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Der begrenzte Planet und die unbegrenzte Wirtschaft
Lassen sich Ökonomie und Ökologie versöhnen
- 176 Seiten
- German
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Der begrenzte Planet und die unbegrenzte Wirtschaft
Lassen sich Ökonomie und Ökologie versöhnen
Über dieses Buch
Mit einer Brutalität ohnegleichen hat sich der Mensch die Natur untertan gemacht. Die Folgen bekommen wir gerade heftig zu spüren.Vieles steht auf dem Spiel. Manche sagen, es gehe um alles. Die Erkenntnisse der Wissenschaft sind klar und nicht zu widerlegen: Auf einem Planeten mit begrenzten Ressourcen ist unbegrenztes Wachstum mit fortdauerndem Ressourcenverbrauch nicht machbar. Heiner Flassbeck benennt die Probleme und Herausforderungen, denen wir uns im 21. Jahrhundert stellen müssen. Und er zeigt konkret, wie wir Ökologie und Ökonomie versöhnen können.
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Information
1 Paris, Madrid und die Freitage
War Paris die Wende?
Ich bezweifle es. Die Erklärung des Pariser Gipfels im Jahr 2015 war sicher ein Fortschritt. Man kann auch gut nachvollziehen, dass die Abschlusserklärung von den Diplomaten und Politikern, die viele Tage darum ernsthaft und sicher auch mit großer Leidenschaft gerungen haben, als ein großer Schritt für die Menschheit betrachtet wurde. Es ist an sich ja schon eine große Leistung, einen gehaltvollen Text zustande zu bringen, auf den sich 196 souveräne Nationen einigen können. Ich habe selbst von Seiten des Sekretariats der Vereinten Nationen an solchen Erklärungen mitgeschrieben und man tendiert in der Tat dazu, die Bedeutung eines solchen Textes – ist er nach langen und nervenaufreibenden Verhandlungen endlich akzeptiert – in grandioser Weise zu überschätzen.
Liest man die 29 Artikel der Erklärung mit einem gewissen räumlichen und zeitlichen Abstand, ist die Begeisterung weniger groß. Der Text ist sehr allgemein gehalten und er konzentriert sich auf die anzustrebenden Ziele, nicht aber auf das eigentlich Wichtige, nämlich die Mittel, die global zum Einsatz kommen sollen, um die Ziele zu erreichen. Ziele festzulegen, ohne über Mittel zu sprechen, ist für eine relativ lose Staatengemeinschaft, wie es die Vereinten Nationen nun mal sind, sicher ein angemessener Ausgangspunkt. Soll aber effektiv etwas erreicht werden, reicht die Einigung über Ziele niemals aus. Man kann das an den sogenannten Millenniumszielen sehr gut nachverfolgen, die in den Vereinten Nationen über viele Jahre das Topthema waren, in der praktischen Politik der Mitgliedsländer aber keine Rolle gespielt und das breite Publikum nie erreicht haben.
So wird es hier vermutlich auch kommen. Es ist eine Illusion zu glauben, man könne eine Verdrängung fossiler Brennstoffe erwarten, ohne dass es eine lang anhaltende und für die Investoren abgesicherte relative Verteuerung von Kohle und Öl im Vergleich zu erneuerbaren Energieträgern gäbe. Bei einem Ölpreis von fünfzig Dollar pro Barrel ist der reale Ölpreis (also der um die Inflationsrate der westlichen Industrieländer deflationierte Ölpreis) kaum höher als zu Anfang der Siebzigerjahre, also vor den sogenannten Ölpreisexplosionen. In einer Welt, in der Rohstoffpreise und vor allem der Ölpreis von den Finanzmärkten getrieben werden, wo die Ölproduzenten bei geringeren Preisen dazu tendieren, mehr zu produzieren, weil sie sonst ihre Staatshaushalte nicht finanzieren können, und wo Kohle und Gas in sehr großen Mengen zu sehr günstigen Preisen zur Verfügung stehen, reichen Absichtserklärungen von Regierungen einfach nicht aus.
