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«Vielfalt in der Einheit» am Ende?
Aktuelle Herausforderungen des schweizerischen Föderalismus
- 252 Seiten
- German
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«Vielfalt in der Einheit» am Ende?
Aktuelle Herausforderungen des schweizerischen Föderalismus
Über dieses Buch
Der Föderalismus gilt als der am stärksten gefährdete, tragende Grundwert der Verfassung. Zunehmende Spannungs- und Konfliktfelder belegen, dass die postulierten Ziele der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) nicht erreicht worden sind. Die Umsetzung der verfassungsrechtlichen NFA-Grundsätze ist nur ungenügend erfolgt. Starke Zentralisierungstendenzen sowie die Rechtsvereinheitlichung, bedingt namentlich durch die Europäisierung des nationalen Rechts und die Bundespolitik, aber auch die interkantonale Zusammenarbeit, haben den Föderalismus sukzessive geschwächt und die kantonale Souveränität unterlaufen. Die verfassungsrechtliche Zuständigkeitsordnung ist deswegen zwingend mittels klarer Zuständigkeiten sowie konsequenter Aufgaben- und Finanzierungsentflechtungen zu schützen. Andernfalls läuft der schweizerische Föderalismus Gefahr, seine enorme Wirkungskraft zu verlieren, was das Ende für die «Vielfalt in der Einheit» bedeutete.
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Information
5
Spannungs- und Konfliktfelder
Individuelle Prämienverbilligung[1]
Ausgangslage
Einleitung
Unter dem alten Kranken- und Unfallversicherungsgesetz (KUVG) vom 13. Juni 1911 dienten die Beiträge des Bundes an die Krankenkassen primär dazu, die Nachteile zu mildern, die mit der Freiwilligkeit der Krankenversicherung verbunden waren, und galten soziale Lasten ab.[2] Sie wurden nach dem «Giesskannenprinzip» ausgerichtet, d.h. sie kamen allen Versicherten, sowohl den reichen als auch den armen, mittels einer Verbilligung der Prämien zugute.[3] Mit dem neuen Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG)[4] vom 18. März 1994 wurde die individuelle Prämienverbilligung (IPV) eingeführt. Der Gesetzgeber beabsichtigte, mit ihr den Gedanken der bedarfsgerechten Prämiensubventionierung in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung in die Tat umzusetzen und damit nicht nur Personen zu unterstützen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind. Die Solidarität zwischen unterschiedlichen Einkommen sollte gestärkt werden und die Nachteile einer Einheitsprämie, die der finanziellen Belastbarkeit der Versicherten nicht Rechnung trägt, sozial ausgleichen.[5]
Der Bund sicherte den Kantonen Beiträge an die individuelle Prämienverbilligung zu, welche die Kantone «Versicherten in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen» zu gewähren haben (Art. 65 Abs. 1 KVG). Für untere und mittlere Einkommen wurden die Kantone verpflichtet, die Prämien von Kindern und jungen Erwachsenen in Ausbildung um mindestens 50 Prozent zu verbilligen (Art. 65 Abs. 1bis KVG). Es wurde den Kantonen überlassen, das Sozialziel zu bestimmen und für die Umsetzung bzw. den Vollzug der Prämienverbilligung zu sorgen. Mit Inkrafttreten der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) im Jahr 2008 erfolgte eine Änderung der Finanzierung der Prämienverbilligung. Seither ist der Bundesbeitrag nicht mehr von der Finanzkraft der Kantone abhängig, sondern beträgt 7,5 Prozent der Bruttokosten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung in der Schweiz und wird auf die Kantone anhand ihrer Wohnbevölkerung sowie der Anzahl der Versicherten aufgeteilt (Art. 66 Abs. 1–3 KVG). Die Kantone ergänzen diesen Beitrag des Bundes durch eigene Mittel.
