Tiroler Heimat 84 (2020)
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Tiroler Heimat 84 (2020)

Zeitschrift für Regional- und Kulturgeschichte Nord-, Ost- und Südtirols

  1. 422 Seiten
  2. German
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Tiroler Heimat 84 (2020)

Zeitschrift für Regional- und Kulturgeschichte Nord-, Ost- und Südtirols

Über dieses Buch

Die "Tiroler Heimat" ist die traditionsreichste wissenschaftliche Zeitschrift, die sich der Geschichte und Kultur der historischen Region Tirol widmet. Die Zeitschrift wurde 1920 vom Historiker und Volkskundler Hermann Wopfner begründet, um nach der kurz zuvor erfolgten Grenzziehung, die Tirol teilte, die kulturhistorische Verbindung zwischen den Landesteilen aufrechtzuerhalten. Als Jahrbuch für Geschichte und Volkskunde sollte die "Tiroler Heimat" Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern grenzüberschreitend die Möglichkeit bieten, ihre historischen und ethnologischen Studien zur Tiroler Landesgeschichte vorzustellen. Der Themenschwerpunkt hat sich seither ausgedehnt und umfasst im weitesten Sinne Beiträge zu Geschichte und Kultur Nord-, Ost- und Südtirols. Methodische und inhaltliche Vielfalt sowie ein hoher wissenschaftlicher Standard, der Landes- und Regionalgeschichte in einen überregionalen, europäischen Rahmen einbettet, kennzeichnen die Arbeitsweise. Jeder Band enthält zudem einen ausführlichen Besprechungsteil, in dem aktuelle Publikationen mit Tirolbezug rezensiert werden.IIm 84. Band begibt sich Jubilar Josef Riedmann auf eine Reise ins Tirol des Jahres 1428, die ihn u.a. zu den vermeintlichen Ursprüngen des Zillertaler Gauderfestes führt, während Barbara Denicolò Essen und Trinken am zeitgenössischen Hof Herzog Friedrichs IV. darstellt. Daneben gibt es Beiträge zur neueren Geschichte Tirols, darunter eine Analyse der medialen Darstellung von Tiroler Frauen in Stadt und Land während und kurz nach dem Ersten Weltkrieg.Der Schwerpunkt des Hefts ist diesmal dem Thema "Fremderziehung" gewidmet. Behandelt werden u.a. die Debatten um die ersten Kindergärten in Tirol um 1900, aber auch die Sammeldeportation von Insassen aus dem Milser St. Josefs-Institut nach Schloss Hartheim im Rahmen der Aktion T4 im Nationalsozialismus.INHALT VON BAND 84/2020Josef Riedmann: Eine Reise durch Tirol im Jahre 1428. Mit einem Exkurs über die Ursprünge des Gauderfest in Zell am ZillerBarbara Denicolò: Essen und Trinken am Hof Friedrichs IV.Tobias Pamer: "wan(n) das ewr gnad horen wil" – Der Rotulus des Peter von Spaur. Ein Zeugnis zur kriegerischen Auseinandersetzung und politischen Kommunikation der Spaurer FehdeElena Taddei: Vom Trentino über Tirol an den Kaiserhof: Die steilen Hofkarrieren von Dario und Ferdinando Castelletti, Herren von Nomi als Beispiel für Eliten am fürstlichen Hof – Forschungsaufriss und -desideratumFlorian Messner: Der Henker und sein Richtschwert. Ein einschneidender Aspekt des Tiroler Strafvollzuges in der NeuzeitHansjörg Rabanser: "Sonders hab ich nicht leicht was schöners gesehn […]"– Die Reise von Andreas Alois Dipauli von Pavia in die Heimat (1785)Isabella Brandstätter: Frauen in Tirol in Stadt und Land 1916 bis 1925: Eine PrintmedienanalyseThemenschwerpunkt Fremderziehung: Ulrich Leitner: Einführung in den ThemenschwerpunktDaniela Steinberger: Außerfamiliäre Kleinkinderbetreuung um 1900. Der Tiroler Kulturkampf und die Entstehung erster Kindergärten am Fallbeispiel TelfsElisabeth Gruber: Euthanasie in Tirol: Die Sammeldeportation vom Milser St. Josefs-Institut zur Euthanasietötungsanstalt HartheimUlrich Leitner: Wiedererzählen als Erinnerungspraktik. Mehrfacherzählungen und ihre erinnerungs- und gedächtnispolitische Relevanz in der Aufarbeitung der HeimgeschichteForum

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Besprechungen

Maximilian 1. Aufbruch in die Neuzeit. Hofburg Innsbruck 15.05.–12.10.2019, hg. von MONIKA FRENZEL / CHRISTIAN GEPP / MARKUS WIMMER, Haymon, Innsbruck 2019. ISBN 978-3-7099-3462-3, 296 S., zahlr. Abb.
