Cyberempathy
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Cyberempathy

Emotionsgeladene Science Fiction - bildgewaltig & kontrovers

  1. 552 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
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Cyberempathy

Emotionsgeladene Science Fiction - bildgewaltig & kontrovers

Über dieses Buch

Sicherheit, Gleichheit und Einigkeit;
Freiheit, Gerechtigkeit und Individualität Das weltumspannende Cybernet ist der Segen der Zukunft – es verbindet die Empfindungen der Menschen. Kybernetik, Genetik und Holografie sorgen für ein langes Leben voller Gesundheit, Kraft und Schönheit. Die Welt scheint endlich Frieden gefunden zu haben und die Menschheit bereit, in das Universum vorzudringen.
Der renommierte Erinnerungskonstrukteur Leon lebt in den oberen Ebenen der vertikalen Stadt Skyscrape und schon bald wird er mit seiner großen Liebe Janica verheiratet sein. Doch die fatalen Folgen eines dubiosen Auftrages werden ihm zum Verhängnis. Er wird zum Spielball der Mächtigen und sein bisher so von Erfolg beschienenes Leben liegt innerhalb kürzester Zeit in Scherben.
Als er schließlich in die unteren Ebenen der Stadt abgeschoben wird, erlebt er eine Welt voller Gewalt und Ungerechtigkeit. Der menschliche Körper ist nur eine austauschbare Puppe und die dort fehlende Verbindung zum Cybernet stellt sein gesamtes Sein als Mensch infrage.
Doch ausgerechnet an diesem gefühlskalten Ort berührt jemand unerwartet sein Wesen – und das intensiver, als es die künstliche Empathie jemals hätte ermöglichen können.
Ist der vermeintliche Segen vielleicht doch ein Fluch oder nur der logische Schritt der Evolution?
.
Verheißungsvolle Utopie, verstörende Dystopie, glaubwürdige Science-Fiction - willkommen im Cyberpunk.

