
- 109 Seiten
- German
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eBook - ePub
Der Exote
Über dieses Buch
"Der Exote" – ein überraschend heiteres Werk Wiecherts. Der Schüler Wiltangel kehrt nach zehnjähriger Abwesenheit von seiner Hazienda am La Plata in das enge Dorf Riechenberg zurück. Nicht nur die Tatsache, dass er eine Melone statt einem Bürgerhut trägt und diese auch noch saltoschlagend durch die Luft wirbelt, macht ihn für die Bewohner Riechenbergs zu einem Exoten. Doch mit der Ankunft des Rückkehrers verändert sich die Stadt...-
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Information
Thema
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ClassiquesIII
Wolf stand schon eine Viertelstunde am Gartenzaun, die Arme auf das Staket gelegt, und sah ihm zu. Der Forstkassenrendant Hindersin, Schwiegervater von C. A. Runge, Schneide- und Mahlmühlenwerke, ging die Gänge seines Gartens entlang, band Rosen auf und sammelte Raupen von seinen Stachelbeerbüschen. Er trug ein schwarzes Käppchen wie ein Veteran aus dem deutsch-französischen Krieg und eine blaue Schürze vor seinem kleinen und kümmerlichen Körper. Aus seinem unbewegten Eulengesicht hing eine halblange Pfeife mit umflochtenem Meerschaumkopf, und um seine Hüften hatte er ein altes Koppel geschnallt, in dessen Seitengewehrschlaufe der Stiel einer Harke befestigt war. Auf dem eisernen Rechen war ein Ziegelstein festgeschnallt, und während er, an Blumen und Sträuchern beschäftigt, weiterging, zog er die Harke hinter sich her, so daß die Spuren seiner Füße gleich hinter ihm verschwanden und eine untadlige Sauberkeit hinter ihm herrauschte wie hinter der Gummiwalze einer Straßenkehrmaschine.
Er müßte noch eine Sprengvorrichtung im Rücken haben, dachte Wolf und sah ihm sorgenvoll nach. Einen Hebel auf dem Bauch … umschalten … Fontäne …
»Tag, Herr Hindersin«, sagte er, als die Maschine am Zaun entlang zurückgerauscht kam.
Ein schneller, geduckter Blick aus den Eulenaugen. Ein schnelles, zweckloses Tasten der Hände über die sechs Taschen der Schürze, aus denen Messer, Scheren, Bastfäden, Bohrer heraussahen. Eine leise, behutsame, sehr geordnete Stimme. »Kann mich … zu meinem aufrichtigen Bedauern … nicht erinnern, den Vorzug bereits einmal gehabt zu haben … Wenn der Herr die Liebenswürdigkeit besitzen wollte …«
»Ich bin der Indianer … Wiltangel … zehn Jahre her …«
»Der Indianer …«, wiederholte Hindersin. »Wolf … mein Gott … eine flüchtige Erscheinung ist die Zeit … der Mensch teilt sie in Tage, Wochen, Monate, Jahre, aber sie läßt sich nicht teilen. Ein Unteilbares liegt in ihr. Unüberwindlich ist sie, der Geduld spottend wie des Zornes … Ja, der Herr Wolf ist zurückgekehrt …« Er schnitt, zur Seite blickend, einen wuchernden Trieb des Eisbeerenstrauches ab, starrte auf die Schnittfläche und hob den Kopf wieder überraschend gegen den Besucher. »Es ist freundlich und der höflichen Sitte entsprechend, einen alten Mann zu besuchen … oder sollte es etwas Besonderes sein, das Sie zu mir führt?«
Wolf, mit einer Hand sich auf das Staket stützend, sprang über den Zaun. »Kann sein«, sagte er. »Vielleicht gehen wir ins Haus.«
Das Eulengesicht wurde blaß und starrte wieder auf die Eisbeerzweige. »Vielleicht haben Sie die Güte«, erwiderte er mit plötzlichem Entschluß, »vor mir herzugehen. Die Harke ist etwas schmal, und ich liebe keine Fußspuren. Es erweckt den nicht angenehmen Eindruck, als seien zur Nachtzeit Fremde um das Haus geschlichen.«
Sie gingen in das kleine Haus. Die Maschine rauschte leise hinter ihnen her. Auf der obersten Stufe der Veranda band Herr Hindersin Koppel und Schürze ab und hängte sein Gerät auf die Haken in der Holzwand. Er legte das Band der Schürze so über den Nagel, daß die beiden Schleifen rechts und links symmetrisch herunterhingen, fuhr mit der Hand ordnend und ausrichtend über die anderen Gegenstände, Harken, Spaten, Schnüre, und lud mit einer abgemessenen Bewegung ein, über die Schwelle zu treten.
