Fünfter Teil
Proaktiver Umgang mit Stress und seinen Ursachen
Mit dem Druck, Leistung erbringen zu müssen und bestimmte Ziele erreichen zu wollen, kommt automatisch der Stress. Deshalb ist es sehr wichtig, dass du lernst, mit Stress »proaktiv« umzugehen, d. h., dass du im Vorfeld dafür sorgst, dass Stresssituationen dich nicht so stark belasten. Im Laufe deines Lebens wirst du viele Stresssituationen erleben. Der richtige Umgang mit solchen Situationen wird daher wesentlich für deinen künftigen Erfolg sein.
In diesem Teil des Buches geht es nicht um Achtsamkeit, Meditation oder Selbstfürsorge. Diese Dinge sind wichtig, und wenn sie für dich funktionieren, dann nutze sie unbedingt weiter. Die wichtigsten Tools, die ich dir bieten kann, wirken jedoch vorbeugend. Wenn du vorausschauend handelst, um deinen Stress zu bekämpfen, bevor er dich belastet, wirst du viel besser kontrollieren können, wie er sich später auf dich auswirkt.
Vorausplanung und Vorbereitung sind zwei der wirkungsvollsten Strategien zur Bekämpfung von Stress und Angst. Dass du die beschriebenen Techniken gezielt einsetzt, ist eine weitere. Teil 5 bietet dir weder Tipps noch tröstende Worte. Stattdessen lernst du wirksame Tools kennen, die dir dabei helfen, mit Stress besser umzugehen, damit er dich nicht überwältigt.
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Bereite alles gründlich vor, bevor du beginnst
Egal, wie es um dein Können bestellt ist – du hast mehr Potenzial, als du im Leben je entfalten kannst.
JAMES T. McCAY
Eines der besten Mittel, wie du sowohl leidiges Aufschieben als auch Stress in den Griff bekommen kannst, ist, alles parat zu haben, was du brauchst, bevor du mit deinem Vorhaben beginnst. Bestens vorbereitet, gleichst du einem Bogenschützen, der einen Pfeil abschussbereit auf der gespannten Bogensehen liegen hat. Ein kleiner mentaler Anstoß genügt, und schon legst du los.
Die richtige Vorbereitung lässt sich mit der Zubereitung einer Mahlzeit vergleichen: Du stellst alle Zutaten auf dem Küchentresen vor dich hin und fängst dann an, Schritt für Schritt das Gericht zuzubereiten.
Übertragen auf deine Arbeit bedeutet das: Beginne damit, deinen Schreibtisch oder Arbeitsplatz aufzuräumen, sodass du nur noch eine Aufgabe vor dir liegen hast. Stelle, wenn nötig, alles auf den Boden oder an einen anderen Ort in deinem Zimmer – Hauptsache, es ist außer Sichtweite.
Suche sämtliche Informationen – das Lehrbuch, Rechercheunterlagen, die Aufzeichnungen aus deinem Kurs oder Seminar oder anderes Material, das du brauchst, um die Arbeit auszuführen – zusammen. Halte alles griffbereit, damit du nicht aufstehen oder herumlaufen musst. Wenn manches davon digital ist, dann schließe alle Computerprogramme, die für deine Aufgabe nicht wichtig sind, und öffne nur die Dokumente oder Programme, die du zur Erledigung der Arbeit brauchst. Vergewissere dich, dass du alle Schreibmaterialien hast, alle Logins, Zugangscodes, E-Mail-Adressen und was du sonst noch benötigst, um anfangen zu können und so lange weiterzuarbeiten, bis die Aufgabe geschafft ist.
Richte deinen Arbeitsplatz so ein, dass er bequem ist und du dich dort wohlfühlst und du auch längere Arbeitsphasen problemlos durchstehst. Achte vor allem darauf, dass du einen bequemen Stuhl hast, der deinen Rücken stützt und es dir erlaubt, deine Füße flach auf den Boden zu setzen.
Optimiere deinen Arbeitsbereich
Besonders produktive Menschen nehmen sich die Zeit, um sich einen Arbeitsbereich zu schaffen, wo sie gern Zeit verbringen. Je sauberer und aufgeräumter dein Arbeitsbereich ist, desto leichter wird es dir fallen, mit der Arbeit loszulegen und auch dranzubleiben.