Maximilianus. Die Kunst des Kaisers. Schloss Tirol 2019, hg. von LUKAS MADERSBACHER / ERWIN POKORNY in Kooperation mit dem Südtiroler Landesmuseum für Kultur- und Landesgeschichte Schloss Tirol, Deutscher Kunstverlag, Berlin/München 2019. ISBN 978-3-422-98038-9, ISBN 978-88-95523-12-5, 279 S., zahlr. Abb.
Von den vielen Ausstellungen, die, besonders in Österreich, anlässlich des 500. Todestags von Kaiser Maximilian I. gezeigt wurden, verdienen in Tirol zwei besondere Aufmerksamkeit, nämlich die umfassende Gesamtschau in der Innsbrucker Hofburg mit dem aufgrund des längst bestehenden Bildes kaum anders zu erwartenden Untertitel Aufbruch in die Neuzeit und die Fokussierung eines Teilaspekts, der kreativen Seite des Herrschers, auf Schloss Tirol mit dem Zusatz Die Kunst des Kaisers. Der Begriff Kunst ist hier in seiner Mehrdeutigkeit zu sehen, denn er bezeichnet nicht kreative Akte allein, sondern steht auch für eine Fertigkeit, im gegenständlichen Fall: sich selbst zu inszenieren. So gesehen, wird also auch hier nicht der bekannte letzte Ritter, sondern ein Mensch der Neuzeit – um nicht zu sagen: der Moderne – präsentiert. Zu beiden Ausstellungen erschienen sorgfältig gearbeitete Kataloge, die in einem ersten Teil, jeweils in Gestalt kürzerer Aufsätze zu diversen Teilbereichen, zur Gesamtthematik hinführen und in einem zweiten Teil die Botschaft der jeweiligen Schau durch facettenreiche Beschreibungen der einzelnen Objekte auf Dauer sichern. Die Beiträger, mehrheitlich Historiker und Kunsthistoriker aus Deutschland und Österreich, allesamt ausgewiesene Experten im jeweiligen Teilbereich, kommen, was besonders für die Schau in der Hofburg gilt, teilweise aus der klassischen Schule Hermann Wiesfleckers, nicht wenige stehen aber auch für neue Forschungsansätze.
