Germanische Altertumskunde im Wandel
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Germanische Altertumskunde im Wandel

Archäologische, philologische und geschichtswissenschaftliche Beiträge aus 150 Jahren

  1. 403 Seiten
  2. German
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  4. Über iOS und Android verfügbar
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Germanische Altertumskunde im Wandel

Archäologische, philologische und geschichtswissenschaftliche Beiträge aus 150 Jahren

Über dieses Buch

Für den 100. Ergänzungsband zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde wurden aus 150 Jahren Forschung zur Geschichte und Kultur der "Germanen'' 18 Beiträge zusammengetragen. Die ausgewählten Texte sind typisch für ihre Zeit, zum Teil Wendemarken der Forschung, die den weiteren Gang der wissenschaftlichen Diskussion tief beeinfl ussten. Jeder Text wird durch einen Kommentar ergänzt, der diesen in den zeithistorischen Kontext und die Wissenschaftsgeschichte einordnet.

In diesem ersten Teilband sind nach einer ausführlichen Einleitung jeweils sechs archäologische und geschichtswissenschaftliche Beiträge versammelt. Der zweite Teilband enthält ebenso viele philologische Beiträge, eine Auswahlbibliographie sowie ein Register für beide Bände.

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Information

Jahr
2021
ISBN drucken
9783110561852
eBook-ISBN:
9783110561975
Auflage
1

V Neuausrichtungen (1990–2010)

Vom Nutzen des Germanenbegriffes zwischen Antike und Mittelalter: eine forschungsgeschichtliche Perspektive

