
- 160 Seiten
- German
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eBook - ePub
Autismus-Spektrum-Störungen bei Erwachsenen
Über dieses Buch
Hochfunktionaler Autismus bei Erwachsenen
Autismus-Spektrum-Störungen wurden lange Zeit vor allem als eine Entwicklungsauffälligkeit bei Kindern wahrgenommen. Es liegt aber in ihrer Natur, dass sie in späteren Lebensphasen andauern.
Das vorliegende Buch bietet fundiertes Wissen zu Autismus im Erwachsenenalter und hilft psychiatrisch, psychotherapeutisch und psychosozial Tätigen, erwachsene Menschen aus dem Autismus-Spektrum diagnostisch richtig einzuschätzen und angemessen zu begleiten.
Die Autoren nehmen Ausprägungen, Diagnostik und Therapie in den Blick und legen dabei das Hauptaugenmerk auf hochfunktionalen Autismus. Sie geben einen fundierten Überblick über das Thema und stärken das gegenseitige Verstehen zwischen Menschen mit und ohne Autismus.
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Information
Was ist Autismus?
Dieser Teil soll die historische Entwicklung nachzeichnen, Ursachen und neuropsychiatrische Auffälligkeiten beschreiben, Probleme der Terminologie und Abgrenzung umreißen und dabei so plastisch wie möglich machen, was Autismus eigentlich ist.
Historische Entwicklung, Definition und Terminologie
Der Begriff »Autismus« entstammt ursprünglich dem Bereich der Psychoseforschung und wurde von Eugen BLEULER (1911) verwendet, um ein »Grundsymptom« der »Gruppe der Schizophrenien« zu beschreiben. Gemeint war der Rückzug von der realen Welt in eine Binnenwelt, der im Rahmen einer schizophrenen Episode auftreten kann. Diese Begriffsherkunft – und auch eine gewisse Ähnlichkeit der Symptomatik – führte bis in die 1970er-Jahre dazu, dass die Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) den Schizophrenien zugeordnet oder als ihnen verwandt angesehen wurden.
Bis heute kann die Mehrdeutigkeit des Begriffs »Autismus« zu Verwirrung führen, da er sowohl das Symptom einer schizophrenen Psychose beschreiben als auch als Überbegriff für eine große Gruppe tiefgreifender Entwicklungsstörungen dienen kann. Da aus heutiger Sicht ASS und Schizophrenien scharf getrennte Entitäten sind – Erstere beginnen in frühester Kindheit und haben einen weitgehend konstanten Verlauf, Letztere beginnen in der Adoleszenz oder im Erwachsenenalter und haben einen phasenhaften und heterogenen Verlauf –, soll im Folgenden »Autismus« nur die Gruppe der ASS bezeichnen und nicht – wie ursprünglich bei Bleuler – das Symptom einer Schizophrenie.
Die erste wissenschaftliche Beschreibung eines Syndroms, das wir retrospektiv den hochfunktionalen ASS zuordnen würden, stammt von der russischen Psychiaterin Grunja Jefimowna Sucharewa, die 1926 in dem Aufsatz Die schizoiden Psychopathien im Kindesalter sechs Kinder beschrieb, die in ihrer sozialen Kommunikation und Interaktion deutlich eingeschränkt erschienen. Der Begriff »Autismus« wurde erstmals von den österreichischstämmigen Ärzten Leo Kanner und Hans Asperger in Bezug auf Krankheitsbilder, die wir heute als ASS beschreiben würden, aufgegriffen. Der Kinder- und Jugendpsychiater KANNER beschrieb 1943 unter dem Titel Autistic disturbances of affective contact elf Kinder, die schwere Auffälligkeiten in der zwischenmenschlichen Kontaktaufnahme und Kommunikation, bis hin zur »Eingekapseltheit« von Geburt an, aufwiesen. Der Kinderarzt und Heilpädagoge Asperger habilitierte zum Thema Die »Autistischen Psychopathen« im Kindesalter (1944) und beschrieb dabei vier Fälle männlicher Heranwachsender, die ebenfalls Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion und Kommunikation zeigten, allerdings weniger stark betroffen waren als die bei Kanner beschriebenen Fälle und auch erst im Kindergartenalter auffällig wurden.
ICD-10 In der Internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10) wurden die beiden Hauptkategorien des Autismus nach diesen beiden Autoren benannt. Unter dem Überbegriff der tiefgreifenden Entwicklungsstörungen finden sich der frühkindliche Autismus (»Kanner-Syndrom«; F 84.0), das Asperger-Syndrom (F 84.5), das (seltene) Rett-Syndrom (F 84.2) und der atypische Autismus (F 84.1).