Wenn alles ordentlich und wie es für dich am günstigsten ist, bereitliegt, wirst du dich viel lieber an die Arbeit begeben. Ein übersichtlich organisierter Arbeitsbereich beruhigt und stimmt dich zuversichtlich. Das hilft dir dabei, den Stress abzubauen, den du fühlst, wenn du dich z. B. auf Prüfungen vorbereitest.
Es ist erstaunlich, wie viele Bücher nie geschrieben, wie viele Abschlüsse nie gemacht und wie viele lebensverändernde Dinge nie angegangen werden, weil Menschen es versäumen, den ersten Schritt zu machen: nämlich alles genau vorzubereiten.
Pack deinen Frosch an
Wenn du deine Vorbereitungen abgeschlossen hast, ist es wichtig, dein Ziel schleunigst anzugehen. Lass keine Zeit verstreichen, sondern leg direkt los. Pack deinen ersten Frosch an, was das auch sein mag, und iss ihn auf.
Meine persönliche Regel lautet: »Es zu 80 Prozent hinbekommen und dann später korrigieren.« Versuch es einfach, und schau, was dabei herauskommt. Erwarte aber nicht, dass beim ersten Mal oder auch nur bei den ersten paar Malen gleich alles perfekt wird. Sei darauf gefasst, dass du immer wieder Rückschläge erleben wirst, bis es richtig klappt.
Unglücklicherweise ist es so, dass stressige Situationen Perfektionismus sogar noch fördern können. Wie jedoch ein sehr altes Sprichwort lautet: »Das Perfekte ist der Feind des Guten.« Das bedeutet nichts anderes, als das man unter Umständen überhaupt nichts zustande bringt, wenn man auf Perfektion aus ist.
Um übertriebenen Perfektionismus zu überwinden, sind Vorbereitung und Planung unerlässlich: Du wirst sicher keine Arbeit abgeben wollen, von der du denkst, dass sie den Anforderungen nicht genügt; und z. B. bei der Führerscheinprüfung hast du nur diesen einen Versuch, um sie hinzubekommen. Von daher musst du deine Zeit so planen, dass du die Arbeit zunächst ohne Anspruch auf Perfektion vollständig erledigst und du im Anschluss noch genügend Zeit hast, um sie noch einmal durchzusehen. Richte es also so ein, dass du sie einige Tage vor dem endgültigen Termin zu 80 Prozent fertig bekommst oder dass du in der Lage bist, in einem standardisierten Test, wie z. B. dem Theorieteil der Führerscheinprüfung, 80 Prozent der Fragen richtig zu beantworten. Nutze die letzten Tage dann, um deine Arbeit zu verbessern bzw. dich mit dem Thema oder den Fragen für die Prüfung noch intensiver zu beschäftigen, bis du dir sicher bist, dass du dich ausreichend vorbereitest hast, um deine Sache ordentlich zu machen.
Der fantastische Eishockeyspieler Wayne Gretzky sagte einmal: »Ein Torschuss, den du gar nicht erst versuchst, geht zu 100 Prozent daneben.« Habe den Mut loszulegen, sobald du alle Vorbereitungen getroffen hast, und alles Weitere wird sich daraus ergeben. Und diesen Mut entwickelst du, indem du dich so verhältst, als ob du ihn bereits hättest.
Mach den ersten Schritt
Wenn du dich hinsetzt, alles vor dir liegen hast und bereit bist loszulegen, musst du nur noch die richtige Körperhaltung einnehmen. Setz dich gerade hin, lehn dich aber nicht an. Halte dich aufrecht wie eine effizient arbeitende, leistungsstarke Persönlichkeit. Dann nimm dir die erste Aufgabe vor und sage dir: »Auf geht’s!« – und stürz dich in die Arbeit. Lass nicht eher locker, bis die Aufgabe erledigt ist.
Eat that frog!
1. Sieh dir deinen Schreibtisch oder deinen Arbeitsbereich gründlich an. Frage dich: »Welcher Typ von Mensch arbeitet wohl in solch einer Umgebung?« Je sauberer und ordentlicher deine Arbeitsumgebung ist, desto positiver, produktiver und schaffensfreudiger wirst du dich fühlen.
2. Beschließe noch heute, deinen Schreibtisch aufzuräumen. So spürst du jedes Mal, wenn du dich dort hinsetzt, dass du effektiv und effizient arbeiten wirst – und du bist bereit, sofort loszulegen.
