Kursbuch 197
  1. 192 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub

Über dieses Buch

Grün ist die Hoffnung. Du bist noch grün. Grün ist die Mitte. Alle wollen grün sein. Die grüne Technologie. Grüne Lungen der Städte. Grün ist das Leben. Grüngürtel. Grüne Energie. Die grüne Revolution. Bei Grün fahren wir. Grüner Kraftstoff. Grünkost. Grünzonen. Alles im grünen Bereich. Grünzeug. Grün ist die Farbe der Stunde. Nicht Giftgrün, sondern Grün. Sie klingt fast immer als Erlösung, zumindest als Lösung, wenigstens als harmonischer Horizont. Warum ist Grün die Farbe der Zeit, warum will alles grün sein, und warum sind das Grün selbst und die grüne Metapher so erfolgreich? Dieses Kursbuch kündigt kein blaues Wunder an, sondern spürt der grünen Revolution nach. Mit Beiträgen unter anderem von Peter Unfried, der erklärt, wieso Deutschland überhaupt keine ökologische Partei hat und brand eins Gründer Wolf Lotter, der die Grünen auffordert, endlich ihre Rückwärtsgewandtheit zu überkommen. Kulturwissenschaftlerin Mareike Vennen wagt sich an einige Episoden der Naturgeschichte der Stadt und Soziologin Irmhild Saake hinterfragt unser reflexives Verhalten zu Tieren.

Häufig gestellte Fragen

Ja, du kannst dein Abo jederzeit über den Tab Abo in deinen Kontoeinstellungen auf der Perlego-Website kündigen. Dein Abo bleibt bis zum Ende deines aktuellen Abrechnungszeitraums aktiv. Erfahre, wie du dein Abo kündigen kannst.
Derzeit stehen all unsere auf mobile Endgeräte reagierenden ePub-Bücher zum Download über die App zur Verfügung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die übrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Perlego bietet zwei Pläne an: Elementar and Erweitert
  • Elementar ist ideal für Lernende und Interessierte, die gerne eine Vielzahl von Themen erkunden. Greife auf die Elementar-Bibliothek mit über 800.000 professionellen Titeln und Bestsellern aus den Bereichen Wirtschaft, Persönlichkeitsentwicklung und Geisteswissenschaften zu. Mit unbegrenzter Lesezeit und Standard-Vorlesefunktion.
  • Erweitert: Perfekt für Fortgeschrittene Studenten und Akademiker, die uneingeschränkten Zugriff benötigen. Schalte über 1,4 Mio. Bücher in Hunderten von Fachgebieten frei. Der Erweitert-Plan enthält außerdem fortgeschrittene Funktionen wie Premium Read Aloud und Research Assistant.
Beide Pläne können monatlich, alle 4 Monate oder jährlich abgerechnet werden.
Wir sind ein Online-Abodienst für Lehrbücher, bei dem du für weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhältst. Mit über 1 Million Büchern zu über 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nächsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja! Du kannst die Perlego-App sowohl auf iOS- als auch auf Android-Geräten verwenden, um jederzeit und überall zu lesen – sogar offline. Perfekt für den Weg zur Arbeit oder wenn du unterwegs bist.
Bitte beachte, dass wir keine Geräte unterstützen können, die mit iOS 13 oder Android 7 oder früheren Versionen laufen. Lerne mehr über die Nutzung der App.
Ja, du hast Zugang zu Kursbuch 197 von Armin Nassehi, Peter Felixberger, Armin Nassehi,Peter Felixberger im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten Büchern aus Politique et relations internationales & Politique publique. Aus unserem Katalog stehen dir über 1 Million Bücher zur Verfügung.
Stephan Rammler
Mehr Grün wagen
Grüne Verkehrspolitik zwischen Nachhaltigkeit und Kulturkampf
Wir leben in bewegten Zeiten. Wir bewegen uns räumlich mehr als je­mals zuvor und zeitlich so schnell wie noch nie. Ein kurzer Blick in die Verkehrsgeschichte zeigt bereits für die vormodern-organischen Zeiten massive Eingriffe in natürliche Lebensräume zum Zwecke der Ermöglichung immer besserer und schnellerer Raumüberwindung und Raumbeherrschung. Angefangen bei der Domestizierung großer Reit- und Zugtiere und der damit verbundenen Umwandlung von ursprüng­lichen Naturräumen in Gras- und Weidelandschaften über den antiken Straßenbau bis hin zu den riesigen Flotten von aus Holz gebauten Schif­fen der alten Chinesen, der antiken Seefahrervölker des Mittelmeerrau­mes und der Kriegs- und Handelsmarinen der frühen Neuzeit, die in der Entwaldung und dauerhaften ökologischen Veränderung von Landflächen und einen Umbau natürlicher Küstenlinien in Hafeninfrastruktu­ren mündete – immer schon führte der Wunsch nach Erleichterung und Beschleunigung der Raumüberwindung zu »Zurichtungen«, je nach Lesart auch zu »Zerstörungen« bei der Umwandlung ursprünglicher Natur­räume in mobilisierte Kulturräume.