Definitionsgemäß versteht man unter frühkindlichem Autismus eine sich vor dem dritten Lebensjahr manifestierende Störung der sozialen Interaktion und Kommunikation mit reduzierter Fähigkeit zur Kontaktaufnahme, Kontaktpflege und zur nonverbalen Kommunikation. Die Störung ist außerdem charakterisiert durch sich wiederho- lende Verhaltensmuster (Rituale, Routinen), eingeschränkte (Sonder-) Interessen und verbale und motorische Stereotypien (Schaukeln mit dem Oberkörper, Flattern mit den Händen etc.). In der ICD-10 nicht genannt, aber sehr häufig auftretend ist eine sensorische Hochempfindlichkeit bzw. Reizfilterstörung mit einer Neigung zu Reizüberflutungserleben. Hinzu kommen nicht selten Probleme im Bereich der Priorisierung und Alltagsorganisation.
Das Intelligenzniveau umfasst beim frühkindlichen Autismus das gesamte Spektrum von schweren Intelligenzminderungen bis zu überdurchschnittlichen Begabungen, wobei zumindest in älteren Studien bei etwa der Hälfte der Betroffenen Intelligenzminderungen vorliegen. Die Sprachentwicklung ist per definitionem verzögert, das Sprachniveau im Erwachsenenalter kann aber zwischen einer vollkommenen Unfähigkeit zur Lautsprache und einer – zumindest auf semantischer Ebene – normalen Fähigkeit zum Sprechen schwanken.
Nach ICD-10 wird das Asperger-Syndrom vom frühkindlichen Autismus vor allem dadurch abgegrenzt, dass eine Entwicklungsverzögerung der Sprache oder der kognitiven Funktionen fehlt. Zusätzlich wird auf die häufige motorische Ungeschicklichkeit und gelegentlich auftretende psychotische Episoden hingewiesen. > Symptomatik, Seiten 23 f.
Die Benennung von Symptomen und Syndromen aus dem autistischen Bereich befindet sich seit einigen Jahren im Umbruch. Das hat vor allem damit zu tun, dass sich die beschriebene kategoriale Trennung von Kanner-Syndrom und Asperger-Syndrom empirisch nicht aufrechterhalten ließ: Vielmehr zeigte sich in vielen Studien, dass es einen breiten Übergangs- bzw. Überlappungsbereich gibt, in dem keine klare Abgrenzung möglich ist. Auch die Unterscheidung von hochfunktionalem frühkindlichem Autismus und Asperger-Syndrom erwies sich nicht als sinnvoll angesichts von Verlaufsuntersuchungen, die zeigten, dass sich beide Autismusformen im Verlauf des Lebens oft überhaupt nicht mehr unterscheiden lassen. Zunehmend wurde deutlich, dass sich keine natürliche Grenze zwischen Autismus und »Normalität« aufweisen ließ, sondern ein fließender Übergang zwischen mehr oder weniger stark ausgeprägten autistischen Eigenschaften besteht. Um das besser zu verstehen, ist die Terminologie von Karl Jaspers hier ausgesprochen hilfreich.
Jaspers unterscheidet in seiner Allgemeinen Psychopathologie (1913) zwischen »Gattungen« und »Typologien«. Gattungen sind dabei durch natürliche Grenzen definierte Entitäten. Beispiele für Gattungen sind etwa die Chorea Huntington oder die Trisomie 21: Sie lassen sich – wie Blaumeise und Kohlmeise – eindeutig voneinander und von anderen Zuständen unterscheiden, es gibt keine (oder nur extrem seltene) Grenzfälle. Dem Begriff der Gattung setzte Jaspers den Begriff der Typologie entgegen: Damit gemeint sind durch »künstliche« Grenzen definierte Bereiche in einem natürlichen Kontinuum, zum Beispiel »Übergröße«, »Intelligenzminderung« oder »Hochbegabung«. Der »Typus« hat keine natürliche, sondern lediglich eine im Konsens festgelegte Grenze zur Normalität.
