SCHWARZ vs. GRÜN
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SCHWARZ vs. GRÜN

Ein Streitgespräch über Klima, Wachstum und eine gute Zukunft

  1. 224 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
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SCHWARZ vs. GRÜN

Ein Streitgespräch über Klima, Wachstum und eine gute Zukunft

Über dieses Buch

Als »Verbotspartei« werden die Grünen von der Union gerne betitelt. Unfähig zu längst überfälligen Reformen seien CDU und CSU, schallt es umgehend zurück. Sind diese Schlagabtausche nur eingeübte Reflexe, während sich eine modernisierte Union und pragmatisch gewordene Grüne einander eigentlich längst angenähert haben und die Weichen für eine Koalition auf Bundesebene schon gestellt sind? Wie weit Schwarz und Grün in zentralen Fragen auseinanderliegen, darüber haben zwei ihrer prominentesten Vertreter*innen, Günther Beckstein und Renate Künast, leidenschaftlich debattiert. Ihre Themen: Gleichstellung und Familie, Migration und Zivilgesellschaft, Umwelt und Klima, Landwirtschaft und Ernährung – genau jene, die die Bundesrepublik der 2020er-Jahre prägen werden. Sie finden Gemeinsamkeiten, betonen Gegensätze und suchen Kompromisse. Eine spannende Kontroverse – und ein Vorgriff auf den Wahlherbst 2021?