Mit Eintritt in die fossil-mechanische Epoche spitzt sich dieses prinzipiell problematische Naturverhältnis der Raumüberwindung nur noch weiter zu. Es kommt zu einer neuen, globalen Dimension der Eingriffe in die natürlichen Ökosysteme vor allem durch die Emissionen von im Brennstoff gespeichertem CO2 und weiteren sogenannten Luftschadstoffen. Doch nicht nur die Antriebe der Verkehrsmittel, auch die für ihren Be­trieb notwendigen Infrastrukturen hinterlassen ihre Spuren. Häfen, Straßen, Parkplätze, Schienen, Bahnhöfe, schließlich Flughäfen und Raum­­bahnhöfe markieren den immer materialintensiver werdenden und deswegen mit immer größeren ökologischen Rucksäcken belasteten Weg in die Technisierung der Mobilität. Die großtechnischen Systeme der verschiedensten Verkehrsinfrastrukturen verbinden sich heute zu ei­nem globalen Metasystem der Mobilität und sind sichtbarster Ausdruck des Umbaus der Welt zur Beschleunigungsarena, die mit ihren Licht­spu­ren stets und ständig das Gewebe unserer mobilen Zivilisation in den Nachthimmel schreibt.
Es scheint also, als könne die globale Moderne nur mit einem Höchst­maß an Beschleunigung und Mobilisierung funktionieren. Es scheint, als wären Mobilität und Modernisierung wahlverwandt, zwei Seiten ei­­ner Medaille, nur zusammen ganz, funktional und stabil. Zugleich wach­sen die ökologischen und sozialen Kosten dieser – je nach Sichtweise – (un­)­heiligen Allianz so stetig und intellektuell unabweisbar ins Uner­mess­­liche, dass nur Ignoranz oder bewusste Verleumdung und Bigotte­rie dieser Einsicht standhalten können.
Vor diesem allgemeinen Hintergrund zeigt sich Anfang 2019 in der verkehrspolitischen Diskurslage in der Bundesrepublik ein verworrenes, widersprüchliches und vielschichtiges Bild. Dieselskandal, CO2-Emissionen, Elektromobilität, Fahrverbote und Tempolimits auf Autobahnen kumulieren sich in der jüngsten Einschätzung eines großen Nachrichtenmagazins sogar zur These eines »automobilen Kulturkampfes«. Die Einzelthemen sind dabei sehr unterschiedlich, vereint sind sie aber in ihrer Anzeigefunktion als Senkbleie in die Tiefen einer seit Jahrzehnten ganz grundsätzlich vermurksten Debatte. Die Einschätzung des Kultur­kampfes ist nicht unplausibel. In kaum einem anderen Politikfeld werden wie in diesem die mit der modernen fossilen Mobilität verbundenen Wohlstands- und Freiheitsversprechen regelmäßig zu ­machtpolitischen Vehikeln in den Arenen parteipolitischer Zukunftssicherung. Wenn Ver­kehrsminister Andreas Scheuer davon spricht, ein Tempolimit stünde gegen jede Form des gesunden Menschenverstandes, dann schielt er glei­chermaßen auf die strukturkonservativen Wähler im ländlichen Nieder­bayern wie auf die Industriearbeiter als auch die Manager bei BMW und Audi. Scheuer kann bislang als einer der schlechtesten Verkehrsmi­nister in der Geschichte der Bundesrepublik gelten. Und das will etwas hei­ßen angesichts einer knapp eine Dekade andauernden »Ingeiselhaft­nahme« der deutschen Verkehrs- und Infrastrukturpolitik durch bayrische Sonderinteressen. Scheuer agiert offenkundig in Ermangelung klü­gerer Konzepte in fast idealtypischer Reinform als Lordsiegelbewah­rer einer autogerechten Verkehrspolitik, als Traditionalist und tagesaktuell inspirierter Cheflobbyist der Automobilindustrie, während er die echten strategischen Zukunftsfragen der Mobilitätspolitik systematisch vernachlässigt. Er hat offenbar nicht erkannt, dass es die Synergien mäch­tiger Trends in globalen Entwicklungsprozessen sind – gegen die selbst ein bayrischer Verkehrsminister nicht ankommen kann –, die zu einer rasanten Transformation der Verkehrsmärkte beitragen: Bevölkerungs­wachstum, Urbanisierung, wachsende Mobilitätsnachfrage und anstei­gende Verkehrsmengen mit zeitgleich anwachsenden externen Effekten für Menschen und ökologische Systeme erzwingen schon heute Politikwechsel in den wichtigsten Zukunftsmärkten der deutschen Automobilindustrie.