Im Innsbrucker Katalog stellt MANFRED HOLLEGGER den Herrscher zunächst in den Kontext einer Zeit, in der die politischen Kräfte in Europa neu austariert werden mussten, wobei ein tiefgreifender Wertewandel sichtbar wird. Die Förderung sozialer Aufsteiger verlief bei Maximilian parallel zu einer Selbstinszenierung großen Stils, bei der ihm nicht zuletzt seine Sprach- und Schreibfertigkeit zugutekamen. Solches kennt man aus der heutigen Zeit gleichermaßen wie den von KARL SCHÜTZ beschriebenen Einsatz von Medien zur Vergegenwärtigung, Propagierung und Rechtfertigung der eigenen Projekte; hier ist auch der Rahmen für eine konzise Deutung bekannter Maximilian-Porträts, besonders von Bernhard Strigel und Albrecht Dürer, gegeben. Kuratorin MONIKA FRENZEL greift ebenfalls ein bekanntes Thema auf, die Einflüsse des burgundischen Hofes, in den Maximilian durch seine erste Gemahlin Eingang fand, auf sein Verhältnis zur Kunst (mit den Schwerpunkten Tafelbild, Tapisserie, Sepulkralkunst und Ahnenkult) – von der Selbstdarstellung und -inszenierung ganz zu schweigen. Das burgundische Vorbild wirkte außerdem in den Hofämtern und in der Verwaltung. Ein weiterer Beitrag derselben Verfasserin würdigt dieses einzigartige, zwischen Frankreich und dem Reich zu verortende politische Gebilde mit Blick auf die dort entfaltete höfische Pracht, ihrerseits Ausdruck ehrgeiziger politischer Pläne der Herzöge, aber auch als Geburtsstätte des Ordens vom Goldenen Vlies im Jahr 1420. Eine konzise Zusammenfassung dessen, was man über diese in der Tradition der geistlichen Ritterorden stehende, hehre Ideale kultivierende Gemeinschaft wissen sollte, bietet MARCO FREEK. Maximilian, aufgenommen im Jahr 1478, hatte als Österreicher zunächst eine schwere Position gegenüber den burgundischen Rittern, ja selbst gegenüber seinem Sohn Philipp gehabt, es gelang ihm aber, sich in einer Weise zu behaupten, die es möglich machte, dass der Orden in den Jahrhunderten nach ihm zu einem prägenden Element österreichisch-habsburgischen Selbstverständnisses wurde, das nicht zuletzt im spanischen Hofzeremoniell weiterlebte. Mit einem Teilaspekt des höfischen Zeremoniells, für das ebenfalls aus Burgund wichtige Anregungen kamen, befasst sich ANNETTE AHRENS: Vom Tafelsilber ausgehend, identifiziert sie öffentliche Schaubuffets als politische Machtdemonstrationen (interessant insbesondere die etymologische Herleitung des in gutbürgerlichen Häusern geläufigen Wortes Kredenz von credere, vertrauen).
Es folgen Ausführungen zur Hofburg selbst, dem unter Maximilian zwar weder initiierten noch vollendeten, aber doch gezielt ausgebauten Innsbrucker Wohn- und Herrschaftssitz. NICOLE RIEGEL, PETRA MAYRHOFER, MARKUS WIMMER und REINHARD MUNZEL rekurrieren auf schriftliche, archäologische und bildliche Quellen bzw. erläutern den Einsatz alternativer Methoden wie geophysikalische Prospektion und Dendrochronologie, schließlich sogar den Versuch digitaler Rekonstruktion der Situation unter Maximilian: Das letztere Unternehmen diene gerade bei einer so komplexen Gesamtsituation nicht nur der Veranschaulichung, sondern sei auch als „wissenschaftlicher Härtetest“ (S. 59) geeignet.
Drei weitere Beiträge, allesamt aus weiblicher Feder, rücken bedeutende Frauen aus Maximilians engstem Umfeld ins Blickfeld. Seine zweite Gemahlin, Bianca Maria Sforza, deren Brautschatz im Spätmittelalter an Reichtum nicht oft übertroffen wurde, ist für CHRISTINA ANTENHOFER der Aufhänger für allgemeine Überlegungen zum heuristischen Wert der Sachkultur, über die am Innsbrucker Hof auch der Weg zum Verständnis des dort herrschenden Klimas führte, während CHRISTINA LUTTER, ausgehend von den allgemeinen Spielregeln der Zeit, die politische Bedeutung der adligen Frau in den Blick nimmt. Die Analyse stützt sich auf den Vergleich mit Maximilians erster Gemahlin, Maria von Burgund, und der gemeinsamen Tochter Margarete von Österreich, welch Letztere später ihren Vater in den Niederlanden als Regentin vertrat. In diesen 12 Jahren (1507–1519) kommunizierten die beiden in insgesamt 667 Briefen, bei deren Analyse DAGMAR EICHBERGER nicht so sehr Themen wie Krieg/Frieden, Diplomatie oder Ämterbesetzungen, sondern vornehmlich Privates, wie Gesundheit/Krankheit/Tod, die Erziehung der Kinder oder den zwischen Vater und Tochter herrschenden Umgangston in den Blick nimmt.
