Vae Victis - Band II
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Vae Victis - Band II

  1. 182 Seiten
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Vae Victis - Band II

Über dieses Buch

Bonaventura von Völkern hat Ellinor von Heym geheiratet. Berauscht von ihrem Reichtum beginnt für ihn diese neue Lebensphase und so ist er allzu gern bereit zu übersehen, dass sie für ihn nichts empfindet. Doch bald schon wird aus Langeweile Verachtung. Als Ellinor sich auf eine Ägyptenreise einem Syrischen Grafen an den Hals wirft, kommen bei Bonaventura erste Zweifel auf. Als er dann noch durch Ellinors Bruder erfährt, dass Malva von Kettenau in der Heimat nur Bonaventura geliebt hatte, hält es diesen nicht mehr in Ägypten und er reist in die Heimat. Doch Malva macht ihm deutlich, dass er nicht so einfach den einmal eingeschlagenen Weg aufgeben soll. Von diesem Moment an überschlagen sich die Ereignisse.Nataly (Natalie) Auguste Karline Amalie Hermine von Eschstruth (1860–1939; (Ehename: Nataly von Knobelsdorff-Brenkenhoff) war eine deutsche Schriftstellerin und eine der beliebtesten Erzählerinnen des Wilhelminischen Zeitalters. Sie schildert in ihren Unterhaltungsromanen in eingängiger Form vor allem das Leben der höfischen Gesellschaft, wie sie es aus eigener Anschauung kannte. Sie entstammte einer hessischen Familie und war die Tochter des königlich preußischen Majors Hermann von Eschstruth (1829–1900) und der Amalie Freiin Schenck zu Schweinsberg (1836–1914). 1875 durchlief sie eine Ausbildung in einem Mädchenpensionat in Neuchâtel in der Schweiz und bereiste später die wichtigsten europäischen Hauptstädte. Von Eschstruth schrieb Frauenromane, die in der Schicht der wilhelminischen Adelsgesellschaft oder bei hohen Hofbeamten spielen und erzählt dort fiktiv-biographische Geschichten. Das Umfeld der Romane ihrer Hauptschaffensperiode in den 1880er und 1890er Jahren vermittelt heute einen Eindruck von alltäglichen und historischen Details; vom Unterhaltungswert haben von Eschstruths Bücher nichts eingebüßt.weniger anzeigen-

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Information

Sechsundzwanzigstes Kapitel.

