Nachtschatten
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Nachtschatten

  1. 384 Seiten
  2. German
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Nachtschatten

Über dieses Buch

Die verwaiste und verarmte Margret von Uttenhofen lebt bei ihrem Onkel, dem Professor von Uttenhofen, aber bald wird Margret Opfer eines Rufmords und muss die Kleinstadt Rügenfurt verlassen. Sie lässt sich als Diakonisse ausbilden und wird aufopferungsvolle Pflegerin der sterbenskranken Baronin von Thüngen. Doch inzwischen kommt die Nichte der Baronin, Gräfin Joriède ins Haus, die partout auf Triberg Schlossherrin werden möchte und sich die Zeit mit einem jungen Verwalter vertreibt. Als der Sohn der Baronin, Maurus von Thüngen, wieder nach Hause kommt, werden die Karten neu gemischt. Joriède will ihn erobern, während Maurus sich zu Margret hingezogen fühlt. Joriède jedoch fasst einen teuflischen Plan: Als die Baronin überraschend stirbt, stellt sie die Pflegerin Margret als Mörderin hin. Margret ergreift voller Angst die Flucht...-

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Information

Siebenundzwanzigstes Kapitel.

Man befand sich auf einer Tour durch das nördliche Preussen; die Sommersonne glühte, die Maringotte holperte über die schlechten, ausgefahrenen Strassen dem Städtchen Trinowo entgegen.
Violetta Pitesti hatte trotzig die Arme über der Brust gekreuzt, ihr Blick brannte auf dem kalten, schönen, erbitterten Gesicht Salvatores.
„Liebe mich! Heirate mich! Und ich verspreche dir, es soll bald alles wieder so sein, wie ehemals!“
Der Italiener lachte scharf auf: „Dich lieben, dich Teufelsweib heiraten, Solana, du Giftige? Eh leg’ ich mich in das Grab!“
„Ist das dein letztes Wort?“ —
„Mein allerletztes! Und wenn du in Trinowo wieder so erbärmlich singst, nehme ich die Hundepeitsche und jage dich davon!“ —
„Weisst du, dass in L., zwei Bahnstationen hinter Trinowo, das Quartett des Regrino singt?“ stiess Solana beinahe zischend durch die Zähne.
Salvatore zuckte spöttisch die Achseln.
„Willst du zu ihm zurück, so gehe!“
Sie hob die Faust und schüttelte sie voll rasender Leidenschaft dicht vor seinen Augen.
„Wenn ich gehe, so tue ich es nicht, ohne zuvor Rache an dir zu nehmen! Treibe mich nicht zum äussersten, du weisst, dass Liebe, die in Hass umschlägt, keine Schonung kennt!“
Er lachte und versenkte die Hände in die Taschen. „Deine Drohungen sind lächerlich. Ich liebe dich nicht, und ich opfere meine Freiheit nicht um eines guten Geschäftes willen. Du bist ein Satan, eine Teufelin, Gott bewahre mich vor dir! Was liefst du mir nach und hängst dich an mich? Ich rief dich nicht!“ —
Und die wilde, tolle, krankhafte Liebe des schwarzen Weibes schlug in fanatischen Hass um.
Ein Gewitter zog auf, — die Maringotte hielt auf der Chaussee im Schutz mächtiger Bäume, die einen herrschaftlichen Park bestanden. Zu Schloss Triberg gehörte er. Seitlich schimmerte ein kleiner See. —
Maurus atmete tief auf. Jetzt kam es! Er las nun wörtlich:
„Es ist eine schwüle Nacht. Die heisse, stickige Luft in dem engen Wanderwagen wird unerträglich.
Wir lagern unter den Bäumen im Moos, Solana, Giuseppe, meine Schwester Ninetta und die blonde, kleine Lola, das freundlich-milde Kind, dessen silberhelle Stimme, so schön zu Giuseppes Harfe klingt.