Wäre Paris eine substantielle Wende gewesen, hätten sich die Anbieter von Kohle und Öl dazu verpflichten müssen, von nun an kontinuierlich weniger der fossilen Stoffe zu fördern, damit es zu einem nicht mehr reversiblen Anstieg der Preise kommt und alle Verbraucher gezwungen sind, sich sofort und vorausschauend anzupassen. Zu glauben, man könne die fossilen Energieträger im bisherigen Tempo aus der Erde holen, ihre Preise dem Markt überlassen und die Regierungen würden in der ganzen Welt stark genug sein, um gegen den Anreiz, die billigen fossilen Energieträger zu nutzen, deren Verwendung zurückzudrängen, ist eine phantastische Idee. Mit der Wirklichkeit hat sie nichts zu tun.
Alle Regierungen, die bei den regelmäßigen Überprüfungen des Einsparungsfortschritts als Klimasünder gebrandmarkt werden, werden genau das einwenden. Sie werden sagen, dass sie nicht stark genug waren, sich gegen die globalen Kräfte des Marktes für fossile Energie zu stemmen. Und sie werden auch sagen, dass sie das so lange nicht können, bis alle Länder das untereinander abgestimmt haben und in gleicher Weise tun. Und man wird in den Pariser Vertrag schauen und sehen, dass er nichts enthält, was ein solches gleichgerichtetes Handeln erzwingen oder auch nur fördern würde.
Von Paris nach Madrid über Bonn
Als vor zwei Jahren auf dem Klimagipfel in Paris die Delegierten aller Länder dieser Welt in frenetischen Jubel ausbrachen ob der »historischen Wende« in der Klimapolitik, da konnte man als naiver Bürger glauben, dass diese Delegierten nach dem Gipfel nach Hause reisen und sofort damit beginnen, die politischen Weichen in Richtung Ausstieg aus der fossilen Energie zu setzen, weil ja nichts wichtiger sein konnte, als ohne jeden Zeitverzug den Bürgern und den Unternehmen die entscheidenden Signale dafür zu geben, dass die fossilen Energieträger ersetzt werden müssen. Man musste sich ja im Klaren darüber sein, dass kein Land der Welt über Nacht aus der fossilen Energie aussteigen kann, was schlicht und einfach bedeutet, dass überhaupt keine Zeit verloren werden durfte, denn der Ausstieg selbst würde sich über Jahre, wenn nicht über Jahrzehnte hinziehen.
Doch, wie gesagt, das ist die naive Sicht auf die Welt. Tatsächlich geschah nach Paris absolut nichts. Ja, es ist sogar sinnvoll zu sagen, dass mehr als nichts geschah, denn ziemlich bald nach dem Pariser Gipfel begann der Ölpreis deutlich zu sinken, was zwar klimapolitisch eine Katastrophe war, aber in den meisten Hauptstädten als wunderbares Geschenk, als »Konjunkturprogramm« für die Industriestaaten bejubelt wurde.
Auch nach der zwei Jahre später abgehaltenen Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Bonn wurde der Klimaschutz von allen Seiten »neu entdeckt«, passiert ist jedoch wiederum nicht viel. Man war zwar »plötzlich« ganz erstaunt, dass Deutschland selbst sein bescheidenes Ziel, den CO2-Ausstoß zwischen 1990 und 2020 um vierzig Prozent zu reduzieren, nicht erreichen würde, man hat aber sogar in der Politik und in den Medien vergessen, dass ein Großteil der deutschen Verringerung der Tatsache geschuldet ist, dass man (auf deutschen Druck hin übrigens) mit der Zielsetzung im Jahr 1990 angefangen hat und somit der industrielle Untergang der DDR das deutsche Ziel maßgeblich »gefördert« hat. »Plötzlich« stellten sich Reporter scharenweise in die Bonner Konferenzhallen und berichteten schnappatmend darüber, dass die Welt sich keineswegs auf dem Zielpfad bewegt, den sie sich scheinbar in Paris gesetzt hat.
Eine wirkliche globale Energiewende ließe sich politisch in den meisten Demokratien ohnehin nur durchsetzen und rechtfertigen, wenn man bereit wäre, die ärmeren Bevölkerungsschichten durch eine wirklich großzügige Sozialpolitik davor zu schützen, zu den Hauptleidtragenden einer solchen Strategie zu werden. Auch hier zeigt sich, wie wenig konsequent die deutsche Energiewende auch von der Mehrheit derer vertreten wird, die sich ihrer Erfolge gerne rühmen. Das Thema sozialer Ausgleich für die hohen Stromkosten existiert in Deutschland praktisch nicht. Zwar hat man der deutschen Industrie von Anfang an vielerlei Hilfestellung und Unterstützung gegeben. Von einer Sozialpolitik aber, die für die unteren Gehaltsgruppen einen Ausgleich in dem Sinne schafft, dass alle Haushalte in etwa gleicher Höhe (in Prozent ihres Einkommens) zu den zusätzlichen Kosten beitragen, ist nie ernsthaft die Rede gewesen.
