Millionär in der DDR
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Millionär in der DDR

Die deutsch-deutsche Geschichte des Kunstmillionärs Siegfried Kath

  1. 200 Seiten
  2. German
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  4. Über iOS und Android verfügbar
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Millionär in der DDR

Die deutsch-deutsche Geschichte des Kunstmillionärs Siegfried Kath

Über dieses Buch

Der Antiquitätenhändler Siegfried Kath war der wohl einzige Selfmade-Millionär der DDR und dabei ein Grenzgänger zwischen Ost und West. Wenige Monate nach Schließung der innerdeutschen Grenze wanderte er im Jahr 1961 in die DDR ein – scheinbar aus Versehen. Innerhalb von zehn Jahren baute er sich vom sächsischen Pirna aus ein extrem lukratives Kunsthandels­imperium auf und geriet damit ins Visier des Ministeriums für Außenhandel: Alexander Schalck-Golodkowskis Kommerzielle Koordinierung, die legendäre KoKo. Der Historiker Christopher Nehring hat die Archiv­quellen zu Siegfried Kath ausgewertet und im familiären Umfeld geforscht. Mit "Millionär in der DDR" legt er die erste Biografie dieser schillernden Figur vor. Vom Tellerwäscher zum Antiquitätenmogul – Kath lebte mitten im Sozialismus den American Dream. Dafür musste er auf drastische Weise bezahlen, als er 1974/75 von der KoKo abserviert, von der Stasi verhaftet und dann abgeschoben wurde. Doch Kath ließ sich nicht lange fernhalten. Schon kurze Zeit später betrat er wieder den Boden der DDR, konnte allerdings weder im Osten, noch im Westen Deutschlands jemals wieder an alte Zeiten anknüpfen. Nehring folgt Kaths Geschichte in all ihren erstaunlichen Wendungen. Ihm gelingen spannende Einblicke in eine unkonventionelle deutsch-deutsche Geschichte, in der die historischen Hintergründe von Bundesrepublik und DDR in ihrer Unterschiedlichkeit, aber auch in ihrer wechselseitigen Abhängigkeit hervortreten.

