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Herausforderung der Literatur: Péter Esterházy
- 447 Seiten
- German
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Herausforderung der Literatur: Péter Esterházy
Über dieses Buch
Der Band unternimmt den Versuch, das Werk Péter Esterházys als Ganzes zu untersuchen. Gleichzeitig präsentiert er innovative Analysen zu einzelnen Texten des Autors mitsamt wichtiger (kultureller, regionaler, weltliterarischer) Kontexte. Dabei geraten zentrale Aspekte von Esterházys Schreibkunst sowohl aus schriftstellerischer und übersetzerischer als auch aus literaturwissenschaftlicher Sicht in den Blick. Einige Beiträge fokussieren eigens das bislang spärlich erschlossene Frühwerk Esterházys.
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Information
II Das Werk Esterházys: Perspektiven der Literaturwissenschaft
An den Rändern der Literatur – zum frühen Werk
Figurationen des Schweigens in Péter Esterházys früher Prosa
Csongor Lőrincz
Übersetzung: Deutsch von Christina Kunze.
„ich beabsichtige damit nicht das Fehlen von etwas anzuzeigen“(Péter Esterházy)
Das Verhältnis zwischen dem Schweigen als sprachanthropologischem und redehermeneutischem Phänomen und der literarischen Kommunikation ist sehr wahrscheinlich so alt wie die Geschichte der letzteren. Das Schweigen machte immer schon das Thema der Literatur aus, außerdem ihren Effekt, ja sogar ihre Dimension – und freilich auch ihre Grenze. Über das Schweigen als konstitutives Moment der Literarität wissen wir heute vielleicht immer noch zu wenig. Wenn es einerseits die Leidenschaft, die Passion der Literatur sein kann, „to say every-thing“1, wie verhält sich dazu die Dimension des Schweigens und die Grenze oder der Widerstand, die in ihr impliziert sind? Wenn die Literatur andererseits auch berufen ist, das Geheimnis zu bewahren, was bedeutet das für den performativen Wert des Schweigens? Hier ist nicht nur das in der Literatur thematisierte und inszenierte Schweigen von Interesse, sondern auch das Schweigen der Literatur selbst – als dessen fragiles Performativ im Bereich der Kultur.
Auf der Ebene der Sprachtheorie markiert der Problemkomplex des Schweigens die Grenzen der Sprache, der Versprachlichung, der Sprachwerdung, hängt mit ihnen zusammen – weniger jedoch von dem Widerstand der Bildlichkeit her, der in kulturwissenschaftlichen Diskursen vielleicht etwas überbewertet wird, sondern eher in der Konfrontation der Sprache mit sich selbst innerhalb ihrer eigenen Grenzen.2 Die Forschung hat das Ereignis des Schweigens in letzter Zeit am ehesten entlang des Phänomens und der Zusammenhänge des Traumas thematisiert, auch als körperliche Erfahrung, als eine Art Symptom der Hilflosigkeit. In diesem Fall werden allerdings häufig referenzielle Erfahrungen angesprochen, die die Sprache oder Versprachlichung von außen erreichen oder hemmen und mit kausaler oder indexikalischer Bedeutung interpretiert werden. Das Phänomen des „beredten Schweigens“, dem man auch im Alltag auf Schritt und Tritt begegnet, dürfte wohl zu verbreitet sein, als dass es sich auf die Spurenhaftigkeit des Traumas reduzieren ließe, obgleich man die Verbindung von Schweigen und Trauma (in weiterer Bedeutung