Unheimliche Häuslichkeit und Gewöhnlichkeit
Binnen unn buten
gifft et bloß Ruten,
buten unn binnen
iss nix to gewinnen.
Wer sich häuslich einrichtet, hat sich schon wohnlich ausgerichtet und abgerichtet, bevor die un- und inzüchtige Hausfrau als hausgemachter Hausdrache die Leibgerichte und andere hausbackenen Schäden anrichtet oder im Treppenhausflur tratscht. Die neue Lock-in-Häuslichkeit (Block-Knock-Inn) in Pandemiezeiten sollte keinen Lebenssinnverlust beklagen, sondern die Freuden der Arbeitslosigkeit dankbar genießen, ist man doch endlich mal wenigstens vorübergehend freigestellt von der Erwerbsarbeitsfron zum Otium cum dignitate in Dichter- und Denkerklausen, als Hieronymus im Gehäus. Setzt euch also zur Ruhe auf die vier Buchstaben zuhause und lest mit Fleiß und Eifer, z.B. mit der Nase im Buch der Bücher ̶ oder im Buch der Natur vor der Tür. Laut Hardenberg-Novalis geht die romantische Lebensreise des Menschen ̶ immer nach Hause.
Wer aber unbedingt klaustrophob in die aushäusig weite Welt hinausdrängt, hat den Himmel auf seiner Seite : „Macht euch die Erde untertan!“ Das heißt:
Beherrscht nicht meine Erde, sondern tut sie unter eure Wanderschuhe! (Wandelt euren Weg und nicht meine Welt um!)
„My home is my castle“. (Ein Lord im Oberhaus kann sogar sagen : „My castle is my home“.) Der/die Häusliche ist nicht nur heimlich oder heimaterialistisch irgendwo heimisch, sondern meist auch unheimlich einheimisch. Heidegger : „Die Sprache ist das Haus des Seyns“, also Sprachlichkeit oder Wörtlichkeit (samt Fremdwörtlichkeit) ist die heimelige Gasthäuslichkeit des Seins. Kurz gesagt : In Worten wohnt gewöhnlich das Walten vieler Welten. Man wohnt gewöhnlich im Vaterhaus seiner liebsten Gewohnheiten. Der Deutsche träumt vom energie- und platzfressenden Kleinfamilien- oder gar Single-Eigenheim im versorgungsfernen und zersiedelten Grünen, wo gemythliche Häuslichkeit leicht zur fetzenfliegenden Gräuslichkeit wird.
Ein habitueller Reisemuffel neigt ohnehin zum permanenten Hausquarantänefan(atismus) und rät stets: Setzt euch auf den Hosenboden der Tatsachen und schreibt, denn menschliche Mündigkeit äußert sich schriftlich und nicht mündlich. Wer herumreist, reißt nur aus davor und ist und gerät ganz aus dem Häuschen. Heute wohnt man nicht mehr häuslich, sondern haust als Mietmensch herum, als metaphysisch obdachloser und „unbehauster Mensch“ (Holthusen) oder gar als Armenhäusler ohne eigenes Ackerfeld.
Im Bankhaus haust das große Geld, im Spritzenhaus das Löschwasser vom Häusermeer, im Warenhaus auch nicht der wahre Jakob, im Pent- und Oberhaus aber der Lord, im Frauenhaus das (gast)freie Weib, im Krankenhaus der tödlich Gekränkte, im Freudenhaus der Heidenspaß, mit Puffmutter als ungemütlicher Hausverwalterin. Nachdenken gilt schon als asozialer Irrenhausfriedensbruch mit Hausdurchsuchung.
Der Hausmann heute gründet seinen postfamiliären Hausstand mit Hausmannskost und schlechtberatener Hausratversicherung. Der sesshaft ansässige Hintersasse und Hauswart ist ein alter Blockwart und Haustier mit Haustieren. In der sklavenhausinternen Revolution verjagen die Hausbesetzer die Hausbesitzer, bis der schiefhängende Haussegen zum Hausfluch wird. Hausmusik ist heute Popmusik aus der Steckdose, und der Aufenthalt im Hochhaushalt enthält sich jeder Wohnlichkeit.
Im Hause der Henkerin spricht man
auch nicht vom Stricken.
Erst suchten wir das Brandneue in der Reformation.
Dann in der Revolution. Später in Reformen und Resolutionen. Heute im Reformhaus.
Der Kleinbürger tanzt aus der Reihe ins Reihenhaus.
In seinem Haus ist keiner Kunde,
und das Verlassen des Hauses sei dein Haus.
Der Zimmermann im Haus erspart nicht
die Axt im Walde und die Hand im Haus
nicht das Frauenzimmer.
Die Sterne, die du durchs Fenster siehst,
gehören nicht zu deinem Haus.
Die Herren im Hause des HErrn leben herrlich und in Freudenhäusern.
Heimat ist unheimliches Eigenheim der Enteigneten.
My home is my castle :
Mein Luftschloss ist meine Heimat.
Nachkriegsdeutsche Parole : Heim in den Reichtum!
Utopia erreicht jeder, seine Heimat keiner.
Nationalismus ist militarisiertes Heimweh nach dem Ausland als Fernweh nach der Heimat.
Folklore? Heimatvertrieb.
Deutsche sind in die Heimat Vertriebene.
Im Irrenhaus sitzen nicht jene, die in ihrer Selbstentfaltung
behindert wurden, sondern alle,
die sich vollkommen selbstverwirklicht haben.
Wer auf Reisen erlebt, was man erlebt haben will,
sollte zuhause bleiben.
Heimweh habe ich schon, wenn ich noch in der
Heimat bin, in der Fremde dann nur noch Fernweh.
Ich liebe fremde Länder.
Dort kann ich meine Heimat lieben.
Häusliche Heimat? Deutsche sehnen sich dauernd dorthin, wo sie sowieso schon lebenslänglich sitzen.
Heimat? Seelischer Überbau des Wohn- oder Geburtsortes: als Welt zu klein, als Weltbild zu groß.
Kommt er daheim und zu Haus nicht zurecht, fliegt der Mensch zum Mond.
Dem Nomaden, der Ansässige bedroht, schenkt der Staat ein Eigenheim, damit er lebenslänglich auf der festen Arbeitsstelle tritt.
Dichter und Denker sind stets Ausländer – heimisch in geistigen Regionen.
Die einen fühlen Fernweh schon im Mutterleib, die anderen Heimweh schon bei der Abnabelung.
Entweder 2-Stundenarbeitstag oder Tourist mit Eigenheim, Auto und PC!
Man kann sich seiner Heimat entfremden,
aber auch in seine Heimat.
Wer sich ins Schneckenhaus verkriecht,
kann niemanden zur Schnecke machen.
Der Bürger bezahlt Fitnesscenter und Putzfrau,
statt sein Haus kostenlos selbst aufzuräumen.
In Gottes riesigem Zuchthaus bauen wir uns viele kleine Zellen.
Als Egoist gilt schon, wer mit schwachen Kräften haushalten muss.
Innerbetriebliche Mitbestimmung:
Irrenhausselbstverwaltung der Insassen.
Die Mehrheit der Mütter, die bei Kindern zuhause bleiben, haben sich vom Fließband emanzipiert.
Ungerechte Globalisierung : Alle gewinnen,
doch manche besiegen die Gewinner haushoch.
Neue Erfahrungen machen alte Leute
nur noch im Krankenhaus.
Man steht im Warenhaus,
sitzt im Zuchthaus,
liegt im Freudenhaus
und steckt im Irrenhaus.
Hätte jeder ein Haus, g...