Dann kam Madrid. Die Konferenz, die Ende 2019 abgehalten und COP25 genannt wurde, war ein glattes Debakel. Und es geschah genau das, was ein kundiger Beobachter erwarten musste. Die wichtigsten Öl- und Kohleproduzenten dieser Welt stellten sich gegen den Rest der Weltgemeinschaft. Die USA (mittlerweile der größte Ölproduzent der Welt), Australien, Brasilien und Saudi-Arabien waren nicht bereit, sich für einen kohärenten globalen Handel mit CO2-Zertifikaten zu engagieren. Warum sollten sie auch? Aus ihrer Sicht geht es bei der Verteuerung der Nutzung von CO2 um einen Preiskampf bei »ihren« Ressourcen, den sie nur gewinnen können, wenn sie sich systematisch gegen einen Konsens der Weltgemeinschaft stellen.
Genau mit diesem Phänomen muss sich derjenige auseinandersetzen, der erfolgreich Klimapolitik betreiben will. Es genügt nicht, einen Konsens der Naturwissenschaftler zu beschwören und mit katastrophalen Auswirkungen zu drohen. Gelingt es nicht, die großen Anbieter von fossilen Energieträgern in eine globale Strategie einzubinden, ist jede Anstrengung auf nationaler, regionaler oder individueller Ebene sinnlos.
Das ist ein hartes Urteil und wird in weiten Kreisen als Entmutigung all derjenigen verstanden, die guten Willens sind und gerne »ihren« Beitrag leisten möchten. Doch »ihren« Beitrag gibt es nicht. Die Logik gesamtwirtschaftlicher Phänomene ist für viele nicht leicht zu verstehen, aber sie ist unerbittlich: Entweder wir tun alle das Richtige oder niemand tut das Richtige. Und man muss noch einen Schritt weitergehen und konstatieren, dass jemand (eine Institution auf der globalen Ebene) die Menschen zwingen muss, gemeinsam das Richtige zu tun, weil es absolut naiv wäre zu erwarten, dass genügend viele freiwillig und aus innerer Überzeugung das Richtige tun.
Fridays for Future
Genau an der Stelle liegt das Problem von Fridays for Future, der Bewegung junger Leute, die von Greta Thunberg angestoßen wurde. Sie stellt sich vor die Naturwissenschaftler und wählt in Sachen Bedrohung durch den Klimawandel große Worte, um die Gefahren zu beschreiben, weil die großen politischen Taten auf sich warten lassen. Doch das genügt nicht. Es ist unumgänglich, mit ernsthaftem Nachdenken über die relevanten sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhänge zu beginnen.
Der Punkt, der von allen Seiten inklusive Fridays for Future missverstanden wird (und den man sich auch nicht gerne bewusst macht), ist die unverbrüchliche Verknüpfung des Klimawandels mit der Art, wie die meisten Menschen auf der Erde seit mehr als hundert Jahren leben und – nicht zu vergessen – wie sich ihr Leben in dieser Zeit entwickelt hat. Rainer Fischbach hat das in einer Artikelserie sehr anschaulich beschrieben.1 Diese Verknüpfung zu lösen, ist zwar möglich, aber die zeitliche Dimension ist eine ganz andere, als in der Klimadebatte erwartet, und die Instrumente, die man benötigt, sind ganz andere, als sie von der Politik auf nationaler Ebene auch nur diskutiert werden.