Gewalt) natürlich nicht aus dem Blick verlieren darf. Allerdings scheint es geraten, sich vor der naheliegenden Unterscheidung zwischen Sprache und Schweigen (oder gar ihrer Verstärkung im Zeichen des Traumas) zu hüten, denn die Ambivalenz des Schweigens liegt gerade in seinem Einsickern in die Sprache oder umgekehrt darin, dass es von der Sprache durchdrungen, mit ihr kontaminiert ist. Wie es keine reine Sprache gibt, so gibt es auch kein reines Schweigen als eine äußere Dimension (so sehr auch einzelne Paradigmen der dichtungsgeschichtlichen Moderne gegebenenfalls bemüht waren, dieses herzustellen oder heraufzubeschwören). Der indeterminierte, ambivalente Charakter der kommunikativen Züge des Schweigens erfordert ein gründlicheres Denken des Verhältnisses zwischen Schweigen und ertönender Sprache, das eine Veränderung der Auffassung von den beiden „Gliedern“ implizieren kann. Das Schweigen kann nicht die mit ihm sozusagen in einem agonalen Verhältnis anzunehmende Sprache in Zweifel ziehen, sondern gewisse Kennzeichen, z. B. einzelne formal-objektivierbare Seiten oder pragmatische Schemata der Sprache bis hin zur Erosion der historisch maßgeblichen Aspekte des Sprachbegriffs. So hat Heideggers hermeneutisch-existenzialanalytische Kritik des Begriffs „Aussage“ in Sein und Zeit das Phänomen des Schweigens bereits von der Ebene des intentionalen Verhaltens in die Dimension des In-der-Welt-Seins versetzt, indem sie es als Modalität von deren Verstehen situierte (im Zusammenhang mit dem Vernehmen, wo der „Ruf“ des Gewissens auch im Modus des Schweigens ertönt).3 Dabei blieb die Möglichkeit der Interpretation der Beziehung von Schweigen und Gestimmtheit gewahrt, ebenso wie das Denken der Gestimmtheit, die sich im Schweigen manifestiert, des Schweigens als Stimmung oder in Abhängigkeit von ihr (also über die formale Struktur der Subjektivität hinaus). Das Schweigen kann hier sogar als Zeugnis der es bedingenden Gestimmtheit aufgefasst werden. Bei Heidegger bezeichnet der Begriff „Erschweigen“ den Zusammenhang zwischen Sagen, Schweigen und Gestimmtheit und mithin gleichsam das Reden durchs Schweigen oder das schweigende Reden, den Modus des Redens.4 Das Schweigen im Sinne des „Erschweigens“ lässt sich zugleich von der Gestimmtheit her als „Erleiden“, als Erleiden des Schweigens oder der Schweigsamkeit (als Gewalt) interpretieren.
Etwas plakativ könnte man auch sagen, dass das Schweigen von hier aus nicht mehr vom Sprachbegriff zu trennen ist, gleichsam im Sinn eines: „Sage mir, was du vom Schweigen hältst, so sage ich dir, was dein Sprachbegriff ist“. Als Grundlage für all das ist die – hermeneutische – Sprachauffassung anzusetzen, für die nicht das Sagen eine Funktion des Lautlichen ist, sondern umgekehrt, die tönende Sprache die Funktion des als Sagen verstandenen Redens.5 Nur auf der Grundlage dieser systematischen Vorannahme kann man das Phänomen des Schweigens in seinem Verhältnis zur Sprache neu denken. Zugleich kann die Betonung der Kommunikativität des Schweigens dieses der Sprache unterordnen, trotz aller Ambivalenzen des Schweigens – so wird das Schweigen zum nicht-verbalen, nicht-erklingenden Aspekt der Sprache und weniger zu einer Art von Grenze oder nicht-sprachliche