1. Megatrends als Herausforderung der Gesellschaft
Die heutige Gesellschaft steht aktuell mehreren Megatrends gegenüber, die für nahezu alle Unternehmen weltweit eine große Herausforderung darstellen. Der Begriff Megatrend wird erstmals im Jahr 1984 durch Naisbitt weltweit bekannt. Es werden primär die Effekte zusammengefasst, die für alle Bereiche der Gesellschaft und Wirtschaft eine Auswirkung haben.1 In der Regel müssen drei grundlegende Faktoren als zutreffend klassifiziert werden, um den Begriff Megatrend valide zu positionieren. Erstens muss das Phänomen über einen langen Zeitraum – häufig mehrere Jahrzehnte – einen Einfluss auf die Gesellschaft ausüben. Zweitens sollte eine Betroffenheit von vielen Personen in diversen Lebenssituationen vorherrschen. Das dritte Kriterium verkörpert den universellen Charakter der Megatrends, jedoch darf die Intensität und Reichweite variieren.2 Zu den gegenwärtigen Megatrends zählen unter anderem die Globalisierung und Digitalisierung, der Wertewandel, der demografische Wandel und der damit verbundene Fachkräftemangel. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen müssen sich dieser Aufgabe stellen, um mittel- und langfristig erfolgreich auf dem Markt zu bleiben.3 Diese Beobachtung gilt folglich auch für die Steuerberatungsbranche, die in dieser Forschungsarbeit in den Fokus genommen wird. Im Rahmen der Dissertation werden mitarbeiterbezogene Anreizsysteme und Personalführung in kleinen und mittelständischen Steuerkanzleien in Deutschland untersucht. In den nun folgenden Schritten wird eine Vorstellung der Megatrends vorgenommen und eine Verbindung mit der Steuerberatungsbranche aufgezeigt. Zunächst wird die Globalisierung als Megatrend in den Fokus genommen. Der Begriff Globalisierung charakterisiert die weltweite Vernetzung und Beziehung von internationalen Akteuren und die Verflechtung von Volkswirtschaften. Daraus resultieren unter anderem globale Märkte für Waren, Kapital und Dienstleistungen.4 In der Dissertation wird die Auswirkung auf den Markt und der Wettbewerb in den Fokus genommen, da hier die höchste Relevanz für die Steuerberatungsbranche erwartet wird. In der heutigen Gesellschaft ist eine fortlaufende Dynamik im Geschäftsleben zu erkennen. Noch vor ein paar Jahrzehnten war es undenkbar, dass selbst kleine und mittelständische Betriebe mit den Auswirkungen der Globalisierung konfrontiert werden.5 Der weltweite Handel ermöglicht die Bestellung von Produkten und Dienstleistungen aus weit entfernten Regionen der Erde. Diese neuen Begebenheiten greifen nun selbst kleine und mittelständische Unternehmen in ihrer täglichen Arbeitsausübung an. In der Vergangenheit konnten die sogenannten KMU, das entspricht in der Kurzform den kleinen und mittelständischen Unternehmen, den regionalen Markt bedienen, ohne größere äußere Einflussnahmen festzustellen. Im Zeitalter des Internets und der bereits erwähnten freien Zugänglichkeit konkurrieren nun die KMU mit weltweiten Produzenten und Anbietern von Dienstleistungen.6 Einige große Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in Deutschland sehen eine signifikante Herausforderung im Bereich der Globalisierung. Dies basiert nicht zuletzt auf dem multinationalen Angebot der eigenen Dienstleistung.7 Kleine und mittelständische Steuerkanzleien agieren nur bedingt im internationalen Umfeld. Der überwiegende Anteil der deutschen Steuerkanzleien bietet die eigene Dienstleistung im deutschen Bundesgebiet an. Eine aktive Akquise von internationalen Kunden nimmt dabei wenig Raum ein. Der häufigste Grund für die Unterstützung auf dem internationalen Terrain ist der Wunsch von bereits bestehenden Mandanten, die Geschäftstätigkeit im Ausland zu unterstützen. Folglich werden die Steuerberater gebeten, dieses Vorhaben zu begleiten.8 Das Kapitel 4.4 manifestiert einen gezielten Ausschnitt der Besonderheiten der Branche. Die hohen Markteintrittsbarrieren und die geringe Marktdynamik in der Steuerberatungsbranche lassen darauf schließen, dass die Globalisierung nur einen limitierten Einfluss auf das Forschungsthema nimmt. Auf Grundlage der beiden genannten Parameter spielt die Globalisierung auch bei der Markt- und Wettbewerbsbetrachtung in kleinen und mittelständischen Steuerkanzleien aktuell eine untergeordnete Rolle. Dies könnte sich jedoch ändern. Die Europäische Union verfolgt Liberalisierungs- und Harmonisierungsbestrebungen, um die Rahmenbedingungen der europäischen Länder anzugleichen.9 Dies könnte eine Veränderung der zukünftigen Rechtsprechung in Deutschland in der Zukunft bewirken und beispielsweise die Markteintrittsbarrieren herabsetzen. Zudem ist es möglich, dass die deutschen Steuerkanzleien