
- 64 Seiten
- German
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Über dieses Buch
Das Bündner Dorf Zuoz ist bekannt für sein intaktes Dorfbild. Gleichzeitig beherbergt der Engadiner Ferienort auch eine ausserordentliche Sammlung von herausragenden Glasmalereien. So lassen sich heute auf einem kurzen Rundgang im Dorfzentrum die wichtigsten Entwicklungen der Schweizer Glasmalkunst des 20. Jahrhunderts ablesen. Seit dem Einbau des ersten Fensters von Augusto Giacometti im Jahre 1929 sind bis heute weitere 23 Glaskunstwerke im öffentlichen Raum installiert worden. Mit grossem Geschick haben es die sieben hier vorgestellten Glasmalerinnen und Glasmaler verstanden, ihre Werke in die historische Bausubstanz zu integrieren – als ob sie immer Teil davon gewesen wären.
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Information
Thema
Architektur
Kirche San Luzi, Zuoz.
Fenster zu San Luzi
Die Kirche San Luzi
Die Kirche San Luzi ist schwer zu übersehen. Mit seinen 67 Metern überragt ihr spitzer Turm die übrigen Gebäude des Dorfes. Das ursprünglich im romanischen Stil erbaute Wahrzeichen von Zuoz wurde kurz nach 1200 errichtet. Der spätgotische Chor ist 1507 neu erstellt worden. Seine vom Kirchenschiff leicht abgewinkelte Ausrichtung erweckt den Eindruck, als ob er nach dem Licht des Südens haschen wolle.
Im Jahr 1525 ist die Bestellung eines Altars Unserer lieben Frauen belegt. Ausser diesem befanden sich in der Kirche auch die Altäre St. Florinus und St. Andreas, letzterer eine Familienstiftung der Planta, für welchen laut Jahrzeitbuch im 15. Jahrhundert Legate verschrieben wurden. Bis auf den steinernen Tabernakel im Chor wurden die Altäre und der gesamte Schmuck dieses einst zweifellos reich ausgestateten Gotteshauses während der Reformation entfernt. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts prägte nun eine nüchterne – oder je nach Lesart – aufs Wesentliche reduzierte Ausstattung die Atmosphäre in San Luzi. Mit dem Einbau des neuen Chorfensters La Spraunza anno 1929 änderte sich die Stimmung in der Kirche dann erneut markant. Erstmals seit der Reformation kehrt die Farbe zurück in den Kirchenraum – behutsam gedämpft und doch geheimnisvoll funkelnd. Heute sind alle sieben Lichtöffnungen mit Buntscheiben versehen, gestaltet von vier verschiedenen Glasmalern.

Kirche San Luzi Zuoz.
Die Giacometti-Fenster
In der Luzi-Kirche zieren gleich zwei Arbeiten des namhaften Künstlers Augusto Giacometti den Chorraum. Die in den Jahren 1929 und 1933 entstandenen Werke stammen aus seiner mittleren Schaffensphase. In ihrer Kombination sind diese Glasgemälde einmalig: Nur in Zuoz sind Entwürfe von Giacometti in den Umsetzungen seiner beiden ausführenden Glasmaler nebeneinander zu sehen. Das erste Fenster entstand in Zusammenarbeit mit dem Zürcher Glasmaler Oskar Berbig (1884–1930). Die Kooperation mit Berbig endete mit dessen frühen Tod am 21. Juni 1930, noch vor der Montage des Fensters in Zuoz. Dieses Ereignis beeinträchtigte die Endphase der Fensterherstellung. Giacometti bezeichnete die Ausführung gar als «Leidensgeschichte». Schliesslich engagierte er als Notlösung die Glasmalerei H. Röttinger aus Zürich, welche unter Mithilfe des ortsansässigen Bauunternehmers Casty das Fenster in der zweiten September-Woche 1930 in der Kirche San Luzi einsetzte.