Dimension von ihr.6 Der fließende Charakter der Grenze zwischen Sprache und Schweigen muss nicht unbedingt dazu führen, dass das Schweigen auch in der Sprache oder als Sprache aufgelöst, von der Sprache beziehungsweise der sprachlichen Konvention her autorisiert wird. So gesehen ist die hermeneutische Dimension des Logos weniger von einem morphologischen oder phänomenologischen Sprachbegriff bzw. vom Ausdrucksprinzip her zugänglich, sondern eher von den Rändern oder Grenzgebieten der Sprache aus, ja gewissermaßen sogar von da, wo sie sich entzieht. Heideggers Sprachbegriff steht spätestens seit der „Kehre“ Erfahrungen offen, die er nach Sein und Zeit in seinen Hölderlin-Interpretationen weiter behandelt und beispielsweise im Nachdenken über das „Zerbrechen des dichterischen Wortes“ in seinen George-Interpretationen vertieft hat.7
Der damit zusammenhängende (rede-)hermeneutische Aspekt des Schweigens kann dessen Alterität sein: Das Schweigen als Sprache des Anderen. Diese epistemische Richtung der Betrachtung von Sprache und Individuum ist eine kardinale Bedingung für die Lockerung des Verhältnisses von Schweigen und Intentionalität und damit für die Emergenz des Komplexes vom Ungesagten. Das ist die Kategorie, die in den meisten Untersuchungen zum Schweigen nicht eigens thematisiert wird, dabei ist ohne die Annäherung an die Dimension des Ungesagten auch das Schweigen – gleichsam als Manifestation dieses Ungesagten – nicht in seiner ganzen Tragweite zu erfassen, so bleibt seine Deutung in der Regel im formalen Gegensatzpaar Aktivität vs. Passivität gefangen. Das Schweigen wird nicht als solches zur Sprache des Anderen oder des Andersseins, sondern über das – im Schweigen implizierte, beispielsweise versprochene oder als Überbleibsel, Überrest noch präsente – Ungesagte. Das heißt, irgendeine Aktivität des Ungesagten geht zugleich dem sprachlichen Handeln voraus, auf die Weise einer Art schweigenden Versprechens, zugleich folgt sie auf das sprachliche Handeln als Relikt, genauer: als geschehendes Bleiben, als Latenz der Sprache (als „restance“ im Sinne Derridas, weniger in der Bedeutung des Gebliebenen, als vielmehr in der des Bleibens).8 All dies hat Implikationen, die die performative Seinsweise der Sprache betreffen: Das Schweigen in diesem besonderen Sinn, dass es der Sprechhandlung vorausgeht und zugleich auf sie folgt, lässt sich nicht einfach nur zur Kenntnis nehmen – es fordert vielmehr (gerade als Versprechen oder Implikat des Ungesagten) das Zeugnis oder irgendeine Responsivität.
Dass das Schweigen in den Vordergrund gerät, vollzieht sich im Horizont der Moderne gelegentlich parallel zu den Paradigmen des Nicht-Handelns, des Überlassens, des Sein-Lassens (der „Gelassenheit“ bei Heidegger), sowohl mit der Relativierung des weltbildenden Primats des menschlichen Handelns (und des damit zusammenhängenden Geschichtsbilds) als auch mit der Verlagerung des operationalen Wertes der sprachlichen Handlungen selbst in die unpersönlichere Operativität, ja sogar Entziehung der Sprache. Von hier gesehen kann das Schweigen als besonderer Chiasmus von Aktivität und Passivität, sogar als Transgression dieses Gegensatzpaares, Sinn oder zumindest Bedeutung gewinnen.