Tragende Prinzipien und politische Zielsetzung
In der Krankenversicherung gilt das Prinzip der Kopfprämie, d.h. alle Versicherten bezahlen grundsätzlich die gleich hohe Prämie; ausgenommen sind kantonale und regionale Abstufungen sowie Ermässigungen für Kinder und junge Erwachsene (vgl. Art. 61 Abs. 1–3 KVG). Das KVG verwirklicht mit der einheitlichen Kopfprämie den Gedanken bzw. das Prinzip der Solidarität zwischen gesunden und kranken, jungen und alten Menschen sowie zwischen den Geschlechtern.[6]
Die Gewährleistung des Zugangs zu einer qualitativ hochstehenden Gesundheitsversorgung für die gesamte Bevölkerung stellt ein erklärtes Ziel der obligatorischen Krankenpflegeversicherung dar und weist gleichermassen auf die «vertikale Solidarität» zwischen Arm und Reich hin. Die individuelle Prämienverbilligung trägt dieser Solidarität Rechnung, indem sie den Versicherten in «bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen» von den Kantonen gewährt wird (Art. 65 Abs. 1 KVG).[7] Sie soll jenen Versicherten zugutekommen, die es am nötigsten haben, womit das KVG dem Bedürfnis- oder Bedarfsprinzip bzw. dem Prinzip der Subsidiarität folgt.[8]
Die IPV als soziales Korrektiv zur einheitlichen Kopfprämie ist aus zweierlei Gründen unerlässlich: Zum einen sind alle Versicherten der obligatorischen Krankenversicherung unterstellt und kommen dadurch nicht umhin, für die Einheitsprämie aufzukommen; was je nach wirtschaftlichen Verhältnissen zu finanziellen Engpässen führen kann. Zum anderen bleibt die finanzielle Leistungsfähigkeit der Versicherten in der Einheitsprämie unberücksichtigt.[9] Zumal für alle Versicherten einer Krankenkasse die gleichen Prämien gelten, soll die IPV dieser schwindenden Solidarität zwischen Personen mit unterschiedlichen Einkommen entgegensteuern.[10]
Einordnung in das System der sozialen Sicherheit
Die genaue Verortung der IPV in das Gesamtsystem der sozialen Sicherheit der Schweiz erfordert dessen Erläuterung. Das System wird in drei Stufen gegliedert.
- Grundversorgung und individuelle Sicherung des Lebensunterhalts: Die allgemeine Grundversorgung wird durch die allgemeinen Steuermittel finanziert und kommt prinzipiell der gesamten Gesellschaft zugute. Hierzu zählen namentlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit, des Bildungssystems, des Rechtssystems und die Gewährleistung des Sozialversicherungsschutzes.
- Sozialversicherungen: Die Sozialversicherungen decken spezifische Risiken wie Alter, Invalidität, Krankheit oder Arbeitslosigkeit ab und werden in der Regel gemäss Kausalprinzip entrichtet; d.h. bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses werden Leistungen fällig, ohne dass es einer Abklärung der Hilfsbedürftigkeit der geschädigten Person bedarf.
- Bedarfsleistungen: Wenn die vorgelagerten Massnahmen der öffentlichen Grundversorgung und der Sozialversicherungen nicht greifen, kommen die bedarfsabhängigen Sozialleistungen zum Tragen, die durch zwei Merkmale gekennzeichnet sind: Erstens werden sie subsidiär ausgerichtet, d.h. erst dann, wenn Leistungen der übergeordneten Sicherungssysteme ausgeschöpft bzw. nicht verfügbar sind. Zweitens wird die Bedürftigkeit der betreffenden Bezüger/-innen vorausgesetzt, d.h. sie werden nur an Personen in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen ausgerichtet.[11]
Zur dritten Stufe gehören Bedarfsleistungen des eidgenössischen und/oder kantonalen Rechts, die von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der betreffenden Person abhängig sind. Die dritte Stufe wird wiederum in drei Kategorien unterteilt. Zur ersten Kategorie gehören Bedarfsleistungen, die den Zweck erfüllen sollen, die allgemeine Grundversorgung bei drohender Bedürftigkeit sicherzustellen; dazu zählen u.a. auch die vorliegend relevanten individuellen Prämienverbilligungen der obligatorischen Krankenkasse. Diese Leistungen sind in der Regel in der Bundesgesetzgebung verankert und finden sich entsprechend in allen Kantonen, welche ihrerseits bei der konkreten Ausgestaltung der Leistungen einen erheblichen Handlungsspielraum besitzen. Bei der zweiten Kategorie handelt es sich um Bedarfsleistungen in Ergänzung zu Sozialversicherungsleistungen und mangelnder privater Sicherung. Die beiden vorgenannten Kategorien bezeichnet man auch als vorgelagerte Bedarfsleistungen (Sozialhilfe i.w.S.). Die dritte Kategorie betrifft die Sozialhilfe i.e.S., die der Existenzsicherung dient.[12]
Indirekte Finanzierung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung
Die Finanzierung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erfolgt im Wesentlichen durch Prämien, Kostenbeteiligung der Versicherten und öff...
Inhaltsverzeichnis
- Umschlag
- Titelseite
- Copyright
- Widmung
- Vorwort
- Inhaltsverzeichnis
- Inhaltsübersicht
- Inhaltsverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis
- Literatur- und Materialienverzeichnis
- Einleitung
- Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung
- Verfassungsrechtlicher Ordnungsrahmen
- Wirksamkeitsanalyse der verfassungsrechtlichen NFA-Grundsätze
- Spannungs- und Konfliktfelder
- Standpunkt der politisch-ökonomischen Föderalismusforschung
- Schlussbetrachtung und Ausblick
- Stichwortverzeichnis