Sie ist ein zartes, träumerisches Wesen, kaum den Kinderschuhen entwachsen; ihre Mutter, eine blutarme Witwe, gab sie mir mit.
Ich mag sie gut leiden, sie ist nie frech und nie gemein, sie errötet noch, wenn man sie küsst. Und ich küsse sie gern, nicht aus Liebe, nur aus Freude an ihrem samtweichen Kindergesicht. Auch jetzt lege ich den Arm um sie und streichle ihr langes Flachshaar, — blonde Weiber entzückten mich seit je, und ich spreche das aus, als Ninetta mit ihr schlafen gegangen ist.
Solana bebte vor Eifersucht und Hass.
Sie sagt scharfe Worte, die ich mit Hohn zurückgebe. Sie reizt mich zum Zorn, — ich bin dieser ewigen Szenen müde und erkläre ihr, dass sich unsere Wege von Trinowo an trennen würden. Ich stelle ihr frei, zu Regrino zurückzukehren, — ich jage sie davon.
Da richtet sie sich auf. Ihre schwarzen Augen glühen, ihr Atem keucht.
‚Gut; du jagst mich davon und ich gehe. Aber zuvor lies. Es ist die Abschrift eines Briefes, den ich vor drei Tagen an Regrino, deinen erbittertsten Feind, dem du die Geliebte genommen hast, geschrieben. Du weisst nun, welches meine Rache sein wird!‘ Sie springt in den Wagen, wir hören sie darin wüst und heftig lärmen.
Ich aber lese die Abschrift ihres Briefes.
Lügen! Himmelschreiende Lügen.
‚Regrino!‘ schreibt sie, ‚höre den Todesschrei eines todunglücklichen Weibes, Deiner Violetta, die Du liebtest, und die Dich liebte! Der Teufel Salvatore betörte mich, — ich folgte ihm, es war mehr ein Raub, wie eine Flucht. Nun bin ich elend. Der Furchtbare verfolgt mich mit seiner Liebe, er hält mich schlimmer wie eine Gefangene, er vereitelt meine Rückkehr zu Dir, den ich noch immer liebe! Ja, er steht mir sogar nach dem Leben. Schon zweimal bedrohte er mich in seiner wilden Eifersucht. Ich bin überzeugt, dass er mich töten wird, — durch Gift, oder durch einen Stoss in das Wasser. Es wird so geschehen, meine Todesangst sagt es mir, dass ich Trinowo nicht mehr erreiche; er schafft mich beiseite, ehe ich in Deine Nähe gelange. Du aber, Regrino, sollst mein Rächer sein. Ich betone in diesem Brief ausdrücklich, dass ich mir niemals selber den Tod gebe, — bin ich eines Tages tot oder verschwunden, so ist Salvatore Stratta mein Mörder. Das Zeugnis seiner Begleiter ist falsch, — sie sind seine Kreaturen und glauben an keinen Gott, — sie beschwören eine Lüge, um Salvatore zu retten. — Du aber weisst durch diese Zeilen die Wahrheit, Regrino, räche mich! — Fordere sein Blut für das meine! Ich ahne es, dass dies mein letzter Gruss an Dich ist! Deine unglückliche Violetta Pitesti. N. S. Geschrieben auf der Landstrasse bei Triberg, neben einem Teich. — O, dieses unheimliche Wasser!‘ —
Starr vor Staunen und Empörung blicke ich auf den Brief nieder.
‚Elende! Ja, ich weiss, wie du dich rächen willst! Entfliehen willst du, damit mich Regrino dem Gericht übergeben soll!‘
Ich erhebe mich, reisse die Tür zu der Maringotte auf und schüttle die Faust wider die Erbärmliche.
‚Törin du, die sich selber ihren Strick drehte! Von nun ab sollst du es wahrlich haben wie eine Gefangene, — jetzt weiss ich, was deine Flucht für mich bedeutet!‘ —
Sie trat dicht vor mich. ‚Liebe mich! Heirate mich, dann fesselst du mich für ewig, Salvatore!‘ sagt sie leise, halb erstickt vor Erregung.
