Die Bewohnbarkeit der Erde (E-Book)
eBook - ePub

Die Bewohnbarkeit der Erde (E-Book)

Eine Bilanz der Umweltbildung

  1. 128 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub

Die Bewohnbarkeit der Erde (E-Book)

Eine Bilanz der Umweltbildung

Über dieses Buch

Dieses E-Book enthält komplexe Grafiken und Tabellen, welche nur auf E-Readern gut lesbar sind, auf denen sich Bilder vergrössern lassen.Klimawandel, Artensterben, Umweltvergiftung - was kann Bildung dagegen ausrichten? Helmut Schreier, Lehrer und Professor, hat sich sein Berufsleben lang mit dieser Frage befasst. Seine Bilanz verbindet schulische Umweltbildung mit der Bewusstseinsentwicklung der Öffentlichkeit. Einsichten sind gewonnen, bessere Regeln durchgesetzt worden, aber nach wie vor dominiert das Zerstörende. Schulunterricht kann sachbezogene Aufklärung ins Feld führen und junge Menschen bei ihrer Suche nach einer nichtzerstörerischen Lebensweise unterstützen.

Häufig gestellte Fragen

Ja, du kannst dein Abo jederzeit über den Tab Abo in deinen Kontoeinstellungen auf der Perlego-Website kündigen. Dein Abo bleibt bis zum Ende deines aktuellen Abrechnungszeitraums aktiv. Erfahre, wie du dein Abo kündigen kannst.
Derzeit stehen all unsere auf mobile Endgeräte reagierenden ePub-Bücher zum Download über die App zur Verfügung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die übrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Perlego bietet zwei Pläne an: Elementar and Erweitert
  • Elementar ist ideal für Lernende und Interessierte, die gerne eine Vielzahl von Themen erkunden. Greife auf die Elementar-Bibliothek mit über 800.000 professionellen Titeln und Bestsellern aus den Bereichen Wirtschaft, Persönlichkeitsentwicklung und Geisteswissenschaften zu. Mit unbegrenzter Lesezeit und Standard-Vorlesefunktion.
  • Erweitert: Perfekt für Fortgeschrittene Studenten und Akademiker, die uneingeschränkten Zugriff benötigen. Schalte über 1,4 Mio. Bücher in Hunderten von Fachgebieten frei. Der Erweitert-Plan enthält außerdem fortgeschrittene Funktionen wie Premium Read Aloud und Research Assistant.
Beide Pläne können monatlich, alle 4 Monate oder jährlich abgerechnet werden.
Wir sind ein Online-Abodienst für Lehrbücher, bei dem du für weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhältst. Mit über 1 Million Büchern zu über 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nächsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja! Du kannst die Perlego-App sowohl auf iOS- als auch auf Android-Geräten verwenden, um jederzeit und überall zu lesen – sogar offline. Perfekt für den Weg zur Arbeit oder wenn du unterwegs bist.
Bitte beachte, dass wir keine Geräte unterstützen können, die mit iOS 13 oder Android 7 oder früheren Versionen laufen. Lerne mehr über die Nutzung der App.
Ja, du hast Zugang zu Die Bewohnbarkeit der Erde (E-Book) von Helmut Schreier im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten Büchern aus Technology & Engineering & Transportation & Navigation. Aus unserem Katalog stehen dir über 1 Million Bücher zur Verfügung.

1 Lernen, dass alles zusammenhängt

Wie Lebewesen fruchtbaren Boden erzeugen: Erinnerung an einen Versuch, im Unterricht eine Ahnung davon hervorzurufen, dass alles Leben miteinander verbunden ist

