
- 192 Seiten
- German
- ePUB (handyfreundlich)
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eBook - ePub
Über dieses Buch
"Was ist denn jetzt bloß passiert?" - das denkt sich das Umfeld oft, wenn ein Mensch in dessen Nähe plötzlich von einem Komplex erfasst wird und anders reagiert als erwartet. Gerade war doch noch alles gut?! Und ohne erkennbaren Grund hat sich der Komplex seinen Weg an die Oberfläche gebahnt und gipfelt in einer Abwehrhaltung, einer Explosion oder dem Rückzug in sich selbst. Therapeut Daniel Reinemer erklärt, woran ich merke, welche Komplexe ich ausgebildet habe, wie ich mit ihnen umgehe, wie ich mit meinem Umfeld über überraschende Reaktionen sprechen und gibt Tipps, wie ich trotz Komplexen weder meine Karriere noch meine persönlichen Beziehungen zerstöre.
Häufig gestellte Fragen
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Information
Einige bekannte Komplexe
Die Komplexe benehmen sich ja wie cartesianische Teufelchen und scheinen sich an koboldartigen Streichen zu ergötzen.
CARL GUSTAV JUNG22
Schauen wir sie uns nun an, diese Teufelchen, mit ihren koboldartigen Streichen. Da Sie mehr als eine bloße erste Ahnung davon haben, wie Komplexe entstehen und wie sie beschaffen sind, ist es an der Zeit, genauer hinzusehen und auf die Hauptakteure unserer Komplexlandschaft einzugehen. Aus diesem Grund habe ich mir erlaubt, einige Komplexe zusammenzustellen, die ich Ihnen in diesem Kapitel gern näher beschreiben möchte. Die Auswahl soll Ihnen einen Überblick über die meiner Meinung nach wichtigsten, bekanntesten und aktivsten Komplexe bieten. Einige von ihnen kommen Ihnen bestimmt bekannt vor. Aber Sie wissen vielleicht nicht ganz genau, was sie bedeuten. Oder was Sie tun können, wenn Sie merken, dass Sie auch einen solchen Komplex bei sich entdecken. Zu jedem Komplex empfehle ich Ihnen daher »Reflexionen« oder Übungen. Meistens werden Ihnen dabei Fragen gestellt, für die Sie sich Zeit nehmen sollten. Ich empfehle Ihnen, sich für dieses Buch und die darin enthaltenen Übungen ein extra Heft oder Büchlein anzulegen, in das Sie Ihre Gedanken und Erfahrungen hineinschreiben können. Auch falls Sie sich gar nicht angesprochen fühlen, kann es dennoch spannend sein, sich diese Fragen zu stellen. Oder womöglich gerade dann.
Allgemein ist zu den folgenden Komplexen zu sagen, dass wir gewisse Dinge nicht ungeschehen machen können. Nicht einfach aus unserem Leben löschen können. Es geht eben nicht darum, uns vollständig von allem und jedem zu lösen, sondern einen gesunden Umgang für uns, mit uns und mit unserer Umwelt zu finden. Damit wir uns wohlfühlen und bei uns sind.
Der Minderwertigkeitskomplex
Je größer das erlebte Gefühl der Unterlegenheit eines Menschen ist, desto größer ist die Heftigkeit, zu erobern, und desto gewaltsamer ist die emotionale Unruhe.
ALFRED ADLER
Der vielleicht verbreitetste Komplex ist der Minderwertigkeitskomplex. Von ihm haben Sie bestimmt schon gehört. Er tritt so häufig auf, weil er eng mit unser aller Entwicklungsgeschichte verbunden ist. Das fängt schon beim Säugling an. Er ist ohne die Hilfe seiner Bezugspersonen nicht lebensfähig, er ist also abhängig von der Außenwelt. Wird dieses Kind nun auch größer, lebt es dennoch in einer Welt von Erwachsenen und deren Regeln.
Das meiste in dieser Welt ist nun auf die Erwachsenen abgestimmt. So ist mitunter auch schon die Körpergröße des Kindes häufig die Quelle eines »natürlichen Minderwertigkeitsgefühls«, wie ich dies gern nenne.
In der Folge gibt es unzählige Situationen im Leben eines Kindes, in denen es die Hilfe von Erwachsenen benötigt, und sei es nur, um sich ein Glas Wasser zu holen oder mit Besteck zu essen.