Ich muss lachen! Der Zorn lodert zu hell in mir. Ich sage ihr ein böses Wort.
Da fühle ich einen jähen Stoss gegen meine Brust. Violetta reisst mit geschicktem Griff den Brief aus meiner Hand, schleudert mich wild zurück und stürzt an mir vorüber, in die Nacht hinein. Ehe ich mich von der Überraschung erholt habe, ehe ich mich wieder emporraffe, hat sie einen tüchtigen Vorsprung.
Sie stürzt nach dem kleinen See.
Eine furchtbare Ahnung durchzuckt mich.
‚Giuseppe! Ihr nach!!‘ schreie ich auf und stürme wie ein Rasender hinter der Fliehenden her. Der Alte, der eingeschlafen war und emporschrickt, kann nicht so schnell folgen, auch ich bin nicht so leichtfüssig, wie das wahnwitzige Weib. Vor meinen Augen steht sie auf dem schwanken Seesteg, reckt noch einmal voll wilden Hasses die Faust gegen mich und schreit ein gellendes, frohlockendes ‚Rache!‘
Dann schäumt das Wasser auf — sie ist verschwunden. Ich war seit je ein guter Schwimmer, ich stürze ihr nach, — ich fasse sie auch, als sie zum letztenmal emportaucht. —
Keuchend vor Anstrengung bringe ich sie an das Land, Giuseppe, der den ganzen Vorfall nicht begreift, steht händeringend und wehklagend, kaum dass er sich soweit fasst, mir bei der Rettung zu helfen.
Triefend, totenbleich und regungslos liegt Violetta vor uns in dem Grase, — fernher rollt der Donner, Blitze züngeln durch die schwarze Wolkenwand.
Wir reiben ihre Hände — ihre Arme — wir schütteln sie, — schwer und kalt sinkt sie zurück.
‚Tot! Sie ist tot, Giuseppe!‘ schreie ich voll Entsetzen auf. — ‚Nun mag Gott mir gnädig sein!‘
‚Hast du sie getötet?‘ stöhnt der Alte.
Wehe mir, dass er es fragt, dass er schlief und meine Unschuld nicht mit Augen sah!
In wirren, abgerissenen Sätzen berichte ich ihm, was geschehen ist, und der Alte hebt entsetzt die Hände zum Himmel! ‚Wehe dir, Salvatore! Nun wird der Hass Regrinos dich dem Henker überliefern, wenn er die Solana nicht mehr bei uns findet, — nun bist du verloren, und dies Weib hat in Wahrheit eine furchtbare Rache an dir genommen!‘
Wie betäubt vor Entsetzen starre ich in das Antlitz der Toten, das mit weitaufgerissenen, nachtschwarzen Augen vor mir liegt.
Ein Herzschlag hat ihrem Leben ein Ende gemacht.
Was tun? —
Fliehen? Entfliehen?
Undenkbar, das würde mich erst recht verdächtig machen.
Mich ohne Zeugen, ohne jeden Beweis für meine Unschuld dem Gericht überliefern lassen? —
Ich schaudere bei dem Gedanken an den Tod durch Henkershand, oder an ewigen Kerker. —
Was tun? —
‚Herr des Himmels! Gebenedeite Jungfrau! All ihr Heiligen helft mir! Und du, mein grosser Schutzpatron, stehe mir bei in meiner Not —! Hilfst du mir, will ich dir ein Gelübde tun — —‘
Horch — was rauscht da und stürmt mit leichten Schritten herzu? —
Ein Weib oder ein Geist? —
Wir erkennen es nicht genau, — die graue Gestalt wirft sich auf die Knie, sie hebt die gefalteten Hände zum Himmel — und dann — —
Mit einem Schrei des Entsetzens stürze ich zu ihr hin, — zu spät — auch über ihr schlägt die dunkle Flut zusammen, — aber ich stehe bereits dicht hinter ihr, ich werfe mich nach — fasse sie — Giuseppe kommt zu Hilfe — wir bergen die Unglückliche an das Land.