Die betretbaren Flächen des Zimmers waren durch rechtwinklig gelegte Läufer bezeichnet. Jeder Besucher kam ohne Mühe des Wählens zu dem ihm bestimmten Platz, einem steiflehnigen Rohrstuhl am Fenster. Ihm gegenüber, hinter einem niedrigen Tisch mit eingelegtem Schachbrett, stand Hindersins Stuhl auf einer kleinen Erhöhung.
»Man muß die Gänge übersehen können«, sagte der Rendant erklärend. »Die Schädlinge, die einbrechen, wenn sie sich unbeobachtet glauben: Kröten, Maulwürfe, Schüler …«
»Ja, aber darum handelt es sich nicht.«
Die Wolken aus dem Meerschaumkopf verdichteten sich, und wenn Hindersin auf seinem erhöhten Sitz den Kopf neigte, konnte der unten Sitzende nicht viel mehr von ihm sehen als den mit spärlichem Haar bedeckten Schädel – die Kappe hatte er abgenommen –, den ein sorgenvoller Scheitel in zwei ungleiche, aber gleich unzugängliche Hälften teilte. Stieg der Rauch, durch leises Ausstoßen des Atems verdichtet, vor der Wand der Stirn empor, so schien es, als vernebele sich die Wand einer Festung und hinter dem Nebel entgleite alles Greifbare in einen unangreifbaren Raum.
»Es handelt sich«, fuhr Wolf fort, das Papier seiner Zigarette mit den Lippen anfeuchtend, »um den Satz: ›Das Recht, von einem anderen ein Tun oder ein Unterlassen zu verlangen, unterliegt der Verjährung.‹ Paragraph 195 des Bürgerlichen Gesetzbuches.«
»194«, erwiderte Hindersin nach einer kleinen Pause leise, aber bestimmt. »Paragraph 194, Herr Wolf.«
»Na schön. Dies ist unser Fall. Ich war bei Barbara. Sie hat es mir gesagt, weil sie weiß, daß man mir solche Dinge sagen kann. Es gibt andre Dinge als diese drüben, Herr Hindersin, ohne daß eine Silbe darüber verloren wird.«
»Auch hier nicht, Herr Wolf. Sie sind der erste, der etwas verloren hat.«
»Nein, die erste ist Ihre Tochter, die sechs Jahre ihres Lebens verloren hat und die Absicht hat, auch den Rest zu verlieren.«
»Sie ist unter dem vierten Gebot aufgewachsen, Herr Wolf.«
»Und Sie, wie ich hoffe, unter dem fünften. Das hieß zu meiner nicht besonders rühmlichen Schulzeit: ›Du sollst nicht töten!‹«
Die Pfeife ging aus, röchelte und erlosch. Es erschwerte die Lage für Herrn Hindersin.
»Bitte«, sagte Wolf und schob ihm die Tasche mit den Brasil-Zigarren hin. Es war eine umständliche Prozedur, während der eine Grasmücke im Garten überdeutlich sang.
»Und nun?« fragte Herr Hindersin, nachdem er sich ausreichend vernebelt hatte.
»Nun bin ich der Meinung, daß Sie im Laufe dieser Woche zu C. A. Runge gehen, Schneide- und Mahlmühlenwerke, und ihm erklären, daß Sie nichts dagegen hätten, wenn er sich getrieben fühle, von den Vorgängen vor sechs Jahren das ihm nötig Scheinende zu erzählen.«
»Und dann?«
Dann wird Ihre Tochter, wie ich annehme, die Scheidungsklage einreichen und nach Südamerika übersiedeln, Hazienda San Juan, Republica Argentina.«
»Junge Leute pflegen nicht alles zu bedenken«, erwiderte Herr Hindersin nach einer langen Pause. »Sie vergessen, daß es außer dem bürgerlichen Recht einen guten und unbescholtenen Namen gibt.«
»Alte Leute«, erwiderte Wolf ebenso, »pflegen manchmal zu vergessen, daß sie einmal aufhören könnten, nur an sich zu denken, und daß, wer auf Kosten von eines anderen Blut lebt, wie ein Vampir lebt.«
»Die Harke ist darüber hingegangen, Herr Wolf. Ich will nicht, daß wieder eine Fußspur über das Vergangene geht. Es ist alles in Ordnung jetzt, und sie hat es gut dort. Sie hat ein Auto, und ich hatte nie mehr als einen Bullerwagen.«
»Sie werden es bedenken.«
»Ich will nichts bedenken.«
»Sie könnten nach Argentinien herüberkommen, und kein Mensch wird dort davon wissen.«
»Ich will nicht nach Argentinien.«
Das alte Gesicht war nun so zugeschlossen, daß nur die Lippen sich bewegten, aber sie bewegten sich mit der toten Gleichmäßigkeit eines Blattes, an das ein gleichbleibender Wind rührt.