Der natürliche Minderwert besteht darin, dass das Kind beobachtet, dass die Erwachsenen scheinbar ohne Mühe mit den Herausforderungen des Lebens zurechtkommen. Kinder wollen auch vieles so können wie ihre Eltern, Geschwister und Verwandten, stoßen aber sehr schnell an ihre Grenzen. Entscheidend ist nun, um aus einem natürlichen Minderwertigkeitsgefühl keinen »dauerhaften Minderwertigkeitskomplex« entstehen zu lassen, die Haltung der Eltern dem Kind gegenüber, der Umgang zwischen Eltern und Kind sowie das Umfeld des Kindes.
Je mehr Eltern und das Umfeld über die natürliche Minderwertigkeit wissen, umso mehr können diese achtsam und wahrnehmend auf die Kinder eingehen.
Immer wieder ist zu beobachten, dass Eltern ihre Kinder wie Erwachsene behandeln und von ihnen auch ein solches Verhalten verlangen. Ein Verhalten, auf das wir in unserer Entwicklungsgeschichte lange geprägt wurden.
Erst im 18. Jahrhundert erklärte Jean-Jacques Rousseau (1712–1778) die Kindheit zu etwas Wertvollem und Schützenswertem. Kinder sollten nicht länger »kleine Erwachsene« sein. Auch wenn Rousseau in seinen eigenen vier Wänden wohl nicht das beste Vorbild diesbezüglich war.
Es ist daher unglaublich wichtig, Kindern zu zeigen, welche Stärken und welche Kraft im Kindsein stecken, und gleichzeitig das natürliche Gefühl von Unzulänglichkeit und Schwäche zu dämpfen und zu reduzieren. Mit dem Gefühl der Minderwertigkeit geht oft ein Gefühl der Aggressivität einher. Ein dreijähriges Kind, welches immer besser und besser mit Besteck isst, wird meist sehr zornig oder wütend, wenn es dann einmal nicht so gut klappt und das Essen immer wieder von der Gabel rutscht.
An einer solchen Situation ist gut zu beobachten, dass das Gefühl des Minderwertigseins eng mit Wut, Zorn und Aggression verbunden ist. Ich denke, Sie kennen dies auch von sich, dass Sie in Situationen, in denen Sie sich minder oder überfordert fühlen, wütend reagieren. Oft richtet sich die Aggression auch gegen die eigene Person. Gerade dann, wenn das Gefühl der Minderwertigkeit zu groß ist. Oder es zeigt sich in versteckter Aggression. In Wutanfällen, die jederzeit hervorbrechen können.
Ein weiteres wichtiges und starkes Gefühl im Zusammenhang mit der Minderwertigkeit ist die darin enthaltene Ohnmacht. Wenn wir uns unseres Mangels bewusst werden, kann uns dies bremsen und sogar lähmen. Nicht selten bleiben wir so ohnmächtig erstarrt und untätig in einer Situation zurück.
An dieser Stelle kommt sehr häufig ein weiteres psychologisches Instrument zum Einsatz: die »Kompensation«.
Die Kompensation von Ohnmacht zum Beispiel, also der Versuch des Ausgleichens, ist das Ausüben von Macht oder das Entmachten anderer. Es gibt da diesen Rat, der gern gegeben wird, wenn sich ein Mensch vor einer kniffeligen Aufgabe anderen gegenüber sieht (Prüfung, Vortrag, Meeting) und sehr nervös oder gehemmt ist: »Stelle dir einfach alle nackt vor, dann wird das schon.« Dies könnte man als eine Art Entmachtung oder auch Entwürdigung der Beteiligten sehen, die es dem Betroffenen einfacher machen soll, seine Aufgabe zu erfüllen. Ob es aber tatsächlich so gut realisierbar ist, sich in einer aufgeregten und aufgeladenen Situation alle anderen Personen nackt vorzustellen, sei dahingestellt. Aber so funktioniert dieser Mechanismus.
Umgekehrt kann man häufig Menschen beobachten, welche machtvoll auftreten, dennoch irgendwie unsicher und gehemmt wirken. An dieser Stelle wäre es spannend, Menschen in hohen Machtpositionen auf diesen Sachverhalt hin zu analysieren. Beispielsweise einen momentan allgegenwärtigen US-Politiker, der uns unglaublich »zu faszinieren« scheint.
Warum eigentlich Trump?
