Constance
eBook - ePub

Constance

  1. 282 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
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Über dieses Buch

Eine rätselhafte Aura umgibt die schmale junge Frau, der Sidney bei einer Buchpräsentation in New York begegnet. Constance zieht ihn erotisch an und weckt seinen Beschützerinstinkt. Dass sie unter einem Trauma leidet, lässt ihn nicht unberührt. Wo bleiben echte Nähe und Liebe in ihrer Ehe, frei von Verdächtigung und Rollenzwang? In zarten Momenten deutet sich so etwas an.Virtuos lässt Patrick McGrath im Wechsel Constance und Sidney erzählen, ihre gegenseitige Wahrnehmung und die dramatischen Ereignisse in Constances Familie vor Augen führen.

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Information

1

Ich heiße Constance Schuyler Klein. Die Geschichte meines Lebens beginnt an dem Tag, an dem ich einen Engländer namens Sidney Klein heiratete und mich für immer von Ravenswood und Daddy und allem verabschiedete, was vorher war. Ich habe nun einen Ehemann, dachte ich, einen neuen Daddy, und ich war entschlossen, eine eigenständige Person zu werden. Ich wollte, ach, ich wollte so viel. Ich sah mich als neugeboren. Ein für alle Mal Schluss mit der Stimme der Verachtung und der Missbilligung, der nörglerischen, missmutigen Stimme, so unerschütterlich in ihrer Überzeugung von meiner Wertlosigkeit, nein, schlimmer noch, Nutzlosigkeit. Sidney hielt mich nicht für nutzlos, und er war ein Mann von Welt, der seinen Shakespeare in- und auswendig kannte. Er sagte, er liebe mich, und als ich ihn fragte, warum, antwortete er: «Genauso gut könntest du fragen, warum der Himmel blau ist.» Von da an war alles anders. Hatte ich mich zuvor mit den zaghaften Schritten einer Fremden durch New York City bewegt, frohlockte ich jetzt über alles, was mich vor noch so kurzer Zeit beunruhigt hatte – die Menschenmengen, die Hektik, den Lärm, die Stimmen.
Andere sahen die Veränderung in mir. Die Cheflektorin erriet mein Geheimnis auf der Stelle und konstatierte, ich sei verliebt. Ich versuchte, es abzustreiten, da ich selbst noch gar nicht auf den Gedanken gekommen war, das könne geschehen sein, aber sie blieb dabei. Sie müsse schließlich wissen, wie Verliebtsein aussehe, sagte sie, und ich fragte, wie denn. «So wie Sie», antwortete sie und ging mit einem unergründlichen Lächeln davon. Ein anderes Mal fragte sie mich, ob ich in meiner Arbeit Erfüllung fände, und ich bejahte. «Dann halten Sie daran fest», sagte sie. Ich nahm an, sie meine, ich könne Sidney Klein und meine Arbeit nicht gleichzeitig lieben, und betonte, doch, das könne ich. Ellen Taussig besaß die Fähigkeit, mit einem winzigen Hochziehen einer Augenbraue mehr auszudrücken, als tausend Worte es konnten. «Aber es stimmt», protestierte ich mit leiser Stimme. «Wieso sollte ich es nicht können?» «Viele sind berufen», sagte sie und sah mich über den Rand ihrer Brille hinweg an. Es ist ein vielsagender Hinweis auf meine damaligen Empfindungen, dass mein Selbstvertrauen nicht einmal durch die Fülle von Skepsis in jener hochgezogenen, gezupften Augenbraue erschüttert wurde.
Dann kam die Hochzeit.
Erst hinterher, nach dem Mittagessen in einem Restaurant, bei dem meine Schwester Iris sich danebenbenahm und Daddy so verärgert war, fragte ich mich, was ich mir bloß gedacht hatte. Für wen hielt ich mich? Für eine eigenständige Person? Die neue Welt schrumpfte in sich zusammen wie ein zusammengeknülltes, ins Feuer geworfenes Stück Papier, und alles, was mir blieb, waren ein paar verkohlte Schnipsel und ein bisschen Asche. In meiner Herabsetzung und Demütigung musste ich an Sidneys Mutter denken, eine kleine, vom Rheuma verkrümmte Verrückte, die ganz in Schwarz gekleidet zu unserer Hochzeit erschienen war. Ich war genauso verschrumpelt wie sie. Ich war Sidneys Mutter. Aber als ich ihm zu erklären versuchte, was geschehen war, wollte er es nicht hören, weil es nicht seiner Vorstellung von mir entsprach. Es war das erste Mal, dass ich das alles klar und deutlich sah, und als ich es sah, erkannte ich, wie töricht es von mir gewesen war, auch nur einen Augenblick lang zu glauben, ich würde geliebt
