Das Landhaus in Hamshire
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Das Landhaus in Hamshire

  1. 38 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
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Das Landhaus in Hamshire

Über dieses Buch

Sonderbare Ereignisse in einem Landhaus halten Sherlock Holmes in Atem: Violet Hunter hat eine hervorragend bezahlte Stelle als Gouvernante bei einer Familie angeboten bekommen, doch eine der merkwürdigen Bedingungen ist, sich davor die Haare abschneiden zu lassen. Schon bald erreicht Sherlock Holmes ein Telegramm von Mrs. Hunter, denn es geschehen unheimliche Dinge auf dem Familiensitz...Arthur Conan Doyle (1859-1930) war ein britischer Arzt und Schriftsteller. Aufgewachsen in Schottland, studierte er Medizin in Edinburgh und lebte später in England. 1887 veröffentlichte er seine erste Detektivgeschichte über Sherlock Holmes und dessen Freund Dr. Watson und wurde damit weltberühmt. Die Erzählungen sind bis heute ein Klassiker der Kriminalliteratur. Insgesamt gibt es vier Sherlock-Holmes-Romane und 56 Kurzgeschichten.

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Lachend legte Holmes die letzte Nummer des „Telegraph“ aus der Hand. Eine gute Zigarre — hm, das wäre auch für ihn jetzt kein schlechter Gedanke. Er angelte mit dem Fuss den Rauchtisch näher heran, schnupperte in den verschiedenen Kistchen herum und wählte endlich eine schwarze Brasil aus, die er mit Wohlgefallen zu rauchen begann.
Endlich kehrte Watson zurück. „Man kommt kaum vom Fleck vor Nebel“, sagte er.
„Nun — ging alles gut mit dem Kind?“ erkundigte sich Holmes.
„Danke, besser als ich dachte. Es gab ein paar tüchtige Schrammen zu nähen, aber die Kleine hielt ganz tapfer stand.“
„Du warst so lange weg“, meinte Holmes.
„Ja, weisst du, ich habe mir dann den Mann gleich vorgeknöpft, der das Kind angefahren hat. Da war nämlich nicht mal ’n Stück Brot im Hause bei der Kleinen.“
„Und hattest du Erfolg?“
„Ja — man konnte ganz vernünftig mit ihm sprechen. Aber du, Holmes, womit hast du dir inzwischen die Zeit vertrieben?“
„Oh — mir war es durchaus nicht langweilig. Ich habe Zeitungsartikel gelesen — höchst interessante Artikel!“
Watson warf einen etwas verlegenen Blick auf die durcheinandergeratenen Nummern des „Telegraph“.
„Ja — so kommt alles ans Licht, mein lieber Watson“, sagte Holmes und zwinkerte lustig mit den Augen. „Aber du hast deine Sache nicht so übel gemacht. Vor allem hat es mir wirklich gefallen, dass du dabei nicht den alleinigen Wert auf die sensationellen Fälle gelegt hast, sondern dich auch der kleinen, wenn auch nicht alltäglichen Fälle angenommen hast. Denn sie sind es ja, die mir meist mehr Gelegenheit zu den streng folgerichtigen Beweisführungen und Schlüssen geben, die meine eigenste Spezialität bilden.“
„Und doch“, versetzte Watson, „kann ich mich selbst nicht ganz von dem Vorwurf der Sensationssucht freisprechen, der gegen meine Berichte schon erhoben worden ist.“
„Du hast vielleicht den Fehler gemacht“, fuhr Holmes fort, während er mit einem Stückchen glühender Kohle aus dem Kamin eine neue Zigarre anbrannte, „du haft vielleicht den Fehler gemacht, dass du dich bemüht hast, allen unseren Leistungen Farbe und Leben zu verleihen, statt dich auf die Darstellung meiner streng logischen Schlussfolgerungen von der Ursache auf die Wirkung zu beschränken, die in Wirklichkeit das einzig Bemerkenswerte an der ganzen Sache bilden.“
„Ich denke doch, ich habe dir dabei volle Gerechtigkeit angedeihen lassen“, entgegnete Watson etwas kühl, denn ihm war das starke Selbstgefühl zuwider, welches einen ziemlich ausgesprochenen Zug in Sherlock Holmes merkwürdigem Charakter bildete.
