
- 100 Seiten
- German
- ePUB (handyfreundlich)
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eBook - ePub
Lebendiger Buddhismus
Über dieses Buch
Lebendiger Buddhismus ist eine kurze Einleitung in den Buddhismus, einer dergrossen Weltreligionen. In diesem kleinen Buch bietet die Erhw. Myokyo-ni einenÜberblick über das Leben Buddhas, seine Hauptlehren, buddhistische Übung undMeditation. Besonders wichtig sind ihre Erklärungen, die immer Bezug auf dieallgemein menschliche Erfahrung nehmen und auf die praktische Anwendung imtäglichen Leben.
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Information
Kapitel II
Die Lehren
Wenn wir uns die einzelnen Etappen der Übung oder des Trainings im Leben des Buddha vor Augen führen, stellt sich die Frage, worin der eigentliche Unterschied zwischen Buddhismus und westlichem Gedankengut liegt.
Für uns ist die Vorstellung einer nicht-theistischen Religion nur schwer zugänglich, da doch eine Religion sicherlich etwas mit Gott zu tun haben muss, zumindest mit irgendeinem Gott oder mehreren Göttern. Im Buddhismus hingegen finden wir keinen Schöpfer, keine Offenbarung, keinen Glauben und auch keine Gebote. Man könnte die buddhistische Praxis als Experiment ansehen, welches mit uns durchgeführt wird, aber das wäre ein Fehler, denn in ihr liegt viel, viel mehr.
Die Lehren sind vergleichbar mit Wanderkarten für einen bestimmten Weg, der von dem Übenden selbst zu begehen ist. Dieser Weg ist gut ausgeschildert und damit klar gekennzeichnet. Es gibt jedoch einige Voraussetzungen für das erfolgreiche Begehen dieses Weges.
Ebenso wie das neugeborene Kind zu wachsen beginnt und solange weiter wächst, bis der Erwachsene sein körperliches Wachstumspotential abgeschlossen hat, so ist auch das Kind damit „informiert“, durch die „innerlichen“ Etappen hindurch zu wachsen, d.h. psychologisch, religiös und spirituell. Letztlich genanntes Wachstum, einstmals die Domäne von Erziehung und Religion, wird immer stärker vernachlässigt oder beeinträchtigt. Dieser Bereich ist die Parallele zu den Erfordernissen des körperlichen Wachstums, und tatsächlich ist er nur dessen „andere Seite“, welche in einer uns angeborenen Sehnsucht wirksam ist. Sie bewegt das menschliche Herz und lässt es in seiner Entwicklung durch die relevanten Stadien hindurch nach Erfüllung streben. Sie beginnt mit der kindlichen Annahme, dass sich alles um „mich“ dreht, und durchläuft danach die Etappen des Heranwachsens durch Kindheit und Pubertät hindurch bis zur voll entwickelten Statur des erwachsenen Menschseins.
Die Lehren des Buddhismus haben mit diesem Reifen der Persönlichkeit zu tun und führen zu einer Befreiung von den einengenden Fesseln der Kindheit. Ein kindliches „Ich“ verlangt nur und schreit, verkennt das Verlangen seines eigenen Herzens als Gegenstände der Außenwelt – den schimmernden Ball oder die lärmende Rassel. So gewinnt die Täuschung die Oberhand: mehr, größer, schneller, besser, lauter, verzückter oder was auch immer, und wir haben nicht den Mut, innezuhalten und hinzuschauen, was uns derartig antreibt – wir sind unzufrieden mit dem, was ist, und unser Verlangen richtet sich auf alles nur Mögliche. Allzu häufig ist Letzteres durch eine Vielfalt von Überzeugungen überdeckt, welche umso hartnäckiger werden, je stärker der zugrunde liegende Wunsch oder Drang ausgeprägt ist.