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Information

Unfassbar Kath, Teil 1
Schicksalsjahr 1961

Am 13. August 1961 ließ die Deutsche Demokratische Republik unter sowjetischer Oberhoheit die Grenze nach Westen schließen.15 Dramatische Szenen spielten sich nicht nur in der Bernauer Straße in Berlin ab, wo eine Mauer fortan durch Wohnhäuser verlief. Verzweifelte Männer, Frauen und Kinder sprangen aus den Fenstern in einen anderen Staat, manche in den Tod. Sowjetische und amerikanische Panzer standen sich feuerbereit am Checkpoint Charlie zwischen Friedrichstraße und Kochstraße gegenüber. Deutschland am Abgrund, dramatische Bilder, die um die ganze Welt gingen. Unmöglich, dass ein erwachsener Deutscher, dies- oder jenseits des Eisernen Vorhangs sie nicht gesehen hatte. Das gilt auch für Siegfried Kath, der zu dieser Zeit in Salzgitter bei Braunschweig lebte. Trotzdem reiste er im Winter desselben Jahres von der Bundesrepublik in die DDR.
Schwer vorstellbar, welche Bilder und Gedankengänge vor seinem inneren Auge abliefen. Was geht in ihm vor, als er sich 1961 dazu entscheidet, in den Osten zu gehen? Hatte er sich seine Entscheidung lange und reiflich überlegt, die Konsequenzen bedacht? Folgte er einer Überzeugung oder war er unwissend, risikofreudig, naiv, einfach nur töricht? Auf diese Fragen gibt es widersprüchliche Antworten.
Fakt ist, dass Kath am Abend des 15. Dezember 1961 bei bitterer Kälte einen Grenzübergang zwischen Niedersachsen und Thüringen von West nach Ost überquerte. Er fuhr mit dem »Interzonenzug«, wurde von den DDR-Grenzern in Marienborn kontrolliert und aus dem Zug geholt. Mehrmals schilderte er später diese Ereignisse aus seiner persönlichen Perspektive, wenngleich mit unterschiedlichen Begründungen.
Bei der Ankunft wurde Siegfried Kath, der kein Einreisevisum besaß, von den Grenzern ausführlich verhört und musste schriftliche Angaben machen. Dies entsprach den gängigen Prozeduren, bei denen den Westdeutschen ein Fragenkatalog mit zehn vorgegebenen Auswahlmöglichkeiten für ihre Motive zur Einreise in die DDR vorgelegt wurde. Diese vorgegebenen Kategorien bieten tiefen Einblick in die Topoi der Propagandaauseinandersetzung zwischen dem kapitalistischen Westen und dem sozialistischen Osten. Auszuwählen war unter: 1. Politische Verfolgung; 2. Entziehung vor der Wehrpflicht; 3. Desertation; 4. Ablehnung des westdeutschen Staates aus politischen und moralischen Gründen; 5. Arbeitslosigkeit; 6. Kurzarbeit; 7. Steigende Lebenshaltungskosten; 8. Soziale Not; 9. Familienzusammenführung; 10. Flucht aus der Fremdenlegion.16
Auf Siegfried Kaths Einreisebogen wurden »ideologische Motive« für seine Reise in die DDR vermerkt. Die allgemeine Teuerung und die beengten Wohnverhältnisse in der Bundesrepublik Anfang der 1960er Jahre hätten ihn zum Übertritt in den sozialistischen Teil Deutschlands bewogen. So habe er nach seiner Scheidung und den engen Verhältnissen bei seinen Verwandten keinen festen Wohnsitz gehabt.17 Nur allzu gut passte diese Begründung in das allgemeine Bild vom marodierenden und ausbeuterischen Kapitalismus westdeutscher Prägung, das die DDR-Propaganda so gerne vom westlichen Nachbarn zeichnete. Gleichzeitig spiegelten die Angaben auch genau die Vorgaben wieder, unter denen jeder Einreisende auswählen musste. Mit seinem Gespür als Menschenkenner wusste Kath, welche Aussage die Situation von ihm erforderte.
In einem Verhör 1974 stellte er sowohl die Umstände seiner Einreise in die DDR als auch seine Erklärungen gegenüber den Grenzbeamten in einem anderen Licht dar: Im Dezember 1961
»begab ich mich in die DDR. Die Arbeit im Gaststättengewerbe beanspruchte mich sehr, weshalb ich meinen Urlaub bei meinen Großeltern in Louisenthal, Erfurt, verbringen wollte. Ich hatte nicht die Absicht, nach der DDR überzusiedeln, sondern nur meinen Urlaub hier zu verbringen. Ich kam alleine (…) ohne Schulden (…). Bei der Einreise verfügte ich nicht über die notwendigen Einreise- und Aufenthaltsdokumente. Deshalb kam ich zunächst in ein Aufnahmelager zur Klärung meiner Angelegenheit (…).«18
1978, als die DDR hinter ihm lag, führte Kath in einem Interview aus, dass er nach der Scheidung von seiner ersten Frau im Winter 1961 »sozusagen eine Luftveränderung« suchte.19 Deswegen wollte er nur für einige Zeit seine Großeltern besuchen – jene Verwandte, zu denen Kath in den Jahren seines DDR-Aufenthalts allerdings kaum mehr Kontakt haben sollte.
Für die anderslautenden Eintragungen auf seinem Einreisebogen hatte Siegfried Kath eine einfache Erklärung: Er übernahm die Motive der DDR-Propaganda, um schneller aus dem Aufnahmelager zu kommen. Die Befrager hätten ihm überaus deutlich zu verstehen gegeben, dass er bessere Aussichten auf Entlassung habe, wenn er ein paar Gründe angäbe. Hilfreich war es da, dass ihm auch gleich Beispiele genannt wurden »(…) wie fortwährende Teuerung und so weiter, die ich mit hinzufügte, um meinen Aufenthalt in diesem Lager zu verkürzen. Es stimmte nicht, dass dies meine tatsächlichen Gründe einer angeblich angestrebten Übersiedlung waren.«20
Was aus heutiger Sicht reichlich naiv erscheinen musste, war in den 1950er Jahren noch gang und gäbe. Der mehrfache Seitenwechsel zwischen DDR und Bundesrepublik je nach persönlicher Gemüts- und sonstiger Lage gehörte damals noch zum Alltag entlang der innerdeutschen Grenze. 1959 erstellte der bundesdeutsche Auslandsnachrichtendienst BND beispielsweise eine Studie basierend auf der soziologischen Auswertung von Gesprächen mit Übersiedlern. Zitiert wurde darin ein mehrfacher Seitenwechsler: »Wie machen Sie das, Sie werden immer wieder aufgenommen hüben und drüben? – Ganz einfach. Wenn ich drüben ankomme, sage ich, wie gut es dort ist und wie schrecklich im Westen. Und im Westen sage ich dasselbe umgekehrt.«21
