In guter Gesellschaft
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Wie Mikroben unser Überleben sichern

  1. 136 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
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Wie Mikroben unser Überleben sichern

Über dieses Buch

Das Leben ist nicht, wie oft angenommen wird, aus einem Konkurrenzkampf heraus entstanden, sondern aus Kooperation, Austausch, Zusammenschluss. Aber wo wir auch hinschauen: wir ziehen gegen das "kleine Leben" in den Krieg und zerstören die lebensnotwendige Vielfalt. Auch nützliche Bakterien werden als Feinde betrachtet und mit scharfem Geschütz bekämpft. Dabei wissen wir heute, dass Mikroorganismen, oder kürzer gesagt, Mikroben, nützlich sind und es gut wäre, mit den kleinen Lebewesen Frieden zu schließen, denn sie sind in jeder Hinsicht unsere Verbündeten.

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Information

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Krankheit beginnt in dem Moment, in dem wir eine innere Störung mit einer äußeren Ursache erklären.
SAMUEL HAHNEMANN
Den meisten Menschen sind Mikroben vor allem als Krankheitserreger bekannt: Staphylococcus aureus, Salmonella und Co. bedrohen unsere Gesundheit und unser Leben. Bakterien, Pilze und Viren haben ihre Finger mit im Spiel bei Krankheiten wie Borreliose, Malaria, Tetanus, Polio, Hirnhautentzündung, Hepatitis, Gelbfieber, Röteln, Tollwut, Aids, Ebola, Vogelgrippe, Schweinegrippe, SARS, COVID-19. Mehr als 350 neue Infektionskrankheiten haben sich allein in den letzten 60 Jahren entwickelt.
Kaum war es uns vor 200 Jahren gelungen, die lieben Kleinen zu identifizieren, sind wir auch schon gegen sie in die Schlacht gezogen: Wir verschanzen uns, schrubben an uns herum, desinfizieren unsere Körper und unsere Umgebung, meist ohne darüber nachzudenken, was wir den Mikroorganismen und uns selbst damit antun. Keimfrei ist gut, glauben wir. Wir kaufen, wo antibakteriell draufsteht, töten massenweise unliebsames Leben auf unseren Feldern und in unseren Gärten, essen und trinken Ultrahocherhitztes, mit Chemikalien Versetztes, in Plastik Abgepacktes und mit radioaktiver Strahlung haltbar Gemachtes. Trotz aller Warnungen nehmen wir Antibiotika in großen Mengen zu uns und lassen uns impfen, wenn der Winter vor der Tür steht, ohne uns groß Gedanken darüber zu machen, welchen Sinn es überhaupt macht. Die Auseinandersetzung mit dem Coronavirus macht es deutlich: Wenn es um unsere Gesundheit geht, bleiben Mikroben unsere Feinde. Doch wo wir sie ausgerottet glaubten, entstehen neue Kolonien. Der Strom des kleinen Lebens scheint sich nicht aufhalten zu lassen. So sind wir heute weit davon entfernt, die Mikroben auch nur annähernd im Griff zu haben. Dennoch bleibt unsere Strategie der Angriff. Koste es, was es wolle.