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Fokussiere deine Aufmerksamkeit
Das ganze Leben ist gerichtete Aufmerksamkeit; wohin sich unsere Aufmerksamkeit wendet, dorthin folgt ihr unser Leben nach.
JIDDU KRISHNAMURTI
Konzentrierte und fokussierte Aufmerksamkeit ist der Schlüssel zu hohen Leistungen. Unterbrechungen, die Abwechslung versprechen, insbesondere durch digitale Medien, stellen eine große Ablenkungsgefahr dar. Nicht selten führen sie zu Dauerstress, Zerstreutheit und mangelnder Konzentration – und letztlich zu schlechterer Leistung und Misserfolg.
Wie Forschungen belegen, wirkt sich das permanente Reagieren auf E-Mails, Anrufe und Handy-Nachrichten negativ auf unser Gehirn aus. Unsere Aufmerksamkeitsspanne wird dadurch verkürzt, und es ist für uns schwer bis nahezu unmöglich, die Aufgaben zu erledigen, die entscheidend für unsere Zukunft und unseren Erfolg sind.5
Die drei Voraussetzungen für die Etablierung einer neuen Gewohnheit
Du brauchst drei zentrale Eigenschaften, um dir Konzentration und Fokussierung zur Gewohnheit zu machen: Entschlusskraft, Disziplin und Zielstrebigkeit. Alle drei kannst du lernen!
1. Entschlusskraft: Fasse den Entschluss, angefangene Aufgaben immer abzuschließen. 2. Disziplin: Bringe die Disziplin auf, Verhaltensmuster, die du dir aneignen willst, so lange zu üben, bis sie dir in Fleisch und Blut übergegangen sind. 3. Zielstrebigkeit: Sei zielstrebig bei allem, was du tust, bist die Gewohnheit greift und zu einem festen Bestandteil deiner Persönlichkeit geworden ist.
Mach dich nicht abhängig
Wenn du den Tag damit beginnst, deine WhatsApp-Nachrichten und Mails zu checken, oder wenn du auf den Benachrichtigungston oder irgendein anderes Signal reagierst, das eine eingehende Nachricht anzeigt, setzt dein Gehirn impulsartig eine winzige Menge Dopamin frei. Dieser Dopaminstoß verschafft dir ein angenehmes Kribbeln, ein Gefühl der Belohnung. Er weckt deine Neugier und bringt dich dazu, sofort aktiv zu werden und zu antworten. Du vergisst augenblicklich, womit du sonst noch beschäftigt warst, und richtest deine ganze Aufmerksamkeit auf die neu eingegangene Nachricht.
Wie das Klingeln, wenn jemand an einem Spielautomaten gewinnt, löst der Benachrichtigungston beim Eingang einer Nachricht die »Was habe ich gewonnen?«-Reaktion aus. Du unterbrichst sofort deine Aufgabe, um herauszufinden, was dein »Preis« ist. Wenn du deinen Tag mit ein paar Dopaminstößen beginnst, die von den Mitteilungen auf deinem Smartphone ausgelöst werden, wird es dir äußerst schwer fallen, deinen wichtigsten Aufgaben im weiteren Verlauf des Tages die volle Aufmerksamkeit zu widmen.
Versuche dein Smartphone in einer Schublade in der Küche zu lassen, wenn du am Abend ins Bett gehst. Falls du dein Handy oder z. B. eine Smartwatch als Wecker benutzt, wird es aber ziemlich schwierig, die Mitteilungen zu ignorieren. Geht der Alarm los, so nimm dir zumindest vor, keinen Blick auf irgendwelche Nachrichten zu werfen, die sich vielleicht über Nacht angehäuft haben. Sollte sich das als zu schwierig herausstellen, so versuche es mit einem altmodischen Wecker! Richte es so ein, dass du nach dem Aufwachen erst ein paar Dinge erledigst, bevor du auf dein Handy schaust. Die Zeit, die du dazu brauchst, um dich anzuziehen, zu frühstücken, deine Zähne zu putzen und die Sachen für die Schule, Uni oder für die Arbeit zusammenzusuchen, wird deinem Gehirn überhaupt erst die Chance zum Aufwachen geben, ohne dass du eine kleine Dopami...