Bei der Untersuchung der Geschichtlichkeit ihres Verhältnisses in der Moderne kann vielleicht die Annahme riskiert werden, dass die Kreuzungen zwischen Sprache und Schweigen – ebenso wie zwischen dem inneren und dem äußeren Wort9– konstitutiver, zugleich aber verwickelter, ambivalenter werden. Sprache und Schweigen lassen sich nicht scharf gegeneinander abgrenzen, es handelt sich nicht um zwei voneinander trennbare Gebiete (deshalb lohnt es nicht, sie gegenständlich aufzufassen), ihr Verhältnis lässt sich nicht als Dichotomie beschreiben. Man kann es auch so ausdrücken, dass die Grenze zwischen zwei (nicht-)sprachlichen Sphären sich in jede von ihnen einschreibt, als äußere oder jenseitige Seite der jeweiligen Sphäre (und zwar entlang der oben erwähnten Koordinaten, impliziert durch die Lockerung des Verhältnisses von Ertönen und Sagen, Schweigen und seiner Intentionalität, als Sprache des anderen oder in ihrer Bedingtheit). Zugleich wird das Wie ihrer Definierbarkeit relativiert, indem das Schweigen nicht einfach in seiner versprachlichten Form interessant wird, sondern beispielsweise als nicht-anthropomorphes Rauschen der Sprache. Die sprachtheoretischen und a fortiori literaturgeschichtlichen Bezüge der modernen Geschichte des Schweigens lassen sich auf der Grundlage dieses gegenseitigen Chiasmus oder dieser Kontamination bzw. sogar dieses Parasitismus denken.10 Die für die Moderne charakteristische Temporalisierung erstreckt sich auch auf das Schweigen: Seine Zeitlichkeit wird konstitutiv, die „Zeit des Schweigens“ spielt in der literarischen Episteme der Periode in beiden möglichen Bedeutungen (Zeitpunkt bzw. Dauer) eine Rolle.11 Immer schweigender (1929), das in dieser Hinsicht besonders beredte Gedicht von Gottfried Benn, lässt ein Verständnis des Schweigens als Intensität (auch im temporalen Sinn) zu, als gesteigerte Anwesenheit des Schweigens in der Sprache oder als seine Stärke, zumindest jedoch als sein Stärkegrad. Das Verhältnis der (apostrophischen) Stimme des lyrischen Ich zu diesem Schweigen ist am ehesten eines des Erleidens (wie in anderen Werken von Benn ihr Verhältnis zur rhetorischen Frage, „nämlich Erleiden der Antwortlosigkeit“),12 als eines der aktiven Durchführung (das heißt: auch hier ist die Dimension des Nicht-Handelns maßgeblich). Das Schweigen wird gleichsam zum Korrelat des lyrischen sprachlichen Ereignisses, und die beiden Bedeutungen „seiner Zeit“ lassen sich nicht mehr voneinander unterscheiden. Diese Ununterscheidbarkeit kann die mediale, auf literarische Weise intensivierte oder hervorgerufene Leistung der Sprache sein.
In der Erzählprosa widmet sich beispielsweise der Roman Between the Acts (1941) von Virginia Woolf der literarisch-narrativen Analyse des Phänomens des Schweigens, gleichsam als Narrativisierung der berühmten Zeilen „Words, after speech, reach / Into the silence“ (Four Quartets) von Eliot, wo die Virtualität des Schweigens, das Schweigen als Virtualität interpretiert wird (als eine Art potentiellen Echos), unter anderem als Index eines speziellen Versprechenscharakters. Der Roman führt die reich detaillierte Szenografie des Schweigens auf, als Spannung, Hiat, Mehrdeutigkeit in der (erzählerischen) Umsetzung in die inszenierte mimetisch-gestische und die verbale Sprache, während er auch mit einer Art Unlesbark...
Inhaltsverzeichnis
- Title Page
- Copyright
- Contents
- Über das Werk von Péter Esterházy Einleitung
- I Das Phänomen Esterházy (zwischen Lesen, Schreiben und Übersetzen)
- II Das Werk Esterházys: Perspektiven der Literaturwissenschaft An den Rändern der Literatur – zum frühen Werk
- Literarisches Schreiben und (inter-)textuelles Universum
- Ein Netz der kleinen Formen: Muster und Originalität im Schreiben Péter Esterházys
- Selektive Tradition und Kanon bei Péter Esterházy
- Werkkomposition und Lesefiguren der Intertextualität
- Regionale Konstellationen der literarischen Kommunikation
- Dialog und Testamentarität in den letzten Werken
- On the Concept of Writing “Versions” of a “Simple Story” in the Late Prose of Péter Esterházy
- Die Darstellung von Krankheit in Péter Esterházys Werken Bauchspeicheldrüsentagebuch und Schuldig
- Personenverzeichnis
- Sachverzeichnis
- Titelverzeichnis