Zerlegte Körper

Mikroben dienten uns lange Zeit als billige, leicht zu beschaffende und manipulierbare Objekte für Forschungsprojekte, an denen sich die Probleme der Biologie abarbeiten ließen. An ihnen wurde erforscht, wie unsere Gene organisiert und reguliert werden. Dank ihnen gelang es um die Jahrtausendwende, das menschliche Genom zu entschlüsseln. Doch wenn es heute um Krankheiten geht, an denen Mikroben beteiligt sind, stehen wir mit ihnen auf Kriegsfuß. Da sie, wie die aktuelle Forschung zeigt, an absolut allen Lebensprozessen beteiligt sind, trifft man sie natürlich auch bei allen Krankheiten an. Wir suchen uns dann ein paar von ihnen heraus, entreißen sie ihrem natürlichen Zusammenhang, schicken sie isoliert zur Untersuchung ins Labor, bekommen standardisierte Diagnosen zurück und geben ihnen dann die Schuld dafür, dass wir krank geworden sind.
Bei dieser Vorgehensweise haben wir nur das Detail vor Augen, nicht das Gesamte. Wir haben, wie es uns an dem Zustand unserer Welt heute immer deutlicher vor Augen geführt wird, insgesamt den Überblick verloren. Während es für jede kleinste Sache einen Spezialisten gibt, geht es dem Gesamtorganismus immer schlechter. Im Laufe der letzten Jahrhunderte haben wir gelernt, die Welt auseinanderzunehmen und in ihre Einzelteile zu zerlegen, doch von dem, was sie zusammenhält, haben wir keine Ahnung. Entsprechend funktioniert auch unsere Medizin. Sie basiert auf Erkenntnissen, die sich empirisch nachweisen lassen, und ignoriert alles, was nicht in diese Vorgabe passt.
In einer reduktionistischen, symptomorientierten, vom materialistischen Denken durchdrungenen und dem kapitalistischen System dienenden Medizin geht es in erster Linie darum, Medikamente und Dienstleistungen zu verkaufen. Natürliche Heilansätze, die nicht patentiert werden können und an denen nicht verdient werden kann, interessieren die Pharmaindustrie nicht. So sind energetisches Heilen, Pflanzen, Kräuter und mittlerweile auch die Homöopathie immer weiter ins Abseits gedrängt worden. Es wird nicht danach geforscht, wie das gestörte Gleichgewicht, das jeder Erkrankung zugrunde liegt, wieder ausgeglichen werden kann.41 Die natürlichen Selbstheilungskräfte des Organismus zählen nicht. Es geht vor allem um Geld. So will es die Logik unseres neoliberalen, auf Ausbeutung und Unterdrückung basierenden Systems. Entsprechend kümmert sich unsere Medizin nicht um die Ursachen dafür, warum denn ein Organismus überhaupt »aus dem Ruder läuft«, sondern ausschließlich um die Symptome. Sie sucht Probleme, keine dauerhaften Lösungen – denn daran würde ja niemand verdienen. Die Angreifertheorie gefährlicher Mikroben und bösartiger Zellen eignet sich hervorragend dafür, diese Maschinerie in Gang zu halten.
Diese Pille ist nicht leicht zu schlucken. Doch wir müssen in dieses Dickicht hineinleuchten, wenn wir den Umgang unserer Medizin mit Mikroben verstehen wollen. Unsere Wissenschaft hat sich immer mehr darauf konzentriert, die Ursachen und Lösungen für unsere Probleme im Außen zu suchen. Während in einem gott- und sinnlosen Universum die Dinge aus Zufall geschehen, wurde der Mensch zunehmend zu einer seelenlosen Maschine, in der die einzelnen Teile beliebig austauschbar sind. Aus jeglichem Zusammenhang gerissen kam uns mit der Verantwortung für unser Leben auch die Macht über uns selbst abhanden.
Andere kümmern sich um uns. Nicht mehr unsere Körper sind es, die aus sich heraus heilen, unterstützt von Maßnahmen, die eine natürliche, ganzheitliche und das Lebendige respektierende Medizin begleitend anbieten kann. Wir vertrauen unser Leben und das Leben unserer Lieben Spezialisten an, von denen wir glauben wollen, dass sie es gut mit uns meinen. Nicht mehr Kräuter, heilende Handgriffe und Ruhe werden uns verabreicht, sondern chemische Substanzen, chirurgische Eingriffe und Technik. Die Frage, was wir selbst zur Lösung unseres Problems beitragen können, wird in den wenigen Minuten, die eine Sprechstunde üblicherweise dauert, meist nicht angeschnitten.
Über Ernährung – anerkanntermaßen eine der wichtigsten Säulen unserer Gesundheit – wird in der Regel nicht gesprochen. Sie kommt im Medizinstudium so gut wie gar nicht mehr vor. So kennen sich die meisten Ärzte heute in Ernährungsfragen schlichtweg nicht mehr aus.42 Obwohl auch die Mikrobenforschung hinlänglich deutlich macht, dass nahezu alle gesundheitlichen Störungen mit unserer Ernährung zusammenhängen, und obwohl wir heute wissen, dass eine einseitige und industrielle Ernährung zu den ersten Todesursachen zählt, legt unsere Medizin wenig Wert auf Aufklärung. Unsere Gesetze regeln nicht ausreichend die Kommerzialisierung krank machender Substanzen und Lebensmittel. Schwermetalle, Pestizide und eine unaufhaltsame Verschmutzung unseres Lebensraumes werden nicht verboten.43
