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Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Band 5 Beiträge zur Stadtgeschichte

Magnus Dellwig, Peter Langer, Magnus Dellwig, Peter Langer

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Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Band 5 Beiträge zur Stadtgeschichte

Magnus Dellwig, Peter Langer, Magnus Dellwig, Peter Langer

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Über dieses Buch

Band 5 der Stadtgeschichte Oberhausens ergänzt die 2012 erschienene vierbändige Ausgabe mit vier wertvollen Beiträgen Das E-Book Oberhausen wird angeboten von Karl Maria Laufen Buchhandlung und Verlag und wurde mit folgenden Begriffen kategorisiert:
Regionalgeschichte, Kommunalgeschichte, Geschichte

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Information

Auflage
1
Thema
History

Peter Langer

1914-1918, Die Heimatfront in Oberhausen

Sozialer und politischer Wandel in der Industriestadt Oberhausen 1914-1918 – Der Krieg als Triebfeder und Katalysator.

Der Begriff „Heimatfront“ ist ein Propagandabegriff. Die Vorstellung, die hinter diesem Begriff steht, war am Ende des Krieges der Nährboden für die Giftsaat der Dolchstoßlegende1. Wenn wir uns diesen Begriff zueigen machen, dann immer nur mit der nötigen kritischen Distanz – er ist eigentlich immer in Gänsefüßchen zu setzen. Es kann hier also nicht um die Frage gehen, inwieweit die Menschen die Jahre von 1914 bis 1918 als „Kampf“ erlebt haben, welchen Beitrag zur Kriegsanstrengung sie geleistet haben – mit der unweigerlichen Bilanz am Ende: der Frage nämlich, wer für die Niederlage an dieser „Front“ die Verantwortung trägt. Vielmehr geht es um die Veränderungen in den sozialen und politischen Strukturen der Industriestadt Oberhausen - einschließlich der nördlichen Nachbarstädte, die 1929 eingemeindet werden würden. Diese Strukturen werden von der Stadtgesellschaft aus betrachtet, nicht aus der Perspektive der Schützengräben. Es ist zu fragen, welcher Wandel sich unter den Bedingungen des großen, langen Abnutzungskrieges vollzog. Dabei muss natürlich die gesellschaftliche Realität immer wieder der propagandistischen Schönfärberei, die mit den Parolen von der „Heimatfront“, mit der Beschwörung des „Geistes von 1914“, des „Augusterlebnisses“, unweigerlich verbunden war, gegenübergestellt werden. Der von den Machteliten ausgerufene „Burgfrieden“ konnte auf die Dauer nicht verhindern, dass durch den Krieg tiefgreifende soziale und politische Veränderungen in Gang gesetzt wurden, dass also das Gegenteil dessen eintrat, was sich die Eliten von einem Krieg erhofft hatten – nämlich die Stabilisierung ihrer Herrschaft2.
Die „Schlacht an der „Heimatfront“, d.h. die Organisation der Kriegswirtschaft, durchlief drei Phasen3. In der ersten Phase vom August 1914 bis zum Februar 1915 wurde in allen Bereichen improvisiert. Einer der besten Kenner der deutschen Wirtschafts- und Sozialgeschichte in der Zeit des Ersten Weltkriegs kommt für die deutsche Rüstungsproduktion in dieser Phase zu dem vernichtenden Urteil: „Kurzum, bei Kriegsbeginn war das Beschaffungswesen von Chaos und Korruption durchdrungen.