»Ihr letztes Wort?«
»Ich will nicht.«
Wolf hatte die Gartentür schon geöffnet, aber er kehrte noch einmal um und ging den geharkten Gang entlang bis zu der Stelle des Zaunes, an der er hereingekommen war. Bevor er über das Staket sprang, sah er sich noch einmal um. Die Spur seiner Schritte lief scharf und gerade durch die sauberen Furchen des Sandes.
Er hatte zwei Stunden zu rudern und kam langsam vorwärts, weil er vieles zu denken hatte. Eine Gewitterwand hing über dem rechten Ufer, schräg geneigt, und in den Wäldern zu ihren Füßen lachte der Schwarzspecht böse und gellend. Das Wasser war dunkel und unbewegt, nur weit voraus trieb etwas Blasses ihm langsam entgegen. Zuerst hielt er es für ein Stück Holz, bis er erkannte, daß es ein Mensch war, der ihm entgegenschwamm.
Er ruderte schneller, weil die Ufer weit zurückgetreten waren. Vielleicht ist es Barbara, dachte er noch. Aber es war einer seiner Kampfgefährten, Jürgen Bechler, Untersekundaner des Riechenberger Gymnasiums, Sohn von G. F. Bechler, Kolonial- und Eisenwaren. »Hallo!« rief er von weitem und hob einen negerbraunen Arm grüßend aus dem Wasser.
»Bist du verrückt, du Waldaffe?« schrie Wolf. »Willst du hier einsam absacken und in Riechenberger Muränen auf die Tafel der Edelbürger kommen?«
»Ferne sei das von mir!« lachte Jürgen. »Aber ich sah dich abfahren und wollte dir zeigen, daß ich dein Blutsbruder bin.«
»Danke, das kann man woanders besser als auf dem Grunde dieses Sees. Komm rein!«
Er zog sich an der Bootswand hoch, schüttelte sich wie ein Hund und streckte sich behaglich im Kiel aus. Er hatte ein Gesicht wie ein Kreis, und aus seiner Peripherie bäumte sich eine widerspenstige weißblonde Haarlocke in die Höhe. »Der Schüler Bechler«, sagte die Boa meckernd, »könnte auch im Busch-Album stehen, aber selbst Busch brauchte – wohlgemerkt – ein Körnchen attischen Salzes in seinen Moritzgesichtern. Weswegen der Schüler Bechler, dieses Mangels zufolge, nicht im Busch-Album steht, sondern mit siebzehn Jahren in der Untersekunda sitzt. ›Dieses Mangels zufolge …‹ der Schüler Krauthenne: im Lateinischen?«
»Hast du etwas zu tun für mich?« fragte Jürgen, die Hände unter dem nassen Haar verschlungen. »Eine Aufgabe? Soll ich Kiepel ermorden oder ein Lasso um den Hals der Boa schleudern?«
Wolf sah nach der Wolkenwand, in der es rötlich leuchtete, und ließ das Wasser vom Ruder herabtropfen. »Kennst du den Wächter von der Schneidemühle?«
»Lurkschies? Dieser Sohn einer Hündin ist uns bekannt. Vor zwei Jahren wollten wir Bretter zu einem Boot klauen. Er pennte hinter einem Stapel, und Niebergall, der ›kotzende Mustang‹, trat ihm natürlich auf die Latschen. Wir mußten türmen, ohne Bretter, und er warf mit harten Gegenständen hinter uns her. Sollen wir einen Hufnagel in seinen Hintern treiben?«
»Nein. Aber sein Gesicht gefällt mir nicht. Es könnte sein, daß er eine dunkle Vergangenheit hat. Kümmert euch ein wenig um ihn. Was er in der Nacht alles treibt, wo er umherschleicht und so weiter.«
»Mein brauner Bruder wird zufrieden sein.«
»Aber … halt den Mund!«
»Das Camp versteht zu schweigen!«
»Schön … dreh dir eine Papyros.«
Mehr wurde nicht gesprochen. Das Wetter zog auf, und Jürgen nahm das zweite Ruder. Als sie anlegten, stürzte der Regen schon grau über den See.
