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Francis Bacon - Mechanismen des Erfolges und der Legendenbildung zu Lebzeiten und posthum
Ein Exempel der modernen Kunst
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Francis Bacon - Mechanismen des Erfolges und der Legendenbildung zu Lebzeiten und posthum
Ein Exempel der modernen Kunst
Über dieses Buch
Francis Bacon gehört zu den prominentesten Malern des 20. Jahrhunderts. Sein Erfolg wuchs seit seiner ersten Retrospektive in der Londoner Tate Gallery im Jahr 1962 stetig an. Die Anerkennung der Malerei Bacons ist seither stets auch eine finanzielle gewesen. Im Mai 2008 ging etwa das Gemälde "Triptych, 1976" für 86,3 Mio. US-Dollar bei einer New Yorker Auktion in den Besitz eines russischen Oligarchen über.
Bei der Ausprägung eines Starkults spielen auch außerkünstlerische Faktoren eine Rolle und gewinnen an Eigendynamik. Medien, Fürsprache und Vernetzung entscheiden vorerst über Ruhm und Ablehnung, bis der zunehmende zeitliche Abstand ein Urteil über die künstlerische Bedeutung fällt. Genau hier setzen die Untersuchungen der Autorin an. In das Blickfeld rücken Bacons Erfolgsgrundlagen, seine Interviews, weitere Beeinflussungen der öffentlichen Wahrnehmung und posthume Entwicklungen.
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Information
Bacons Inszenierung in den Interviews unter besonderer Berücksichtigung der Gespräche mit David Sylvester
Die Briefkorrespondenz zwischen Vincent Van Gogh (1853–1890) und seinem Bruder Theo ist ein berühmtes Beispiel der Kunstgeschichte, wie schwer das Künstlerwort in Bezug auf das in der Öffentlichkeit bestehenden Künstler- und Persönlichkeitsbildes wiegen kann. Der Briefwechsel, der von Van Goghs Schwägerin Johanna 1914 publiziert wurde, nimmt in der Van-Gogh-Forschung eine Schlüsselposition für die Charakterbeschreibung des Künstlers und die Interpretation seiner Gemälde ein.225 Es handelt sich um Schriftstücke, die allesamt in einem privaten Rahmen geschaffen wurden und nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren.226 Ihre posthume Publikation zog einen kanonischen Bezug auf das Künstlerwort nach sich. Im Fall der Interviews mit Francis Bacon handelt es sich im Gegensatz dazu um Aufzeichnungen, die mit der Intention geschaffen wurden, öffentliche Verbreitung zu finden. Wie die Briefe Van Goghs sind auch sie ein Beispiel für die immense Autorität des Künstlerwortes, doch in Abgrenzung zu den privaten Schreiben ist bei den Interviews Bacons darüber hinaus mit einer bewussten Steuerung der eigenen Rezeption zu rechnen. Bacon nutzte bis kurz vor seinem Tod eingehend die einem Interview inneliegenden Gelegenheiten zu Bestätigung und Dementi, zu Betonung und Verschleierung, zu Bekräftigung und Relativierung. Auf diese Weise formte er das Ansehen seiner Person wie auch das Ansehen seiner Kunst. Interviews reflektieren schließlich nicht unbedingt, wie ein Künstler war, sondern, wie er von der Öffentlichkeit gesehen werden wollte.
Die Folge für den Kunsthistoriker und für die nachfolgenden Untersuchungen kann es nicht sein, in unangemessene Zweifel zu verfallen und für jedwede Äußerung des Künstlers vom tatsächlichen Gegenteil auszugehen. Doch scheint die Prüfung der Wahrscheinlichkeit einer Aussage im Umgang mit der Kunst des 20. Jahrhunderts in ihrer Rolle marginalisiert, woraus immer wieder eine Überlagerung der Kunst durch das Künstlerwort resultiert. Interviews mit Zeitzeugen, in diesem Fall mit dem lebenden Künstler, sind für historische Wissenschaften immer wertvoll, jedoch ebenso wie Autobiografien nur mit dem Wissen um ihre Umstände sowie in einer beurteilenden Lesart wissenschaftlich verwertbar. Der Verweis darauf, dass die Existenz einer Künstleraussage nicht die Überprüfung ihres Wahrheitsgehaltes erspart, mag trivial erscheinen, doch gelten nicht nur in der Bacon-Forschung allzu häufig Künstleraussagen als ohne Zwischenschritt der Prüfung verwertbare Quelle. Aus der Künstlergläubigkeit folgt eine prozesshafte Verquickung von Kunst und Künstler-Statement. Die Thematisierung einer Verklärung in den publizierten Gesprächen mit Bacon kann nicht ausgespart werden, wenn es um die Mechanismen seines Erfolges und genauer um seine Beeinflussung der öffentlichen Wahrnehmung im Hinblick auf das vermittelte Künstler- und Persönlichkeitsbild gehen soll.
