hochzeit seines Sohnes, das Hochzeitsmahl des Lammes.
Die himmlische Hochzeit und die Erfüllung des ewigen Planes Gottes
Gott sah, dass es für seinen Sohn nicht gut war, allein zu sein. Wie bei Adam. Von Anfang an lag es in Gottes Absicht, seinem Sohn eine ständige Gefährtin zu geben. Sie sollte mit ihm auf dem Thron des Universums sitzen.9 „Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn es ist eu...