Häufig gestellte Fragen

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»Dann sind wir dem Untergang geweiht.«
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KAPITEL 1
Klimawandel und Verkehr
Frau Künast, Herr Beckstein, wir treffen uns hier im Bundestag. Wie sind Sie hierhergekommen? Mit dem Fahrrad, dem Auto, dem Flugzeug?
RENATE KÜNAST: Mit dem Fahrdienst des Bundestages. Ich nutze den regelmäßig.
GÜNTHER BECKSTEIN: Ich wohne in Nürnberg. Ich bin von zu Hause mit dem Bus zur U-Bahn gefahren, mit der U-Bahn zum Bahnhof, mit dem ICE nach Berlin und vom Bahnhof hierhergelaufen. Vorbildlich, nicht?
Eins zu null für die ergrünte CSU?
KÜNAST: Das fängt ja schon mal gut an. Ich zweifle, ob das typisch für die CSU ist.
Haben Sie ein Auto?
KÜNAST: Nein, in Berlin braucht man eigentlich kein Auto. Ich bin begeisterte Zugfahrerin. Fliegen geht gar nicht.
BECKSTEIN: Meine Frau und ich haben ein Auto.
Also haben Sie zwei.
BECKSTEIN: Ja. Wir brauchen sie. Ich bin noch immer viel beruflich unterwegs. Und meine Frau will auch weiterhin selbst mobil sein. Mit einem eigenen Pkw.
KÜNAST: In Berlin höre ich oft von Autobesitzern, dass sie den ÖPNV oder Carsharing gut und preiswerter finden, allerdings erst bei der nächsten größeren Reparatur ihr Auto verkaufen wollen. Ich finde: Auto ja, aber es muss einem nicht gehören. Das ist mit Parkplatzsuchen, TÜV und Reparatur teuer und zeitaufwendig. Es gibt Wohngebiete mit Ladestationen und Elektrosharing-Autos, die man vorab buchen kann. Das ist die Zukunft, wenn auch derzeit erst für Teile der Städte.
BECKSTEIN: Carsharing oder Leasing scheiden für mich aus, weil ich nicht sehr sorgfältig mit meinem Auto umgehe. Kleinere Dellen immer reparieren zu lassen, geht schnell ins Geld. Deswegen ist mir das eigene Auto lieb. Übrigens ein Diesel …
KÜNAST: … jetzt steht es eins zu eins …
BECKSTEIN: … der nur 4,7 Liter verbraucht.
Können Sie sich ein Leben ohne Auto vorstellen?
BECKSTEIN: Ich sage ganz offen: nein.
Warum nicht?
BECKSTEIN: Mit öffentlichen Verkehrsmitteln dauert es in Nürnberg länger als in Berlin oder München. Und ich kenne viele Menschen, die auf dem Land wohnen – dort lässt sich der Alltag ohne Auto gar nicht bewältigen. Gerade für die Älteren ist das Auto oft gleichbedeutend mit sozialer Teilhabe. Man hat durch Corona doch deutlich gesehen, wie schnell sich solche Menschen abgehängt fühlen und vereinsamen.
Künast: Da will ich gar nicht widersprechen. Aber auch wenn niemand das Auto abschaffen will, muss sich in Herstellung und Nutzung doch einiges ändern. Deshalb lautet die Frage: Wie wird das Auto produziert, und welche Schadstoffe stößt es aus? Vor allem aber: Wie kann es Teil eines anderen Mobilitätssystems werden, in dem verschiedene Mobilitätsangebote besser verknüpft und klimafreundliche besonders gefördert werden?
Auf dem Land brauchen wir zum Beispiel mehr Rufbusse. Diese neue Infrastruktur muss endlich auf den Weg gebracht werden. Noch länger abzuwarten, können wir uns nicht erlauben.
BECKSTEIN: Der öffentliche Personenverkehr muss sich deutlich verändern. Das Rufbussystem ist da nur eine Möglichkeit. Ich vertraue darauf, dass gerade durch die zunehmende Digitalisierung ganz neue Konzepte entwickelt und umgesetzt werden können.
Achten Sie auf Ihren ökologischen Fußabdruck? Wissen Sie, wie viel CO2 Sie emittieren?
BECKSTEIN: Ich kann es nicht genau sagen, aber es ist sicher zu viel. Ich achte nicht immer darauf. Wenn es keine großen Umstände macht, wähle ich die umweltfreundlichere Variante. Das Rindersteak ist sehr viel umweltschädlicher als die Nürnberger Bratwurst, mein Lieblingsfleisch. Da passt es sowieso. Aber ein ethisches Schuldgefühl, weil mein ökologischer Fußabdruck höher ist als bei anderen Menschen, habe ich nicht. Zumal ich weiß, wie wenig ich ernsthaft beeinflussen kann. Wenn man beruflich viel reist, emittiert man zwangsläufig viel mehr CO2.
KÜNAST: Ich achte darauf. Aber als Europäerin verursache ich im Alltag einen viel, viel höheren CO2-Ausstoß als jemand, der in Indonesien, Indien oder Tansania lebt. Ich habe für dieses ethische Problem keine Lösung, aber so zu tun, als gäbe es diese moralische Frage nicht, führt auch nicht weiter. Es ist für mich Ansporn, zu überlegen, was ich anders machen kann. Als Landwirtschaftsministerin ist mir klar geworden, welche CO2- oder Treibhausgasimplikationen welche Lebensmittel haben. Im Kern geht es also nicht so sehr darum, was die Kunden kaufen, sondern ganz grundsätzlich darum, wie wir unsere Lebensmittel produzieren.
Ich selbst ernähre mich im Wesentlichen mit Ökolebensmitteln und kaufe oft ökozertifizierte Kleidung. Ich bin im letzten Jahr innerhalb Deutschlands nicht geflogen und nutze die Bahn. Mitunter sage ich auch Terminen nicht zu, wenn der zeitliche Aufwand zu groß wäre. Und wenn mich der Hafer sticht, kann es schon mal vorkommen, dass ich das Personal im Lebensmittelladen anspreche, in dem zwei Paprikaschoten und vier Tomaten in Plastik verpackt sind.