Dies wird in der ersten Lehre des Buddha dargelegt: „Das Haus steht in Flammen und brennt in den Feuern des Verlangens, des Hasses und der Täuschung. Ein solches Haus ist keine Wohnstätte.“ Und wie ein guter Arzt stellt er die Diagnose: 1) Es gibt diesen grundlegenden Drang; obwohl er aufgrund der Täuschung missverstanden wird, existiert er doch tatsächlich, lässt uns keinen Frieden und führt kurz gesagt zu einem Zustand von Unwohlsein. 2) Die zu Grunde liegende Ursache unseres Unwohlseins ist das unstillbare Verlangen nach etwas. 3) Wie stark dieses Verlangen auch immer sein mag, es kann befriedigt werden – nicht durch Erlangen des gewünschten Gegenstandes, sondern durch Einsicht in den Wunsch selbst. Und eben diese Einsicht in den Wunsch kann erreicht werden durch 4) einen Trainingsweg und das Unternehmen, diesen Weg Schritt für Schritt zurückzulegen.
Als die Vier Edlen Wahrheiten bekannt, bilden sie das Fundament des gesamten Buddhismus, gleich welcher Schule. Sie sind das Leiden, die Ursache des Leidens, die Beendigung des Leidens und der Weg, der zu diesem Ende führt. Um den zukünftigen Gehenden vorzubereiten und seine Schritte zu beschützen, gibt es zwei Voraussetzungen: Reue und Zufluchtnahme. Da beide heutzutage nicht mehr allzu gut ankommen, bedürfen sie der Klärung.
Das Bereuen von etwas, was wissend oder unwissend begangen wurde, hilft mir aus meiner oft ganz unbewusst angenommenen Arroganz heraus, der Haltung von „ich weiß“ oder „wir wissen“. Dieses Wissen wird gleichsam als Gesetz verkündet, als ob wir allwissend wären – was wir mit Sicherheit nicht sind. Reue verweist uns auf unseren Platz zurück und lässt uns erkennen, dass wir nicht die Alleswisser sind, wie wir es von uns glaubten. Darüber hinaus werden wir daran erinnert, dass wir in dieser Welt nicht allein sind, und so kann uns die Reue rücksichtsvoller anderen gegenüber machen, sogar wenn diese „anders“ sind als ich oder wir. Wir lernen also Demut und Toleranz – welche keinesfalls ein Hindernis für klares Sehen sind. Zum ersten Mal können wir dann eine leise Ahnung vom Unterschied zwischen eben dem klaren Sehen und den Verzerrungen eines „Ich-Sehens“ bekommen, welches stets durch meine Vorlieben, Überzeugungen und Meinungen gefärbt ist.
Die Zufluchtnahme wird wirkungsvoller in einem solchen nüchtern gewordenen Zustand. Immer wieder werden wir an den Führer erinnert, den Buddha, der selbst den Weg gegangen ist, und auch an seine Lehren, welche den Weg weisen, den er selbst gegangen ist, und an die Gemeinschaft – gebildet aus Gefährten auf der Pilgerschaft, die einander auf dem Wege hilfreich zur Seite stehen. So rezitieren wir die drei Großen Zufluchtnahmen. „Wir nehmen Zuflucht zum Buddha; wir nehmen zu seiner Lehre Zuflucht; wir nehmen Zuflucht bei denen, die diesen Weg gehen.“
So unterstützt und geführt, können wir sicher „über Ich hinaus“ weiterschreiten, zum Wohle aller Lebewesen, und gelangen in der Klarheit und Wärme unseres menschlichen Herzens wieder nach Hause.
Die Fünf Grundlegenden Anstandsregeln werden gewöhnlich mit den Zufluchtnahmen zusammengenommen, die eigentlich nichts anderes als Richtlinien für normales menschliches Verhalten sind. Grundlegend für den Buddhismus ist, dass es sich dabei nicht um Gebote, kein „du musst“, sondern um Erfordernisse für das Begehen des Buddha-Weges handelt. Es bleibt mir überlassen, ob ich sie annehme. So verspreche ich förmlich, nicht zu töten, zu stehlen, zu lügen, keine Promiskuität auszuüben und keine Rauschmittel zu genießen. Ich mache mich nicht strafbar, wenn mir dies nicht gelingt – natürlich ist das weltliche Recht davon ausgenommen. Aber ich muss unausweichlich die Konsequenzen tragen, wenn ich sie entweder einhalte oder wenn mir dies nicht gelingt – dies wird Karma genannt. Der Begriff „Karma“ ist sehr kompliziert und wird später ausführlicher erörtert. Hier begegnet es uns in seiner einfachsten Form, die leicht als Ursache und Wirkung verstanden werden kann.