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Information

eins
Die sanfte Melodie wandelte sich nach zehn Minuten in ein ohrenbetäubendes Piepsen. Leon wedelte schlaftrunken mit der Hand in Richtung Kommode, um den Wecker auszuschalten, doch das in der Luft schwebende Holo-Display war zu weit entfernt. Schließlich richtete er sich auf, kroch aus dem Bett und schlug genervt brummelnd nach der Anzeige, wodurch der Ton sofort verstummte. Herzhaft gähnend schlurfte er ins Bad.
Das gelbliche Licht hinter den dunkelblauen Fliesen war gedimmt und wurde langsam heller, damit sich seine Augen daran gewöhnen konnten. Er hatte im ersten Moment immer das Gefühl, dass er einen schwebenden Käfig aus Lichtstrahlen betrat. Leon ging zum Waschbecken, schnappte sich seine Schallzahnbürste und blickte in die digitale Reflexion seines markanten Gesichtes. Er tippte auf die Projektion, ließ sie rotieren und beäugte kritisch seine braunen Haare, die ihm knapp über die Augenbrauen fielen. Leon trimmte sich mit Regelmäßigkeit einen dezenten Dreitagebart. Zum einen war das sehr pflegeleicht und zum anderen schien es den Frauen zu gefallen. Zufrieden ließ er das Bild in eine normale Frontalansicht zurückgleiten und begann seine Zähne zu reinigen.
Während der Schall die Nerven unter seinem Zahnschmelz zum Kribbeln brachte, vergrößerte Leon mit zwei Fingern sein Abbild und inspizierte seine neuen bernsteinfarbenen Augen. Ursprünglich war die Iris dunkler gewesen, aber er hatte etwas Auffälligeres gewollt, damit er in der Masse der Geschäftspartner besser in Erinnerung blieb. Deswegen hatte er sie vor nicht allzu langer Zeit durch genetische Manipulation verändern lassen. Da Leon sein Äußeres jedoch weitestgehend mochte und nicht völlig umkrempeln wollte, hatte er eine Anpassung innerhalb seines natürlichen Farbspektrums veranlasst. Dadurch behielten sie weiterhin ihre Lebendigkeit, ganz im Gegensatz zu den Menschen, die sich derart verbiegen ließen, dass sie schon auf den ersten Blick optimiert wirkten.
Nachdem er seine Morgentoilette verrichtet hatte, in eine schwarze Hose aus synthetischem Stoff geschlüpft war und ein dazu passendes Hemd übergeworfen hatte, begab er sich in die Küche. Im Gegensatz zu seinem chaotischen Schlafzimmer, welches seiner Meinung nach ein sockenfressendes Dimensionstor beherbergte, war sie penibel sauber. Leon ließ es zu, dass das Haussystem es automatisch reinigte. Das raubte dem Raum jedoch leider sämtliche Individualität.
»System?«, fragte er und ein leises Piepen ertönte.
»Online«, antwortete es mit einschmeichelnder Frauenstimme. »Haben Sie Wünsche, Administrator?«
»Kaffee wie immer, dazu ein leichtes Frühstück«, orderte er, während er den letzten Knopf von seinem Hemd verschloss.
»Kaffee, schwarz mit Zucker. Obstteller. Nahrungsergänzungspulver mit Vanillegeschmack«, ratterte die Frauenstimme herunter – Leon mochte Süßkram zum Frühstück.
Die Leisten der stählernen Küchenschränke begannen in einem zarten Blau zu leuchten und neben ihm wurde ein Hologramm projiziert, welches das Gericht um seine eigene Achse rotieren ließ und die Inhaltsstoffe und Nährwerte auflistete.
»Ja, ich weiß«, sagte er und mit einem Wink wischte er die Projektion auf die Arbeitsplatte.
Leon rieb sich das Kinn und überlegte, ob er es noch schaffen würde, ein wenig elektronisches Workout zu machen. Schon wenige Minuten, in einem muskelstimulierenden Anzug, während leichten Trainingseinheiten genügten, um eine gesunde Körperform zu erhalten. Früher hatte er am liebsten Ausdauersportarten wie Antigravitations-Squash betrieben, aber die Arbeit ließ ihm mittlerweile kaum noch Zeit dafür.
»Das wird wohl nichts mehr«, seufzte er, als er sich vom System die heutigen Termine vorlesen ließ. »Wenn ich heute nicht vorbeischaue, ist sie enttäuscht.«
»Ich weise darauf hin, dass sportliche Aktivitäten möglich gewesen wären, wenn die Weckzeiten eingehalten worden wären und …«, begann das System belehrend.