Eine weitere Trias von Aufsätzen würdigt den König/Kaiser im zeitgenössischen Wirtschaftssystem. Dass die Stadt Innsbruck durch Maximilian einen rasanten Aufschwung erlebte, der sie auch als „Wirtschaftsstandort“, so die heutige Sprache, aufwertete, ruft CHRISTIAN GEPP in konziser Form in Erinnerung. Der hierbei gesetzte Schwerpunkt, der Maximilians persönlichen Neigungen in hohem Maße entsprach, nämlich die Plattnerei (einschließlich des sozialen Aufstiegs der in dieser Branche tätigen Personen), wird von MATTHIAS PFAFFENBICHLER vorgestellt. Die wirtschaftlichen Voraussetzungen schuf sich der König/Kaiser durch den Schulterschluss mit mächtigen Unternehmern, wie den Gossembrot oder den Fugger aus Augsburg; die letztere Familie, so WOLFGANG WALLENTA, war aufgrund ihrer Finanzkraft derart mächtig, dass sie auch bei politischen Entscheidungen von höchster Tragweite, bis hin zu Kaiserwahlen bzw. dem Verhältnis zum Heiligen Stuhl, eine Schlüsselrolle spielte.
Andere Teilbereiche der Politik, Diplomatie einerseits und das Arrangement von Ehen im Kontext blutiger Kriege andererseits, sind das Thema der Beiträge von STEFANIE HEIM und MAXIMILIAN KRÜGER: Sigmund Freiherr von Herberstein legte als habsburgischer Diplomat in Russland ähnliche charakterliche Grundmuster an den Tag wie sein Prinzipal, und in Maximilians Beziehungen zum Herzogtum Bretagne rückt ein wenngleich weniger bekanntes Pendant zu Burgund in den Blick, das aber insofern auch langfristig die Aufmerksamkeit der Historiker verdient, als ein dort aufgekommener Konflikt in den 1480er-Jahren den Beginn eines bis zum sogenannten Renversement des alliances um die Mitte des 18. Jahrhunderts sehr schwierigen Verhältnisses der Habsburger zu Frankreich markierte.
Maximilians Rolle in geistig-religiösen Belangen thematisieren MARIANNE OBERLADSTÄTTER mit einem Beitrag zur Antikenrezeption zum Zweck der Herrscherhuldigung und, davon ausgehend, ganz allgemein zur Rolle des Humanismus, und INGE WIESFLECKER-FRIEDHUBER, die auf dem Weg der Analyse kurzer, kopial überlieferter Aufzeichnungen von seiner Hand die tragenden Säulen von Maximilians Religiosität identifiziert: ein ausgeprägtes Sündenbewusstsein sowie den Glauben an die Kraft des Gebetes und die Fürsprache der Heiligen, weniger die Bedeutung guter Werke und der Leistung. Kaum Berührungspunkte hiermit ergeben sich aus ALEXANDER KOLLERS Analyse seiner Beziehungen zu den Päpsten, insgesamt immerhin fünf (Innozenz VIII., Alexander VI., Pius III., Julius II., Leo X.). Auf dieser Ebene agierte Maximilian höchst selbstbewusst, ausschließlich als Politiker (nicht zuletzt vor dem Hintergrund der notorischen Rivalität zu Frankreich), so sehr auf Augenhöhe mit den Nachfolgern Petri, dass er 1511 daran dachte, auch selbst diese Rolle einnehmen zu können.