Walter Pohl
Dem Problem des Germanenbegriffes kann man sich auf unterschiedliche Weise nähern. Aus historischer Sicht sollte zunächst nach Umfang und Bedeutung des Namens in der untersuchten Zeit gefragt werden. Wer wurde zu welcher Zeit zu den Germanen gezählt, und welche Vorstellungen verbanden sich mit diesem Namen? Ein Überblick über die Quellen zeigt rasch, dass seit dem 5. Jahrhundert kaum mehr von Germanen die Rede war; das ist deswegen wenig bekannt, weil die moderne Forschung um so großzügiger mit dem Germanenbegriff umgegangen ist.1 Das führt zur Frage nach Umfang und Nutzen des Begriffes in der heutigen Frühmittelalterforschung. Diese Diskussion ist keineswegs neu, sondern schon vor einigen Jahrzehnten von Reinhard Wenskus, Rolf Hachmann und anderen begonnen worden.2 Zuletzt hat Jörg Jarnut ein Plädoyer für den völligen Verzicht auf den Germanenbegriff gehalten, zumindest für das Frühmittelalter, wo der entsprechende Quellenbegriff fehlt.3 Der Einwand mag berechtigt sein, dass der Verzicht auf eine so stark verwurzelte Kategorie forschungsökonomisch wenig sinnvoll ist. Doch gerade die Selbstverständlichkeit, mit der die Forschung immer noch grundlegende Deutungsmuster an den Germanenbegriff knüpft, so dass er gar nicht verzichtbar scheint, sollte zu denken geben. Zumindest eine gründliche Überprüfung der im Germanenbegriff implizierten Annahmen und forschungsleitenden Vorstellungen sollte geleistet werden, bevor man ihn allenfalls weiter als Verständigungsbegriff verwendet.
Diese Diskussion muss sich zunächst den forschungsgeschichtlichen Voraussetzungen stellen, die oft immer noch mitschwingen, auch wenn sich unsere Forschungspraxis von ihnen entfernt hat. Zur Verdeutlichung sollen einige Zitate aus einem Klassiker der germanischen Altertumskunde dienen: Vilhelm Grönbechs „Kultur und Religion der Germanen“, vor etwa hundert Jahren entstanden.4
„Unter dem Namen Germanen fassen wir den Volksstamm zusammen, von dem die Skandinavier, Deutschen und Engländer Abzweigungen sind.“ Schon den |19| Römern sei die Verwandtschaft der Germanen aufgefallen, „eine Verwandtschaft, die sich nicht nur in der Sprache kundgibt, sondern noch weit mehr in der Kultur bis in ihre innersten Verzweigungen hinein.“5 Freilich nahmen die Römer die Germanen nur verzerrt als Menschen ohne Gesetz und Charakter wahr; erst in der altnordischen Dichtung hat „ein germanisches Volk sich selbst ein Denkmal für die Nachwelt errichtet“. Dann schließt der Autor:
Kultur im wahrsten Sinne des Wortes ist eine elastische Harmonie zwischen dem innersten Ich des Menschen und seiner Umgebung, so daß er nicht nur imstande ist, die Umgebung seinen materiellen Zwecken dienstbar zu machen, sondern auch die Impulse der umgebenden Welt in geistige Ideale und Bestrebungen umzusetzen. In diesem Sinn sind die Wikinger Männer von Kultur; sie sind Herren über sich selbst und ihre Welt mit dem stolzen Recht des Entschlusses. […] Welch ein Unterschied zwischen diesen beiden Bildern – dem Bilde, das südliche Federn von den germanischen Zeitgenossen gezeichnet haben, und dem, was die letzten Altgermanen selbst in die Geschichte geprägt haben! Nichtsdestoweniger fassen wir beide unter einem Namen zusammen; und tun es mit reifer Überlegung, mit vollem Bewußtsein dessen, was dieser Sprachgebrauch in sich schließt. Man hat früh entdeckt, daß beide so eng verwandt sind, daß es nicht nur gerechtfertigt, sondern notwendig ist, sie gemeinsam zu behandeln. Die Andeutungen über frühgermanische Sitten, Gesetze, ethische Wertungen, die uns erhalten sind, beweisen, daß jene ersten Germanen mit ihren jüngeren Vettern die Denkweise gemeinsam hatten, das, was Gedanken und Gefühle verbindet und sie zu Trägern der Persönlichkeit macht.6
Der Begriff Kultur kommt im Titel dieses Bandes zweimal vor; er steckt im Haupttitel Akkulturation und nochmals in der ‚germanisch-romanischen Kultursynthese‘. Was verstehen wir unter germanischer Kultur? Zunächst kann die Frage anders gestellt werden: Was verstehen wir darunter vor dem Hintergrund des soeben skizzierten emphatischen Begriffes von germanischer Kultur? Grönbech sah darin die „elastische Harmonie zwischen dem innersten Ich des Menschen und seiner Umgebung“, deren Impulse in „geistige Ideale und Bestrebungen umgesetzt werden“. Ihm ging es um den hermeneutischen Zugriff auf dieses innerste Ich, die „Energie“, die „aus der tiefsten Seele kommt“, die „Denkweise“; seine Germanen „reproduzieren sich selbst in einem Idealtyp“, etwa dem des Häuptlings, der „vom Leben und der Dichtung gemeinsam gebildet worden“ ist.7 Dieser Ansatz entfaltet die romantische Vorstellung von der Volksseele, dem Volkscharakter. Kulturelle Praktiken und Formen der Selbststilisierung – wie man es heute nennen könnte – werden als hermeneutischer Schlüssel zu einem Wesen, einer Essenz betrachtet, die ethnisch gebunden ist.