Drei groß angelegte Studien aus dem Jahr 2016 von Hemant Kakkar und Niro Sivanathan, beide Verhaltenspsychologen der London Business School, untersuchten, weshalb die Menschen aktuell zu einem Großteil autoritäre und scheinbar machtvolle Politiker wählen und unterstützen. Hierzu werteten die Forscher Daten von 140.000 Probanden aus 69 Ländern aus.
Im Text der Studie heißt es: »Vom jüngsten Brexit-Votum im Vereinigten Königreich über das Wiederaufleben des Nationalismus im kommunistischen China bis zum Aufstieg des autoritären Narendra Modi in Indien zur überwältigenden Unterstützung von Donald Trump bei den US-Wahlen beobachten wir eine Rückkehr von populistischen, autoritären Führern mit einer Rhetorik, die sich auf Nationalismus und Protektionismus konzentriert. Trotz der allgemeinen Vorstellung und der Forschungsergebnisse, die darauf hindeuten, dass solche Individuen oft narzisstisch, aggressiv und von einem vagen moralischen Kompass geleitet sind, bleibt ihre Popularität auch in Anwesenheit anderer respektierter und bewunderter Kandidaten bestehen.«23
Die Forscher konnten tatsächlich aufzeigen, dass all diese Wahlergebnisse in hohem Maß mit der wirtschaftlichen und psychologischen Unsicherheit der Bevölkerung korrelieren. Dies unterstreicht die Kompensationsstrategie der Menschen, die sich bedroht und schwach fühlen. Sie wählen einen Politiker, welcher sie vertreten soll, der machtvolle und sichere Attribute ausstrahlt.
Ein Ansatz von Alfred Adler (1870–1937), der den Begriff des Minderwertes sehr prägte, war in diesem Zusammenhang bereits für seine damalige Zeit um 1911 sehr spannend, da er im Gegensatz zu Freud das Minderwertigkeitsgefühl ebenfalls auf die gesellschaftliche Situation zurückführte. Die oben beschriebenen Minderwertigkeiten des Kindes sieht Adler als Aufgabe des Kindes, eine Reaktion darauf zu entwickeln. Gesund nach ihm wäre die Entwicklung dann, wenn ein Kind daraus gestärkt hervortritt. So ist es wichtig, dem Kind eine Stütze zu sein, kraftvoll und stark mit seinem Wesen zu werden. Kraftvoll und stark meine ich hier nicht wie üblich verstanden. Ich meine damit eher zu lernen, zu sich und seinem Wesen zu stehen. Adler schrieb hierzu im Jahr 1914: »Schwächliche und kränkliche Kinder verlieren leicht die beste Stütze ihres geistigen Fortschritts: das Vertrauen in die eigene Kraft.«24
Das Minderwertigkeitsgefühl hängt daneben stark mit dem Wert zusammen, den wir uns selbst geben. Der Selbstwert ist somit umgekehrt eng mit dem Gefühl der Minderwertigkeit verbunden. Wenn wir also den Wert für unser Selbst stärken, verringern wir somit auch das Minderwertigkeitsgefühl.
Mario Jacoby (1925–2011), ein wichtiger Vertreter der Analytischen Psychologie und lesenswerter Autor, zeigt auf, dass der Selbstwert auch eng mit dem Begriff der Würde, die ein Mensch sich selbst zugesteht oder von anderen bekommt, verknüpft ist. So ist das Wort »Wert« etymologisch eng mit Würde verwandt. Hier spielt dann die Selbstachtung eine wichtige Rolle.
Jacoby dazu: »Die Bewahrung der persönlichen Würde, einschließlich der Würde all dessen, was wir als zu uns gehörend erleben (Ehepartner, Familie, Clan, vielleicht auch Religion und Nation), nimmt, archetypisch gesehen, einen sehr hohen Stellenwert in der Psyche ein.«25
REFLEXION
Minderwertigkeitskomplex
Wenn Sie spüren, dass Sie dieses Thema anspricht und berührt, empfehle ich Ihnen folgende drei Übu...
Inhaltsverzeichnis
- Cover
- Titelblatt
- Urheberrecht
- Widmung
- Inhalt
- Vorwort
- Einführung
- Der Komplex in seiner Wirkung und Vielfalt
- Einige bekannte Komplexe
- Die bewusste Auseinandersetzung
- Typische Komplexsituationen
- Schlusswort
- Danksagung
- Anhang
- Quellen- und Literaturverzeichnis
- Register