»System – schweig!«, grummelte Leon. »Du bist ja schlimmer als meine Mutter.«
Die weibliche Stimme erwiderte nichts darauf und sein Essen glitt aus der Fertigungseinheit seines Kühlschranks.
Leon schlang schnell das mundgerecht geschnittene Obst herunter, hustete, als er sich an den trockenen Nahrungsergänzungsmitteln verschluckte, und ließ den Kaffee schlussendlich halb voll stehen, um sich eilig auf den Weg zu machen.
Er trat auf den breiten Boulevard, welcher sich direkt vor seinem Wohnkomplex befand und strahlender Sonnenschein, sowie ein laues Lüftchen, begrüßten ihn. Natürlich war nichts davon naturgegeben. Das Sonnenlicht war unzählige Male durch Reflexionskonstruktionen nach unten geleitet worden und der sanfte Wind war der immerwährende Hauch der Belüftungsanlagen. Die Höhenwinde der Atmosphäre wären reißend, daher war die Stadt hier oben nach außen abgeschirmt. Wenngleich Leons Wohnung auf der 31. Ebene der Stadt privilegiert lag, so war es dennoch nicht ausreichend, um direkten Sonnenschein erhaschen zu können.
Leon schloss kurz die Augen, atmete tief durch und reihte sich in den Strom der Menschen ein, die geschäftig hin- und herliefen. Er blickte nach oben und sah verschwommen weitere Straßen weit über sich, die sich wie ein Spinnennetz von Hochhaus zu Hochhaus spannten.
Die Stadt war auf kleinstem Raum gebaut worden – zumindest, wenn man sie horizontal betrachtete. Sie nahm nur die Grundfläche einer Kleinstadt ein, ragte allerdings viele Kilometer in den Himmel und in die Erde. Das hatte ihr den passenden Namen Skyscrape eingebracht. War sie zu Zeiten der letzten großen Kriege noch ein Einzelfall gewesen, so war es mittlerweile weit verbreitet Siedlungen auf diese Weise zu konstruieren. Dadurch schonte man die Ressourcen der Erdoberfläche, trotz der immer weiter steigenden Zahl der Erdenbewohner, auch wenn man dadurch nicht mehr viel von der Natur außerhalb zu Gesicht bekam.
Warum sich die Menschen immer noch eigene Transportmittel zulegten, war Leon ein Rätsel. Die öffentlichen Bahnen brachten die Leute nicht nur von einer Stadtebene zu einer anderen, sondern machten auch oft Zwischenstopps in verschiedenen Hausetagen. Dadurch kam man bequem und zuverlässig zu seinem Arbeitsplatz oder an andere öffentliche Plätze. Wenn man auf einer Ebene den Ort wechseln wollte, so tat man dies am besten zu Fuß, denn der Weg war durch die geringe Grundfläche oft nicht besonders weit. Nichtsdestotrotz waren die Straßen des Boulevards hoffnungslos mit unzähligen, knapp über den Boden schwebenden Fahrzeugen verstopft. Die Bessergestellten schossen weiter oben mit teuren Jets durch die Gegend und genossen somit Staufreiheit. Der Wunsch nach Komfort und Besitz war bei den Menschen eben bis heute ausgeprägt.
Leon genoss diese kleinen Spaziergänge. Sie entschleunigten sein Leben und er betrachtete gern die mächtigen Bäume, welche die Straßen säumten. An den großen Boulevards half man der Natur ein wenig auf die Sprünge: Die Bäume blühten immerzu in den schönsten Farben. Da der natürliche Zyklus auch Ruhephasen benötigte, hatte man kurzerhand die genetisch veränderten Pflanzen mit unzähligen Holografie-Projektoren bestückt. Die mikroskopisch kleinen Geräte fügten sich in die Zellstruktur ein und bezogen Energie aus den Fotosynthese-Produkten der Flora. Ihr Nutzen bestand einzig darin, eine Vielzahl an Blüten an die Äste zu projizieren, sodass es den Anschein hatte, die Bäume würden auf ewig blühen. Die Lichtreflexe auf den gigantischen Glasflächen der Gebäude dahinter, erweckten den Anschein, als würde man auf eine Wasseroberfläche blicken, und komplettierten das Gesamtbild.