Halb bewusstlos vor Angst und Aufregung hatte sich Ellinor in dem Auto zusammengekauert. Bei dem rasenden Tempo pfiff ihr die Luft um das Gesicht, dass es unmöglich war, zu sprechen, auch war die Kühle des Abends empfindlich, und als Frau von Völkern die Glieder zitterten und ihre Zähne zusammenschlugen, nahm Cassarate in erster Linie an, dass sie fror.
Er rief Pierre ein paar Worte zu und dieser raffte eine Pelzdecke, welche zusammengerollt auf dem Boden des Autos lag, empor und hüllte die bebende Gestalt der jungen Frau darin ein.
Wie ein Spuk flog der Wagen dahin.
Oft hörte man entsetzte Aufschreie harmloser Fusswanderer, welche ihm begegneten — man sah, wie die Leute sich bei dem unverhofften, grässlichen Anblick bekreuzigten und Nicodemo lachte scharf auf.
„Wir haben mit unserer famosen Dekoration schon in Italien grossartige Erfolge erzielt — sagte er harmlos: „kein Mensch wagte, uns anzuhalten und das bezwecken wir ja.“
Die Häuser und Villen zu beiden Seiten des Wegs hörten auf, und Cassarate atmete entschieden erleichtert.
Er neigte sich zu Ellinor.
„Nun sei bitte vernünftig und rege dich wegen des kleinen Zwischenfalls von vorhin nicht auf, mein Liebchen!“ sagte er sehr heiter: „Es ist ja nur ein finanzieller Vorteil für dich, deinen Bruder, welchen du doch nicht allzu zärtlich liebtest, zu beerben! Wir können das Leben dadurch doppelt geniessen, und wenn wir erst in unserm reizenden Felsenschloss in Sicherheit sind, wirst du mir noch den Dolchstoss danken, welcher uns reich machte!“
Ellinor nickte — so namenlos sie auch das Grauen vor dem Mörder an ihrer Seite schüttelte, überwand sie sich und schmiegte sich näher an ihn an.
„Werden wir wirklich sicher sein?“ flüsterte sie mit stierem Blick.
„Gewiss. Wir sind allerdings beobachtet. Du versicherst, dass du keine Verräterin bist — ahnst du nicht, wer sich auf die Veranda geschlichen haben kann?“ —
„Ich fürchte James; er ist sehr neugierig und als ich ihn nach dem Theater schickte, schien er stutzig zu werden!“
Cassarate fuhr empor.
„Derselbe Kerl, der mit dir in Luxor war?!“
„Derselbe!“
„Diantre! dann wäre es möglich, dass er mich erkannt hat?!“ knirschte der Entführer.
„Wohl möglich!“ nickte Ellinor und sekundenlang flimmerte wieder die alte, boshafte Schadenfreude in ihrem Auge auf, den jüngst noch so glühendgeliebten und jetzt so masslos gehassten Mann nach Möglichkeit zu erregen.
Cassarates Gesicht bekam einen Ausdruck wilder Entschlossenheit.
„Je nun — so werden wir uns wohl nicht in dem hübschen Bergschloss langweilen!“ stiess er ingrimmig hervor: „man wird uns Arbeit schaffen, vielleicht eine recht blutige. Gleichviel. Pierre!“ —
„Nicodemo?!“
„Hat jemand den Wagen vor der Villa gesehn?“
„Ja; es gingen ein paar Bauern vorüber, auch im Park hörte ich verschiedentlich Geräusch. Ob man aber viel gesehen hat? Die Lichter waren ja gelöscht und wir hielten im Schatten.“
„Dennoch ist Vorsicht geboten. Wir müssten die auffällige Dekoration abnehmen und als durchaus harmlose Autler durch Bozen fahren!“ — Er zog die Bremse und der Wagen hielt.
„Runter damit!“ befahl er kurz.
Pierre schien bereits Übung zu haben. Er sprang blitzschnell herab, nahm den Sack, auf welchem er gesessen und huschte an den Kühler heran.
Ein paar flinke Schraubendrehungen und der Totenkopf verschwand in der schützenden Hülle — die Eulen folgten nach.
Pierre kehrte zurück und warf eine dunkle Decke über den kupferbekleideten Rücksitz.
„Nun die Seitenlampen abstellen!“
Cassarate drückte auf den elektrischen Knopf und im Nu war das grelle Licht erloschen.
Harmlos, dunkel, wie ein gewöhnlicher Tourenwagen, nur durch einen grossen Scheinwerfer und die Wagenlaterne leuchtend, stand das erst so unheimliche Auto da.
Pierre schwang sich wieder empor.
Plötzlich stutzte er.
„Da hinten kommt ein Automobil in anscheinend rasender Fahrt hinter uns her!“ stiess er kurz hervor.
Nicodemo schnellte auf seinem Sitz herum.
„Zum Teufel! gilt das uns?!“
Ellinor erhob sich jäh. „Wohl möglich!“ rief sie und abermals klang es wie Frohlocken in ihrer Stimme.
Ein Blick, welcher ihr das Blut erstarren machte, traf sie aus den Augen ihres Begleiters.
Mit rüder Hand stiess er sie auf den Sitz zurück und lachte abermals.
„Nur ruhig Blut, Madame! Es scheint mir doch, dass Sie Dinge wissen, welche Sie uns verheimlichen! Nicht zu früh gejubelt — die erste Kugel, welche notwendig wird, gilt Ihnen! das schwöre ich!“