Am Ende der Beitragsriege stehen Ausführungen, die dem Nachwirken des Kaisers bis zum heutigen Tag gewidmet sind, nämlich über die berühmte, politisch höchst aussagekräftige Ehrenpforte, den größten Holzschnitt der klassischen Kunstgeschichte, in dem Maximilians Drang zur Selbstdarstellung und die Bedeutung der Memoria in seinem Denken kulminierte (THOMAS SCHAUERTE), über die bekanntermaßen enge Beziehung zu Tirol (SABINE WEISS) und über bereits im 16. Jahrhundert aufgekommene Überlegungen zur Rückführung von Maximilians Leichnam von Wiener Neustadt nach Innsbruck, die durch die alliierten Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg neuerlich wachgerufen wurden. Hier ging es um das Spannungsfeld zwischen dem, was der Kaiser in seinem Testament explizit verfügt hatte, und dem, was er in seinem publizistischen Programm indirekt kommunizierte. Die Ereignisse orientierten sich schließlich am Buchstaben, die Innsbrucker Ausstellung aber holte den Herrscher im Geiste „retour“, ohne Fragezeichen, so das unmissverständliche gleichsam „letzte Wort“ der Projektleiter MARKUS WIMMER und CHRISTIAN GEPP.
Viele der genannten Autorinnen und Autoren (und weitere) erstellten auch die Texte für den anschließenden Katalog, der das auf 22 Orte/Räume angelegte Gesamtkonzept der Ausstellung abbildet. Dass es schwer ist, in der Anordnung ein eindeutiges Kriterium zu erkennen, soll keineswegs als Manko angesprochen werden. Vielmehr verbirgt sich dahinter eine kulturpolitische Grundsatzentscheidung, die in einer Zeit schwindender Allgemeinbildung, auch in den Reihen gesellschaftlich führender Kreise, keineswegs abwegig ist, nämlich einen prägenden Gesamteindruck zu vermitteln, und dieser ist in der gebotenen Form fraglos treffend. Präsentiert wird eher der in die Neuzeit aufbrechende Fürst als der (im allgemeinen Bewusstsein vielleicht bekanntere) letzte Ritter, und dies gelingt nicht zuletzt durch ein über seine Person hinausgehendes Ausleuchten der Epoche, wie beispielsweise durch die Einbeziehung von Objekten wie des französischen Rosenromans (06-17) oder des Behaim-Globus (05-02). Die wichtigsten „klassischen“ Maximilian-Themen (mit Ausnahme der mächtig im Raum stehenden Reichsreform) sind in den Räumen aber gleichwohl präsent, überlagert von biographischen Etappen: Selbstdarstellung, Kriegstechnik, Politik und Privatleben, Kindheit und Jugend, Burgund, die Freude am Turnier, der Orden vom Goldenen Vlies, Landsknechte, Kriegspropaganda und Waffenproduktion, Jakob Fugger, Bianca Maria Sforza und das Hofleben, das Ambraser Heldenbuch, Expeditionen, die Innsbrucker Residenz, Memoria im weitesten Sinn und der Innsbrucker Kenotaph, Humanismus, europäische Heiratspolitik, der Triumphzug, Krankheit und Tod.
Die Objekte konnten dank der Großzügigkeit der Republik Österreich, die hinter der Burghauptmannschaft Österreich als für die Innsbrucker Hofburg letztverantwortliche Einrichtung steht, aus aller Welt bezogen werden, nicht nur aus den obligaten Wiener Sammlungen, sondern auch aus New York, Washington, London, Paris oder dem Vatikanischen Geheimarchiv. Neben den bekannten, zu erwartenden Künstlernamen, allen voran Albrecht Dürer, finden sich auch Größen der jüngeren Kunstgeschichte, wie Peter Paul Rubens (03-01). Die Ausstellung ist mit hohem technischen Aufwand konzipiert, bis hin zu digitalen Inszenierungen. Die diesbezüglichen Optionen sind schon per se Botschaft, wie überhaupt das Superlativische in jeder Hinsicht: Sie machen Affinitäten zwischen Maximilian und heutigen Erfolgsmenschen sichtbar; selbst die Rahmenbedingungen werden vergleichbar. An der Aufmachung des Katalogs könnten sich die Geister allerdings scheiden: Ist die Dominanz (allzu) greller Farben Abbild einer entschlossen, um jeden Preis nach vorne drängenden Persönlichkeit, spiegelt sie gar die Ablösung hehrer Ideale durch aggressiv-vulgäre Kräfte wider, die ein breites Publikum schätzt?