Sidneys Wohnung war groß und dunkel und voller Bücher. Ich mochte sie nicht, vielmehr fand ich sie einschüchternd. Alles darin schien mir zu sagen, dass hier ein kluger Mensch lebte, ein selbstbestimmter Mensch. Ich hatte das Gefühl, jeden Augenblick als unbefugter Eindringling entlarvt und vor die Tür gesetzt zu werden. Die Wohnung lag in einem oberen Stockwerk eines Vorkriegsgebäudes in der Upper West Side, und nachts war es dort immer sehr laut. Alles verändere sich, sagte Sidney, da die alteingesessenen Bewohner nach und nach in die Vororte abwanderten und die Armen einzogen, die Schwarzen, die Puerto Ricaner, die Einwanderer, die Neuankömmlinge. Auf den Straßen hörte man harsche, grobschlächtige fremdländische Stimmen, und ich hatte das verstörende Gefühl, gleichzeitig in zwei Welten zu leben und keiner davon anzugehören, an keiner einen Anteil zu haben.
Sidney hatte die Wohnung während seiner ersten Ehe erworben, die mit einer Scheidung geendet hatte. Aus dieser Ehe gab es ein Kind, einen Jungen namens Howard, der bei seiner Mutter in Atlantic City lebte. Sidney fuhr oft hin, um sie zu besuchen, und hatte den Jungen unverkennbar gern, ich jedoch empfand nicht den Wunsch, ihn kennenzulernen, und hätte es vorgezogen, wenn Sidney nicht über ihn gesprochen hätte. Howard hatte bereits eine Mutter. Gleichzeitig machte mir die Frage, wieso Sidney ausgerechnet mich zur Frau genommen hatte, immer mehr zu schaffen. Als ich ihn fragte, antwortete er im Scherz, ich habe auf der Buchpräsentation am Sutton Place so verunsichert ausgesehen, dass er das Gefühl gehabt habe, mich retten zu müssen, bevor ich anfinge zu schreien.
Danach war ich eine Zeit lang glücklich, zumindest so glücklich, wie ich es unter den Umständen sein konnte. Sidney nahm die Ränder meiner Tage ein. Er war der Mann, neben dem ich morgens aufwachte, zu dem ich abends nach der Arbeit zurückkehrte und mit dem zusammen ich später zu Bett ging. Aber ich hatte keinen inneren Frieden mehr und fühlte mich zunehmend unwohl mit den von ihm festgelegten Bedingungen der Ehe. Ich weiß nicht, wie es dazu kam, und ich versuchte, mich nicht allzu sehr in die Sache hineinzusteigern, aber allmählich fing ich an zu denken, ich hätte einen Fehler gemacht und dass nichts von all dem für mich bestimmt sei, sondern für jemand anderen. Zu den Schwierigkeiten, die ich vorausgesehen hatte, als Sidney mir seinen Antrag machte, gehörte, dass er so viel mehr wusste als ich, was nach einer Weile unerquicklich wurde. Der arme Sidney, er liebte es, mich zu belehren. Er wollte mir sein ganzes Wissen vermitteln und reagierte ungehalten, wenn seine Großzügigkeit nicht geschätzt wurde und ich sagte, ich habe selbst eine Bildung genossen.
«Ha!», rief er und beugte sich vor. Seine Augen sprühten vor Verachtung. «Hast du? Tatsächlich?»
Das war gehässig und kränkte mich. Genau so etwas hätte auch Daddy sagen können. Sidney umgab sich am liebsten mit Studenten, die nach einem gewissen Maß an anfänglichem Widerspruch klein beigaben, aber dieses Mal spielte ich nicht mit, ich war es leid, derart behandelt zu werden. Es war unser erster richtiger Streit, und ich erschrak selbst vor dem, was ich ihm entgegenschleuderte. Zum Beispiel sagte ich, er sei alt und zu fett, und es sei grausam von ihm gewesen, mich dazu zu bringen, ihn zu heiraten. Später im Bett klammerte ich mich an ihn, entsetzt über das, was ich gesagt hatte. Er tröstete mich und sagte, mein Bedürfnis, ihm die Stirn zu bieten, sei in Wahrheit Ausdruck meiner Liebe. Ich eignete mir diese Erklärung nur allzu gerne an, erkannte aber später, dass ich nicht daran glaubte. Das behielt ich für mich, es bestätigte jedoch meinen Verdacht, dass ihn nicht wirklich interessierte, wer ich war, sondern nur, inwieweit ich dem Bild entsprach, das er sich von mir gemacht hatte. Manchmal fühlte ich mich in jener Wohnung wie ein Geist.