Ellinor wollte zitternd erwidern, aber schon raste das Auto in schwindelndem Tempo die mondhelle Chaussee entlang und mit einem Zittern der Todesangst sank Frau von Völkern in sich zusammen.
„Beobachte das Auto, Pierre!“
„Es rückt uns näher!“
„Gut; ich muss es riskieren und dort in den Zustreckeweg einbiegen! Folgen sie uns auch dort nach, ist es erwiesen, dass wir verfolgt werden!“ —
Der leichte Rennwagen sprang und stiess auf dem schlechten Weg, über welchen Cassarate nach wenigen Sekunden raste; Ellinors zitternde Hände krampften sich fest, ihr Herzschlag drohte sie zu ersticken.
Sie war verloren! —
Wenn Hilfe kam, streckte sie der Fürchterliche an ihrer Seite nieder — und kam sie nicht, so schleppte er sie als Gefangene fort, bis er ihr das ganze Vermögen abgezwungen hatte und sie dann, als überflüssigen Ballast ebenso tötete, wie jene beiden andern Unglückseligen, die in gleich wahnwitziger Leidenschaft für den Frauenräuber erglüht waren, wie sie!
Da kam sie geschlichen, die eiskalte, würgende Schlange, die Todesangst — und sie wand sich fester und fester um Leib und Seele des selbstbewussten Weibes, welches so stolz und sicher auf seinen Geldsäcken gethront und nur eine Gottheit anerkannte und anbetete, das liebe, eigene Ich! Diesen Götzen, für dessen Molochdienst kein Opfer und keine Sünde zu gross gewesen, welcher weitherzig genug war, alles zu erlauben, was gefällt!
Und nun plötzlich war dieser Götze, dessen vergoldeten Befehlen sich bisher alles neigte, von seinem Thron gestürzt und statt seiner trat eine düstere Riesin daher, mit eisigem, erbarmungslosem Blick, das blanke Schwert und die Sanduhr in der Hand und sprach: „Ich bin die Vergeltung! Ich schreite voran — und der, welcher mir folgt und finster seine Ernte hält, ist der Tod!“
Der Tod! —
Ein leis gurgelnder Schrei der Verzweiflung ringt sich von Ellinors Lippen und verweht ungehört in dem scharfen Luftzug.
Sterben! — so jung schon sterben! schon jetzt aus dem Genussleben höchster Sinnesfreuden scheiden, um hinabzusinken in ein schwarzes ... ödes ... ewiges Nichts! —
Nur das nicht!
Voll wahnwitziger Angst klammert sie sich an dieses Leben — das einzige, an welches sie glaubte, weil sie es hatte! —
Nicht sterben! nicht sterben!
Ellinor fühlt, wie der kalte Schweiss von ihrer Stirn perlt, wie das unermessene Todesgrauen sie schüttelt ...
„Wir sind verraten!“ schreit Pierre: „das andere Auto folgt uns!“
„Verruchtes Weib!!“ Cassarate macht eine Bewegung mit der Hand, als wolle er, schäumend vor Wut, die junge Frau an seiner Seite niederschlagen — ein gellender Aufschrei Ellinors — halb bewusstlos vor Entsetzen bricht sie in sich zusammen, sie hört, wie Nicodemo das Auto bremst.
„Abspringen, Pierre!“ befiehlt er keuchend, „versteck dich hier hinter dem Gebüsch und schiess die Kerls ah! — Es ist die einzige Rettung!“
Der Komplize schwingt sich behend herab.
„Ich treffe sie! verlass dich darauf!“
Schon rast der Wagen weiter.
Ellinor fühlt es, wie sich die Haare auf ihrem Kopf sträuben.
Hilfe! wer bringt ihr noch Hilfe?
Blitzartig kommt ihr eine Erinnerung. Sie fuhr mit Tante Geldern spazieren — die Pferde scheuten und gingen durch, ein steiler Abhang, ein Seeufer, drohte ihnen mit sicherem Tod.
„Bete, Ellinor! bete!“ rief die Gräfin: „bitte Gott um Hilfe, nur er kann sie noch senden!“
Und die Gräfin betete mit lauter Stimme.
Da gab es einen Ruck, das Handpferd trat in ein Maulwurfsloch und brach zusammen, der Wagen schlug wohl um, aber sie waren kaum verletzt und gerettet. —
Als sie wieder auf sichern Füssen stand, lachte Ellinor spöttisch auf. „Ich habe nicht gebetet und bin doch gerettet! Welch ein Blödsinn von dir! mein Wahlspruch heisst: hilf dir selber, dann hilft dir Gott!“ —
Daran dachte sie plötzlich.
Wie soll sie sich jetzt selber helfen? Komödie spielen? das ist bei einem Mann wie Cassarate verlorene Liebesmüh, das weiss sie jetzt! Und sonst kann sie nichts tun — sie ist hilflos, ohnmächtig — preisgegeben!
Aber beten? —
„Nein! — das kann sie nicht!
Zu wem? einem Gott, an den sie nicht glaubt? Welch absurder Gedanke!
Selbst jetzt verzerren sich ihre Lippen, welche die Todesangst schneeweiss färbt, zu einem ironischen Grinsen!
Nein! sie kann nicht beten! Warum sich noch unnützerweise lächerlich machen!
Gibt es einen Gott ... ei gut! so mag er ihr jetzt helfen! Dann wird sie dem Gedanken, ihn wissenschaftlich zu erforschen, nähertreten. — Hilf dir selber! — Wie aber! wie?! —
Da knattern hinter ihnen Schüsse ... eins ... zwei ... drei und viermal ... noch öfter ...
Der Wind verschlingt das Echo.