Sie atmet — sie lebt! —
Wer ist sie? — Eine Diakonissin? — Was trieb diese barmherzige Samariterin in den Tod?
Giuseppe stürmt davon, Ninetta zu wecken, sie soll zu Hilfe kommen und einen kräftigen, belebenden Branntwein mitbringen!
Und während wir uns alle um die Bewusstlose mühen, erzähle ich der Schwester voll schaudernden Entsetzens, was sich mit Solana begeben.
Es beginnt zu regnen, wir fassen die Fremde und tragen sie in die schützende Maringotte.
‚Wundersam!‘ flüstert Ninetta, als der erste Lichtstrahl auf das schneebleiche Antlitz der Diakonissin fällt, ‚sie gleicht ein wenig der Solana! Wenn der schwarze Teufel sich recht weiss geschminkt hatte und ein mildes, friedliches Antlitz heuchelte, sah sie ihr wahrlich ähnlich!‘ —
Ich sass, hielt das Gesicht verzweifelt in die Hände vergraben und hörte kaum, was sie sprach.
‚Jetzt schlägt sie die Augen auf! O heilige Madonna! Auch sie hat so dunkle, grosse Augen wie die Solana, nur der Ausdruck ist ganz anders!‘
Ich schaute auf.
Wahrlich, die Schwester hatte recht.
Da kam es mir in der Todesangst, just, als ich so recht inbrünstig zum heiligen Schutzpatron betete, wie ein blitzartiger Gedanke!
Rettung, ja, das wäre Rettung!
Die Unbekannte suchte den Tod! Warum? Sie ist eine Unglückliche oder eine Verbrecherin, und beides muss sie meinem Plan geneigt machen, denn das Unglück ist mildherzig und fühlt mit fremdem Leide, und das Verbrechen ist feige und flüchtet gern hinter die schützende Maske!
Ich will kurz sein.
Mein Plan war gut, ich teile ihn Ninetta und Giuseppe mit, und beide billigten ihn, denn er war der Strohhalm, nach dem ich, der Ertrinkende, griff.
Die Fremde fiel in neue Bewusstlosigkeit, und Ninetta waltete geschickt ihres Amtes, entkleidete das junge Mädchen seiner Ordenstracht und hüllte sie in ein Gewand der Violetta Pitesti. Es war in der Tat eine auffallende Ähnlichkeit der Züge vorhanden, und als die Fremde mit aufgelöstem schwarzen Haar vor uns lag, die Wangen von aufsteigendem Fieber gerötet, da war es nur die weisse Hautfarbe und der zarte, keusche, liebliche Ausdruck des Gesichtes, die irreführen konnten.
Aber auch auf diesen hatte sich die Komödiantin Ninetta verstanden.
Am täuschendsten ward die Ähnlichkeit durch die grossen, schwarzen Augen, und Lola war die erste, die uns am nächsten Morgen davon überzeugte, als sie angstvoll nach der Kranken hinüberblickte.
Das Gewitter tobte sich aus, und als die ersten Streifen rotgoldnen Frühlichts die Wolken säumten, war auch der zweite Teil unseres traurigen Werks vollendet, wir hatten die tote Violetta Pitesti in die Diakonissentracht der Fremden gekleidet und sie in ihr stilles Grab in den See hinabgesenkt.
Dann flüchteten wir.
Die mageren Rosse der beiden Wanderwagen griffen aus, jede Spur des geheimnisvollen, nächtlichen Treibens war verwischt.
Der Zufall kam mir noch weiter zu Hilfe.
Die Fremde erkrankte schwer.