Ende April 2019, die Sonne brennt vom Himmel, aber unter dem Halbschatten der Blattschirme ist das Flanieren im Buchenwald eine Freude, auch wenn es überraschend steile Hänge hinaufzusteigen gilt im Drawehn, einer Moränenlandschaft, die der Gletscher des Saale-Glazials vor 120000 Jahren beim Abschmelzen in der norddeutschen Tiefebene zurückgelassen hat. Das Licht glänzt von den hellgrünen Blättern, die entlang der Zweige aus den Knospen herausdrängen. Gegen die Sonne gehalten, erscheinen sie lichtdurchtränkt und verlockend zart. Ich pflücke eines ab und ertaste seine seidige Beschaffenheit zwischen den Zähnen mit der Zunge, der Geschmack, anfangs grasartig, changiert beim Kauen angenehm zu einer leichten Säure.
Wie oft bin ich während der Jahrzehnte meines Lebens durch Buchenhallen gegangen, vor fünfzig Jahren als Lehrer habe ich über den Waldboden hin Ausschau nach Stellen für Bodenproben gehalten. Leichte Senken und Wannen, in denen sich die Blattstreu des Herbstes sammelt und Jahr für Jahr übereinander in Schichten ablagert, versprechen Schichtenmuster wie aus dem Bilderbuch. Gräbt man sie mit einem senkrechten Spatenstich auf, so sind die einzelnen Schichten sauber und separat zu erkennen: Obenauf liegt die lockere Blattschicht vom Vorjahr, mit beigefarben und bräunlich verwelkten, aber deutlich noch individuell erkennbaren Blättern, darunter eine matratzenartige Schicht aus weniger bröckeligen, zusammengepressten Blattresten, die sich kaum noch als einzelne aus dem Kuchen herauslösen lassen. Unter diesen helleren Oberschichten breitet sich eine dunklere Masse von annähernd torfartiger Beschaffenheit, ein wenig krümelig und so feucht, dass beim Zerreiben zwischen Daumen und Zeigefinger eine Schmierspur an den Fingern bleibt. Die am tiefsten unter den anderen liegende Schicht bildet meist einen ziemlich dünnen Horizont aus schwarzem Humus, in dem keine Spuren der alten Blattstreu mehr auszumachen sind. Und am schönsten – ich empfand das Schichtbild damals als eine Art didaktisches Kunstwerk – ist der Kontrast dieser schwarzen Erde zum strahlend weissen Sanduntergrund, auf dem sich die Bodenbildung schrittweise abspielt.
Hier im Drawehn mit seinen Moränensanden bietet sich ein ähnlicher Anblick wie damals auf den Sandsteinböden im Hessischen Bergland, wo ich Anfang der 1970er-Jahre meine Schulklasse in den Wald führte, um den Kindern zu zeigen, dass fruchtbarer Boden durch den Blätterfall zustande kommt – Stellt euch die Masse von Millionen Tonnen von Blättern vor, die jeden Herbst von den Bäumen fallen! –, durch die allherbstlichen Blätterberge und durch die vielen Pilze und Tiere, die diese Blätter zersetzen und fressen und dabei in kostbaren Humus verwandeln.
Auf die mit Zeitungspapier abgedeckten Tische im Klassenzimmer schütteten die Kinder die Bodenproben, die sie mit Schäufelchen abgegraben und in Plastikbeuteln mitgebracht hatten. Ich erinnere mich an das Pilzaroma des kräftigen Waldbodengeruchs, der sich alsbald im Raum ausbreitete und die Atmosphäre des Unterrichts dem Thema entsprechend unterlegte. Die Kinder sortierten das, was zu jeder Schicht gehörte, und ordneten es von oben nach unten als Sequenz oder von links nach rechts als Narrativ. Mit Lupen untersuchten sie zahlreiche kleine Lebewesen, die sich in den Proben bewegten, von bekannten wie Regenwurm, Assel und Ameise zu unbekannten Nematoden (dünnen weissen Würmchen), Hundertfüsslern (flink schlängelnden Räubern) und Saftkuglern (sehr breiten, auffälligen Tausendfüsslern, die sich igelartig zusammenrollen). Zusammengenommen gaben diese Lebewesen nur den winzigsten Ausschnitt des vielfältigen und massenhaften Bodenlebens wieder. Die Kinder zeichneten sie, so gut sie konnten, und hielten den Ablauf der Zersetzung von Buchenblättern mit Hilfe von Klebfilmstreifen oder Klebstiften auf Papier fest.
Damals, als junger Lehrer, war ich von der Vorstellung begeistert, dass bereits Zehn- bis Zwölfjährige mit den Grundzügen wissenschaftlichen Arbeitens vertraut gemacht werden können, und es schien mir damals bereits notwendig, Schulunterricht als Mittel gegen die zunehmende Zerstörung der natürlichen Umwelt aufzufassen. Deshalb wollte ich den Kindern vor Augen führen, wie alle Lebewesen miteinander verbunden sind und wie zwischen ihnen und ihrer Umwelt – Boden, Wasser und Luft – ein Austausch und eine Wechselwirkung bestehen.

