Die Fake-Jäger
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Die Fake-Jäger

Wie Gerüchte im Internet entstehen und wie man sich schützen kann

  1. 272 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
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Die Fake-Jäger

Wie Gerüchte im Internet entstehen und wie man sich schützen kann

Über dieses Buch

Kann ich den neuen Facebook-AGB widersprechen, indem ich auf Facebook poste, dass ich nicht einverstanden bin? Und stimmt es, dass in Schulen Brausepulver mit einer Droge versetzt verteilt werden? Solche und ähnliche Meldungen verbreiten sich auf Facebook oftmals wie Lauffeuer. Aber sind sie fake oder wirklich wahr? Die Faktenchecker von Mimikama gehen solchen Meldungen nach und decken nahezu jeden Internetmissbrauch auf. In ihrem Buch erklären sie, wie man selbst zum Bullshit-Buster wird und erzählen von ihren skurrilsten Fällen.

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KAPITEL 1
UND DER KLICK
ERSCHUF DEN HOAX:
BULLSHIT-BILDER
Hoax, was ist das eigentlich? Ein Hoax ist eine Falschmeldung, ein Schwindel. Genauer: eine bewusste Falschmeldung in Richtung eines Schwindels. Der Erschaffer eines Hoax hat vor, seine Leserschaft zu täuschen. Im Gegensatz zum oftmals betrügerischen Fake ist ein Hoax aber scherzhaft gemeint und von seiner Intention her weniger bösartig.
Hoaxes sind schon richtig alt. In einem großen Weblexikon kann man lesen, dass das Wort Hoax zum ersten Mal im Jahre 1796 schriftlich erwähnt worden sei. Und es wird dort die These aufgestellt, dass das Wort Hoax dem Wort »Hokuspokus« abgeleitet sei. Das macht es jetzt doppelt interessant, denn da die Entstehung des Wortes Hokuspokus auf einem Fake beruht, wäre ein Hoax bereits in sich selbst ein Fake.
Wie? Hokuspokus? Fake? Ja, tatsächlich besagt eine der Theorien zur Entstehung des Wortes, dass es sich dabei einfach um die missverstandene Aussprache des lateinischen Satzes »Hoc est enim corpus meum«, zu Deutsch »Denn dies ist mein Leib« handelt, der zur Feier des Heiligen Abendmahls gesagt wird. Stellen wir uns einfach mal eine kleine Dorfkapelle vor, in irgendeinem münsterländischen Dorf. Wir befinden uns mitten im Mittelalter. Vorn steht ein Mönch, Abendmahl ist angesagt. Die Gemeinde sitzt, schweigt und horcht. Der Mönch spricht, wie üblich zu jener Zeit, auf Latein. Ganz interessant, gerade wenn man bedenkt, dass das Volk kein Latein verstand. Und hier kommt der Hokuspokus ins Spiel: Der Mönch spricht die Einsetzungsworte, mit welchen ja gemäß katholischem Verständnis aus dem Brot tatsächlich der Leib Christi wird. Für die Besucher der Messe quasi Zauberei – und dabei hören sie mit ihren ungeübten Ohren ein leicht genuscheltes »Hoc est enim corpus …«. Und schon wird aus den Einsetzungsworten der Hokuspokus.
So können also Fakes entstehen: Durch Unwissenheit, Missverständnisse, falsch wiedergegebenes Gehörtes. Und um auf die Etymologie des Hoax zurückzukommen: Er unterliegt wohl einem Fake. Einem nahezu biblischen Fake.
SWIFFER-HOAX
Hoaxes von nahezu biblischem Ausmaß gibt es auch im Internet immer wieder, manche scheinen nahezu unausrottbar und kehren immer wieder! Ein Paradebeispiel dafür ist der Hoax um die Swiffer-Tücher. Um mal kurz reinzuschnuppern und zu verstehen, was so ein Hoax ist und wie er gestaltet ist, ist der Swiffer-Hoax echt ein klasse Beispiel. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich seit dem Jahre 2011 auf Facebook eine Falschmeldung, welche besagt, dass »Swiffers feuchte Tücher« gefährlich für Hunde und Katzen seien. Diese Nachricht ist schon seit Jahren in Umlauf. Swiffer selbst hatte längst eine Richtigstellung auf der eigenen Webseite abgegeben, denn natürlich entbehrt die folgende Meldung jeglicher realen Grundlage.
ACHTUNG! GIFTIG! DRINGEND LESEN UND TEILEN