„Nein, es ist nicht Eigenliebe oder Einbildung von mir“, bemerkte Holmes darauf, indem er nach seiner Gewohnheit nicht allein Watsons Äusserung beantwortete, sondern zugleich auch das, was dieser sich dabei gedacht hatte. „Wenn ich volle Gerechtigkeit für meine Fähigkeiten verlange, so tue ich das, weil ich sie als etwas Unpersönliches — als etwas über mir Stehendes betrachte. Verbrechen kommen alle Tage vor, streng folgerichtiges Denken findet sich selten. Deshalb hättest du dich mehr bei dem letzteren aufhalten sollen. Statt einer Reihe belehrender Vorträge sind unter deiner Hand ganz gewöhnliche Geschichten entstanden.“
Watson stand auf und blickte zum Fenster hinaus. Noch immer wallte ein dicker Nebel zwischen den Häuserreihen.
„Sensationssucht“, fuhr Holmes nach einer langen Pause in seiner Vorlesung über Watsons schriftstellerische Missgriffe fort, während er den Rauch seiner Zigarre in die Luft blies, „Sensationssucht wird man dir übrigens kaum zur Last legen können; handelt es sich doch bei einem guten Teil der Fälle, die du behandelt hast, gar nicht um Verbrechen im strengen Sinne des Wortes. Eher bist du vielleicht über dem Bestreben, dem Sensationellen aus dem Wege zu gehen, ins Alltägliche verfallen.“
„Dies lässt sich wohl manchmal von dem Ausgang sagen, die Methode aber, nach der die Behandlung der Fälle erfolgte, war stets eigenartig und interessant, dabei bleibe ich“, entgegnete Watson.
„Ach was, mein lieber Junge, was kümmert sich das Publikum, das grosse, oberflächliche Lesepublikum, um die feineren Schattierungen streng logischer Ableitung und Schlussfolgerung! Aber wahrhaftig, wenn deine Erzählungen trivial ausfallen, so kann man dir keinen Vorwurf daraus machen, denn die Tage der grossen Fälle sind vorüber. Die Menschheit, oder zum wenigsten die Verbrecherwelt, hat alle Kühnheit und Originalität verloren. Meine eigene bescheidene Praxis befindet sich allem Anschein nach auf dem besten Wege, zu einem Fundbüro für verlorene Gegenstände und zu einer Auskunftsstelle für Schullehrerinnen herabzusinken. Schlimmer kann es übrigens jetzt wohl kaum mehr werden. Mit dieser Zuschrift, die ich heute früh erhielt, dürfte ich vermutlich beim Nullpunkt angelangt sein. Da, lies!“ Damit warf Holmes mir einen ganz zerknitterten Brief hin. Er war den Abend vorher am Montague-Platz geschrieben und lautete:
Werter Herr Holmes!
Ich bin im Zweifel, ob ich eine mir angebotene Erzieherinnenstelle annehmen soll oder nicht, und möchte sehr gerne Ihren Rat in der Sache in Anspruch nehmen. Wenn ich Sie nicht störe, werde ich morgen vormittag um halb elf Uhr bei Ihnen vorsprecher.
Ihre ergebene
Violet Hunter.
„Kennst du die Schreiberin?“ fragte Watson.
„Nein.“
Watson meinte: „Die Sache kann vielleicht interessanter ausfallen, als du denkst; du erinnerst dich doch der Geschichte mit dem blauen Karfunkel 1 , die sich zuerst ganz wie eine Posse ausnahm und sich dann zu einem wichtigen Kriminalfall entwickelte. So kann es diesmal auch gehen.“
„Nun, wir wollen hoffen!“ sagte Holmes. Dann trennten sie sich und gingen zur Ruhe.
Am nächsten Morgen, pünktlich zur angekündigten Stunde betrat die Schreiberin des Briefes das Haus. Es war ein junges Mädchen, einfach aber hübsch gekleidet, sie hatte ein frisches aufgewecktes Gesicht voll Sommersprossen und verriet durch ihr entschiedenes Auftreten, dass sie sich bis dahin allein hatte durch die Welt schlagen müssen.
„Sie nehmen mir doch nicht übel, dass ich Sie belästige?“ begann sie, als Holmes sich erhob, um sie zu begrüssen; „aber es ist mir etwas sehr Sonderbares begegnet, und da ich keine Eltern oder sonstige Angehörige habe, die ich um Rat fragen könnte, so dachte ich, Sie wären vielleicht so freundlich, mir zu sagen, was ich tun soll.“
„Bitte, nehmen Sie Platz, Fräulein Hunter. Ich stehe Ihnen gerne in jeder Weise zu Diensten.“
Es war wohl zu sehen...

Inhaltsverzeichnis

  1. decken
  2. Titel
  3. Kolophon
  4. Chapter
  5. Über Das Landhaus in Hamshire
  6. Anmerkungen