Für die Zukunft würde das Autoland Deutschland in Wirklichkeit nur dann fit werden, wenn es sich selbst radikal verändert in Richtung mehr nachhaltiger Stadt- und Verkehrsentwicklung, den Umbau der deut­­schen Industrie in Richtung elektrischer Antriebe und digitaler Mo­­bilitätsdienstleistungen massiv beschleunigt und vor al­lem die öffentlichen Verkehrsinfrastrukturen auch in strukturschwachen Regionen ausbaut und modernisiert. Dazu bräuchte es eine kon­zeptfähige, kritikfähige, intellektuell differenzierte und mutige Verkehrs­politik und ei­ne politisch-kulturelle Verständigung auf ein Primat der Politik, das an­zei­­gen würde, dass die Politik sich selbst wieder ernst nimmt als ­legi­time Gestaltungsinstanz statt als Sachverwalter des Status quo. Zugleich gälte es, die Notwendigkeit, weil Unausweichlichkeit die­ser Trans­formations­politik zu erläutern, zu plausibilisieren und in ihren zwangsläufigen beschäftigungspolitischen und sozialen Folgewirkungen abzufedern.
Das sind mittlerweile Binsenwahrheiten kluger Mobilitätspolitik in vielen Teilen der Welt. Im Gegensatz dazu aber nimmt die deutsche Ver­kehrspolitik Zuflucht zur Vergangenheit, adressiert oft genug niedere Instinkte und schlägt sich sehr vermeintlich auf die Seite des Bürgers, in­dem sie die durch schlechte Infrastrukturpolitik und vernachlässigte Daseinsvorsorge jahrzehntelang erzwungene Automobilität in ländlichen Regionen nach wie vor als Freiheitsversprechen verkauft. Ebenso kurzsichtig agieren die Gewerkschaften und die von ihnen getriebene Sozialdemokratie. Beide entdecken ihr Herz für den Automobilarbeiter immer dann, wenn die böse Elektromobilität »Hunderttausende Ar­beits­­plätze zu vernichten droht«, nicht aber, wenn die Autoindustrie sys­te­ma­tisch mit beschäftigungsvernichtender digitaler Produktionsoptimierung die Gewinne erhöht oder Standorte in die Nähe der überseeischen ­Märkte verlagert, ebenfalls aus Gründen der Kosteneinsparungen durch kür­zere und sicherere Transportwege und günstige Arbeiter.
Was ist also los im Autoland Deutschland? Man kann sich angesichts der »Verfahrenheit« dieser Debatte mit guten Gründen die Frage stellen, ob Mobilität und Nachhaltigkeit womöglich prinzipiell unvereinbar sind beziehungsweise einen so mutigen und konsequenten politischen Steue­rungsimpuls benötigen, wie er vor dem Hintergrund einer über 100-­jährigen Automobilisierungsgeschichte und ihren diversen ökonomischen, sozialen und kulturellen Pfadabhängigkeiten in einer demokratischen Kultur unseres Zuschnitts kaum möglich erscheint. Nun ist die verkehrs­politische Debatte dieses Frühjahrs nicht die einzige interessante politische Entwicklung. Wir erleben zeitgleich ein zumindest rhetorisches »Ergrünen« der Politik. Mit Blick auf die aktuellen Wählerstimmenprognosen in den wöchentlichen Sonntagsfragen scheint es, als könnten es die Grünen sein, denen in der näheren Zukunft die Aufgabe in den Schoß fällt, »mehr Grün« in der Verkehrspolitik zu wagen, ja wagen zu müssen, um auch den Wirtschaftsstandort Deutschland mittel- und langfristig zukunftsfest zu machen.