Was sagen Sie dann?
KÜNAST: Ich mache dem Personal keinen Vorwurf. Ich spreche es aber an. Und ich sage klipp und klar: »Wenn das so bleibt, kaufe ich woanders ein. Sagen Sie das Ihrem Chef oder Ihrer Chefin.«
Ich finde es erschreckend, wenn ich zu Hause in die Mülltonne schaue: Wie habe ich es geschafft, dass da so viel Verpackung drin ist, obwohl ich doch darauf geachtet habe? Es ist nicht akzeptabel, dass Ketten inzwischen groß mit der Vermeidung von Plastik werben, in der Auslage dann aber doch fast jedes Produkt eingeschweißt ist. Diese Plastikschwemme müssen wir dringendst in den Griff kriegen – und zwar weltweit. Wir dürfen nicht auf die Lobbyisten des Öl- und Gassektors reinfallen.
BECKSTEIN: Man muss aber doch berücksichtigen, dass die Hygieneanforderungen bei offenen Lebensmitteln sehr hoch sind. Das hat gute Gründe, weil es vielen Leuten an grundlegendem Anstand fehlt.
Umweltschonend zu leben ist auch für einen CSU-Mann meiner Generation selbstverständlich. Die Schöpfung zu bewahren, ist ein erzkonservatives Anliegen! Die Grünen tun das eher ideologisch.
KÜNAST: Wenn Sie mir Ideologie unterstellen, werden wir wohl nicht gut miteinander klarkommen.
BECKSTEIN: Ich habe es vorsichtig formuliert: eher ideologisch. Ich erinnere an den Veggie-Day.
Zu der Frage, ob und wo Verbote sinnvoll sind, kommen wir später. Wann ist Ihnen persönlich klar geworden, dass Klimaschutz eine zentrale Frage ist? Gab es ein Schlüsselerlebnis?
BECKSTEIN: Das ist mir um die Jahrtausendwende klar geworden. Ich war Innenminister in Bayern. Mein Kollege, der Umweltminister, hat von internationalen Konferenzen berichtet und von der intensiven Arbeit, Klimaziele vertraglich zu vereinbaren. Die Verhandlungen zur Umsetzung des Kyoto-Protokolls habe ich durchaus aufmerksam verfolgt, auch wenn ich fachlich nicht zuständig war. Heute sehe ich das Thema »Klima« natürlich als dringlicher an als damals. Aber ich bin überzeugt: Den Akteuren der damaligen Koalition aus SPD und Grünen, einem ehemaligen Bundesumweltminister Trittin, geht es da nicht anders.
KÜNAST: Eine absurde These! Wer sich dafür interessieren wollte, hätte schon vor mehr als vierzig Jahren wissen können, was auf uns zukommt.
Für mich gab es zwei Phasen: Ich habe mich im Rahmen der Anti-AKW-Bewegung mit dem Club of Rome und den Grenzen des Wachstums beschäftigt. Man hat zwar damals schon im Bioladen eingekauft, versucht regionale Märkte zu organisieren, auf Schiene statt Auto zu setzen, wofür wir ja massiv von der Union kritisiert wurden. Aber es war doch eher ein Kopfthema. Wie drängend und existenziell die ökologischen Probleme sind, die alle mit Klimaschutz zu tun haben, ist mir als Ministerin nach 2001 klar geworden. Es gab die Jahrhunderthochwasser, extreme Trockenheit und extremen Regen. Es war klar: Die Klimafrage ist keine theoretische mehr. Die Klimakrise ist auch in Europa Realität.
Angela Merkel ist als Klimakanzlerin angetreten. Wie bewerten Sie die Bilanz von 16 Jahren Merkel-Klimapolitik, wenn wir auf Mobilität und die Autoindustrie blicken?
KÜNAST: Sie hatte als Umweltministerin und Wissenschaftlerin das Thema zwar erkannt. Aber der nötige Umbau ist ausgeblieben. Das ist nicht nur ihre Schuld – die SPD hat häufig ebenfalls eine unrühmliche Rolle gespielt.
BECKSTEIN: Angela Merkel hat meines Erachtens so viel gemacht, wie man überhaupt auf den Weg bringen konnte. Sie hat eine Menge erreicht, zum Beispiel, dass Klimaschutz zu einem gemeinsamen europäischen Ziel geworden ist.
KÜNAST: Ein Kernbereich ist hier der Umstieg von Verbrennungsmotoren auf Elektrotechnologie. Da ist zu wenig passiert. Ich erinnere mich an 2007. Damals gab es einen Shitstorm, weil ich gesagt habe: Wenn die deutsche Autoindustrie zu blöd ist, moderne ökologische Autos zu bauen, muss man den Leuten sagen: Kauft einen Toyota Prius. Damals kämpften Angela Merkel als Kanzlerin und Sigmar Gabriel als Umweltminister in Brüssel für möglichst hohe Emissionswerte für die großen deutschen Autos. Ich erinnere mich an die Schwüre der Vorstände der Autokonzerne: »Frau Künast, in zehn Jahren baut die deutsche Autoindustrie ganz andere Wagen, kleiner und ökologischer.« Das wäre 2017 gewesen. 2017 hat Merkel genau das gleiche Stück in Brüssel wieder aufgeführt und die deutsche Autoindustrie vor schärferen Grenzwerten geschützt. Aber auch die SPD hat lange so getan, als könnte man trotz des Klimawandels alte Arbeitsplätze mit Verbrennungsmotoren und ihrer Fertigung erhalten. Ein Elektroauto braucht keinen aufwendigen Motor. Viele, die in der Autobranche arbeiten, werden sich für andere Branchen qualifizieren, zum Beispiel die der erneuerbaren Energien. Das ist schon lange klar. Dafür hätten wir Geld ausgeben und die Industrie mit einem Ordnungsrahmen dazu bringen müssen, in Deutschland andere Autos herzustellen und Teil der Mobilitätswende zu werden.