Die deutliche Mehrzahl der empirischen Untersuchungsbefunde zeigt in die Richtung, dass es sich bei »Autismus« nicht um eine Gattung, sondern vielmehr um eine Typologie handelt. Während die Unterscheidung von Blaumeise und Kohlmeise richtig oder falsch sein kann (es könnten ja auch nur unterschiedliche Erscheinungsformen der gleichen Spezies sein), gibt es also keine richtige, also naturgegebene Grenze zwischen Autismus und Normalität, sondern nur eine – nie ganz von Willkür freie – Konvention. Es sei allerdings angemerkt, dass diese Diskussion keineswegs abgeschlossen ist, nach wie vor melden sich im wissenschaftlichen Kontext Vertreter der »Gattungshypothese« zu Wort. Weiterhin müssen syndromale (also etwa monogenetische, siehe unten) Formen von ASS gesondert betrachtet werden, da diese häufig einer kategorialen Grunderkrankung (zum Beispiel Fragiles-X-Syndrom) entspringen und insofern einem kategorialen Krankheitsverständnis eher zugänglich sind.
DSM-5 Zuletzt zeigte sich zudem, dass die Grenze von Autismus zu anderen früh angelegten Störungen wie dem Tourette-Syndrom, den Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörungen, verschiedenen Lernund Kommunikationsstörungen sowie den Intelligenzminderungen deutlich unschärfer und verschwommener ist als erhofft: Mischbilder und Grenzfälle sind häufiger, als die kategorial – oder in Gattungsbegriffen – gefassten ICD-10-Diagnosen dies hatten vermuten lassen. Diese Beobachtungen führten dazu, dass in der fünften Fassung des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-5), das in den USA seit 2013 gültig ist, die genannten Auffälligkeiten der Entwicklung (inklusive Autismus) unter dem Überbegriff der »neuronalen Entwicklungsstörung« zusammengeführt wurden.
Die verschiedenen autistischen Subkategorien wurden – aufgrund der beschriebenen fehlenden scharfen Unterscheidbarkeit – als »Autismus-Spektrum-Störungen« zusammengefasst. Ausgeklammert aus den ASS wurde allerdings die neu definierte »Sozialpragmatische Kommunikationsstörung«, die viele Gemeinsamkeiten mit den ASS hat, wobei stereotype und repetitive Verhaltensweisen allerdings fehlen. Eine wichtige und sinnvolle Neuerung im DSM-5 ist die diagnostische Verschlüsselbarkeit von funktionellen Ausfällen oder Problemen in der Alltagsbewältigung, die unter anderem eine neutrale, nicht pathologisierende Beschreibung von Normvarianten ohne relevante Funktionsstörungen zulässt.
Der Begriff des Asperger-Syndroms wird im DSM-5 nicht mehr verwendet, was aus der beschriebenen Logik heraus auch Sinn ergibt; sozialpsychologisch allerdings wird damit ein Begriff aus der Fachsprache entfernt, der für viele Betroffene einen hohen identifikatorischen Charakter hat und einen Assoziationsraum von Würde und Gemeinschaft entfaltete, der dem eher technokratischen und eindeutig pathologisierenden Begriff der »Autismus-Spektrum-Störung« weitgehend fehlt.
BEGRIFFLICHKEITEN Der Rückblick in die Begriffsgeschichte macht deutlich, warum in Bezug auf die Nomenklatur eine gewisse Konfusion zu herrschen scheint – und auch eine gewisse Notwendigkeit besteht, dem vorliegenden Buch eine zumindest grob umreißende Definition der wesentlichen Begriffe voranzustellen. Meist werden wir – der Entwicklung des üblichen Sprachgebrauchs folgend – von »Autismus-Spektrum-Störungen« (ASS) sprechen, gelegentlich aber auch vom »Asperger-Syndrom« oder von »Autismus«, insbesondere wenn es um individualpsychologische Belange geht. Auch die Begriffe »Autisten« und »Menschen aus dem Autismus-Spektrum« werden verwendet, insbesondere in Kontexten, in denen der pathologisierende Beiklang von »ASS« explizit vermieden werden soll. Dabei soll mit »Autismus« immer eine Typologie im Jaspers’schen Sinn gedacht sein, nicht eine klar abgrenzbare Kategorie. Auch meint »Autismus« – wie bereits erwähnt – nicht die Symptomatik einer »Schizophrenie«. Da wir hier von psychiatrischen und therapeutischen Kontexten berichten, wird auch öfter von »Patienten« die Rede sein; dabei muss immer klar bleiben, dass Menschen aus dem Autismusspektrum nicht per se »Patienten« sind, sondern dies nur unter bestimmten Umständen werden können.