Eine solche Frage drängt sich dem Besucher der Maximilian-Ausstellung auf Schloss Tirol nicht auf; der Katalog vermittelt den Gesamteindruck von Eleganz. Die in nur drei Räumen untergebrachte Schau nahm ein in Innsbruck freilich ebenfalls angesprochenes Segment aus dem Wirken des Herrschers in den Blick, nämlich seine kreative Seite. Das Programm spricht nicht in erster Linie breite Kreise an (auch wenn es diese, natürlich, in Staunen versetzt), sondern eher Fachleute, denen es in seinem Facettenreichtum und im Tiefgang der Analyse Neues erschließt. Auch hier stellte der bereits erwähnte Triumphzug einen Angelpunkt dar: Die Präsentation desselben – und weiterer Zeugnisse der Selbstdarstellung – stünden, so das einleitend von LUKAS MADERSBACHER und STEFAN POKORNY prägnant erläuterte Gesamtkonzept, für die Medienrevolution unserer Tage. Ein personeller Nexus zur Innsbrucker Ausstellung ergab sich durch Beiträge von THOMAS SCHAUERTE und MANFRED HOLLEGGER, bei Ersterem, wenngleich mit anderen Schwerpunkten, auch durch das Thema, die Ehrenpforte. Letzterer hingegen versuchte dieses Mal, über die Notizen in Maximilians Gedenkbüchern dessen Interessen zu erkunden: Jagd, Bauwesen, Rüstung, Geschichte/Kultur/Memoria, Verwaltung, Essen/Trinken (Naturmedizin), auch sein Faible für Heldenepik.
Die Beiträge kreisen um die Bereiche Druckgrafik und andere bildende Künste einerseits und Literatur andererseits. ALEXANDER KAGERER schreibt die mediale Darstellung dem Willen zur Schaffung von Omnipräsenz und zur Sicherung der historischen Bedeutung zu. CHRISTOF METZGER stellt die über 500 in der Albertina erhaltenen Druckstöcke vor, ein selten wahrgenommenes Thema, das die ansonsten vergessenen Formschneider zu Ehren kommen lässt. Durch sein Interesse an späteren Erwähnungen derselben leistet er zugleich einen Beitrag zur Rezeptionsgeschichte. LARRY SILVER sieht Maximilians Bemühen um Selbstdarstellung in einem bereits gegebenen europäischen Kontext (Kaiser Karl IV., Karl der Kühne von Burgund) und akzentuiert den Zusammenhang von Macht und Medien. Dementsprechend heben ANJA EISENBEISS und EVA MICHEL in ihren Ausführungen über die Porträts bzw. den Triumphzug die aktive Anteilnahme des Kaisers an der Entstehung der Werke hervor. Dies macht verständlich, warum Maximilian keinen Wert darauf legte, einen festen Stab an Künstlern mit markantem Profil um sich aufzubauen, sondern sich verschiedener Kräfte, jeweils vor Ort, bediente, wie GUIDO MESSLING erläutert. An den literarischen Arbeiten zu seiner Person, deren Entstehungsprozess der Kaiser sorgfältig begleitete, beobachteten STEPHAN MÜLLER und DENNIS WEGENER, dass er häufig mittelmäßige Künstler bevorzugte, um sich Eingriffsmöglichkeiten offenzuhalten. Darüber hinaus liegt der Wert des Aufsatzes darin, dass die mittelalterliche Auffassung von Autorschaft erläutert wird, die von der heutigen stark abwich: Der Anspruch auf Originalität trat hinter das Verlangen nach Inspiration zurück, und die Arbeit in Werkstätten ist als permanenter Dialog aller Beteiligten zu begreifen. Maximilian war darauf bedacht, dass regelmäßig mit ihm Rücksprache gehalten werde, wie ein Fragbuch zeigt. MARIA THEISEN, STEFAN KRAUSE und SUSANN KRETSCHMAR bestätigen dies in jeweils gesonderten, im Ergebnis aber einheitlichen Ausführungen zu den Schriften zur Genealogie, zum Freydal, dem literarischen Alter Ego Maximilians, bzw. zum Weißkunig. So überrascht es nicht, wenn ANDREAS ZAJIC in einer subtilen paläographischen Analyse der vielen von Maximilian erhaltenen Zeugnisse eigenhändiger Schriftlichkeit aus verschiedenen Situationen individuelle Merkmale und mehrere Schreibniveaus ortet. Seine Überlegungen zu den Gründen für die Eigenhändigkeit decken sich in Vielem mit dem, was Manfred Hollegger am Beginn des Innsbrucker Katalogs feststellte, nämlich, abgesehen vom Willen, auch spontane Einfälle festzuhalten bzw. dem Empfänger besondere Ehre zu erweisen, auch die Absicht, manches vor den Sekretären geheim zu halten. So dominiert also auch in der Tiroler Schau – trotz der „ritterli...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Inhaltsübersicht