Freilich, schon die Rezeptionsgeschichte zeigt deutlich das Problem, den Ergebnissen von Grönbechs ebenso einfühlsamer wie voreingenommener Hermeneutik einen präzisen historischen Ort zu geben. Der Titel der dänischen Originalausgabe von 1909–1912 verzichtete wohl bewusst auf jede genaue |20| ethnische, räumliche oder zeitliche Eingrenzung: „Vor Folkeæt i Oldtiden“. In Grönbechs Werk stand das Buch im Zusammenhang mit Monographien über das alte Griechenland, indische und abendländische Mystik, Christus, Goethe und Dostojewski. Die englische Übersetzung von 1928 hieß dagegen „The Culture of the Teutons“. Die Germanen traten erst in der deutschen Ausgabe von 1932/34 auf: „Kultur und Religion der Germanen“, inzwischen in 12. Auflage erhältlich. Kurz darauf, 1937, hielt Otto Höfler am Deutschen Historikertag einen programmatischen Vortrag über „Das germanische Kontinuitätsproblem“. Dabei betonte er in deutlicher und zuweilen polemischer Absetzung von der bisherigen Forschung, bei den Germanen habe es eine „jahrtausendealte Kontinuität der politischen Souveränität“ gegeben, die „ihresgleichen weder im europäischen Osten, Südosten noch Westen hat“. Diese Kontinuität sah er bestimmt durch ihre rassische Grundlage und die „kultische Bindung ihrer Gemeinschaftsformen“.8 Auch Herrschaft und Staat entsprangen demnach völkischer Wurzel.9 Im folgenden Jahr erschien der Aufsatz in der Historischen Zeitschrift; und die Universität Hamburg schenkte dem Institut für Österreichische Geschichtsforschung in Wien zur Feier des Anschlusses Grönbechs „Kultur und Religion der Germanen“. 1954 charakterisierte Höfler im Vorwort zur 5. Auflage von Grönbechs Werk dessen Ansatz so: „Es ist fest ausgeformten alten Kulturen zu eigen, daß ein System von anerkannten Wertungen über dem einzelnen steht und daß auch starke und selbständige Charaktere sich in einem unverbrüchlichen Gefüge von Normen und Gesetzen bewegen.“10 Dass der Begriff ‚Religion‘ in den deutschen Titel von Grönbechs Werk aufgenommen wurde, ist kein Zufall. Es entsprach dem Bestreben vieler der besten Köpfe jener Zeit, gesellschaftlichen Bindungen eine quasi-religiöse Verbindlichkeit zuzuschreiben und sie zugleich aus unentrinnbaren biologischen Voraussetzungen heraus zu erklären: Volk, Kultur, Religion und Staat können solcherart als zumindest in der Wurzel identisch beschrieben werden. Sozialer Kontext und politische Folgen dieser Gegenaufklärung unter Rückgriff auf die Frühgeschichte sind wohl bekannt.
Es ist hier nicht der Ort, diese Impressionen aus der jüngeren Forschungsgeschichte zu differenzieren, was sicherlich notwendig wäre. Man könnte auch überlegen, was der Verfassungsbegriff bei Wenskus und sein Konzept der „gentilen Denkform“ noch von den hier skizzierten Voraussetzungen enthalten.11 Das Problem dürfte heute darin liegen, dass die hochaufgeladenen, mehr oder weniger irrationalistisch geprägten Vorstellungen von germanischer Kultur nach 1945 kaum mehr adäquat diskutiert, sondern eher durch unauffällige Reduktion entsorgt worden sind, und zwar in verschiedenen Disziplinen und bei verschiedenen Gelehrten in unterschiedlichem Maß. Die Ideen Grönbechs und ihre Systema|21|tisierung und Politisierung durch Höfler (stellvertretend für viele ähnliche, wenn auch oft nüchternere Ansätze) scheinen aus zwei Gründen nicht mehr brauchbar. Zum einen, und das ist methodisch durchaus diskutiert worden, ist die altnordische Dichtung kaum als Quelle für ein Jahrtausend ältere Verhältnisse auf dem Kontinent zu verwenden; aber selbst für Skandinavien ist Grönbechs Annahme, die Sagas seien als unverstellte „Selb...

Inhaltsverzeichnis

  1. Title Page
  2. Copyright
  3. Contents
  4. ‚Germanische Altertumskunde‘ im Rückblick. Einführung
  5. Zur Einrichtung der Texte
  6. I Etablierung (ca. 1850 bis 1900)
  7. II Verfestigung (um 1900)
  8. III Neuansätze und ihr Fortwirken (1930er bis 1950er Jahre)
  9. IV Neue Akzente (1970er und 1980er Jahre)
  10. V Neuausrichtungen (1990–2010)