Der Verkehr macht in Deutschland ein Fünftel der CO2-Emission aus. Hat die Union strukturkonservativ zu lange auf alte, umweltschädliche Verbrennertechnologien gesetzt?
BECKSTEIN: Es ist ein riesiges Problem, dass die deutsche Automobilindustrie überwiegend von solchen Autos lebt, die wir politisch bekämpfen. BMW lebt nicht vom Einser-BMW. Und schon der ist im Vergleich zu französischen oder italienischen Autos groß. Mercedes und BMW leben von SUVs, die immer stärker, immer größer, immer teurer werden. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass das eine Fehlentwicklung ist. Ich glaube aber nicht, dass es die Aufgabe der Politik ist, technologische Entscheidungen zu treffen. Die Frage, ob sich in 30 oder 40 Jahren das Elektroauto oder das Wasserstoffauto durchgesetzt haben werden oder ob nicht biologischer Treibstoff, Biogas und Biodiesel vernünftige Lösungen sind, kann die Politik nicht entscheiden. Die Frage, ob das Elektroauto in 20 Jahren das global dominierende Auto ist, halte ich für offen – und wir leben in Deutschland auch davon, dass wir mehr als zwei Drittel der Fahrzeuge exportieren. Ist es sicher, dass es in 20 Jahren überall auf der Welt Elektrotankstellen gibt? Oder setzt sich doch Wasserstofftechnik durch? Ich habe dienstlich eines der ersten Wasserstoffautos, einen BMW Hydrogen, gefahren. Dann ist irgendwo ein Wasserstoffauto explodiert und die Forschung wurde beendet.
Soll der Staat überhaupt keine bestimmten Technologien fördern, sondern dies dem Markt überlassen?
BECKSTEIN: Es wäre klug, wenn der Staat Emissionsfreiheit als Ziel vorgeben würde, aber Wasserstofftechnologie und grüne Treibstoffe mehr im Blick hätte. Elektromobilität ist bei Lastwagen im Moment keine ernsthafte Alternative. Ich würde mir derzeit kein Elektroauto kaufen.
KÜNAST: Die Frage, was der Staat darf und was nicht, ist an dieser Stelle gar nicht zentral. Die Frage ist: Was ist das Ziel? Staat, Regierung, Bundestag, Landtage, Landesregierungen und Kommunen haben die Aufgabe, von uns unterzeichnete internationale Verträge zu erfüllen und deshalb Treibhausgase massiv zu reduzieren. Der schienengebundene Verkehr und der öffentliche Nahverkehr müssen günstiger und der Autoverkehr muss emissionsärmer werden. Das macht der Markt nicht von allein. Bei Wasserstofftechnologie müssen wir davon ausgehen, dass die noch Zeit braucht, ehe sie wirklich in der Breite eingesetzt werden kann. Wir müssen also Geld in Forschung investieren. Nur auf den Markt zu hoffen, ist falsch. Denn fast alle versuchen in der Produktion die billigste Variante zu nutzen und möglichst sämtliche Umwelt- und Klima- sowie Biodiversitäts- und Sozialfolgekosten zu externalisieren. Der Staat hat die Aufgabe, Ziele des Gemeinwohls durchzusetzen – vom Kinderschutz über körperliche Unversehrtheit bis hin zum Klimaschutz.
BECKSTEIN: Man darf nicht vergessen, dass die deutsche Autoindustrie in harter internationaler Konkurrenz steht. Natürlich stehen Arbeitsplätze und Existenzen nicht über allem. Aber keine Regierung kann es sich leisten, sie zu ignorieren. Verstehen Sie mich nicht falsch: Die Transformation der deutschen Autoindustrie ist wichtig und richtig. Aber sie findet nicht in einem bedingungsfreien Raum statt. Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg beweist das doch seit vielen Jahren: Er muss als Ministerpräsident Kompromisse schließen, die er als Oppositionsführer vielleicht kritisch gesehen hätte. Die totale Freiheit der politischen Forderung gibt’s nur in der Opposition.
KÜNAST: Das ist jetzt aber ein sehr simples Oppositionsbashing. Wir denken ja gerade die neuen Jobs mit. Im Bereich der erneuerbaren Energien sind mehr und sehr gute Arbeitsplätze entstanden als bei den fossilen. Wir alle stehen in Verantwortung. Und die bedeutet nicht, das Alte zu bewahren, wenn es falsch ist, sondern Arbeitsplätze für morgen zu schaffen. Ich verstehe gar nicht, warum wir da Differenzen haben. Selbst die deutsche Automobilindustrie und der Verband der Automobilindustrie VDA, die massiv gegen den Strukturwandel in der Branche gekämpft haben, merken ja jetzt e...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Vorwort
  6. »Dann sind wir dem Untergang geweiht.«
  7. »Die Globalisierung hat für eine Verbesserung der Lebensqualität gesorgt.«
  8. »Sie sind offenbar zu feige, Regeln durchzusetzen!«
  9. »Man braucht Härte.«
  10. »Ohne Patriotismus wird die Integration nicht gelingen.«
  11. »Es ist gaga, jungen Leuten die Ausbildung zu verbieten.«
  12. »Die Grünen haben die Multikulti-Parole als Köder ausgelegt und die Union hat sehr gerne reingebissen.«
  13. »Das System hat sich bewährt.«
  14. »Die wahre Gefahr geht von der AfD und ihren Netzwerken aus.«
  15. »Unsere Aufgabe ist es nicht, Menschen Lebensentwürfe vorzuschreiben.«
  16. »Es ist eine interessante Figur, die Grünen zum Hauptgegner zu erklären und im gleichen Atemzug die Überschrift für den Koalitionsvertrag zu entwerfen.«
  17. Über die AutorInnen