1 Ein guter Mitarbeiter fällt nicht vom Himmel
Wehret den Anfängen!
Durch die Diagnosis Related Groups (DRG) – dem Entgeltsystem der Krankenhäuser – verkürzten sich die Liegezeiten der Patienten. Hierdurch werden mehr Pflegekunden in den Kliniken aufgenommen und nach einer viel kürzeren Zeit auch wieder entlassen. Auch sind die Pflegekunden, die stationär in ein Krankenhaus eingewiesen werden, deutlich schwerer krank, da mit Inkrafttreten des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes der Grundsatz »ambulant vor stationär« zunehmend zum Tragen kam. Zudem steigen die Qualitätsanforderungen und Kundenerwartungen stetig an. Dieses zur Sicht in den Krankenhäusern und Kliniken.
In der stationären Altenpflege können wir ebenfalls beobachten, dass die Menschen, die in ein Pflegeheim einziehen, deutlich älter und multimorbider sind. Neue Formen der Versorgung, wie die Tages- sowie die ambulante Pflege und Betreuung, sichern, dass jeder Mensch so lang wie möglich in seinem eigenen Umfeld wohnen kann. Diese für uns gesellschaftlich durchaus positive Entwicklung führt jedoch für die Mitarbeiter in der Pflege zu deutlich höheren qualitativen und quantitativen Belastungen. Der hoch brisante Fachkräftemangel in der Pflege, erschwert zunehmend die Situation in allen hier genannten Pflegebereichen. Oftmals muss die Organisation auf Leiharbeiter zurückgreifen, um die Pflege zu sichern. Ständig wechselndes Personal führt jedoch nicht nur in jedem Team zu einer immensen Unruhe, sondern ebenfalls dort, wo Pflege ankommen soll, nämlich beim Pflegekunden. Die Einarbeitung findet kaum noch statt oder es werden in der Praxis Zeiträume von zwei Tagen bis zu einer Woche für eine Einarbeitung beschrieben. Um Identifikation zu schaffen und einen innovativen Mitarbeiter langfristig an das Unternehmen zu binden, reicht diese Zeit bei weitem nicht aus.
Um den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen der ambulanten und stationären Versorgung von Pflegekunden gerecht zu werden, brauchen Unternehmen verlässliche, inspirierende, begeisterte, flexible und fachlich kompetente Mitarbeiter, die sich mit ihrem Unternehmen identifizieren und sich gebunden fühlen. Dieses macht eine sorgfältige und fachlich fundierte Einarbeitung und weiterführende Personalentwicklung notwendig. Nur hierdurch können wichtige unentdeckte Potenziale wahrgenommen und gefördert werden, die dem Unternehmen den entscheidenden Wettbewerbsvorteil verschaffen.
Lernziele Kapitel 1
In diesem Kapitel erfahren Sie etwas über die theoretischen Grundlagen bei der Einarbeitung neuer Mitarbeiter. Diese beziehen sich im Wesentlichen auf die Phasen, die ein Mitarbeiter während der Einarbeitung durchläuft, die Probleme, die durch eine nicht fundierte Einarbeitung entstehen können, sowie deren Bewältigung. Ebenfalls wird im Exkurs auf die Chancen und Herausforderungen multikultureller Teams eingegangen.
Mit der Einarbeitung neuer Mitarbeiter beginnt die komplexe Aufgabe der Personalentwicklung. Der Gesetzgeber hat hierzu eine klare Haltung, die besagt, dass der Arbeitgeber zu einer Einweisung neuer Mitarbeiter verpflichtet ist (§ 81 Abs. 1 BetrVG).
Der neue Mitarbeiter durchlebt während der gesamten Eingliederung verschiedene Phasen, in denen Unsicherheiten bestehen und Ängste aufgebaut werden. Seine Werte und Normen, die er für sich verinnerlicht hat und nach denen er lebt, prallen nun auf die Unternehmenskultur und -werte. Ihre Aufgabe wird es sein, dem neuen Mitarbeiter die Werte und Ziele des Unternehmens sowie seine Aufgaben darzustellen und ihm seine Rolle innerhalb der Unternehmensstruktur zu verdeutlichen.
Trotz allem können während der Eingliederung in das Team Konflikte auftreten, die mit Feedback-Gesprächen, einer guten Gesprächskultur und viel Empathie zu vermeiden sind.
1.1 Einarbeitung – Bestandteil des Personalmanagements
Die Einarbeitung neuer Mitarbeiter ist eine Aufgabe innerhalb der Personalentwicklung (PE) und wird als Training-into-the-Job bezeichnet. Sie liegt an der Schnittstelle zur Personalauswahl, hat vielfältige Inhalte und beschäftigt unterschiedliche Personen.
Nach Becker (2013) umfasst Personalentwicklung »[…] alle Maßnahmen der Bildung, der Förderung und der Organisationsentwicklung, die von einer Person oder Organisation zur Erreichung spezieller Zwecke zielgerichtet, systematisch und methodisch geplant, realisiert und evaluiert werden.«
Aus dieser Definition wird deutlich, dass Personalentwicklung – und damit auch das Training-into-the-Job – zielgerichtet und anhand einer exakten Methodik ablaufen muss. Sie beinhaltet nicht nur die Weitergabe von fachlichem Wissen, sondern auch die Vermittlung von Unternehmenswerten und der Unternehmenskultur. Gerade in Zeiten zunehmenden Wettbewerbs, und gerade im Hinblick auf den Fachkräftemangel, müssen die notwendigen strukturellen Veränderungen auch innerhalb von Non-Profit-Organisationen transparent gemacht und kommuniziert werden. Dieses muss vor allem dann fokussiert werden, wenn Sie neue Mitarbeiter aus anderen Kulturkreise einarbeiten.
Es reicht sicher nicht aus, dem neuen Mitarbeiter das Unternehmensleitbild in die Hand zu drücken und zu sagen: »Lesen Sie! Hier finden Sie unsere Werte und Zielsetzungen.« Wer will, dass ein Mitarbeiter die Werte des neuen Unternehmens übernimmt, muss dem neuen Mitarbeiter die Chance geben, diese zu prüfen und zu verinnerlichen. Es sollte begeisternd sein, sodass die Visionen, Werte und Zielsetzungen so erklärt werden, dass sie beim neuen Mitarbeiter Bilder entstehen lassen. Der neue Mitarbeiter muss eine Sinngebung erfahren. Er sollte sich selbst in dem Gesamtgefüge der Organisation wiederfinden. Optimal wäre sicherlich, wenn die Aussagen des Leitbildes, sprich die Philosophie, ohnehin in der Organisation spürbar wären. Dies erforder...