verstärkt international tätig werden, sobald der inländische Wettbewerbsdruck weiter steigt. Die voranschreitende Digitalisierung nimmt bei diesem Wettbewerb auch eine tragende Rolle ein und symbolisiert zugleich einen weiteren Megatrend in der gegenwärtigen Gesellschaft. Der Begriff Digitalisierung beschreibt die digitale Transformation von Datenbeständen. In diesem Prozess werden analoge Informationen in technisch verwertbare Speichermedien umgewandelt, die mit Hilfe der Informationstechnologie im Anschluss genutzt werden können.10 Unternehmen, die einen hohen Digitalisierungsgrad aufweisen, können globale und nationale Wettbewerbsvorteile auf diesem Weg erreichen. Die Arbeitswelt im Ganzen unterliegt einem starken Wandel. Der Arbeitsplatz verändert sich im Laufe der zunehmenden Digitalisierung, dadurch entstehen neue Möglichkeiten. Der technisch flexible Zugang zu den digitalen Arbeitswerkzeugen ermöglicht beispielsweise eine ortsunabhängige Umsetzung der Arbeitsaufträge. Zudem nimmt die Digitalisierung einen starken Einfluss auf einige Geschäftsbereiche. Von der Kommunikation und Interaktion mit Geschäftspartnern und Kunden, bis hin zur elektronischen Rechnungserstellung, werden zunehmend Arbeitsabläufe digital verarbeitet. Geschäftsvorgänge, die in der Vergangenheit nur manuell möglich waren, sind bereits automatisiert worden oder werden in Kürze technisch umgesetzt.11 Dieser fortschreitende Entwicklungsprozess tangiert auch die Steuerberatungsbranche und die Experten sehen in diesem Feld Chancen und Risiken. In einer Befragung der Bundessteuerberaterkammer aus dem Jahr 2018 wird ersichtlich, dass die befragten Steuerberater die wichtigste Chance im Bereich der Effizienzgewinne einstufen. Die internen Geschäftsprozesse und der digitale Austausch mit externen Partnern kann durch die Digitalisierung stetig verbessert werden. Zudem ermöglicht laut Ansicht der Befragten die Digitalisierung die Möglichkeit, jederzeit und ortsunabhängig auf Daten zugreifen zu können. Darüber hinaus sieht der Großteil der befragten Steuerberater einen Vorteil in der systematischen technologischen Verarbeitung von Mandantendaten und damit die Option, auf dieser Basis neue Dienstleistungen anzubieten. Die voranschreitende Digitalisierung birgt jedoch auch Risiken für die Branche. Der Großteil der Befragten ist der Ansicht, dass sogenannte deklaratorische Tätigkeiten, wie beispielsweise die Erstellung von Steuererklärungen oder auch Jahresabschlüssen, durch die Technologiefortschritte aus dem Aufgabenfeld der Steuerkanzleien entfallen werden. Den Grund hierfür sehen die Befragten im hohen Standardisierungsgrad.12 Durch diese Prognose wird eine Veränderung der Arbeitstätigkeiten erwartet. Die Befragten sehen die Zukunft in steuerberatenden Aufträgen, die ein hohes Spezialwissen erfordern.13 Diese Annahme führt zu einer Veränderung des Mitarbeiterprofils in einer Steuerkanzlei. Manuelle Tätigkeiten mit einem hohen Grad an Routine werden zukünftig weniger im Fokus stehen und die Unterstützung der neuen Geschäftsfelder mit einem signifikanten technologischen Anteil nehmen, laut Ansicht der Befragten, einen elementaren Raum ein. Neben den technischen Entwicklungen ist auch eine Veränderung der gesellschaftlichen Werte zu erkennen. In der gegenwärtigen deutschen Gesellschaft bilden Werte wie Individualisierung, Differenzierung und nachhaltiges Engagement eine ganz zentrale Bedeutung für Mitarbeiter im Berufsleben. Darüber hinaus stellen die heutigen Angestellten die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Freude am Job, Ausleben von Kreativität und Übernahme von Verantwortung in den Mittelpunkt. Es lässt sich in diesem Zusammenhang auch eine Abkehr von den eher traditionellen Tugenden Treue, Disziplin und Verlässlichkeit feststellen.14 Diese Veränderung macht deutlich, dass Anreizsysteme und Personalführung in kleinen und mittelständischen Steuerkanzleien diesen Trendwandel berücksichtigen sollten, um beispielsweise die Zufriedenheit der eigenen Belegschaft zu ermöglichen. Neben der Globalisierung, der Digitalisierung und dem Wertewandel bildet der demografische Wandel ein wichtiges Fundament der Megatrends. Der sogenannte demografische Wandel beschreibt die Veränderung der altersbedingten Zusammensetzung von Gesellschaften.15 Deutschland befindet sich im demografischen Wandel. Dieses Phänomen ergibt sich durch die Tatsache, dass seit einigen Jahrzehnten die Sterberate höher ist als die Geburtenrate. Gleichzeitig steigt die Lebenserwartung der Bevölkerung, wodurch der Anteil der älteren gegenüber den jüngeren Menschen zunimmt. Im Jahr 2019 werden laut einer Auswertung des Statistischen Bundesamtes 778.100 neue G...