Digitalisierung, «originale Begegnung» und die Grenzen der Schulbildung

Meine Erinnerung ist die Aufnahme aus einer vergangenen Zeit. Schulbildung – die Idee des Lehrplans und der Zwecke von Unterricht und Schulleben – ist in einem Prozess andauernder Veränderung.
Das Bildungswesen hat im Lauf der Jahrzehnte Ziele von der Art der Verwandtschaft und Verbundenheit aller Lebewesen hier und da aufgegriffen und mal mehr, mal weniger planvoll verfolgt. Meine fünfzig Jahre alten Vorstellungen über eine Verpflichtung des Unterrichts für den Erhalt der Welt sind sozusagen noch in Kraft, auch wenn andere Forderungen – derzeit etwa «Inklusion», «Digitalisierung» – nach Aufmerksamkeit heischen und obwohl die Zerstörung der Erde unvermindert fortschreitet. Aber die Art und Weise meines Unterrichts von damals über die andauernde Entstehung des fruchtbaren Bodens in unseren gemässigten Zonen dürfte für neue Generationen von Lehrern im heutigen Schulbetrieb nur schwierig nachzuvollziehen sein. Vielleicht ist es gerade deshalb interessant, an die verlorengegangenen Möglichkeiten zu erinnern.
Mit einer Schulklasse einfach in den Wald zu gehen, also einen «Unterrichtsgang» zu unternehmen, wie es im Jargon seinerzeit hiess, und den Kindern damit die Möglichkeit zu einer «originalen Begegnung» zu schaffen, wie das Heinrich Roth, einer der seinerzeit massgeblichen Unterrichtsexperten, genannt hatte – das ist inzwischen durch zahlreiche organisatorische oder auf juristische Bedenken zurückgeführte bürokratische Vorgaben erschwert. Latente Widerstände, die gegen die spontane Umwidmung eines Klassenraumes zum Waldbodenlabor mit Bergen von Zeitungspapier und Extra-Entsorgungsproblemen aufzubrechen drohen, könnten den Frieden manches Schulbetriebs ernsthaft gefährden. Noch schwerer, so scheint mir, fallen subtilere, aber habituell gewordene Orientierungen des Unterrichtsgeschäfts ins Gewicht: Buch und «Arbeitsheft» organisieren den Unterrichtsverlauf so, dass sich keiner anschliessend die Hände zu waschen braucht. Sie werden ausschliesslich zum Aufblättern des Buches oder zum Ausfüllen der Linien mit einem Stift in dem das Buch ergänzenden Heft benötigt.
Es erleichtert es Lehrerinnen und Lehrern, Übersicht und Ordnung zu bewahren, wenn sie die Zahl der zu kontrollierenden Einflüsse möglichst gering halten.
Die Gründe, die diese Tendenz zur vorherrschenden haben werden lassen, sind nur zu vermuten. Vielleicht haben sich einzelne zu kontrollierende Einflussgrössen derart verändert, dass der Preis für jeden Spielraum, den man ihnen lässt, zu hoch geworden ist. Schüler seien schwieriger geworden, heisst es, und Eltern mischten sich allzu sehr ein. Vielleicht handelt es sich um eine aller Arbeit innewohnende Entwicklungstendenz, die – analog der Verwandlung vom Handwerk zur Industriearbeit – auf eine Art Leistungssteigerung durch Standardisierung hinausläuft. Vielleicht steckt auch eine dem Schulwesen eigene Wertschätzung abstrakter Muster dahinter, die nicht nur die Fähigkeit zum abstrakten Denken als Begründung für die Verteilung der Schüler auf