“4 In der zweiten Phase bis zum Herbst 1916 spielte sich allmählich ein „Kriegskorporativismus“ ein, d.h. es entwickelten sich standardisierte Abläufe der Zusammenarbeit zwischen den militärischen Kommandostellen, den zivilen Behörden und der Industrie. Dabei zeichnete sich früh das Muster ab, dass die militärischen Dienststellen eher bereit waren, Arbeiterinteressen zu berücksichtigen, als die zivilen Behörden – weil sie erkannten, dass ein Entgegenkommen gegenüber den Arbeitern und ihren Gewerkschaften unumgängliche Voraussetzung war für die Produktionssteigerung in der Rüstungsindustrie5. Ungelöst blieb auch in dieser Phase das Ernährungsproblem. „Hungerkrawalle, Tumulte vor Lebensmittelgeschäften und kleinere Streiks“ nahmen 1916 derart zu, dass in der Öffentlichkeit ein „Lebensmitteldiktator“ gefordert wurde, der das „Durcheinander in der Bürokratie und [die] Halsstarrigkeit der Bauern“ überwinden sollte6. In der dritten Phase vom Herbst 1916 bis Oktober 1918 wurde der Versuch gemacht, das Ernährungsproblem mit Hilfe eines neu geschaffenen „Kriegsernährungsamtes“ (KEA) in den Griff zu bekommen und die Kriegswirtschaft mit Hilfe des „Hilfsdienstgesetzes“ (HDG) umfassend für den Totalen Krieg zu organisieren.
Aus dem Gesagten wird schon deutlich, auf welche Literatur ich mich im Wesentlichen stütze: Auf Hans Ulrich Wehlers „Deutsche Gesellschaftsgeschichte“ und auf die Werke von Gerald Feldman, vor allem auf seine Untersuchung „Armee, Industrie und Arbeiterschaft“. Hinzu kommt noch Jürgen Kockas Buch mit dem programmatischen Titel „Klassengesellschaft im Krieg“.7 Die Ergebnisse der vorgenannten Forschungen sind m.E. nach wie vor gültig. Sie sollen am Beispiel der Stadtgesellschaften im Herrschaftsbereich der GHH in der Emscher-Zone des Reviers konkretisiert und veranschaulicht werden.
Zum hundertjährigen Gedenken an den Ausbruch des Ersten Weltkriegs gab es eine Flut von Neuerscheinungen. Das Buch von Christopher Clark über die „Schlafwandler“ stand 2013/14 Monate lang ganz oben auf den Bestsellerlisten.8 Auch das Buch von Herfried Münkler über den „Großen Krieg“ fand zeitweise großen Anklang.9 Beide Autoren polemisieren heftig gegen die Sicht von Fritz Fischer und seine seit 1961 ausdifferenziert entfaltete Argumentation von der maßgeblichen Verantwortung der deutschen Reichsleitung für den Beginn des Ersten Weltkrieges, den das Deutsche Reich als Präventivkrieg führte und deshalb als erste Großmacht eine Kriegserklärung – gegen Russland – aussprach. Dies ist nicht so ganz nachvollziehbar, da die von beiden Autoren präsentierten Fakten Fischers Kritik an der kaiserlichen Regierung im Kern eher bestätigen als widerlegen. Bei genauer Lektüre reduziert sich der Dissens lediglich auf die Wertung der Rolle „der Falken“ in den militärischen und politischen Eliten des Kaiserreichs: Fritz Fischer bemüht sich, den Entscheidungseliten nachzuweisen, dass sie seit den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts zielgerichtet auf einen großen Krieg hingearbeitet hätten. Die genannten Autoren der Gegenwart weisen den Vorsatz zurück und plädieren stattdessen auf Fahrlässigkeit. Hinsichtlich der Verantwortung für die Auslösung des großen Krieges stellt vor allem Clark stärker die Rolle Serbiens und Russlands heraus, entlastet aber das Deutsche Reich keineswegs. Für die große Mehrheit der Arbeiter und generell der Unterschichten in der Klassengesellschaft des Deutschen Reiches machte es aber keinen Unterschied, ob das entsetzliche Gemetzel an den Fronten und die blanke Not in der Heimat mit Absicht oder durch fahrlässige Dummheit herbeigeführt worden war. Dass für eine generelle Revision des Geschichtsbildes vom Ersten Weltkrieg kein Anlass besteht, betonte ein so prominenter Historiker wie Heinrich August Winkler.10
Klassengesellschaft und kommunalpolitische Konstellation vor 1914
Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, war Oberhausen gerade einmal 50 Jahre alt. Die Bevölkerung der 1862 gegründeten Gemeinde Oberhausen war in dem ersten halben Jahrhundert ihres Bestehens von knapp 6.000 auf fast 100.000 Einwohner angewachsen, verursacht unter anderem durch einen besonders starken Wachstumsschub in den Jahren direkt vor dem ersten Weltkrieg.11 Nur jeder vierte Einwohner von Oberhausen im Jahre 1914 war in der Stadt geboren. Das rasante Wachstum der Stadtbevölkerung war neben den jährlichen Zuwanderungsüberschüssen auf wachsende Geburtenüberschüsse zurückzuführen, was wiederum eine starke Verjüngung der Einwohnerschaft in der Periode unmittelbar vor dem Kriegsausbruch zur Folge hatte.12
Altersstruktur der Oberhausener Bevölkerung 1880-191013
Fast ein Viertel der 100 000 Einwohner von Oberhausen waren Industriearbeiter. Mit über 50% der Beschäftigten war der Bergbau vor 1914 der mit Abstand größte Arbeitgeber. Es folgten die Betriebe der Verhüttung und Verarbeitung von Metall, mit 30-32 % der Beschäftigten.14 Dieses Zahlenverhältnis würde sich während des Krieges verändern: Durch die Rüstungskonjunktur setzte ein rasantes Wachstum der Metall verarbeitenden Industrie ein. In beiden Branchen – Kohle und Eisen - dominierte vor 1914 ein einziger Konzern: Die Gutehoffnungshütte (GHH). In der Stadt Oberhausen selbst, später „Alt-Oberhausen“, war die Concordia AG, allerdings nur im Bergbau, der zweite Riesenbetrieb.
„Die Wirtschaftsgeschichte Oberhausens war bis zur Bildung von Groß-Oberhausen 1929 in ihrem Kern eine Geschichte der Kohle-, Eisen- und Zinkindustrie sowie derjenigen Industrien und Gewerbe, die von dieser Schwerindustrie gefördert oder zugelassen wurden. Das waren spezifische Zulieferer- und Weiterverarbeitungsbetriebe, vor allem Betriebe des Maschinen-, Geräte- und Brückenbaus sowie der Kohlechemie. Nur einige wenige Konsumgüterindustrien, wie die Oberhausener Glas- und die Porzellanfrabrik, nahmen in der Gewerbezone nördlich des Bahnhofs eine prosperierende Entwicklung. Entscheidend für die Leistungsfähigkeit dieser Wirtschaft und die extreme Expansion des Oberhausener Arbeitsmarktes waren nach der ersten Gründungsphase (1850-1873) nicht so sehr die Niederlassung neuer Unternehmen, sondern die Erweiterung und horizontale wie vertikale Ausdifferenzierung der einheimischen Großbetriebe, vor allem der GHH und der Concordia AG.“15
Die jungen, in den meisten Fällen kürzlich zugezogenen Männer hatten sich in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg verstärkt in Gewerkschaften organisiert. Die „freien“ Gewerkschaften, die der SPD nahestanden, hatten es aber in Oberhausen vor dem Krieg schwer. Sie konnten bis 1914 nur 1500 Arbeiter organisieren und standen damit an dritter Stelle hinter den wirtschaftsfriedlichen Werkvereinen mit 2500 Mitgliedern und den christlichen, sprich: katholischen, Gewerkschaften mit 2300 Mitgliedern. Der Konzernleitung der Gutehoffnungshütte war es nicht nur gelungen, einen großen Teil ihrer Beschäftigten in die „gelben“ Werkvereine zu drängen, sondern sie auf diesem Wege gleichzeitig auch in den zahlreichen nationalen Vereinen auf lokaler Ebene zu organisieren. Dies folgte gehorsam der vom Vorstandsvorsitzenden der GHH ausgerufenen Parole, wonach die Stadt Oberhausen fest auf die drei Säulen „Kohle, Eisen und Vaterlandsliebe“16 gegründet sein sollte. „Die Bürger der Stadt Oberhausen sind ohne Ausnahme Männer der Arbeit. Diese Männer haben zum Teil unter widrigen Verhältnissen und in hartem Kampfe in kurzer Zeit ein großes blühendes Gemeinwesen geschaffen. Allezeit treu zu König und Vaterland, treu zu Kaiser und Reich stehend, sind die Einwohner dieser Industriestadt noch heute in ihrer großen Mehrheit und wollen es bleiben für alle Zukunft national bis auf...

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