Ein Rest Misstrauen gegenüber Siegfried Kaths Gedanken und Absichten, die 1961 zu seinem Übertritt in die DDR führten, blieb jedoch immer. Sowohl für eine geplante Übersiedlung, als auch für die Absicht eines Kurzaufenthalts ließen sich Anhaltspunkte finden.22 Die Stasi vertrat die erstere, Siegfried Kath zeitlebens die zweite Version.
In beiden Fällen vermochte die offensichtliche Unkenntnis Kaths in Bezug auf die Einreisemodalitäten zwischen West und Ost auch heute noch zu überraschen. Ob Kurzurlaub oder Auswanderung, auf die formellen Gegebenheiten hatte er sich in keiner Weise vorbereitet. Dass Kath nicht einmal ausreichendes Gepäck mit sich führte und keinen Plan hatte, was er eigentlich in der DDR tun sollte, verwirrte umso mehr.
Ungewöhnlich waren noch deutlich mehr Umstände an diesem schicksalshaften Tag. Kath hatte nämlich nicht einmal einen ordentlichen Reisepass bei sich, denn dieser war ihm acht Tage zuvor gestohlen worden. Stattdessen hielt er nur einen vorläufigen Ausweis in den Händen, als ihn die DDR-Grenzer überprüften.
Am meisten überraschte sicherlich, dass Kath auch nicht einfach zurückgeschickt wurde und die Rückreise antreten konnte. Diese Prozeduren wären für jemanden mit ungenügenden Einreisepapieren sicherlich die einfachste und naheliegendste Lösung gewesen. Abschiebungen von einmal zugereisten Westdeutschen waren jedoch überaus selten, nicht zuletzt, da sie meist schon offizielle DDR-Papiere in den Händen hielten.23
Hatte Kath etwa auf eine Einreise gepocht? Auch diesbezüglich gibt es keine Klarheit. Er selbst sollte anderthalb Jahrzehnte später angeben, dass er an jenem Tag »wider Willen in die DDR geriet«24, sein Verbleib erzwungen und er selbst quasi entführt wurde.
Ein Übertritt von West nach Ost im Jahr des Mauerbaus, wer konnte sich das vorstellen? Wie viele hatten so etwas gewagt? Ein Blick in trockene deutsch-deutsche Statistiken enthüllt Erstaunliches: Siegfried Kath war beileibe nicht der einzige Westdeutsche, der in die DDR übersiedelte. Er war nicht einmal der Einzige, der dies im Jahr des Mauerbaus 1961 tat. Insgesamt, so moderate Schätzungen, gab es zwischen 1949 und 1989 ca. 550.000 bundesrepublikanische Bürger, die es ihm gleichtaten. Im Jahr 1961, das den großen Einschnitt in die vormals recht hohe Anzahl von Zuwanderern aus dem Westen bedeutete, kamen mit Kath noch 19.710 andere.25 Rund ein Drittel der vor 1961 Zugezogenen trat jedoch bis zum Mauerbau auch wieder die Heimreise an. Obgleich aus der historischen Fernperspektive überaus ungewöhnlich erscheinend, waren Übersiedlungen zwischen West und Ost, zumal in den 1950er und 1960er Jahren, im Sinne moderner Migrationsforschung eine »höchst normale Wanderungsbewegung«26. Als Hauptmotiv für Migration generell, aber auch von West- nach Ostdeutschland im Speziellen, wurden persönliche Bedürfnisse und deren Befriedigung identifiziert. Ein Wohnortswechsel von West nach Ost, auch zu Hochzeiten des Kalten Krieges, war demnach das Produkt rationaler Überlegungen und Handlungen.
Und Siegfried Kath? Je größer der zeitliche Abstand zu dem deutsch-deutschen Schicksalsjahr 1961 wird, desto schwerer fiel es zu glauben, dass sich jemand im Westen der Republik kurz vor Weihnachten 1961 einfach so in einen Zug in »die Zone« setzen konnte. Ohne Ahnung, ohne Plan, ohne Strategie. Doch so war eben Siegfried Kath. Wenn ein Gedanke da war, musste er umgesetzt werden. Er hatte einfach keine Vorstellung davon, was passieren könnte, wenn er die Grenze zur DDR überquerte. Naivität? – Ja. Töricht? – Musste man wohl so sehen. Risikofreudig bis hin zur Gedankenlosigkeit? – Na, so war er eben.27 Beinahe banal wirkte seine Motivlage, so banal, dass sie ihm später niemand abnehmen wollte. Unfassbar, dieser Kath.
Der 15. Dezember 1961 war – so oder so – ein Schicksalstag für Siegfried Kath. Die Entscheidung, sich überhaupt in den Interzonenzug zu setzen, sollte sein gesamtes weiteres Leben bestimmen. Ob sie vorbereitet und ganz bewusst getroffen wurde, lässt sich auch heute nicht einfach beantworten. Und doch schien es, als ob Kath an diesem Tag gar keine andere Entscheidung hätte treffen können, als ob sein Leben diese Wendung hätte nehmen müssen.
Zwei Blickwinkel und Interpretationen streiten in der Einschätzung von Siegfried Kaths Übertritt in die DDR miteinander. In Retrospektive seines weiteren Lebenslaufs wirkte sein Handeln wie eine stringente Abfolge von Ereignissen, die gar nicht hätten anders kommen können. Siegfried Kath sollte den american dream, die klassische, fast schon inszeniert wirkende Einwanderergeschichte vom Tellerwäscher zum Millionär hinlegen. Nur eben im Sozialismus. Wer könnte da Zweifel haben, dass der erste und zwingende Schritt dorthin – eben der Übertritt aus West nach Ost – nicht geplant war?
Aus der Momentaufnahme des 15. Dezembers 1961 heraus betrachtet, musste sein Leben so ergebnisoffen wirken, wie es jede Gegenwart gemeinhin tut. Eine Verkettung von Ereignissen, die so oder eben auch ganz anders hätten kommen können, führte ihn auf seinen weiteren Weg. Besonders die Ereignisse des kommenden Jahres 1962 legten nahe, dass die unglaubliche Erfolgsgeschichte des Siegfried Kaths, zu dieser Zeit keineswegs feststand.
Nüchtern betrachtet, erscheint Siegfried Kaths Entscheidung, 1961 in die DDR zu reisen, als ein Gemisch aus Abenteuerlust, persönlicher Krise und grenzenloser Naivität. Schielt man mit einem Auge auf die fantastische Geschichte, zu der sich sein Leben entwickeln sollte, ist man geneigt, Siegfried Kath am 15. Dezember 1961 unbewusst jene Möglichkeit antizipieren zu lassen, die ihm sein neues Leben in der DDR noch bieten würde. In diesem Moment der Nacht des 15. auf den 16. Dezember 1961 ist er jedenfalls als Mensch und Charakter, in seinem Innersten so greifbar wie in nur wenigen anderen Momenten. Und dies allem Anschein nach, ohne es selbst zu wissen.