Alle späteren Werke Giacomettis wurden dann aber nicht etwa durch die Glasmalerei H. Röttinger, sondern von Ludwig Jäger (1877–1949) ausgeführt. Der St. Galler dürfte das Vertrauen Giacomettis gewonnen haben, weil er es verstand, die eigenartige Technik des Schwarzlotauftrags von seinem Vorgänger Berbig zu übernehmen. Die beiden haben jeweils mit einem flachen Pinsel, einem sogenannten Dachshaar-Vertreiber, das Schwarzlot flächig auf das Glas aufgetragen und aufgetupft. Nach dem Trocknen wurde die schwarze Malfarbe dann mit einer speziellen Wischtechnik wieder aufgehellt. Aus der Nähe zeigt sich deutlich, wie Jäger das Schwarzlot grobkörniger und härter auf das La Charited-Fenster aufgetragen hat als sein Vorgänger auf dem linken Schwesterfenster La Spraunza. Trotzdem bleibt die Gesamtwirkung der Farben bei beiden Fenstern insgesamt sehr homogen, worauf Giacometti grossen Wert legte. Der Idee des damaligen Kirchenpräsidenten, das zweite Fenster aus Kostengründen im Ausland produzieren zu lassen, konnte er nichts abgewinnen. Damit die Ausführung der beiden Fenster einheitlich werde, müsse man wohl bei seinem bisherigen Glasmaler Jäger aus St. Gallen bleiben, beschied er dem Präsidenten und Hotelier Giacomo Gilli. Was Giacomettis Fenstern oft vorgeworfen wird: sie seien zu dunkel und würden deshalb den Räumen das Licht entziehen, gereicht ihnen hier in Zuoz zum Vorteil. Wie ein Schutzschild widerstehen die fast undurchsichtigen Scheiben auch der intensiven Engadiner Sonne. Nur an exakt vorgesehenen Stellen gewährt der Künstler dem Licht Durchlass. Die Intensität des einfallenden Lichts orchestriert er dabei durch die Helligkeit der verwendeten Glasstücke oder die Stärke des Schwarzlotauftrags. An den Punkten, wo das gebündelte Licht das Glas durchdringt, blüht die Farbe im Kircheninnern auf und die Gläser beginnen zu funkeln. So ist die Intensität des Lichtspiels immer auch ein Spiegel der Wetterlage und der Jahreszeit. Giacometti-Fenster wirken vielleicht nirgendwo sonst so stimmig wie in der Luzi-Kirche in Zuoz. Hier treffen sie auf dieses als besonders eindringlich wahrgenommene Engadiner-Höhen-Licht, dass sie benötigen, um ihre volle Strahlkraft zu entfalten.

Erste Farbstudie en miniature für das Kirchenfenster von Augusto Giacometti
Bei der Themenwahl fühlte sich Giacometti frei. In seinen Tagebüchern beschreibt er, wie er zu diesem Zweck oft den Raum aufsuchte, in den ein Glasbild hinkommen sollte. So ging er vielleicht auch in Zuoz zur Predigt, wenn viele Menschen versammelt waren, um das gesprochene Wort in sich aufzunehmen, wenn die Orgel gespielt wurde oder wenn eine Gesangaufführung stattfand. Gerne besuchte er die Kirchenräume auch, wenn er ganz allein dort sein konnte und wenn alles ruhig war. Still sass er jeweils da – schauend und lauschend. In sich hineinhorchend, was der Raum ihm sagte und was die stillen Geister des Raumes ihm zuflüsterten.

Eintrag zum Entwurf & Karton für die Hoffnung im Notizheft von Augusto Giacometti, 1929
Für den Zuozer Chorraum schien ihm die Darstellung der drei Haupttugenden Glaube, Liebe und Hoffnung geeignet. Eigentlich wünschte sich der Kirchenrat damals auch die komplette Umsetzung dieser Trilogie durch Giacometti. Das dritte Fenster hätte an der Stelle, wo sich heute noch der Tabernakel befindet, herausgebrochen werden sollen. Aber schon die Finanzierung des zweiten Fensters stellte den Kirchenvorstand vor erhebliche Probleme. Das von der holländischen Familie Wassenaer gestiftete Kapital deckte die Kosten nicht vollumfänglich. Deshalb mussten die fehlenden Mittel durch die Kirchgemeinde beschafft werden. Die Arbeit war schon seit zwei Jahren an ihrem Bestimmungsort eingesetzt, bis Giacometti endlich am 14. September 1935 die Schlusszahlung von Fr. 1'500.00 quittieren konnte. Der Gesamtpreis für das Fenster belief sich damals auf Fr. 8'400.00, was heute unter Berücksichtigung der Teuerung rund Fr. 65'000.00 entspricht. Vom damaligen Betrag gingen Fr. 3'300.00 (39%) an den ausführenden Glasmaler Jäger. Ein Sammelaufruf des Gemeindekirchenrates im Januar des Kriegsjahres 1939 zu Gunsten des dritten Kirchenfensters blieb erfolglos. Auf das Fenster Der Glaube, entworfen von Augusto Giacometti, musste aus finanziellen Gründen endgültig verzichtet werden.
Giacometti hat die drei Tugenden schliesslich aber doch noch vollständig realisiert. Zwar nicht in Zuoz, sondern für die Pauluskirche in Zürich-Unterstrass. Praktisch gleichzeitig mit dem zweiten Zuozer Fenster rezykliert er Anfang 1933 die Grundidee in einem einbahnigen Fenster für die wuchtige Stadtzürcher Kirche. Hier sind die ebenfalls sitzenden Figuren aus Platzgründen jedoch übereinander angeordnet. Ob Giacometti schon eine erste Skizze für das dritte Zuozer Fenster angefertigt hatte, ist nicht belegt – ein entsprechender Hinweis ist im handschriftlichen Werkverzeichnis des Künstlers nicht zu finden.