  4. Editorial
  5. Eine Reise durch Tirol im Jahre 1428.
  6. Mit einem Exkurs über die Ursprünge des Gauderfestes in Zell am Ziller
  7. Die Versorgung des landesfürstlichen Hofs in Innsbruck unter Friedrich IV von Tirol
  8. „wann das ewr gnad horen wil“. Der Rotulus des Peter von Spaur.
  9. Ein Zeugnis zur kriegerischen Auseinandersetzung und politischen Kommunikation der Spaurer Fehde
  10. Vom Trentino über Tirol an den Kaiserhof: Die Hofkarrieren der Castelletti, Herren von Nomi, als Beispiel für Eliten am fürstlichen Hof im 16. und 17. Jahrhundert.
  11. Forschungsaufriss und -desideratum
  12. Der Henker und sein Richtschwert.
  13. Ein einschneidender Aspekt des Tiroler Strafvollzuges in der Neuzeit
  14. „Sonders hab ich nicht leicht was schöners gesehn [...].“
  15. Die Reise von Andreas Alois Dipauli von Pavia in die Heimat (1785)
  16. Frauen in Tirol in Stadt und Land 1916 bis 1925:
  17. Eine Printmedienanalyse
  18. Einführung
  19. Außerfamiliäre Kleinkinderbetreuung um 1900.
  20. Der Tiroler Kulturkampf und die Entstehung erster Kindergärten am Fallbeispiel Telfs
  21. Die Sammeldeportation vom Milser St.-Josefs-Institut zur Euthanasietötungsanstalt Hartheim.
  22. Ein Beitrag zur Euthanasie in Tirol
  23. Wiedererzählen als Erinnerungspraktik. Mehrfacherzählungen und ihre erinnerungs- und gedächtnispolitische Relevanz in der Aufarbeitung der Heimgeschichte
  24. 100 Jahre Regionalgeschichtsforschung im historischen Tirol.
