Irren ist menschlich Kapitel 1
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Irren ist menschlich Kapitel 1

Der sich und Anderen helfende Mensch

  1. 82 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
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Irren ist menschlich Kapitel 1

Der sich und Anderen helfende Mensch

Über dieses Buch

Handliche Häppchen für kluge Köpfe! Kapitel 1: »Der sich und Anderen helfende Mensch« aus dem sozialpsychiatrischen Standardwerk »Irren ist menschlich« jetzt als preiswerter Einzelband! Das Lehrbuch »Irren ist menschlich« hat mit klaren Positionen die Versorgung psychisch erkrankter Menschen erneuert und geprägt. Die in ihm vertretene Position, dass es für das volle Verständnis von psychischen Beeinträchtigungen und Krankheiten auf die Haltung ankommt, mit der wir uns den Betroffenen und den Phänomenen nähern, hat die nachfolgenden Generationen geprägt.

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1 Der sich und Anderen helfende Mensch

Thomas Bock, Ulrike Kluge
Die Landschaft der psychiatrisch Tätigen
Im gesellschaftlichen Zusammenhang
Die Begegnung mit der Psychiatrie aus der Nähe
Die soziale Psychiatrie: Arbeiten im Team
Die existenzielle Notwendigkeit der Gruppe
Wissens- und Erfahrungsaustausch
Modellwirkung der Beziehungsvielfalt und -offenheit
Lebenszufriedenheit und Gesundheit der Teammitglieder
Notwendige Störungen (Wahrnehmung der Auffälligkeiten)
Sich einlassen, sich riskieren, reifen
Krank, abweichend, verrückt, irre
Helfen, Gutes tun, therapieren, versorgen, heilen
Gegnerschaft, Halt, Umgang mit Macht
Würde, Toleranz, Kontrolle
Arbeitshaltung in der Psychiatrie
Wichtige Vorbemerkung
Selbstwahrnehmung: Suchen bei mir selbst, Übertragung
Die ersten Schritte
Vollständigkeit der Wahrnehmung – meine Rolle als Ersatzspieler: Übertragung
Normalisierung der Begegnung
Handeln (Behandeln, Verhandeln)
Versuchte Annäherung oder: Die Angst der ersten Schritte
Angehörige
Die Wirkung des Unsystematischen
Die Berufsrollen im psychiatrischen Team (therapeutische Techniken)
Pflegeberufe
Arzt, Ärztin
Sozialarbeiterin, Sozialpädagoge
Bewegungstherapeut, Physiotherapeutin
Ergotherapeutin, Kunsttherapeut
Psychologe, Psychologin
Peerarbeiterin, Genesungsbegleiter
Der Rahmen psychiatrischer Arbeit
Wo findet die psychiatrische Arbeit statt?
Zeitliche Rahmenbedingungen der Teamarbeit
Verlauf psychiatrischer Arbeit (Therapieverlauf)
(Kulturelle) Vielfalt und Diversität
Kulturelle Vielfalt – was meint das?
Erklärungsmodelle
Migrationshintergrund = unterschiedlicher kultureller Hintergrund?
Migration und Identität – das Eigene und das Fremde
Transkulturelle Teams?
Homogenität oder Heterogenität als Normalität