Fridays for Future schreibt auf seiner deutschen Internetseite:
»Die Klimakrise ist eine reale Bedrohung für die menschliche Zivilisation – die Bewältigung der Klimakrise ist die Hauptaufgabe des 21. Jahrhunderts. Wir fordern eine Politik, die dieser Aufgabe gerecht wird.«2
Und etwas später heißt es:
»Über 27 000 Wissenschaftler*innen allein im deutschsprachigen Raum stehen hinter uns und unterstützen unsere Forderungen. Wir fordern von der Politik nicht mehr als die Berücksichtigung wissenschaftlicher Fakten.«3
Das mag alles völlig richtig sein, es ändert aber nichts an den Zwängen, denen sich die Politik gegenübersieht. Die Bundesregierung behauptet, sie habe nun genau das getan, was Fridays for Future fordert, nämlich unter »Berücksichtigung wissenschaftlicher Fakten« eine große Menge von Maßnahmen beschlossen. Doch das Paket der Bundesregierung wird hinsichtlich der gewaltigen Aufgabe der Entknüpfung des globalen Wohlstandes und der globalen Entwicklung von der Verwendung fossiler Energie ein Schritt sein, der zwar in die richtige Richtung zielt, aber quantitativ ohne jede Bedeutung ist.
Wohlgemerkt, Jugendliche, die sich für eine nachhaltige Lebensweise engagieren, sind das Beste, was diesem Planeten widerfahren kann. Die Klimaaktivisten müssen aber lernen, dass die Bewältigung der Klimafrage nicht im luftleeren Raum stattfindet. Sie findet in einem politischen, sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhang statt, der so ausgestaltet bleiben muss, dass die Bewältigung der Klimafrage in den demokratisch organisierten Staaten Mehrheiten generiert. Tut sie das nicht, wird die Klimafrage überhaupt nicht gelöst, sondern einfach beiseitegeschoben, wie es heute schon in einigen wichtigen Ländern (USA, Brasilien) zu beobachten ist. Klimaforscher können nur sagen, was aus naturwissenschaftlicher Sicht (im luftleeren Raum also) notwendig wäre. Zur Suche nach tragfähigen Lösungen für die Entknüpfung von fossiler Energie und wirtschaftlich-sozialer Entwicklung in demokratischen Staaten können Klimaforscher absolut nichts beitragen.
Wenn man wissen will, was die deutsche Politik gemäß dem herrschenden ökonomischen Dogma machen wird, muss man nur zur Kenntnis nehmen, wie quer durch die Republik eine Politik gegen den Klimawandel diskutiert wird. Man schlägt, wie in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sehr schön beschrieben,4 nach dem Zufallsprinzip ein ungeheures Sammelsurium von Bereichen vor, die gemixt werden mit einem Sammelsurium von möglichen politischen Eingriffen, die wiederum gemischt werden mit einem Sammelsurium von Zeiträumen, in denen die Maßnahmen wirksam werden sollen. Genau so wird die Politik agieren. Schon das beschlossene Vorgehen, nämlich Ministerium für Ministerium Maßnahmen vorschlagen zu lassen, zeigt, dass die Reise in die große Unübersichtlichkeit geht.
Herauskommen wird eine wilde Mischung aus Anreizen, Verteuerungen, ordnungsrechtlichen Eingriffen, Subventionen und öffentlichen Investitionen. Der Effekt auf die globalen Emissionen von CO2, das kann man heute schon exakt vorhersagen, wird gleich null sein. Das macht aber nichts. Die deutsche Politik wird sagen, sie habe das getan, was in ihrer Macht stand, und wenn sich in fünf Jahren herausstellt, dass es nichts gebracht hat, wer holt dann Frau Merkel aus der Uckermark und zieht sie zur Verantwortung?
Man wird sich bei dem absehbaren Scheitern damit trösten, dass man immerhin Vorbild sein wollte für die Länder, die partout nichts unternehmen, obwohl sie die Pariser Erklärung unterschrieben haben. Deutschland, das Anti-Vorbild in allen wirtschaftlichen Fragen, als wirkliches Vorbild bei der Ökologie, das wäre doch ein schöner Ausgleich für den Schaden, den man mit seinem blinden Merkantilismus auf der Welt angerichtet hat.
Greta Thunberg hat auch in diesem Jahr in Davos davon gesprochen, dass jetzt ein globaler Aufbruch notwendig sei, der den Durchbruch bringen werde. Jetzt, sagt sie und sagen ihre Mitstreiter, gehe es gemeinsam gegen den größten Feind der Menschheit, jetzt müssten wir nur noch – wie es sich der Spiegel erträumt5 – den trägen, von uns selbst aus Versehen geschaffenen dummen und zugleich unnützen Golem (des fossilen Energieverbrauchs) besiegen, werde alles gut.