verschiedene Schulformen (unterschiedlichen gesellschaftlichen Ansehens) erachtet, sondern allgemein das Geschick des Mundes im Umgang mit Wörtern über das Geschick der Hände im Umgang mit Dingen setzt. Ich jedenfalls glaube mich zu erinnern, dass die Wort- und Bildfixierung, die ich derzeit beobachte, vor fünfzig Jahren viel weniger ausgeprägt war. Möglicherweise kann die Orientierung an Buch und Heft als Vorstufe einer kommenden Digitalisierung des Unterrichts verstanden werden, bei der Lichtsignale auf Bildschirmen alle anderen greifbaren Gegenstände aus dem Unterricht ersetzen, aber gleichzeitig eine ganze Welt von Daten, Diagrammen und allen denkbaren Informationen herbeiprojizieren werden.
Möglicherweise eröffnet der digitalisierte Unterricht neue Lernwege und neue Chancen für den Gewinn von Einsichten, die ihren Teil dazu beitragen können, das Unheil der Zerstörung abzuwenden. Die Methoden der Schule spiegeln bis zu einem Grade stets die innere Verfassung der Gesellschaft. Es wäre interessant, den alten Weg von der Erfahrung der Dinge im «händischen» Umgang hin zur begrifflichen Vorstellung mit dem neuen Weg der Informationsverarbeitung im Hinblick auf die verschiedenen Lebenswelten miteinander zu vergleichen, die sie jeweils ausdrücken: Welche gesellschaftlichen Erwartungen, welche Bildungsideen erscheinen als jeweils massgebliche?
Ganz unabhängig von den jeweiligen Vorstellungshorizonten schreitet die Zerstörung der Biosphäre und die Degradation (Qualitätsabbau des Bodens und der Wälder) und Toxifikation (Vergiftung von Organismen oder Substraten wie Luft oder Wasser) weiter fort. Anscheinend, jedenfalls bisher, unaufhaltsam. Die notwendige Veränderung der Produktions- und Verbrauchsmuster setzt einen Sinneswandel voraus, den das Bildungswesen nicht allein bewirken kann, solange «Bildung» mit «Schule» gleichgesetzt wird. Das Problem ist viel zu gross für den Schulunterricht, diese Vermittlungsinstanz von Kompetenzen, die immer schon von politischer Seite definiert worden sind. Und in der Tat wurden die wesentlichen gewissermassen bildungsträchtigen Momente, bei denen eine breite Öffentlichkeit im Lauf der vergangenen sechzig Jahre mit dem Problem der Erdzerstörung und der Notwendigkeit einer Änderung konfrontiert wurde, von allgegenwärtigen Medien in den öffentlichen Diskurs getragen, was dann in einigen Fällen tatsächlich zu weitreichenden Änderungen im politischen und rechtlichen Rahmen führte und auch den Schulunterricht – etwa in Gestalt eines Lernangebots namens «Bildung für nachhaltige Entwicklung» – erreicht hat.
Vielleicht ist es im Fall der drohenden Zerstörung unserer eigenen Lebensgrundlagen deshalb eher angebracht, an so etwas wie «Volksbildung» zu denken, sofern diese nicht als eine nationale Angelegenheit gilt, sondern als nationenübergreifende, wahrhaft globale und menschheitsbildende Angelegenheit. Der Schule käme dabei weniger die Rolle des Vorreiters zu als die eines «Backstoppers», das heisst einer Instanz, die sicherstellt, dass einmal gewonnene Einsichten nicht wieder in Vergessenheit geraten.