Es gibt jedoch noch einen anderen und fast vergessenen Aspekt dieser Zufluchtnahmen. Da ich beispielsweise trotz der starken Versuchung vom Stehlen Abstand nehme, verhindert diese Zurückhaltung nicht nur die unerfreulichen Folgen, einen Diebstahl begangen zu haben, sondern die Zufluchtnahmen halfen mir zugleich dabei, dieser Versuchung zu widerstehen. Sie haben sich so als „humanisierende“ Unterstützung erwiesen. So fördern die Zufluchtnahmen und die damit verbundene willentliche Zurückhaltung innere Stärke, die spirituelle Kraft, nicht den augenblicklichen Impulsen oder den modischen Launen und Gelüsten nachzugeben und daher auch die Kraft, sogar bei ungünstigen Bedingungen meine Pflicht auszuüben, kurz gesagt, mich wie ein vertrauenswürdiger, verantwortlicher und rücksichtsvoller Mensch zu verhalten.
Damit hat dann der Möchtegern-„Entdecker“ das Rüstzeug, den Weg zu betreten, der in der Vierten Edlen Wahrheit skizziert wird. Aber vor dem eigentlichen Gehen tut er gut daran, eine noch genauere Karte zu studieren und Bilanz zu ziehen.
Die Drei Daseinsmerkmale , auch die Drei Kennzeichen der Existenz genannt, finden sich in allem, was existiert. Sie sind Vergänglichkeit, Leiden und Nicht-Ich. Vergänglichkeit ist in dem Sinne zu verstehen, dass sich alles verändert. Die Geschwindigkeit der Veränderung ist unterschiedlich, wie es die Beispiele einer Eintagsfliege und eines Millionen Jahre alten Berges zeigen, nichts hat für immer Bestand. Was zusammengekommen ist, fällt wieder auseinander. „Das Erscheinen und Vergehen“ ist das, was der Buddha seinen Worten zufolge erkannt hat. Wir haben die Tendenz, solche Äußerungen als negativ zu bewerten, aber abgesehen davon, dass sie zutreffend sind, warnen sie uns davor, uns nicht zu stark an irgendetwas zu binden, denn dessen unausweichlicher Niedergang wird uns viel Schmerzen bereiten. Eine frisch erblühte Rosenknospe – wie schön ist sie doch anzuschauen, und wie sie duftet! Wir erfreuen uns an ihr, können sie abpflücken und ins Haus bringen, als Geschenk überreichen oder auf den Altar stellen, wir erwarten jedoch nicht, dass sie beständig so bleibt, nicht wahr? Aber die Tatsache, dass sie in ein paar Tagen verblüht sein wird, vermindert nicht unsere Freude, solange sie blüht. In unserer täglichen Welt mit Tag und Nacht, Sommer und Winter usw. sehen und erleben wir diese Veränderung wohl oder übel. Vielleicht nehmen wir deshalb an – fälschlicherweise, versichert uns der Buddha – dass der Beobachter dieser Veränderung, nämlich „Ich“, eine Entität in sich selbst ist und auch hoffentlich eine beständige. Jedenfalls empfinden wir uns – jedes Ich tut das – als unverletzliche Einheit, klar unterschieden und getrennt von allem sonstigen, umschlossen von einer eigenen Haut – das Innere gehört allein „mir“. In ähnlichem Sinne gehören mir dann auch mein Besitz, meine Eltern, Ehepartner, Kinder, Gesundheit, Haus, Wille usw. So neige „ich“ dazu, in meiner Wertschätzung zu wachsen, und je größer ich werde, umso sicherer fühle ich mich oder glaube, mich so fühlen zu müssen. Tatsächlich jedoch habe ich umso mehr zu verlieren, je größer ich werde, und das führt zu Angst. Deshalb wird jede Art von Verminderung, angefangen beim Verlust von Eigentum bis hin zu Zahnschmerzen, als Verstoß gegen „meine Rechte“, gegen „das, wie es eigentlich sein sollte“ empfunden und als unangenehm und schmerzlich erlebt.