Wir konnten ihr Lola aus diesem Grunde fernhalten, und als Regrino tatsächlich in Trinowo erschien und mit hassfunkelnden Augen die Violetta zu sehen verlangte, da konnte ich ihm triumphierend den Blick auf die Kranke gewähren, die in wilden, hitzigen Fieberphantasien ihrer Doppelgängerin noch ähnlicher war.
Auch konnte ich auf Regrinos Verlangen die Bescheinigung des Arztes vorweisen, in der der Zustand der Kranken als ein gastrisches Fieber, ohne jedwede Vergiftungssymptome, wie mein Rival angenommen, bezeichnet ward.
Ich war gerettet!
Wenigstens für den Augenblick gerettet, denn Regrino liess nur allzu deutlich seine Absicht merken, dass er auch künftighin über Violetta wachen werde!
Fahrend Volk bewachen!
Es klingt lächerlich, und doch sind auch unter den Vaganten viele feine Fädchen der Zugehörigkeit gesponnen, so dass Hass und Eifersucht leicht den verstecktesten Schlupfwinkel finden.
Da unsere Truppe so sehr zusammengeschmolzen war, gab ich jeden Gedanken an eine Vorstellung in Trinowo auf, bestimmte Lola, sich von Regrino anwerben zu lassen, und atmete auf, als die Kleine uns verlassen hatte.
Nun hielten wir uns wochenlang in möglichst einsamen Gegenden auf, um erst unsrer Sache mit der genesenden Fremden sicher zu werden.
Und das war nicht leicht.
O, welch furchtbare Tage und Stunden, als das unglückliche, verzweifelte Mädchen seine Lage begreifen und erfassen lernte.
Es kostete unbeschreibliche Mühe, sie zu bewegen, ihr Schicksal zu erzählen, und als sie es getan, verlangte sie energisch danach, sich selber dem Gericht zu stellen.
‚Jene Stunde nervöser Überreiztheit und Schwachheit sei vorüber!‘ sagte sie voll stolzer Festigkeit, ‚und da der himmlische Richter ihr Sühneopfer verschmäht habe, wolle sie vor den irdischen treten!‘
Da gab es nur ein Mittel, sie zu beeinflussen. Ich sagte ihr, dass ihre Anzeige, die der Toten nichts mehr nützen könne, nur ein zweites Verbrechen auf ihre Seele laden würde, denn von der Stunde an, wo unsere Täuschung und Violettas Tod vor Gericht bekannt würden, sei ich dem Verderben verfallen.
Voll Entsetzen schlug sie die Hände vor das bleiche Antlitz, — grausend vor dieser furchtbaren Verantwortung.
Ich war gerettet.
Margret war tot. — Donna Violetta lebte.
Eine tiefe Schwermut überkam das ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Titel
  2. Kolophon
  3. Erstes Kapitel
  4. Zweites Kapitel
  5. Drittes Kapitel
  6. Viertes Kapitel
  7. Fünftes Kapitel
  8. Sechstes Kapitel
  9. Siebentes Kapitel
  10. Achtes Kapitel
  11. Neuntes Kapitel
  12. Zehntes Kapitel
  13. Elftes Kapitel
  14. Zwölftes Kapitel
  15. Dreizehntes Kapitel
  16. Vierzehntes Kapitel
  17. Fünfzehntes Kapitel
  18. Sechzehntes Kapitel
  19. Siebzehntes Kapitel
  20. Achtzehntes Kapitel
  21. Neunzehntes Kapitel
  22. Zwanzigstes Kapitel
  23. Einundzwanzigstes Kapitel
  24. Zweiundzwanzigstes Kapitel
  25. Dreiundzwanzigstes Kapitel
  26. Vierundzwanzigstes Kapitel
  27. Fünfundzwanzigstes Kapitel
  28. Sechsundzwanzigstes Kapitel
  29. Siebenundzwanzigstes Kapitel
  30. Achtundzwanzigstes Kapitel