Der Begriff »hochfunktional« bezog sich früher nur auf Menschen mit frühkindlichem Autismus mit hoher Intelligenz und Sprachfähigkeit und ist in der Abgrenzung zu Patienten von Bedeutung, die beispielsweise nicht sprechen, da der helfende Zugang zu diesen in vielen Fällen natürlich ein anderer ist. Heutzutage und auch in diesem Buch wird er weiter gefasst und bezeichnet Autisten (jedweden Untertyps) von mindestens mittlerer Intelligenz, guten Sprachfähigkeiten und mit hoher Anpassungsfähigkeit. Wenn es also im Kern um diese Formen von Autismus gehen soll, wird der Begriff »hochfunktionaler Autismus« verwendet. Um Menschen zu bezeichnen, die nicht autistisch sind, wird der Begriff der »Neurotypie« verwendet, der zwar bis heute einen leichten ironischen Beiklang hat, sich aber als Kontrastbegriff zum Autismus unter mit Autismus befassten Menschen eingebürgert hat und sich unseres Erachtens besser zum »täglichen Gebrauch« eignet als der wertende und ironiefreie Begriff der »Normalität«. Wir wollen Nichtautisten also als »neurotypische Menschen« bezeichnen.
Unter dem Begriff »Autismus-Spektrum-Störungen« werden unterschiedliche Formen und Schweregrade von Autismus verstanden; davon abzugrenzen sind Personen mit lediglich »autistischen Zügen« sowie jene ohne autistische Merkmale (»neurotypische Menschen«).
»Autistische Züge« – der Randbereich des autistischen Spektrums
Stellt man sich die Verteilung des Merkmals »autistische Eigenschaften« über die Gesamtbevölkerung als Gauß-Kurve (»Normalverteilung«) vor, wird schnell klar, dass im extremen (diagnosewürdigen) Randbereich nur wenige Individuen zu finden sind, in jenem Bereich aber, der zwischen Randbereich und Mitte liegt, das Integral unter der Kurve größer und damit die Zahl der betroffenen Individuen höher wird. Das heißt, schon rein statistisch gibt es einen großen »Graubereich« zwischen deutlich ausgeprägten autistischen Eigenschaften (= ASS) und dem Bereich der statistischen »Normalität«. Während bis vor wenigen Jahren unter dem Vorzeichen eines kategorialen Autismusbegriffs noch versucht wurde, diesen Grenzbereich zu negieren, findet nun auch zunehmend eine wissenschaftliche Auseinandersetzung damit statt. Im Englischen hat sich für dafür der Begriff des »Broader Autism Phenotype« (BAP) eingebürgert; im Deutschen entspricht dem am ehesten der Begriff »autistische Züge« (ohne eigenen Krankheitswert). Bereits Leo Kanner bemerkte bei den Angehörigen seiner Patienten deutliche autistische Züge, ohne dass er diese als »krank« klassifiziert hätte.
Jüngere Forschungsarbeiten deuten darauf hin, dass autistische Züge bei bestimmten psychiatrischen Krankheitsbildern, zum Beispiel Anorexia nervosa oder chronischer Depression, gehäuft anzutreffen sind, ebenso allerdings bei Personen mit besonderen Fähigkeiten, beispielsweise im Bereich der Informationstechnologie oder des Ingenieurwesens. Einiges spricht dafür, dass autistische Züge als »Basisstörung« oder besser »autistische Basisstruktur« bestimmter anderer Erkrankungen verstanden werden können, also einen Vulnerabilitätsfaktor für andere psychiatrische Erkrankungen darstellen. Weniger untersucht wurde bisher, vor welchen Erkrankungen diese Basisstruktur schützt, wobei es sehr wahrscheinlich ist, dass dies der Fall ist. Eine Studie (OBERMAN & PASCUAL-LEONE 2014) wies auf die Möglichkeit hin, dass die autistische Basisstruktur eine...
Inhaltsverzeichnis
- Cover
- Titel
- Zu den Autoren
- Impressum
- Inhalt
- Intuition und Fachwissen sinnvoll verbinden – Einleitung –
- Was ist Autismus?
- Helfender und therapeutischer Zugang
- Lebenswelten und Lebenslagen autistischer Menschen
- Rechtliche Aspekte und Unterstützungsmöglichkeiten
- Konkrete schwierige Situationen im Umgang mit Erwachsenen aus dem Autismusspektrum
- Häufige Fehlerquellen im Umgang mit Erwachsenen aus dem Autismusspektrum
- Häufige Themen im therapeutischen Umgang
- Vom Defiziterleben über die »autistische Identität« zum menschlichen Pluralismus – Schlussbemerkungen
- Ausgewählte Literatur