Für all diese Unbeständigkeit kann das gesunde Realisieren, dass nichts von Dauer ist, ein großer Trost sein. Eine alte Geschichte aus Indien kann dies verdeutlichen. Ein Raja, der auf der Höhe seiner Macht angelangt war, rief einen berühmten Goldschmied zu sich und bestellte bei ihm ein Schmuckstück. Dies sollte ihm in widrigen Umständen Trost spenden und zugleich Stolz und Überheblichkeit bei Triumphen von ihm fernhalten. Nach einem Jahr brachte ihm der Künstler einen ganz gewöhnlichen Goldring. Der aufgebrachte König war kurz davor, ihn hinrichten zu lassen, wurde aber gebeten, den Ring genauer anzuschauen. Und in dessen Innenfläche war in schöner Devanagari-Schrift eingraviert: „Es wird vorbeigehen“.
Eine Begleiterscheinung der Unbeständigkeit besteht darin, dass auch ich dieser Veränderung unterworfen bin und nicht für immer hier bin. Dies soll keine Erinnerung an den Tod sein – weit davon entfernt. Der Buddhismus ist keinesfalls eine negative Religion, sondern ist sehr positiv, wie man es der Verkündigung des Buddha entnehmen kann: „Ich lehre das Leiden und den Weg aus dem Leiden heraus“.
Stimmt diese Aussage bei näherer Betrachtung, dass es wirklich kein Ding wie ein unabhängiges Ich gibt? Gibt es ein eigenständiges, kontinuierliches Wesen, abgesondert von allem, was „anders“ ist? Wo ist das Kind geblieben, das mit seinem Lieblingsspielzeug spielte? Wo ist das Spielzeug? Wenn es dem Kind früher so viel bedeutet hat, warum dann jetzt nicht mehr? Kann ich mich an eine Zeit erinnern, als ich das Spielzeug beiseitelegte und sagte: „Ich werde niemals wieder mit dir spielen“? Natürlich nicht – eine solche Zeit gab es nicht. Nur verlor das geliebte Spielzeug beim Heranwachsen seine Anziehungskraft. Nicht verloren ging jedoch die Anziehungskraft selbst, welche sich jetzt an einem Gegenstand festmacht, der für den heranwachsenden Teenager, für seine Zeit und Umgebung geeigneter ist.
Nicht-Ich ist das zweite der Drei Daseinsmerkmale. Für den jetzigen Zeitpunkt belassen wir es dabei, wobei wir aber bemerken, dass ich mir eines „Ich“ nur im Sinne von Mögen und Verabscheuen, Vergleichen und Beurteilen bewusst bin. Wenn ich mich aber mit etwas Interessantem beschäftige, mit einem Hobby oder einem Buch, ist es wahrscheinlicher, dass ich ganz „darin“ oder „dabei“ bin und mich an diesem „Einssein“ erfreue. Dies steht hinter dem Verlangen, „aus mir heraus“ oder „über mich hinaus“ gebracht zu werden. Wir alle sehnen uns nach einem solchen Einssein, welches mit der Befreiung von den Bindungen von „nur ich“ gleichzusetzen ist, so dass wir, als jetzt vollständige menschliche Wesen, an dem teilnehmen können, was ist. Wir müssen aber auf der Hut sein, weil diese Sehnsucht, wenn sie fehlgeleitet ist, stark regressive Züge annehmen kann. Religiöse und kulturelle Richtlinien verleihen diesem Verlangen Gestalt und Form zur weiteren Ausbildung. Wenn solche Vorbilder fehlen, dann strömt ihre Kraft zurück (oft durch künstlich herbeigeführte Rauschzustände – Drogen, „Raves“, New Age-Kulte) in Massenemotionen hinein mit ihren elementaren, unmenschlichen Zügen, die in unserem Zeitalter leider so stark vertreten sind.