Wie wir vor knapp einer Woche bei einem Besuch in der Tierarztpraxis am schwarzen Brett erfahren haben, musste ein 5-jähriger Schäferhund wegen eines schmerzhaften Leberleidens eingeschläfert werden. Die Besitzerin hat eine Autopsie veranlasst, da sie keinerlei Erklärung für dieses Leiden hatte. Zur Vorgeschichte muss man wissen, dass der Hund immer im Haus lebte, nur unter Aufsicht ins Freie geführt wurde und auch da immer unter Beaufsichtigung war. Die Autopsie ergab, dass die Leber in einem fürchterlichen Zustand war, was nur auf regelmäßige Gifteinnahme zurückzuführen war. Danach wurden alle Haushaltsprodukte auf Giftanteile überprüft. Bei genauerer Inspektion der Verpackungen von »SWIFFERS – feuchte Tücher« stieß man auf das Kleingedruckte, wo darauf hingewiesen wird, dass das Produkt für Kinder und Tiere giftig ist. Die Kontaktaufnahme mit dem Fabrikanten des Produktes brachte die große Überraschung, dass einer der Bestandteile Enteiser, bzw. sehr nah dem Molekül Enteiser entspricht. Der Boden der Besitzerin des Schäferhundes wurde regelmäßig mit den oben erwähnten Tüchern gereinigt. Der Hund leckte sich immer die Fußballen, und das führte zur Vergiftung. Nicht lange nach dem Tod des Hundes mussten auch 2 Katzen mit den gleichen Symptomen eingeschläfert werden. Auch in diesem Fall wurden dort über längere Zeit »SWIFFER – feuchte Tücher« benutzt. Tierhalter werden ausdrücklich gewarnt, diese für Tiere giftigen Tücher zu benutzen. Bitte an alle Freunde, Bekannte, etc. mit Kindern & Haustieren weiterleiten.
Nein, verdammt, nein! Auch mit dem eintausendeinhundertsten Teilen auf Facebook wird diese Meldung nicht wahrer. Dennoch wird sie weiter geteilt und geteilt, und auch heute noch sieht man hier oder da auf Facebook jemanden warnend mit einem virtuellen Swiffer-Tuch wedeln. Einsam. Allein. Irgendwo in irgendwelchen Facebook-Statusmeldungen.
HIV-HOAX
Auf der Suche nach wirklich alten Falschmeldungen stolpert man ohne Zweifel auch über einen anderen Dinosaurier der Falschmeldungen: die mit HIV infizierte Nadel im Kinosessel.
Wir haben den Hoax bis in das Jahr 2000 zurückverfolgen können, in dem er bereits via E-Mail verbreitet wurde. Mit dem Aufkommen von Messengern und sozialen Netzwerken hat natürlich eine Art Dammbruch stattgefunden, denn Falschmeldungen wie diese konnten ungehemmt in Massen verbreitet werden.
HALLO LEUTE!
Seit einigen Wochen laufen in München Verrückte herum, die andere Leute absichtlich mit HIV infizieren. Sie gehen vor allem in Münchner Discotheken und Clubs (bisher Nachtgallerie, Nachtwerk, Opera, Kunstpark Ost, Alabama/Götter der Nacht-Gelände, etc.) und injizieren die Viren mit kleinen dünnen Spritzen, die die Betroffenen kaum oder gar nicht spüren. Die Betroffenen hatten dann einen Zettel auf dem Rücken/auf der Schulter wo »Willkommen im Club!« drauf stand. Es sind schon 9 Fälle bekannt, wo eine Infektion mit HIV nach einer solchen Attacke nachgewiesen werden konnte.
Auf Anfragen bei der Polizei, wurde bestätigt, daß es sich in diesen Fällen um kein Gerücht handelt. Die Polizei hängt diese Fälle jedoch nicht an die große Glocke, da Sie eine Massenhysterie fürchtet. Allerdings hat schon TV-München über Videotext informiert sowie die Süddeutsche Zeitung darüber geschrieben. Also am besten Ihr meidet solche Massen beim Weggehen und verfolgt die Medien, ob sich nicht doch was hinsichtlich den Ermittlungen ergibt. Man weiß auch nicht, ob das nur in München passiert ist, oder auch in anderen Städten solche Irren so nen Scheiß abziehen. Seid auf der Hut und informiert Eure Freunde.
Die Ortsangabe »München« aus diesem Schreiben ist natürlich in der Masse der vielfältigen Warnungen lediglich eine Variable: Ob Berlin, Köln oder auch Braunschweig, all diese Stadtnamen hat man bereits in dieser Warnung gesichtet. Und nicht nur Deutschland ist betroffen. So gab es diesen Hoax auch in einer Lausanne- und Wien-Variante.
Gerade in Österreich hielt sich diese Warnung hartnäckig, da sie zwischenzeitlich durch einen – wohlgemerkt gefälschten – Brief der O.Ö. Gebietskrankenkasse bestätigt wurde. Der Brief hat einen offiziellen Charakter und wird seit dem Jahr 2007 über E-Mail und Facebook verteilt.
Diese Warnung ist letztendlich auch bei der O.Ö. Gebietskrankenkasse angekommen, die darauf reagierte und eine Richtigstellung veröffentlichte. Das Problem dabei, wie bei jeder Art von Richtigstellung: Sie erreicht die Massen nicht:
ACHTUNG! GEFÄLSCHTE E-MAIL IN UMLAUF
Derzeit kursiert ein sogenannter E-Mail Hoax (eine bewusste Falschmeldung, ein schlechter Scherz), der vor infizierten Injektionsnadeln in öffentlich zugänglichen Räumen warnt. Im E-Mail sind Kontaktinformationen der OÖGKK und der Bundespolizeidirektion Wien angegeben.