Ein anderes Mal fragte er mich, ob ich ein paar Druckfahnen für ihn lesen würde.
«Meinst du vielleicht, ich habe nicht genug eigene Arbeit?», fragte ich zurück.
«Ich bezahle dich dafür.»
Ich bezahle dich dafür. Allmählich verstand ich, wieso ich mich bereit erklärt hatte, ihn zu heiraten. Daddy hatte mir nie gegeben, was ich brauchte, und ich hatte das Gefühl gehabt, das sei meine Schuld. Kinder fühlen sich verantwortlich für alles, was ihnen widerfährt, gleich ob gut oder schlecht. In meinem Fall schlecht. Seit meiner ersten Begegnung mit Sidney hatte ich ihn als Daddy gewollt, damit ich einen Neuanfang machen konnte. Aber das ist unmöglich! Allein die Vorstellung ist im Grunde genommen absurd. Wie hatte ich nur so dumm sein können, zu glauben, es könne anders sein. Aber als ich das erkannte, war es zu spät, ich war bereits Mrs Klein. Beziehungsweise Mrs Schuyler Klein.
Ein weiteres Problem war Sidneys Annahme, ich hätte es genauso eilig wie er, eine Familie zu gründen. Ich weiß nicht, wieso ich so wenig davon hielt. Die meisten Frauen wollen Kinder, wieso nicht ich? Vielleicht hatte es etwas mit seinen sexuellen Ansprüchen zu tun. Ich war nicht vehement gegen die Idee, ich meine, ein Kind zu bekommen, aber inzwischen denke ich, die Kinderfrage war ein weiterer Ausdruck des Machtkampfs, der zu einem steten, misstönenden Wispern im Hintergrund unserer Ehe wurde. Sidney schrieb, unterrichtete und nahm oft an auswärtigen Konferenzen teil: Er war ein vielbeschäftigter, vielgefragter Mann. Was wäre, gäbe es ein Kind in der Wohnung? Ich wusste, was wäre. Ich würde meine Arbeit aufgeben müssen, und dazu war ich nicht bereit. Ich weiß noch, dass ich ihn fragte, ob sein Vater sich zu Hause engagiert habe. Er sagte, nein, sein Vater habe alle häuslichen Angelegenheiten den Frauen überlassen. Wieso also sollte er selbst anders sein?
«Ich habe alles durchdacht», sagte er.
Das tat er immer. Gelegentlich zermürbte er mich mit seiner Denkerei. Er besaß einen präzisen, logischen Verstand, der mit beeindruckender Schnelligkeit funktionierte, aber er war nicht kreativ. Zum Beispiel hätte er nie ein Gedicht schreiben können. Er konnte es kritischen Analysen unterziehen, aber damit hatte es sich auch schon. Ihm fehlte die Vorstellungskraft.
Damals liebte er es, seine Studenten nach Hause einzuladen, und es gab oft beängstigend laute Debatten im Wohnzimmer. Weil die Wohnung groß war und wir es diesbezüglich nicht allzu genau nahmen, herrschte ein Zustand chronischer Unordnung. Nur Gladys bewahrte uns davor, in absolutem Chaos zu versinken. Gladys, Sidneys Haushälterin, war eine gute Christin aus Atlanta, Georgia, wie er gerne sagte. Und auch wenn ich immer zu müde war, um mich an den Diskussionen zu beteiligen, die er in seiner Wohnung organisierte, erhob ich nie Einwände dagegen. Ich zog mich einfach ins Schlafzimmer zurück, wo ich mich aber gestört fühlte von den gedämpften Gesprächen und dem ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Kapitel 1
  4. Kapitel 2
  5. Kapitel 3
  6. Kapitel 4
  7. Kapitel 5
  8. Kapitel 6
  9. Kapitel 7
  10. Kapitel 8
  11. Kapitel 9
  12. Kapitel 10
  13. Kapitel 11
  14. Kapitel 12
  15. Impressum
  16. Leseprobe: Patrick McGrath - Die Gewandmeisterin