Hans Platschek schrieb 1984 für das Kunstmagazin »Art«, mit Francis Bacon über Kunst zu reden, sei eine merkwürdige Erfahrung: »Zu Beginn sagt er mir, über Malerei kann man nicht reden, andernfalls würde man ja nicht malen. Im folgenden reden wir nur über Malerei.«227 Trotz seiner wiederholten vordergründigen Kritik an der Aussagekraft von Gesprächen über Kunst äußerte Bacon sich bis zu seinem Tod 1992 ausführlich und in verschiedensten Organen der Presse zu seiner Malerei. Die Masse der mit Bacon geführten Interviews belegt, dass dieser geneigt war, seine Ansichten öffentlich mitzuteilen, und dass eine propagierte Zurückgezogenheit seinem tatsächlichen Handeln widersprach.228 Bacon trat einerseits als Interviewter in renommierten Fachzeitschriften oder in Publikationen anerkannter Fachleute in Erscheinung. Dies versprach die Anerkennung der Kunstkritik und seines künstlerischen Umfeldes, bedeutete allerdings zumeist kaum einen Zuwachs an finanziellem oder breitem medialen Erfolg. Durch eine Zusammenarbeit mit Zeitschriften aus dem Bereich der Unterhaltung, mit Modemagazinen und Boulevardblättern erreichte der Künstler andererseits hingegen eine breite, meist in künstlerischer Hinsicht ungebildete Leserschaft. Es wird in den folgenden Untersuchungen der Intentionen und Schwerpunkte Bacons in seinen geführten Interviews ersichtlich werden, dass eine freimütige Preisgabe von Informationen durch den Künstler in vielerlei Hinsichten zurückzuweisen ist und dass die gelieferten Auskünfte vielmehr als stark selektiv, mitunter auch als verklärend zu beurteilen sind. Der Künstler lieferte etwa kaum Interpretationshilfen und wies die ihm vorgeschlagenen Deutungen oftmals zurück. Das Charakteristikum der Unschärfe, das seinen Gemälden innewohnt, trieb Bacon in Bezug auf inhaltliche Deutungen seiner Werke in seinen mündlichen Aussagen auf die Spitze.229
Der Einfluss der Interviews auf die Bacon-Forschung kann nicht genug betont werden, finden sich doch in beinahe jedweder Publikation über den Maler entsprechende formelhaft wiederholte Zitate Bacons. Die Bezugnahmen auf die veröffentlichten Interviews mit dem britischen Kunstkritiker David Sylvester (1924–2001) oder auch mit dem französischen Herausgeber, Dramaturgen und Autor Michel Archimbaud (geb. 1946) sind kanonischer Art. Was der Van-Gogh-Forschung der Briefwechsel mit dem Bruder Theo ist, was der Max-Beckmann-Forschung des Künstlers Tagebücher sind, sind der Bacon-Forschung dessen Interviews und insbesondere jene mit Sylvester. Die massive Autorität der veröffentlichten Gespräche Bacons wurde von zahlreichen Autoren erkannt und beklagt, doch bleibt der Effekt all dieser partiellen Erkenntnisse zu Irreführungen durch Bacon dürftig, da bisher keine umfassende wissenschaftliche Aufarbeitung, etwa der veröffentlichten Gespräche mit Sylvester, vorliegt.230
Jean-Claude Lebensztejn beobachtete 1996, Bacon habe sich den Erwartungen an seine Person entzogen und somit zu einer Mythosbildung beigetragen, indem er immer wieder die Deutung seiner Werke verweigert habe und bestehende Interpretationen als nicht intendiert zurückgewiesen habe.231 Bernhard Schwenk sprach in dem selben Jahr von einem »vorgestanzten Diskurs« und stellte recht vorsichtig zur Debatte, ob es womöglich verfälschende Hinweise in den Interviews gäbe.232 Christoph Heinrich hingegen kam im Jahre 2005 zu folgendem Urteil:
»Anders als etwa bei Andy Warhol, der in seinen Selbstzeugnissen das geschliffene, fast sloganhafte Aperçu suchte und dabei gelegentlich auch falsche Fährten legte, darf man in den pragmatischen, beredten doch nie indiskreten, häufig suchenden und über dreißig Jahren hinweg immer wieder um die gleichen Gedanken kreisenden Äußerungen Bacons eine zwar sich mit der Zeit entwickelnde und variierende aber dennoch letztlich stabile und verbindliche Grundlage seiner Malerei lesen. Natürlich ist diese Grundlage auch geprägt von der Sicht des Fragen stellenden Gesprächspartners, der gelegentlich die abstrahierten Formulierungen findet, die Bacon dann mit praktischen Überlegungen ergänzt und bestätigt, doch kommt zu Recht seit dem ersten Erscheinen der Interviews kaum ein Erklärungsversuch zu seiner Malerei ohne Rückbezug auf diese Gespräche aus.«233
Der Status der Interviews als »verbindliche Grundlage« der Bacon-Forschung findet bei Heinrich Betonung. Armin Zweite wies dann 2006 darauf hin, dass Bacon anscheinend ein großes Interesse hegte, sein öffentliches Ansehen durch Interviews zu formen, und deshalb nicht jedwede Aussage für voll genommen werden könne. Er forderte eine sorgfältige Kontextualisierung der Aussagen unter Berücksichtigung ihrer Intention, der jeweiligen Gesprächsumstände und des Gesprächspartners, um zu klären, inwiefern eine Diskrepanz zwischen der Realität und dem geschaffenen Persönlichkeitsbild besteht.234
Michael Peppiatt schrieb 2008, Bacon habe im Zuge seiner mündlichen Erläuterungen seinen Gemälden bewusst einen Schleier der Rätselhaftigkeit, der Mehrdeutigkeit, des Unerklärlichen auferlegt.235 Peppiatt schilderte ferner, Bacon sei mit zunehmendem Alter besorgter um sein Image gewesen und habe mitunter massiv – etwa durch selektive und irreführende Information – in die Interpretation seiner Gemälde eingegriffen. Im Zuge seiner eigenen Befragungen des Künstlers habe Peppiatt überdies beobachtet, dass den Gesprächen mit den Jahren und dem Bekanntwerden Bacons zunehmend die Spontaneität und Unbefangenheit abgegangen sei.236 In späteren Jahren habe Bacon Interviews zwar zum Zwecke der Bewerbung einer neuen Ausstellung geduldet, habe es jedoch zunehmend vermieden, im Vorfeld von Veröffentlichungen öffentlich mündliche Aussagen zu tätigen, so berichtete Peppiatt.237 Die Interviews spielten eine Schlüsselrolle bei der Mythosbildung um den Künstler.238
Matthew Gale und Chris Stephens verwiesen 2009 auf Bacons gezieltes Wechselspiel von Offenheit, Enthüllung und verbaler Vernebelung. Sie sahen die Ära, in der Interviews uneingeschränkte Glaubwürdigkeit zugesprochen würde, jedoch als beendet an.239 Victoria Walsh verwies im Rahmen derselben Publikation allgemein auf Bac...
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkungen zu Thema und Zielsetzung
- Vorbemerkungen zur Person und zur Kunst Francis Bacons
- Grundlagen des Bekanntwerdens Francis Bacons
- Bacons Inszenierung in den Interviews unter besonderer Berücksichtigung der Gespräche mit David Sylvester
- Weitere Beeinflussungen der öffentlichen Wahrnehmung in Hinblick auf das vermittelte Künstler- und Persönlichkeitsbild
- Posthume Debatten und Vermarktungen