Dieses E-Mail ist eine Fälschung! Der Inhalt ist frei erfunden und stammt keinesfalls aus der OÖGKK. Leider ist es uns nicht möglich, dieses E-Mail dauerhaft aus dem Verkehr zu ziehen. Wenn Sie dieses E-Mail erhalten, löschen Sie es bitte umgehend und senden Sie es keinesfalls weiter. Herzlichen Dank!
In diesem Falle müssen wir einfach davon ausgehen, dass dieser Hoax immer wieder auftauchen wird. Die Frage ist nur: Wie kann eine Falschmeldung nur so erfolgreich sein, dass sie auch nach über 16 Jahren nicht zu ersticken ist?
Das liegt in diesem Fall an dem erfolgreichen Thema sowie an der gefühlten Plausibilität und auch dem Drang einiger Menschen, bewusst verängstigen zu wollen. Natürlich bedient dieser Hoax eine ganz besondere Angst: Man könne unschuldig an einem halbwegs öffentlichen Ort mit HIV infiziert werden. Das möchte man für sich selbst nicht, das wünscht man sich auch nicht für andere Personen. Also bedient dieser Fake zum einen Grundängste, zum anderen liefert er aber auch die Möglichkeit, sich leicht in die Kette der »Guten« einzufädeln, indem man die Warnung selbst teilt und somit andere schützt.
Fatal wirkt sich zudem in dieser Falschmeldung aus, dass die Ortsangaben variieren. So kann die Warnung regional immer wieder von Neuem initiiert werden, ein Einzelner braucht dabei nur aus dem Spaß an der Angst anderer den Ortsnamen auswechseln und schon geht das Spiel von vorn los. Dabei spielen soziale Netzwerke, die die Warnung ja transportieren, eine wichtige Rolle. Diese Warnung empfängt man hier ja von »Freunden«, denen man im Grunde vertraut. Zentrales Element hier: Facebook als Keimzelle für Falschmeldungen.
FACEBOOK
Ja, es ist Facebook. Der Motor, der Antrieb, das Öl im Feuer, der Schwarm in der Intelligenz (oftmals ohne Letzteres). Facebook ist sowohl Inkubationsstätte als auch Trägermedium vieler Hoaxes. Seit Facebook hat auch die Quantität der Falschmeldungen zugenommen – wir schreiben an dieser Stelle bewusst: Quantität –, denn vor Facebook war die Qualität wichtiger, um das Überleben eines Hoaxes zu sichern. Dank Facebook kann man jedoch jeden Mist in den Äther spucken, irgendwo kommt immer was an.
Dabei wird Facebook oft auch selbst zum Opfer von Hoaxmeldungen. Der folgende Hoax schlich sich bis in Politikerreihen, so widersprachen unter anderem die Politiker Dirk Niebel und Patrick Döring von der FDP im November 2014 mit den mittlerweile berühmt-berüchtigten Bullshit-Bildern den »neuen« Facebook-AGBs.
Auslöser der AGB-Falschmeldungen waren die angekündigten neuen »Grundlagen zum Datenschutz und die aktualisierten Bedingungen und Richtlinien«, die ab 1.1.2015 in Kraft treten sollten. Facebook informierte seine Nutzer über die Infoleiste, dass zu eben diesem Datum die Bedingungen und Richtlinien aktualisiert würden. Das versetzte viele Menschen in unkontrollierte Panik, man hörte sie förmlich, die stummen Schreie: Da muss man doch was machen!
Und das machten sie – wie die Lemminge. An allen Ecken und Enden von Facebook kramte man die Bullshit-Bilder wieder heraus, die man schon 2013 und 2012 vergeblich nutzte:
Aufgrund der neuen AGB’s in Facebook widerspreche ich hiermit der kommerziellen Nutzung meiner persönlichen Daten (Texte, Fotos, persönliche Bilder, persönliche Daten) gemäß BDSG. Das Copyright meiner Profilbilder liegt ausschließlich bei mir. Die kommerzielle Nutzung bedarf meiner schriftlichen Zustimmung.
Because of the new terms of Use on Facebook I disagree with this, the commercial use of my personal information (text, photos, personal images, personal data) according to BDSG. The copyright of my profile belongs exclusiv.
Inklusive aller völlig unsinnig gesetzten Apostrophe schützten sich Facebooknutzer prophylakt...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelblatt
  3. Urheberrecht
  4. Inhalt
  5. Einführung – Am Anfang war der Klick
  6. Kapitel 1: Und der Klick erschuf den Hoax: Bullshit-Bilder
  7. Kapitel 2: Wenn Bilder falsche Geschichten erzählen
  8. Kapitel 3: Der weiße Bulli
  9. Kapitel 4: Tierisch abgedreht
  10. Kapitel 5: Reichsbürgerei & Verschwörungen
  11. Kapitel 6: Soziale Medien und Manipulationen
  12. Kapitel 7: Mysterien & Grenzbereiche
  13. Kapitel 8: Was ich noch zu sagen hätte
  14. Kapitel 9: Epilog