Nach kurzer Zeit öffnete sich die Straße zu einem großen Platz, in dessen Mitte ein Wasserfall direkt aus der obersten Stadtebene hinabstürzte. Da er erst viele Ebenen weiter unten auf einen Widerstand treffen würde, war das Rauschen des Wassers nur ein leises Flüstern. Der atemberaubende Anblick dieses Wunderwerks täuschte über dessen Einfachheit hinweg: Es war das Kondenswasser der obersten Ebenen. Dort war die Außentemperatur so niedrig, dass die Luftfeuchtigkeit an den beheizten Gebäuden hinablief wie immerwährender Regen. Man lebte dort hinter Glas, welches auch vor der starken Höhensonne schützte.
Hier lag Leons Ziel: das große Theater. Es war ein schwerelos anmutender Bau aus Stahlsäulen und gewölbtem Glas. Ornamente aus Halbbögen und senkrechten Linien verliehen ihm einen Hauch vergangener Zeiten – die erwartungsvolle Nostalgie vergangener Jahrhunderte war perfekt in die moderne Architektur eingeflossen.
Zwischen den beiden Haupteingängen bewegte sich ein gigantisches Werbe-Hologramm. Organisch anmutende Linien flossen in die Bildmitte und verbanden sich zu einem vielfarbigen Geäst. Hinter ihnen glitzerte die Andeutung einer weitläufigen urbanen Landschaft in schillernden Farben. Sie bildeten eine Art Blüte, die sich öffnete, und aus ihr erhob sich grazil eine schlanke Frau in einem roten Abendkleid, welches sie umfloss wie Wein. Das Bild zoomte auf ihr elfenhaftes Gesicht, welches von langen, blonden Haaren umweht wurde. Sie öffnete ihre Lider und offenbarte smaragdgrüne Augen, die erfüllt von Sanftheit in die Ferne blickten. Sie hob ihr Kinn und breitete die Arme aus, als würde sie die ganze Welt umarmen wollen. Während ihr Kleid in hunderte Bänder zerbarst und diese sie umflatterten wie Schmetterlinge, erschien eine geschwungene Schrift, welche nur ein Wort formte: Janica. Leon lächelte, eilte die flachen Stufen hinauf und betrat das Theater durch den linken Eingang.
»Herzlich willkommen«, begrüßte ihn die warme, männliche Stimme des Theatersystems. »Sie besuchen uns außerhalb der Vorstellungszeiten, wie kann ich Ihnen behilflich sein?«
»Ich möchte in den großen Saal«, antwortete Leon und hielt seine Handfläche über einen kleinen orangefarbenen Kristall im Empfangsbereich.
»Identifizierung erfolgt. Legitimierter Besuch zu jeder Tageszeit. Besucherstatus erteilt. Schön Sie erneut begrüßen zu dürfen, Leon«, entgegnete das System und er schlenderte zum Hauptsaal im Herzen des Gebäudes.
Schon auf dem Gang konnte er sie hören – diese Stimme würde er unter Tausenden wiedererkennen. Leon öffnete vorsichtig die Tür eines Seitenzugangs und schlüpfte lautlos hinein. Die Akustik des Raumes umhüllte ihn sofort wie ein hauchdünnes Seidentuch. Er trat an die geschwungene Balustrade und blickte auf die große Bühne. Obwohl die tiefroten Vorhänge nicht beiseitegezogen waren, die Sängerin in keinem hellen Lichtkegel stand und statt einem Abendkleid ein luftiges, apfelgrünes Sommerkleidchen trug, tat das ihrer Ausstrahlung keinen Abbruch.
Leon saugte den Anblick in sich auf, als hätte er sie noch nie zuvor gesehen. Ihre schlanken Beine machten einen graziösen Knick, ihre Hüften wiegten sich unmerklich zu der Melodie ihres Gesangs, die Fingerspitzen ihrer rechten Hand ruhten beinahe zerbrechlich auf ihrer Brust. Mit der anderen Hand strich sie durch die langen Wellen ihres golden schimmernden Haares. Dort stand ein Mensch, der es nicht nötig hatte, sich genetisch zu optimieren – sie war eine naturgegebene Schönheit und damit eine Rarität. Die Sängerin hatte die Augen geschlossen und ihre vollen Lippen formten Worte, welche von ihrer Stimme eine Qualität verliehen bekamen, die kein anderer Mensch je erreichen würde.
Doch dies alles war nur eine Illusion. Leon wusste es nur zu gut, und doch ließ er sich jederzeit bereitwillig davon einfangen und umgarnen. Denn der eigentliche Zauber lag nicht in ihrer Stimme oder ihrem Äußeren – er war in ihrem Herzen. Ihre Empfindungen, während sie sang, waren so tief und rein, dass sie jeden im Raum mit sich rissen, wie ein Sturm aus Millionen Blütenblättern. Da war Freude, Leichtigkeit, Glück und Liebe in einem Kaleidoskop der Gefühle. Wie konnte Leon sie nicht lieben? Ihr Sein war einzigartig und sie teilte es hingebungsvoll mit der ganzen Welt.