Besserung ist nicht in Sicht. Den meisten von uns ist nicht klar, was sie sich selbst und ihren Körpern damit antun, immer wieder auf Drogen und Medikamente zurückzugreifen, die Symptome lindern sollen, die sich mit einer ausgeglichenen und natürlichen Ernährung, ausreichend Bewegung und einem guten Verhältnis zu sich selbst und zum Leben durchweg vermeiden ließen. Durch unsere Weigerung hinzusehen haben wir es alle zusammen ermöglicht, dass sich eine Art Notfallmedizin etabliert, die einige wenige bereichert und die meisten krank macht. Hausärzte, denen die Lebensumstände ihrer Patienten bekannt sind, gibt es heute so gut wie nicht mehr. Auf dem Land gehen die Arztpraxen reihenweise ein, und die Bundesärztekammer ist dabei, das Fernbehandlungsverbot zu lockern: Beratungen und Behandlungen sind mittlerweile auch ausschließlich online möglich. Anstatt eines direkten, persönlichen Kontaktes mit einem heilkundigen Menschen gibt es Telemedizin und unpersönliche Kontakte mit allen möglichen Experten, die die anonymen Körper in ihre kleinsten Einzelteile zerlegen, ohne jemals danach zu fragen, welches Wesen in ihnen lebt. Alle medizinischen Vorgänge sind darauf ausgerichtet, dem Behandelnden alle Macht zu geben und dem Patienten keine. Und so wollen wir es ja auch. Wir laufen wegen jeder Kleinigkeit zum Notarzt und lassen alles Mögliche mit uns anstellen. Je länger die Rezeptliste ist, desto ernstgenommener fühlen wir uns in unserem Leiden. Es kostet ja auch nichts. Die Allgemeinheit zahlt dafür, dass wir die Souveränität über unseren Körper an Fachkräfte abtreten. In nur wenigen Jahrzehnten haben wir uns daran gewöhnt, Krankheit und Tod regelrecht aus unserem Leben auszugliedern, wie die meisten unserer Probleme. Für alles gibt es Spezialeinrichtungen. Bereitwillig überlassen wir die Verantwortung für unsere Gesundheit und unser Leben unserem Arzt oder Apotheker. Zwar sind wir heute über die Lobbyarbeit und die ausufernde Macht der Pharmakonzerne informiert und beklagen die dunklen Seiten unserer Labor- und Gerätemedizin. Doch obwohl regelmäßig Gesundheitsskandale auftreten und wir im Grunde wissen, dass Krankheit ein Geschäft wie jedes andere ist, in dem es in erster Linie um Profitmaximierung geht,44 ziehen wir in der Regel nicht in Zweifel, dass insgesamt zu unserem Besten gehandelt wird. Es ist eben nur ein »Zuviel des Guten«.
Dank unseres medizinischen Fortschritts fühlen wir uns heute sicher. An dieser Überzeugung möchte niemand gerne kratzen lassen. Wir betrachten uns als geschützt vor den meisten Übeln, die uns noch bis vor Kurzem heimgesucht haben. Alte Infektions- und Mangelerkrankungen scheinen überwunden. Pocken, Pest und Cholera gibt es für uns so gut wie nicht mehr. Nur in den armen Randgebieten der Erde tauchen sie bisweilen noch auf, wie die Pest in Madagaskar oder die Cholera in Haiti.45 Unsere alten Leiden wurden jedoch durch neue ersetzt, die es früher nicht oder fast nicht gab: Diabetes, Übergewicht, Depression, Burn-out, chronische Rückenleiden, Darmerkrankungen, Multiple Sklerose, Alzheimer, Parkinson, Krebs.46 Unsere sich immer weiter verbreitenden Zivilisationskrankheiten haben wir, wie ihr Name sagt, selbst gemacht. Keine von ihnen kann unsere Medizin heilen. Sie kann sie nur behandeln.
Viele glauben, dass wir früher gar nicht alt genug geworden sind, um diese Krankheiten zu entwickeln. Es sind jedoch immer mehr jüngere Menschen und zunehmend auch Kinder betroffen.47 Doch solange uns unsere Statistiken sagen, dass unsere Lebenserwartung insgesamt steigt, werden wir den Glauben an den sogenannten Fortschritt nicht infrage stellen. Beweisen die Zahlen denn nicht, was wir alles der modernen Technologie und Medizin zu verdanken haben? An dieser Überzeugung wird nicht gerüttelt. Wer es dennoch tut, der zieht sich schnell Unverständnis, Spott oder Wut zu. Es ist ja vor allem der Glaube an Wissenschaft und Technik, auf dem unsere Hoffnung ruht, dass wir unsere Probleme in den Griff bekommen. Wenn nicht der Fortschritt, wer sollte uns dann retten?
Und so wähnen wir uns, wenn wir die Regeln befolgen, die uns unsere Autoritäten vorgeben, in relativer Sicherheit. Schließlich ist unsere Lebenserwartung laut Statistik in den letzten Jahrzehnten deutlich gestiegen. In Deutschland wurden in den 50er-Jahren Männer noch im Durchschnitt 64,6 und Frauen 68,5 Jahre alt. 2015 lag die durchschnittliche Lebenserwartung von Männern bereits bei 78,4 und von Frauen bei 83,4, und für 2060 kalkulieren die Statistiker fast 85 Jahre für Männer und 90 für Frauen. Es scheint, als würden wir dank unserer Erfindungen die Natur austricksen und uns immer langlebiger machen. Fast könnte man meinen, als seien unsere Kö...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Widmung
  5. INHALT
  6. FREUND ODER FEIND?
  7. KREATIVES MITEINANDER
  8. GEGEN DAS LEBEN
  9. DIE KLEINE REVOLUTION
  10. ZUSAMMEN LEBEN
  11. WEITERFÜHRENDE LITERATUR