Woran könnten sie sich dabei orientieren? Wo bliebe dabei die Nach­haltigkeit? Und wie soll angesichts der beschriebenen engen Symbiose von gesellschaftlicher Modernisierung und wachsenden Verkehrsleistungen eine transformative mobilitätspolitische Nachhaltigkeitsperspektive in Zukunft überhaupt möglich sein? Um sich einer Antwort anzunähern, wird zunächst die Begriffs- und Realgeschichte von Nachhaltigkeit und Mobilität bis zum heutigen Zeitpunkt nachgezeichnet. Danach werden die beiden Konzepte im Hinblick auf nötige und hinreichende Ziel­­horizonte, Bewertungskriterien und Handlungsstrategien miteinander ver­­knüpft. Der Beitrag endet mit einer optimistischen Antwort auf die eingangs formulierte Frage nach der prinzipiellen Vereinbarkeit von Raum­überwindung und Nachhaltigkeit. Vor allem dem wohl in vielerlei Hinsicht grundstürzenden Prozess der Digitalisierung der Mobilität werden dabei große Potenziale zugeschrieben, was in der abschließenden These von der Möglichkeit einer »digitalen Schubumkehr« der mo­dernen Mobilität mündet.
1. Begriffs- und Realgeschichte der nachhaltigen Mobilität
Gesellschaftliche und wissenschaftliche Begriffsverwendungen ändern sich mit der gesellschaftlichen Praxis. Insofern sind die im Folgenden nachgezeichneten Real- und Begriffsgeschichten der Konzepte von Nach­haltigkeit und Mobilität nicht voneinander zu trennen. Gleiches gilt für die zunehmende Verschränkung der beiden Begriffe und die Konvergenz und Überlagerung der jeweiligen fachwissenschaftlichen wie öffentlichen Diskussionen. Die realgeschichtlichen Entwicklungen drängten zu einem neuen und erweiterten Begriffsapparat, in dem sich nun auch die Anerkennung der normativen Verantwortlichkeit des Menschen für seine zukünftige Entwicklung in der Epoche des »Anthropozän« gleichermaßen zum Ausdruck und zum Diskurs bringen konnte.1
Vom Umweltschutz zur Nachhaltigkeit
Die Geschichte der ökologischen Bewegung ist so facettenreich, komplex und oft in sich widersprüchlich, dass es selbst einem Meister seines Fachs wie dem Sozialhistoriker Joachim Radkau nur mit großem Aufwand gelingt, den enormen Stoff zu bewältigen.2 Für die Zwecke dieses Beitrags ist die angesichts der Fülle sehr pointierte Darstellung von zwei real- und begriffsgeschichtlichen Wendepunkten in der »Weltgeschichte« der Ökologie von Interesse, die er um die 1970er- und die 1990er-Jahre herum ausmacht.
Das erste Zeitfenster bezeichnet Radkau als die Jahre der »ökologischen Revolution« 3, in der es in einer Art »Kettenreaktion« unter dem Begriff des Umweltschutzes zur Verknüpfung unterschiedlichster The­men­felder, Aktivitäten und Politikarenen kommt, wie dem Naturschutz, dem Tier-, Wald- und Wasserschutz, der Luftreinhaltung und dem Arbeits- und Verbraucherschutz.4 Markantestes Kennzeichen des neuen ökologischen De...

Inhaltsverzeichnis

  1. Armin Nassehi | Editorial
  2. Svenja Flaßpöhler | Brief einer Leserin (24)
  3. Peter Unfried | Das große Missverständnis. Die Grünen. Ein Update
  4. Robert Habeck | »Das Grüne ist die neue Normalität«. Im Gespräch mit Peter Felixberger und Armin Nassehi
  5. Karl Bruckmaier | Aus grüner Städte Mauern. Chronik einer wohl enttäuschten Liebe
  6. Wolf Lotter | It’s your economy, stupid! Die Grünen leben in der Ökonomie der Industriegesellschaft
  7. Oliver Jahraus | Der verkannte Vordenker. Ernst Jünger und die Grünen
  8. Cordula Kropp | Urban Gardening. Grüne Nischen als Strukturwandel von unten
  9. Thorsten Baensch | Araucaria araucana. The Monkey Puzzle Tree
  10. Irmhild Saake | Die Welt als Zoo. Über die soziale Reflexivität mit Tieren
  11. Mareike Vennen | Der grüne Komplex. Episoden zur Naturgeschichte der Stadt
  12. Stephan Rammler | Mehr Grün wagen. Grüne Verkehrspolitik zwischen Nachhaltigkeit und Kulturkampf
  13. Max Koch | Nachhaltige Wohlfahrt. Ökologisch-soziale Politik für die Postwachstumsära
  14. Die Autoren
  15. Impressum