La Spraunza
Mit La Spraunza – romanisch für die Hoffnung – ist der erste Teil der von Giacometti geplanten Trilogie betitelt. Das 1929 vollendete Werk zeigt eine sitzende, junge Frau. Das violette, nur über die linke Schulter gelegte Umhangtuch wölbt sich leicht über ihrem Bauch. Ist sie «in guter Hoffnung», also schwanger? Symbolisiert Giacometti das wachsende Leben durch den kleinen Strauss weisser Blumen, den er durch die junge Frau behutsam umfassen lässt? Obwohl die Märtyrerin Spes nach der Legende als Jungfrau gilt, lässt der Name des Fensters diese Interpretation zu. Der Künstler verzichtet nämlich auch bei der Wahl der Attribute auf einen engen Bezug zur Legendenfigur: Es finden sich weder Anker, Füllhorn, Bienenkorb noch Lilie in seiner Umsetzung. Die Taube, als gängiges Hoffnungssymbol, hat Giacometti – erfrischend unbekümmert – Jahre später im Nachbarfenster platziert. Treu bleibt Giacometti beim Entwurf der Spraunza seinen Grundsätzen bei der Bildgestaltung. Wie in vielen seiner Glasgemälde zeigt er die Person in monumentaler Form, frontal von vorne. Ebenfalls charakteristisch lässt er sie das Gesicht leicht zur Seite neigen und verleiht der Figur so einen nachdenklichen, in sich gekehrten Ausdruck. Der violette Umhang wirkt sinnlich und bildet den kontrastierenden Hintergrund für die Botschaft der Hoffnung im Zentrum des Bildes. Bei der farblichen Gestaltung der ornamentalen Bildeinfassung nimmt der Maler Bezug auf die Bordüren und Linienmuster, die das in Gelb und Rot gehaltene Unterkleid zieren. Der Überwurf ist für den Maler ein Mittel, um mehr Töne in die Komposition zu legen. Giacometti misst dem Faltenwurf grosse Bedeutung zu. Dies belegen die acht im Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaften (SIK-ISEA) in Zürich aufbewahrten Fallstudien, welche der Künstler Ende 1927 anfertigte. Die rund 24 x 32 cm grossen Kreidearbeiten auf Tonpapier benutzte er später gemäss seinem handschriftlichen Eintrag in seinem Werkverzeichnis ausdrücklich als Studien für das Hoffnungsfenster in Zuoz. Um den Effekt seines Glasbildes nicht durch ungefiltert einfallendes Sonnenlicht zu stören, bestand Giacometti in seinem Brief an den Kirchenvorstand mit Nachdruck darauf, das Nachbarfenster mit einem stark gefalteten Vorhang, in schwarz oder dunkelblau (Indigo) abzudecken. Der Vorhang sollte zur gleichen Zeit wie die Glasmalerei angebracht werden, um von Beginn weg die volle Wirkung der Farben zu entfalten. Giacometti zeigte sich überzeugt, dass ohne diese Massnahme seine Farben nicht wirken konnten.

Links: La Spraunza, Kirche San Luzi, Augusto Giacometti, 1929.
Rechts: La Charited, Kirche San Luzi, Augusto Giacometti, 1933.
Das erste Giacometti-Fenster von Zuoz ist einer engagierten Frau zu verdanken: Sara Landis-Fierz aus Zug. Frau Landis war die Ehefrau des Unternehmers Heinrich Landis (1879–1922). Der Elektroingenieur seinerseits war Mitbegründer der weltbekannten Zählerfabrik Landis & Gyr in Zug. Aus gesundheitlichen Gründen musste sich Heinrich Landis damals immer öfter in sein Ferienhaus in Zuoz zurückziehen, wo er 1922 verstarb. Die tatkräftige Witwe organisierte das Fenster bei Giacometti aus eigener Initiative. Nach Vorgesprächen mit dem Ortspfarrer gab sie das Fenster persönlich beim Künstler in Auftrag. Anschliessen...
Inhaltsverzeichnis
- Cover
- Inhalt
- Vorwort
- Zuoz – ein Brennpunkt der Glasmalerei
- Fenster zu San Luzi
- Fenster zu Santa Chatrigna
- Fenster zu San Bastiaun
- Fenster Lyceum Alpinum
- Weitere Glasgemälde in Zuoz
- Würdigung
- Anhang
- Über das Buch
- Impressum