Zwischen Flucht und Aufbau
1962–1966

Da war er nun also im 1958 geschaffenen »Zentralen Aufnahmeheim« in Barby an der Elbe, das als Erstaufnahmelager für Rück- und Zuziehende aus der Bundesrepublik eingerichtet worden war. Mit dabei natürlich immer die Genossen von der Stasi und der Volkspolizei, die die Neu- oder Wiederankömmlinge auf Herz und Nieren prüften.28 Weihnachten und Jahreswechsel verbrachte Siegfried Kath ohne ausreichend Gepäck, ohne seinen bundesrepublikanischen Behelfspass, den ihm die Grenzer abgenommen hatten, und ohne Plan, wie es weitergehen sollte, in den beengten Räumlichkeiten des alten Schlosses.
Mitte Januar 1962 durfte er das Lager verlassen und zu seinen Großeltern in Thüringen gehen. Seinen bundesdeutschen Ersatzausweis erhielt er nicht zurück, stattdessen wurden ihm vorläufige DDR-Papiere ausgegeben. Mündlich, so Kath, wurde ihm zugesichert, dass er bald wieder ausreisen dürfe, wenn er durch den Antritt einer Arbeit in der DDR seinen »guten Will...

Inhaltsverzeichnis

  1. Siegfried Kath: ein Rockefeller der DDR
  2. Einleitung: Millionäre in der DDR
  3. Kindheit 1936–1944
  4. Prägende Jahre 1945–1961
  5. Unfassbar Kath, Teil 1 Schicksalsjahr 1961
  6. Zwischen Flucht und Aufbau 1962–1966
  7. Griff nach den Sternen: von »Baltimore« nach Pirna 1966–1969
  8. Aufstieg 1969–1971
  9. Senkrechtstart zum Ost-Millionär 1972–1974
  10. Siegfried Kath und die Stasi 1962–1974
  11. Die Intrige 1973/1974
  12. »Barocker Prunk«: Landsitz, Sammler und der Neid
  13. Horst Schuster
  14. Verhaftet 1974
  15. Des Teufels Anwalt 1974/75
  16. Unfassbar Kath, Teil 2 1975
  17. Neuanfang 1975
  18. Auf und Ab 1976–1981
  19. Leidensweg 1981–2008
  20. Annelies
  21. Der Fall Siegfried Kath und die Wende 1990–2002
  22. Millionär und Mensch: ein Fazit zu Siegfried Kath
  23. Nachweise