Die Landschaft der psychiatrisch Tätigen

Im gesellschaftlichen Zusammenhang

Wie die Psychiatriegeschichte lehrt, ist die Psychiatrie immer abhängig von dem Gesellschaftssystem, in dem sie arbeitet. Lange Zeit waren psychiatrische Krankenhäuser vorrangig Orte der Verwahrung, der völligen Entprivatisierung des Einzelnen. Die damit verbundene Entrechtung fand ihren Höhepunkt in der Nazizeit, in der der vorherrschende Rassismus dazu führte, psychisch Kranke als Gefahr für den »gesunden Volkskörper« zu sehen. Diese Menschenverachtung gipfelte in der Ermordung von 300.000 psychisch Kranken. Mit der Entwicklung demokratischer Gesellschaftssysteme musste auch die Psychiatrie sich ändern. Die Prinzipien demokratischen Denkens müssen nicht nur in die psychiatrischen Institutionen hinein, sondern auch im alltäglichen Handeln psychiatrisch Tätiger wirken. Wo das nicht geschieht, findet Ausgrenzung statt.
Heute muss an Psychiatrie der Anspruch gestellt werden, mehr von den Bedürfnissen der Betroffenen und der Angehörigen auszugehen, individuelle Lebenskonzepte und soziale Ressourcen zu berücksichtigen, mehr Flexibilität und zugleich Kontinuität zu gewährleisten sowie nicht unnötig zu pathologisieren, sondern auch anthropologische Sichtweisen auf psychische Besonderheit zugrunde zu legen. Diesem Anspruch, der sich aus der Entwicklung des Fachs und der Leitlinien, aber insbesondere auch aus der Humanität und der UN-Menschenrechtskonvention speist, wird das Versorgungssystem noch lange nicht gerecht; doch auf der Basis des Trialogs und des Erstarkens der Betroffenen- und Angehörigenbewegung ist er nicht mehr aus der Welt zu schaffen.
Um die Versorgung entsprechend von stationären zu ambulanten Schwerpunkten radikal umzugewichten, ist auch eine Veränderung des Finanzierungssystems in Richtung sektorübergreifender und regionalbezogener Budgets notwendig. Ansonsten droht mit der zunehmenden Ökonomisierung psychiatrischer Dienstleistungen deren zunehmende Konkurrenz und Zersplitterung, mit dem Risiko, dass Patientinnen und Patienten auf die Rolle von Kunden oder sogar auf die Funktion einer Ware reduziert werden. – Eine Umkehrung dieser Rollen könnte stattfinden, wenn – was leider noch selten geschieht – dem Patienten ein persönliches Budget zuerkannt wird, aus dem er selbst die notwendigen Hilfeleistungen finanziert. Auf diese Weise wird er zum Auftraggeber unserer Dienstleistungen.
Wie geht es Ihnen damit, wenn die Menschen, denen Sie helfen wollen, Kunde oder Klientin genannt werden? Welche Bedeutungen schwingen in diesen Begriffen mit? Wie geht es Ihnen, wenn Sie zum bezahlten Dienstleister des Patienten werden?
Professionelles Handeln in der Psychiatrie hat das Ziel, Autonomie zu fördern und zu unterstützen, also die Rechte des Patienten, der Patientin auf ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben zu fördern. Dieses Ziel wird durch die UN-Behindertenrechtskonvention noch einmal in den Mittelpunkt gerückt. Damit sind hierarchische und autoritäre Einrichtungen grundsätzlich obsolet. Denn Mitarbeitende, die selbst in ihrem eigenständigen Handeln behindert werden, werden kaum Wege fördern, die die Handlungsfreiheit des Patienten erhöhen.
Große Hoffnungen sind mit der Bewegung der Erfahrenen und Angehörigen sowie mit der Idee und Vision des Trialogs verbunden: Über eine Beziehung auf Augenhöhe könnten auch Versorgungsstrukturen sowie Lehre und Forschung zunehmend partizipativ mitgestaltet werden. Doch diese Entwicklung erfordert einen langen Atem, denn sie setzt nicht nur demokratische Strukturen und Umgangsformen, sondern auch eine gemeinsame Sprache und ein offenes, menschlich-anthropologisches Verständnis psychischer Störungen voraus (BOCK u. a. 2013).