»In drei Tagen Campfeuer. Am Schwarzen Fluß. So long.«
»So long, mein brauner Bruder.«
Zwanzig solcher Burschen, dachte Wolf, und wir stellen die Stadt auf den Kopf … der Raub der Sabinerin … Flugzeug … Lissabon … leb wohl, Riechenberg und C. A. Runge … Aber nun lernen sie. »Dieses Mangels zufolge«, und Barbara gibt Gesellschaften … drei im Jahr …
Er telefonierte am nächsten Vormittag. Ja, Runge sei verreist. Zu ihr? Nein, ins Haus möchte er nicht kommen. Ob sie den Wagen steuern könne? Dann im Walde, nachmittags, am Hünengrab, ja.
Er hörte den Motor von weitem und riß die Grashalme aus, um die seine Hand gelegen hatte. Wie ein Pennäler, dachte er zornig, aber das Herz war ihm bitter von Hoffnungslosigkeit: Natürlich trug sie ein weißes Kleid. Es war Sommer, und weshalb sollte eine junge Frau nicht weiße Kleider tragen? Korbsessel auf der Veranda der Hazienda … ein weißes Kleid … der Gesang der Peone … ein glühendes Abendrot über dem Pampahorizont … die Gitarren … verdammtes Leben …
Sie lächelte ohne Schmerzen und legte den Kopf an seine Schulter. Birken standen hinter ihnen auf dem Grabhügel. Der Wald baute hundert Wände um ihre Füße.
»Es hilft ja nichts, Wolf«, sagte sie leise. »Traurig soll man nur in seiner dunklen Kammer sein. Wenn der Wind ums Haus geht, und niemand unser Gesicht sieht.«
»Hast du es bedacht?«
»Ich denke zehn Jahre lang, Wolf. Alle Dinge stehen wie Bäume um uns. Du kannst sie nicht anfassen und von dort nach hier stellen.«
»Man kann sie abhauen, roden, ausrotten, neue Bäume pflanzen.«
»Man kann das vielleicht, aber ich kann das nicht. Sieh meine Hände an.« Sie breitete sie vor ihm aus, und obwohl sie die Finger spreizte, blieben es die Hände eines Mädchens, durchscheinend zwischen den Gelenken.
Aber er sah nicht das. Er sah den schmalen Silberring an ihrem kleinen Finger, schwärzlich angelaufen von der Wärme der Haut, mit einem roten Stein, den er vor zehn Jahren für einen Rubin gehalten hatte und der aus Glas war.
Sein Gesicht mußte sich wohl verändert haben, denn sie legte ihre Hand an seine Wange. »Weißt du, wie du ihn mir schenktest, Wolf? Ich konnte ihn nur zur Nacht tragen, wenn niemand ihn sah, und ich legte die Hand auf mein Herz, damit ich ihn fühlte. Mädchen können ja so rührend töricht sein.«
»Du warst nie grausam, Barbara?«
»Nein, das war ich wohl nicht.«
»Und heute? Und jetzt? Wozu diese Dinge? Ring und Kleid und alles andre?«
»Ich darf dich doch liebhaben, Wolf? Darf ich das nicht? Ich darf nicht nach dem Silberstrom gehen. Das ist mir nicht erlaubt. Aber dich zu lieben, ist mir doch erlaubt? Und Spanisch zu lernen und Reiten, alles das ist erlaubt.«
»Mehr nicht?«
»Auch noch etwas mehr.«
Sie sah geradeaus, auf die jungen Fichten des Abhangs, über denen grün und blau die Libellen standen. Sie sagte Gefährliches, aber ihr Gesicht war so ruhig und rein wie das eines Kindes, das unverstandene Worte spricht.
Er hatte zehn Jahre lang keinen andren als körperlichen Umgang mit Frauen gehabt. Mit Indianermädchen und Kreolinnen. Sie waren nicht wählerisch in ihrer Liebe. Sie waren brennend oder träge, habgierig oder stumpf. Er konnte Gefühle nicht teilen in »erlaubt« und »unerlaubt«. Er hatte ein primitives Leben geführt...
Inhaltsverzeichnis
- Titel
- Kolophon
- I
- II
- III
- IV
- V
- VI
- VII
- VIII
- IX
- X
- XI
- XII
- XIII
- XIV
- XV
- XVI
- XVIII
- Über Der Exote