Das dritte der Drei Daseinsmerkmale, das Leiden, wird durch eine grundlegende Täuschung verstärkt, die sich dem angeborenen Drang oder der Sehnsucht überlagert. Wie wir es nennen mögen, ob genetisches Gesetz, Erfordernis für Wachstum oder Karma, ist letztlich belanglos. Ob es uns zusagt oder nicht, immer stehen wir unter dem Einfluss dieser Sehnsucht und folgen ihr wohl oder übel, wobei wir unbedingt irgendein „Bild“ von dem benötigen, was ist, oder wonach „wir“ entweder streben oder wogegen „wir“ uns auflehnen! Wir alle verfügen über solche individuellen oder kollektiven Bilder, die wir selbst in Abhängigkeit vom kulturellen Hintergrund, von Erziehung, Zeit und Lebensalter gestalten. Selbstverständlich können wir nicht immer das haben, was wir möchten. Wenn wir aber durch die „Feuer entflammt“ sind und einen Gegenstand oder ein Ziel „außerhalb“ sehen, können wir nicht umhin, uns darum zu bemühen, es uns anzueignen oder einzuverleiben. Dies wird uns dann für immer, wie wir törichterweise glauben, glücklich und zufrieden machen. Tatsächlich ist dieses „Verlangen“ aber unstillbar (daher auch „Leiden“), weil es fehlgeleitet ist. Nichts, was von „außen“ her erworben wird, kann bleibende Befriedigung bringen; es führt unausweichlich dazu, dass wir einer Steigerung, also etwas Besserem, Schnellerem, Größerem usw. hinterherjagen. So fesseln wir uns selbst an unsere Bilder und bleiben hartnäckig an ihnen hängen. Sie sind jedoch alle lediglich Bilder unserer eigenen Schöpfung, also wir selbst. Dies ist die grundlegende Täuschung, unter der wir leiden, das erste Glied in der Zwölfgliedrigen Kette der Bedingten Entstehung. Diese grundlegende Täuschung treibt uns dazu, „uns etwas anzueignen“, entweder durch Besitz des Gegenstandes – Macht; oder indem wir es uns einverleiben – Verlangen. Was wir uns nicht „aneignen können“, fürchten wir und sind bestrebt, es loszuwerden oder zu zerstören.
An sich liegt darin nichts Schlechtes. Diese zwei Kräfte beherrschen das gesamte beseelte Leben. Sie sind weder gut noch schlecht, sie sind einfach da – man stellt sie sich am besten als natürliches Gesetz vor, als Aspekte des immer wiederkehrenden Abwechselns von Schöpfung und Zerstörung, Entstehen und Vergehen. Die großartigen Tierfilme, die wir im Fernsehen anschauen können, zeigen diese Aspekte des beseelten Lebens sehr klar. Wir können uns auf die Seite des hungrigen Löwen stellen, der selbst nur noch Haut und Knochen ist, es mit letzter Kraft geschafft hat, eine schöne saftige Gazelle zu erbeuten – oder mit der Gazelle bei ihrem letzten Stöhnen sympathisieren, bevor der Löwe sie verschlingt. Das natürliche Gesetz hält beide im Gleichgewicht.
Aber wir Menschen haben ein Bewusstsein entwickelt und uns nach westlich religiöser Anschauung durch Ungehorsam aus dieser natürlichen Unschuld herauskatapultiert. Nur auf uns selbst zentriert und mit Vorurteil belastet ergreifen wir Partei und begründen unser Urteil mit dem, was für uns gut oder schlecht ist, und sind dadurch an etwas für uns Nützliches, Richtiges oder Wünschenswertes usw. gebunden. Wir haben uns also selbst aus dem Paradies vertrieben, wo sich der Löwe tatsächlich mit dem Lamm niederlegt, wenn sein Magen übervoll ist, wo aber auch das Lamm gut daran tut zu fliehen, wenn es einem hungrigen Löwen auf der Pirsch begegnet.