Heute leben wir – nicht nur, was die Psychiatrie betrifft – in einer Zeit des noch nicht abgeschlossenen Umbruchs. Es besteht auch durchaus die Gefahr, dass erzielte positive Veränderungen wieder rückgängig gemacht, dass z. B. abgeflachte Hierarchien wieder aufgebaut oder Informationen nur noch hierarchisch weitergegeben werden. Hinzu kommt das Risiko, dass immer neue Kundengruppen erschlossen werden und neue Hilfsangebote an den wirklich Bedürftigen vorbeigeplant werden (BOCK 2013 a). Vor allem aber gilt es, auf allen Ebenen den unseligen Hang zur Vereinfachung abzuwehren: Psychische Krankheiten lassen sich nicht auf besondere Gene oder entgleiste Stoffwechsel reduzieren. Und Menschen mit psychischen Erkrankungen hören nicht auf, Menschen mit allgemeinen Bedürfnissen, besonderen Stärken und Ressourcen und mit vielen anderen Eigenschaften zu sein (s. auch Schriftenreihe des Psychiatrie Verlags zur Anthropologischen Psychiatrie).
Mit der Veröffentlichung der Psychiatrie-Enquete des Deutschen Bundestages im Jahr 1975 wurde erstmals nach dem Krieg eine Bestandsaufnahme über den Zustand der Psychiatrie in der Bundesrepublik gemacht. Es wurde aufgezeigt, dass die Zustände in vielen Landeskrankenhäusern menschenunwürdig waren. Es wurden Ideen entwickelt, die großen Anstalten zu verkleinern, von der Idee her aufzulösen, Hilfe in überschaubaren Institutionen anzubieten, dort, wo die Probleme der Menschen entstehen, in ihren Lebensbereichen, sodass sie und die Institutionen nicht in Vergessenheit geraten. Der Anspruch lautet: Hilfe wird möglichst ambulant angeboten, stationäre Einheiten sind ebenfalls gemeindenah und so klein wie irgend möglich. Alle für die psychische Gesundheit Tätigen, die Betroffenen und die Angehörigen entscheiden gemeinsam über die Art der Versorgung. Es ist für viele deutlich geworden, dass der Umgang mit psychisch Kranken und die Organisation von Hilfen vorrangig eine gesellschaftliche und politische Aufgabe ist. Doch immer noch laufen die regelhaften Finanzierungsstrukturen der Idee der Kontinuität und Flexibilität entgegen, obwohl Modelle der Integrierten Versorgung und Einrichtungen mit globalem Budget ihre Überlegenheit in dieser Hinsicht bewiesen haben (BOCK 2013 a; BOCK & LAMBERT 2013).
Jeder psychiatrisch Tätige weiß heute, dass ärztliche Hilfe nur ein Aspekt des Helfens sein kann. Psychotherapie, Hilfen beim Arbeiten und Wohnen sowie viele weitere Therapien müssen den medizinischen Hilfen zugeordnet sein, ja sind häufig sogar vorrangig. Nicht nur dem Individuum ist zu helfen, sondern auch die Umgebung, das System, ist in die Wahrnehmung einzubeziehen. Im Rückblick auf die verschiedenen Modellverbünde und -programme ist festzustellen, dass weniger die Finanzierung bestimmter Institutionen als die Gewährleistung bestimmter Funktionen und die Sicherung von Lebensräumen Maßstab der Reform sein müssen.
Neue Impulse sind mit dem Begriff Recovery (AMERING & SCHMOLKE 2012) und den Ansprüchen der UN-Behindertenrechtskonvention verbunden: Hilfen mögen sich nicht nur auf die Beseitigung von Symptomen konzentrieren, sondern dem gesunden Leben dienen. Sie mögen nicht in erster Linie auf Compliance und Anpassung setzen, sondern die eigenständige Lebensgestaltung fördern.
Gemessen daran sind nach wie vor gerade in Deutschland zu viele Ressourcen in hospitalisierenden Strukturen gebunden und gibt es für Krisen zu wenige mobile und aufsuchende Dienstleistungen. Immer noch und schon wieder werden Strukturen ökonomisch gefördert, die eine autoritäre Begegnungsweise aufrechterhalten. Zum Beispiel gibt es nach wie vor nu...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Die Herausgeber
  4. Unter Mitarbeit von
  5. Impressum
  6. Inhalt
  7. Gebrauchsanweisung
  8. 1 Der sich und Anderen helfende Mensch