Das ist, es tut mir leid, es so brutal sagen zu müssen: Spinnerei. Der Golem war weder unnütz, noch ist er aus Versehen geschaffen worden. Fossile Energie war bis jetzt unabdingbar für die wirtschaftliche Entwicklung der Menschheit. Ohne billige fossile Energie wäre Entwicklung zwar möglich gewesen, sie wäre aber vermutlich viel langsamer verlaufen. Doch diese Frage ist nicht einmal wichtig, wichtig ist nur, dass die Entwicklung so verlaufen ist und nun die (scheinbar) unverbrüchliche Verknüpfung zwischen unserem Lebensstandard und dem Verbrauch fossiler Energieträger gegeben ist.
Knoten kann man lösen, Verknüpfungen kann man aufknüpfen, die Frage ist nur wie und in welcher Zeit. Wer einen Knoten löst, kann leicht sein blaues Wunder erleben, weil das, was er retten will, vielleicht abstürzt. Bezüglich der Frage, wie man einen solchen Knoten löst, gibt es in einer Marktwirtschaft und auf globaler Ebene nur eine Antwort: Der Preis für fossile Energieträger muss von nun an in realer Rechnung (also in Relation zum Durchschnittseinkommen der Bevölkerung) dauernd steigen. Wobei »dauernd« unbedingt ernst gemeint sein muss, weder helfen einmalige Preiserhöhungen noch solche Preisschwankungen, die Wirtschaft und Gesellschaft überfordern und von der Politik immer wieder korrigiert werden müssen.
Wohlgemerkt, das ist die notwendige Bedingung, nämlich die Garantie, dass auf Dauer die fossilen Rohstoffe in der Erde bleiben. Die Welt braucht, nimmt man die Klimaziele ernst, eine von der Politik geplante, veranstaltete und schließlich ohne Kompromisse durchgesetzte Verringerung der Produktion der fossilen Rohstoffe. Doch genau darüber redet niemand.
Notwendig für eine erfolgreiche Wende hin zu einer nicht-fossilen Wirtschaft ist sicher noch viel mehr. Man braucht unbedingt massive öffentliche Investitionen, Eingriffe über das Ordnungsrecht, vielleicht auch Verbote und sicher auch zusätzliche Anreize, die von Land zu Land unterschiedlich sind. Aber das alles kann nur funktionieren, wenn die Preisbedingung immer und jederzeit und vor allem global erfüllt ist. Alle politischen Anstrengungen in der ganzen Welt müssen sich zunächst darauf richten, mit den Produzenten der fossilen Rohstoffe eine Vereinbarung zustande zu bringen, die im Zeitablauf dafür sorgt, dass immer weniger von diesen Rohstoffen gefördert werden (deren Angebot also verknappt wird), sodass die von den Staaten vereinbarten und vorgegebenen Preiserhöhungen ökonomisch fundiert werden.
Zu glauben, man könne mit unzähligen kleinen nationalen Maßnahmen diese eine große globale Maßnahme ersetzen, ist mehr als naiv. Solange Öl, Kohle und Gas auf Teufel komm raus gefördert werden und so billig sind wie derzeit, werden sie auch verbrannt. Politisch wird man nirgendwo den Verzicht auf die fossilen Rohstoffe durchsetzen können, wenn die weiter spottbillig sind (in realer Rechnung sind sie, wie oben schon erwähnt, heute in Deutschland so billig wie Anfang der Siebzigerjahre, in den USA ebenfalls, allerdings auf der Hälfte des deutschen Niveaus!). Globale Vereinbarungen wie das Pariser Abkommen werden von den meisten Ländern nur als bloße Absichtserklärungen angesehen und verschwinden sofort in der Schublade, wenn die Regierungen glauben, dass die wirtschaftlichen Möglichkeiten zur Entwicklung durch billige fossile Rohstoffe gefördert werden könnten.
Bleibt die Frage, in welcher Zeit man den Knoten lösen könnte, wenn m...
Inhaltsverzeichnis
- Titel
- Inhalt
- Was auf dem Spiel steht
- 1 Paris, Madrid und die Freitage
- II. Deutschland als Vorbild?
- III. Worum es eigentlich geht: Ökologie versus Ökonomie?
- IV. Was zu tun ist
- V. Wie es weitergehen könnte
- Anmerkungen