Foto vom Erdaufgang: Bewusstseinsbildung auf einen Blick

Erdaufgang über dem Mond, aufgenommen von dem Astronauten William Anders aus der Raumkapsel Apollo 8 am 24. Dezember 1968 bei der vierten Umkreisung des Mondes (Quelle: NASA)
Heiligabend 1968 hatte das Fernsehen die Weihnachtsbotschaft der drei Astronauten übertragen, die den Mond in einer engen Raumkapsel umkreisten. Ihre Worte klangen in unseren Ohren ein wenig pathetisch, wir verstanden, dass der Triumph im Wettrennen mit den Russen auch eine Art Weihnachtsgeschenk an die Amerikaner war, das über die Turbulenzen des Jahres – Tet-Offensive der Vietcong in Vietnam, Studentenrevolte, die Ermordung erst Martin Luther Kings, dann die Robert Kennedys, Aufstand in den schwarzen Ghettos – hinwegtrösten sollte. Damals, in vordigitalen Zeiten, erschien das Foto aus dem Fenster der Raumkapsel erst Tage später, das Magazin «Life» veröffentlichte es in der Neujahrsausgabe auf einer Doppelseite, der «Whole Earth Catalog»1 der sog. Gegenkultur Kaliforniens setzte es auf die Titelseite, die NASA stellte das Bild lizenzfrei zur Verfügung, und es wurde überall tausendfach abgedruckt. Dass es ikonische Bedeutung erlangte und zu einem der verbreitetsten Fotos der Geschichte wurde, liegt nicht nur an der kaskadenartigen Verbreitung, sondern auch daran, dass es unsere Welt in ungewohnter, ganz neuer Perspektive zeigt. Man sieht die Erde zugleich auf besonders realistische und besonders poetische Weise: Die Staatsgrenzen und Zonen, die beim Anblick jeder Weltkarte und jedes Schulglobus ins Auge fallen, sind wie auch die geometrischen Spuren der Längen- und Breitengrade unsichtbar. Man begreift, dass die Erde ein einziger Körper ist, ein zusammenhängender Organismus, und man ist von ihrer Schönheit überrascht. Sie schwebt über der kahlen Mondfläche in der Finsternis und scheint sich ins Sonnenlicht zu wenden. Etwas mehr als ihre Hälfte ist in Licht getaucht. Bis auf einen braunbeigen Fleck (mitten in Afrika) trägt sie blauweiss verquirlte Schmuckbänder: weiss die Wolken aus Wasser in der dünnen Schicht Gas über Land und Meer, blau das von Himmel und See gestreute Licht. Bei genauem Hinschauen nimmt man die dünne Schicht unserer Atmosphäre wahr, die bläulich über der Wölbung des Erdkörpers liegt und die das bisschen Luft abbildet, das uns am Leben hält.
Die Kopie der Aufnahme an der Wand meines Schreibzimmers ist immer noch ein Hingucker, der mich daran erinnert, dass unser Mutterplanet, schön wie ein Juwel, in der unendlichen Schwärze des sogenannten Alls treibt, ein winziges Inselchen im ungeheuren Universum. Der Whole Earth Catalog machte die Redewendung vom Raumschiff Erde populär, und einer der drei Astronauten von Apollo 8 sprach beim fünfzigjährigen Jubiläum des Fluges von der Bühne, auf der wir Menschen unser Stück aufführen.
Worum geht es in dem Stück? Und welche Rolle spielen wir? Auf solche Fragen gibt es viele Antworten, da ist nur ein Rauschen vernehmbar. Man möchte wünschen, dass das Skript wenigstens nicht auf die vollständige Demolierung der Erde hinausläuft. Schliesslich ist sie die einzige Heimat, die wir haben.
«Erdaufgang» kam gerade zur rechten Zeit, um zur Ikone der internationalen Bewegung zum Schutz der Umwelt zu werden, die sich in den 1960er- und 1970er-Jahren formierte. Das Bild führte genau die Einsichten vor Augen, die sich eben erst ins öffentliche Bewusstsein drängten – Einsichten in die wechselseitige Abhängigkeit der Lebewesen und ihres Zusammenwirkens mit der Umwelt. Indem die Atmosphäre als Medium dieser Lebensvorgänge sichtbar wurde, war es ein Beleg für das sprichwörtliche Bild, das mehr sagt als tausend Worte.
Und es traf auf eine Öffentlichkeit, die sich mitten in der Diskussion über Umweltprobleme befand.

Der stumme Frühling. Ein globales Lernprojekt

1962 war Rachel Carsons Buch «Der stumme Frühling» in den USA und fast gleichzeitig in der Bundesrepublik Deutschland erschienen. In den USA war damit eine heftige Kontroverse ausgelöst worden, die sich über die gesamten sechziger Jahre hinzog und schliesslich im Jahre 1972 zum Verbot der Produktion und Anwendung von DDT führte. Die meisten westlichen Staaten schlossen sich wie die Bundesrepublik diesem Verbot an.
Es lohnt sich, jene Auseinandersetzung in Erinnerung zu rufen, weil sie aus heutiger Sicht gewissermassen als Prototyp gelten kann für Lernprozesse der Öffentlichkeit, die eine Änderung der vorherrschenden Sichtwe...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Impressum
  3. Inhaltsverzeichnis
  4. Vorwort
  5. 1 Lernen, dass alles zusammenhängt
  6. 2 Auf den Klimawandel reagieren
  7. 3 Den Eigenwert der Natur respektieren
  8. 4 Irrwege versperren
  9. 5 Lernen, die Perspektive der Erde wahrzunehmen
  10. Ausblick: Hoffnung auf Naturallianz
  11. Literatur
  12. Fußnoten