„Nun sind die Würfel gefallen!“ stösst Nicodemo durch die Zähne hervor: „es ging auf Tod und Leben! Folgt das Auto immer noch, hat Pierre zum erstenmal im Leben das Ziel verfehlt ...“
„Und was dann?!“ kreischt Ellinor in alles vergessender Aufregung.
„Wir halten bis zur letzten Möglichkeit aus! — Sieh dich um! — Sind uns die Scheinwerfer noch auf den Fersen?!“
Ellinor wendet sich schwerfällig, sie reisst die angstverglasten Augen fast gewaltsam auf.
„Nicodemo!“ gellt es von ihren Lippen, und wieder weiss man nicht, ist es Jubel oder Schreck, welcher die Worte durchklingt — „sie folgen uns!!“
„Hol sie der Teufel! — Nun heisst es, aus dem Wagen herausbringen, was er leisten kann. — Holen sie uns ein, so sollen sie nie die Genugtuung haben, uns lebend zu fangen!“
„Nicodemo ... erbarme dich!“
„Ich kenne kein Erbarmen.“
Vor Ellinors Augen wehen schwarze Schatten, wieder sinkt sie zusammen — aber ihre guten Nerven spotten ihrer Qual, keine Ohnmacht erlöst sie.
Plötzlich reckte Cassarate den Kopf.
„Was ist das?
Vor ihnen liegt ein kleines Dörfchen und auf dem schmalen, mondscheinhellen Weg kommt ihnen ein Leichenzug entgegen. Es handelt sich Wohl darum, einen Sarg in die Friedhofkapelle zu überführen, seitlich ragt das hohe, weit offene schwarze Tor, welches auf den Gottesacker führt.
Ein Schrei der Wut! der tobenden Raserei von Cassarates Lippen.
Der Weg ist gesperrt. —
Dem Leichenwagen ausbiegen, ist unmöglich, den Trauerzug vorüberlassen ebenso, denn dies würde ein enormer Zeitverlust sein und sie ihren Verfolgern rettungslos in die Hände liefern.
„Ex est!“ —
Die Augen des Verbrechers treten weit aus ihren Höhlen.
„Ellinor — jetzt kommt der Tod ... auch für dich!“ lacht er schrill auf.
Noch eine kleine Strecke rast das Auto.
Wimmernd windet sich Frau von Völkern, sie ist von dem Sitz geglitten und will Cassarates Füsse umklammern ...
Da sieht sie, wie er den Revolver aus der Brustslasche reisst und ihn herabneigt gegen ihren Kopf, noch ein letzter furchtbarer Aufschrei von ihren verzerrten Lippen — ihre Hände krampfen sich und wühlen sich in die Haare ... ein dumpfer Knall ... noch einer ... Nicodemo hebt die Waffe gegen die eigene Schläfe ... abermals verweht der Wind den Schuss ... die zuckende Hand reisst noch im Tode das Steuerrad herum ...
Vor dem stillen, ernsten Trauerzug ist Gottes Engel geschritten, der hob die Hand und wehrte dem Verderben ab, welches Cassarate noch im letzten Augenblick voll teuflischer Schadenfreude über die ahnungslosen Leidtragenden bringen wollte!
Das Auto schnellt zur Seite und rast, scharf vor dem Leichenwagen her in das weit offene Tor des Friedhofs hinein. Dort prallt es voll furchtbarer Wucht gegen einen schweren Grabstein, es überschlägt sich krachend und schleudert seine Insassen weit hinaus zwischen die ernsten, mondbeschienenen Gräber. —
Noch hatten sich die entsetzten Menschen, welche den scheuenden Pferden des Totenwagens in die Zügel sprangen oder instinktiv die Flucht ergriffen, nicht wieder beruhigt, als ein zweites Auto in voller Fahrt nahte, aber in gehöriger Entfernung abstoppte.
Der treue Daimler hatte durchgehalten und das Ziel erreicht.
Ein paar Herren sprangen herunter und eilten dem Trauergefolge entgegen.
Lebhaftes, aufgeregtes Hin und Her — ein Fragen, Antworten, Erklären. —
Bonaventura und Herr von Herdern stürmen in den Friedhof, die Fackelträger des Leichenzuges folgen.
Welch ein furchtbarer Anblick!
Das Auto zerschmettert, tief eingewühlt in die weiche Erde — den Körper Cassarates teilweise unter sich begrabend — und ein Stück davon, niedergestreckt an dem Sockel eines Kreuzes, Ellinor mit gebrochenen Gliedern, die tödliche Schusswunde in der Stirn.
Mit leisem Aufschrei des Grauens wirft sich Bonaventura neben ihr nieder.
Tot — tot. —
Er achtet nicht auf die erregten Menschen umher, auf das Lärmen und Rufen nach der Ortsbehörde — er starrt in das furchtbar entstellte Gesicht der unglückseligen Frau, auf welches die Hölle schon jetzt ihr Siegel gedrückt. —
Verzerrt im Todesgrausen — friedlos ... unselig —...

Inhaltsverzeichnis

  1. Titel
  2. Kolophon
  3. Vierzehntes Kapitel
  4. Fünfzehntes Kapitel
  5. Sechzehntes Kapitel
  6. Siebzehntes Kapitel
  7. Achtzehntes Kapitel
  8. Neunzehntes Kapitel
  9. Zwanzigstes Kapitel
  10. Einundzwanzigstes Kapitel
  11. Zweiundzwanzigstes Kapitel
  12. Dreiundzwanzigstes Kapitel
  13. Vierundzwanzigstes Kapitel
  14. Fünfundzwanzigstes Kapitel
  15. Sechsundzwanzigstes Kapitel