Als das Lied endete, schlug sie die Augen auf, richtete ihre tiefgrünen Augen auf Leon und winkte ihm zu – sie hatte seine Liebe gespürt.
»Hallo, Leon!«, rief sie lachend. »Kaum zu glauben, dass du es doch geschafft hast, du Schlafmütze! Wie hat dir mein neuer Song gefallen?«
»Er war wunderbar!«, rief er ihr inbrünstig zu.
Du bist wunderbar, dachte Leon, während sein Herz aufgeregt gegen seine Brust hämmerte.
Schon bald würde er ihr einen Ring als immerwährendes Symbol ihrer Verbundenheit an den Finger stecken.
Grafik5
Die Werkstatt von Rye wirkte steril. Im Gegensatz zu Leon war sein bester Freund scheinbar am glücklichsten, wenn er putzen durfte. Es gab nirgendwo herumliegendes Werkzeug, leere Kaffeetassen oder Aufzeichnungen, als Leon durch die Tür trat.
Ähnlich penibel widmete Rye sich auch seiner Arbeit: Holo-Technologie. Hologramme jeglicher Art waren immer gefragt, vor allem in der Werbebranche, auf die er sich spezialisiert hatte. Da die Qualität seiner Projektionen beinahe lebensecht war, lief das Geschäft sehr gut. Trotzdem war es in der Werkstatt still.
»Rye?«, rief Leon. »Das Gebäudesystem sagte mir, du wärst hier! Hallo?«
»Ich bin hier!«, hörte er ihn rufen.
Leon schaute sich suchend um und sah dann eine Hand hinter den wuchtigen Armaturen der Prisma-Schleifmaschine winken. Er ging zu der Apparatur, stützte sich mit seinen Ellbogen auf dessen obere Kante und spähte dahinter.
»Ist dir ein Staubkorn dahinter geflogen, oder was machst du da?«, grinste Leon ihn an.
Der im Schneidersitz auf dem Boden hockende Rye hob den Kopf, zog skeptisch seine Augenbrauen nach oben und schaute ihn durch die in sein Gesicht hängenden, wirren schwarzen Haarsträhnen an.
»Quatsch keinen Unsinn. Die Schleifmaschine hat heute Morgen den Geist aufgegeben und ich habe keine Ahnung, warum«, brummte Rye missmutig.
Zum Scherzen ist ihm schon mal nicht zu Mute, dachte Leon.
Sein Freund hatte sein Arbeitshemd abgelegt und saß in einem weißen Achselshirt hinter dem Gerät. Er schwitzte. Trotzdem hatte er nicht versäumt ein paar knallgelbe Arbeitshandschuhe überzustreifen, die bereits völlig mit Silikon verschmiert waren – typisch für ihn: Solange man Schmutz vermeiden konnte, waren alle Maßnahmen tragbar. Nach dem Glanz seiner Haut zu urteilen, musste er schon seit Stunden da unten hocken.
»Muss was Ernstes sein, wenn du schon so lange das Problem nicht lösen kannst«, meinte Leon.
»Ja, verdammt. Ich habe deswegen heute keinen einzigen Auftrag fertigstellen können«, entgegnete sein Freund und schlug mit der Handfläche gegen den Stahl, der es frech wagte, nicht einmal zu zucken.
Er lehnte sich an die Wand hinter ihm, streckte sich und legte die Arme nach oben gestreckt an den Beton. Lautstark seufzend schloss er die Augen und kaute nachdenklich auf seiner Unterlippe. Leon wusste, er würde ihm nicht helfen können. Von digitaler Holografie-Technik verstand er nichts. Er fühlte jedoch Ryes Ärger, also bot er ihm trotzdem seine Hilfe an:
»Kann ich dich vielleicht irgendwie unterstützen?«
»Nein, nein«, Rye schüttelte den Kopf ohne die Augen zu öffnen. »Ich kann mir ja gerade nicht einmal selbst helfen. Ein Auftrag muss heute Nacht fertig werden. Ich werde wohl ein Ersatzgerät mieten müssen und dann die Produktionsfirma kontaktieren. Zum Glück habe ich noch Garantie darauf.«
Er ließ die Arme sinken, legte die Hände in den Schoß und schaute mit hängenden Schultern in di...

Inhaltsverzeichnis

  1. Titel
  2. Impressum
  3. Widmung
  4. E I N S
  5. Z W E I
  6. D R E I
  7. V I E R
  8. F Ü N F
  9. S E C H S
  10. S I E B E N
  11. A C H T
  12. N E U N
  13. Z E H N
  14. E L F
  15. Z W Ö L F
  16. D R E I Z E H N
  17. V I E R Z E H N
  18. F Ü N F Z E H N
  19. S E C H Z E H N
  20. S I E B Z E H N
  21. Danke
  22. Autor