  25. Projektskizze
  26. Univ.-Prof. Dr. Josef Riedmann zum 80. Geburtstag
  27. Besprechungen
  28. Maximilian 1. Aufbruch in die Neuzeit. Ausstellung Hofburg Innsbruck 2019, hg. von Monika Frenzel / Christian Gepp / Markus Wimmer. - Maximilianus. Die Kunst des Kaisers, Ausstellung Schloss Tirol 2019, hg. von Lukas Madersbacher / Erwin Pokorny
  29. Sabine Weiss, Maximilian I. Habsburgs faszinierender Kaiser. – Kaiser Maximilian I. Tirol, Österreich, Europa 1459–1519, hg. von Michael Forcher / Christoph Haidacher
  30. Kaiser Maximilian und das Ambraser Heldenbuch, hg. von Mario Klarer (SIEGRID SCHMIDT)
  31. Innichen im Früh- und Hochmittelalter. San Candido dall’alto Medioevo al Duecento. Akten der internationalen Tagung Innichen 2019. Atti del Convegno internazionale San Candido 2019, hg. von Gustav Pfeifer
  32. Das größere Salzburg. Salzburg jenseits der heutigen Landesgrenzen, hg. von Fritz Koller / Erich Marx / Franz Wieser
  33. Lukas Wolfinger, Die Herrschaftsinszenierung Rudolfs IV. von Österreich
  34. Die römische Kurie und das Geld. Von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis zum frühen 14. Jahrhundert, hg. von Werner Maleczek
  35. Tiroler Burgenbuch. XI. Band: Nordtiroler Unterland, hg. von Julia Hörmann-Thurn und Taxis unter Mitarbeit von Désirée Mangard
  36. Adelina Wallnöfer, Die politische Repräsentation des gemeinen Mannes in Tirol. Die Gerichte und ihre Vertreter auf den Landtagen vor 1500
  37. Luther und Tirol. Religion zwischen Reform, Ausgrenzung und Akzeptanz. Ausstellungskatalog Schloss Tirol 2017, hg. von Leo Andergassen
  38. Francesca Brunet, “Per essere quest’ufficio la chiave dell’Italia e Germania ...” La famiglia Taxis Bordogna e le comunicazioni postali nell’area di Trento e Bolzano (XVI–XVIII). „Da dieses Amt der Schlüssel für Italien und Deutschland ist ...“ Die Familie Taxis Bordogna und die Postverbindungen im Raum Trient und Bozen vom 16. bis zum 18. Jahrhundert
  39. Das Mausoleum von Erzherzog Johann in Schenna, hg. von Franz Spiegelfeld
  40. Anna Grillini, La guerra in testa. Esperienze e traumi di civili, profughi e soldati nel manicomio di Pergine Valsugana
  41. Francesco Frizzera, Cittadini dimezzati. I profughi trentini in Austria-Ungheria e in Italia (1914–1919)
  42. „Wir gehen furchtbar ernsten Zeiten entgegen.“ Die Tagebuchaufzeichnungen von Markus Graf Spiegelfeld aus den Jahren 1917–1923, hg. von Matthias Egger
  43. La storia va alla guerra. Storici dell’area trentino-tirolese tra polemiche nazionali e primo conflitto mondiale, hg. von Giuseppe Albertoni / Marco Bellabarba / Emanuele Curzel
  44. Azra Bikic / Laurence Cole / Matthias Egger / Lukas Fallwickl / Angelica Herzig, Schwere Zeiten. Das Tagebuch des Salzburger Gemischtwarenhändlers Alexander Haidenthaller aus dem Ersten Weltkrieg
  45. Andreas Micheli, „... Heimat, die doch meine Heimat nicht ist ...“ Der deutsch-jüdische Schriftsteller und Arzt Richard Huldschiner
  46. Claudia Rauchegger-Fischer, „Sind wir eigentlich schuldig geworden?“ Lebensgeschichtliche Erzählungen von Tiroler Frauen der Bund-Deutscher-Mädel-Generation
  47. Peter Pirker, Codename Brooklyn. Jüdische Agenten im Feindesland. Die Operation Greenup 1945. Mit einem Fotoessay von Markus Jenewein
  48. Hans Heiss / Stefan Lechner, Erich Amonn. Bürger, Unternehmer, Politiker 1896–1970
  49. Thomas Jehle, Die auswärtige Kulturpolitik des Freistaates Bayern 1945–1978
  50. Horst Schreiber, Gedächtnislandschaft Tirol. Zeichen der Erinnerung an Widerstand, Verfolgung und Befreiung 1938–1945
  51. Brigitte Mazohl / Rolf Steininger, Geschichte Südtirols
  52. Sebastian De Pretto, Im Kampf um Geschichte(n). Erinnerungsorte des Abessinienkriegs in Südtirol
  53. Archive in Südtirol / Archivi in Provincia di Bolzano. Geschichte und Perspektiven / Storia a prospettive, hg. von Philipp Tolloi
  54. Lost &Found. Archäologie in Südtirol vor 1919. Archeologia in Alto Adige prima del 1919, hg. von Günther Kaufmann / Andreas Putzer
  55. Abstracts
  56. Autorinnen und Autoren dieses Bandes
  57. Impressum