So stützen sich unsere Urteile auf Meinungen, welche unterschiedliche und gegensätzliche „Bilder“ hervorrufen, wodurch unausweichlich ein Zwist entsteht. Da solche Konstrukte zudem noch dazu neigen, „unerreichbar“, d.h. unrealistisch zu sein und lediglich Bilder des Verstandes sind, fühlen wir uns betrogen und unglücklich. Kurz gesagt, wir leiden unter unserem mutmaßlichen Versagen, diese ausgedachten Gegenstände zu erlangen oder loszuwerden, die unsere Wünsche oder Ängste bildlich darstellen. Ein solches Leiden ist schwer und im menschlichen Leben häufig anzutreffen. Es stellt das dritte der Drei Daseinsmerkmale dar. Buddhistisch ausgedrückt besteht Leiden darin, „nicht das zu haben, was man wünscht, das zu haben, was man nicht wünscht, getrennt zu sein von dem, was man schätzt und mit etwas Unerwünschtem zusammen zu sein“.
Wenn man jetzt die erste der Vier Edlen Wahrheiten betrachtet, dann bildet das Leiden im menschlichen Zustand eine Konstante. In den buddhistischen Lehren wird das Anhaften als Ursache des Leidens angesehen, wodurch wir getäuscht werden und nicht klar sehen. Unsere Sichtweise ist durch einen Schleier von „Bildern“ getrübt.
Der Buddha zeigte, dass die Prämisse, auf der unsere Vorlieben und Abneigungen beruhen, falsch ist, da „Ich“ lediglich eine Fiktion ist, und dass es tatsächlich nur ein ständig sich veränderndes Bündel oder eine Kombination der Fünf Aggregate (Skandha) gibt – Körper, Gefühl, Wahrnehmung, willentliche Gedankengebilde und Bewusstsein. „Ich“ wird lediglich als ein Gedanke ohne Substanz oder Beständigkeit angesehen. So stürzt das ganze Kartenhaus von missverstandenen Ansichten und Meinungen bei der Erkenntnis in sich zusammen, dass „meine“ Anhaftungen nur möglich sind, weil „Ich“ mich selbst als Entität verstehe, die in etwa gottähnlich ist, also tatsächlich einer Art von Allmachtskomplex entspricht! Die Buddha-Lehre von Nicht-Ich zeigt, dass „mein“ Leiden durch Anhaften an Dinge verursacht wird, die unbeständig und veränderlich sind, und es daher tatsächlich grundlos ist.
Im Buddhismus ist von sechs Sinnen die Rede, wobei Denken der sechste ist. Jedes Sinnesorgan hat sein entsprechendes Bewusstsein, um das Gewahrsein eines Gegenstandes auszulösen. Das Auge sieht Form und Farbe, das Ohr hört Geräusche usw. Ein jeder dieser fünf körperlichen Sinne verfügt über ein eigenes Bewusstsein. Und der sechste Sinn, das Denken, hat auch sein eigenes Bewusstsein, nämlich das des Denkens. Diese sechs Sinne bilden gemeinsam das Sinnesbewusstsein, das letzte der Fünf Aggregate. Von diesen sind die ersten drei unserem Verständnis leicht zugänglich. Es gibt den physischen Körper oder die Materie; dann folgen die sinnlichen Wahrnehmungen und Gefüh...
Inhaltsverzeichnis
- Hinweise
- Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Kapitel I: Der Buddha
- Kapitel II: Die Lehren
- Kapitel III: Das Lebensrad
- Kapitel IV: Die Paramitas
- Kapitel V: Die Praxis des Buddhismus
- Kapitel VI: Meditation
- Kapitel VII: Schlussfolgerungen
- Impressum