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Kursbuch 196
Religion, zum Teufel!
- 200 Seiten
- German
- ePUB (handyfreundlich)
- Über iOS und Android verfügbar
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Über dieses Buch
Während die ersten Weihnachtsmärkte öffnen und wieder einmal diskutiert wird, ob es nicht aus Rücksicht auf andere Gläubige "Wintermarkt" heißen müsse und sich der Einzelhandel sowieso längst dem Gott des Mammons verschrieben hat, hallt die Aufforderung des Kursbuchs durch die Dunkelheit: "Religion, zum Teufel!" Eine besondere Stellung in diesem Kursbuch nimmt der Beitrag von Fundamentaltheologe Gregor Maria Hoff ein, der systematische Gedanken über den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche anstellt. Weitere Essays kommen von Islamwissenschaftler Reinhard Schulze, Kulturwissenschaftler Diedrich Diederichsen und Soziologe Aladin El-Mafalaani, einen Gastbeitrag steuert Gesundheitsminister Jens Spahn bei.
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Information
Karsten Fischer
Mullahs, Monster und Ministerräte
Der neutrale Staat im religionspolitischen Handgemenge
Mullahs, Monster und Ministerräte
Der neutrale Staat im religionspolitischen Handgemenge
Psychologisch gesehen sind Religionsübungen Zwangshandlungen, und zwar in kollektiver, kultureller Hinsicht: »Ein fortschreitender Verzicht auf konstitutionelle Triebe, deren Betätigung dem Ich primäre Lust gewähren könnte, scheint eine der Grundlagen der menschlichen Kulturentwicklung zu sein. Ein Stück dieser Triebverdrängung wird von den Religionen geleistet, indem sie den einzelnen seine Trieblust der Gottheit zum Opfer bringen lassen.« 1
Angesichts dessen ist es wenig erstaunlich, dass die Religionsgeschichte stets eine Konfliktgeschichte gewesen ist, und das nicht nur in der eifersüchtigen Konkurrenz verschiedener Religionen, sondern seit seiner Entstehung und noch bis heute auch in der Konfrontation mit dem liberaldemokratischen Verfassungsstaat, dessen Verpflichtung auf weltanschauliche Neutralität den Religionen einzigartige Freiheiten garantiert, aber auch deren Liberalität im Sinne der freiwilligen Bereitschaft zur Anerkennung des Vorrangs der Demokratie vor der Theologie einfordert und ihnen damit fortwährend Zielkonflikte, Ambivalenzen und Provokationen beschert.2
Dies ist ein Resultat der funktionalen Differenzierung der modernen Gesellschaft, denn deren wesentliches Element ist Unterscheidbarkeit. Anders als in der vormodernen Welt, in der Religion auf das Engste verbunden und sogar partiell identisch mit Politik, Recht und Wissenschaft war, gibt es nun keine soziale Totalinklusion mehr durch die Konstruktion einer bevölkerungsweiten Gemeinschaft aller Gläubigen – abgesehen von den Prätentionen fundamentalistischer Bewegungen. Einer schönen Formulierung Luhmanns zufolge sichert die Religion heute »weder gegen Inflation noch gegen einen unliebsamen Regierungswechsel, weder gegen das Fadwerden einer Liebschaft noch gegen wissenschaftliche Widerlegung der eigenen Theorien«.3
Keine Religion vermag Fallibilismus als Wahrheitsprinzip zu akzeptierten, aber als Funktionssystem der modernen Gesellschaft ist Religion mit Wissenschaft strukturell gekoppelt über die Theologie als ihrer Selbstbeschreibung. Diese Reflexionstheorie ermöglicht der Religion, ihren vormodernen Bezug auf sozialen Sinn, metaphysische Mission, wissenschaftliche Wahrheit und politische Prozesse zu relativieren. Im Rahmen dessen bietet die Kontingenzformel Gott die »Möglichkeit, die Welt von Gott zu unterscheiden und sie durch diesen Unterschied zu bestimmen«.4 Die theologische Reflexion auf Gott als Beobachter ermöglicht dann jene Konzentration auf Transzendenz, die es der Religion ermöglicht, über die Theologie eine strukturelle Kopplung an das Funktionssystem Wissenschaft auszubilden und den Agnostizismus einer zunehmend prozeduralistisch verfahrenden, liberaldemokratischen Politik zu akzeptieren,5 wie etwa im Theravāda-Buddhismus, in der lutherischen Innerlichkeitstheologie, in der Differenzierungsthese des Zweiten Vatikanischen Konzils, im islamischen Sufismus und im ursprünglichen schiitischen Islam bis zur iranischen Revolution. Von der Theologie als Selbstbeschreibung hängt demnach die Evolution jener religiösen Liberalität ab, derer insbesondere der in der Moderne ausdifferenzierte, weltanschaulich neutrale Verfassungsstaat bedarf, weil seine eigene politische Liberalität ihn auf die Minimierung von Interventionen verpflichtet.
Dies begründet eine trianguläre Religionspolitik des neutralen Staates: Einerseits okkupiert er gleichsam religiöse Konflikte und verwandelt sie in die Rechtsfrage legitimer Freiheitsausübung und ihrer Grenze an der Freiheit Andersdenkender. Vorher hatten diese Konflikte die Politik nur mittelbar betroffen, dies aber in Gestalt religiös angeheizter Bürgerkriege umso heftiger. Nunmehr wird der liberale Staat als langfristiges Produkt dieser Zustände gerade dadurch selber zur Konfliktpartei, dass er weltanschauliche Neutralität reklamiert und durchzusetzen hat. Der liberaldemokratische Verfassungsstaat ist insofern ein Erbe der religiösen Bürgerkriege Alteuropas, der stets in Gefahr schwebt, von Gruppen mit umfassenden religiösen Geltungsansprüchen zum direkten Gegner erkoren und mit der gleichen Inbrunst bekämpft zu werden, die in der Vormoderne Andersgläubigen gegolten hatte. Solcher Gruppen muss er sich mit regulierender Governance of Religions erwehren. Wenn hingegen religiöse Liberalität praktiziert wird, muss der liberaldemokratische Verfassungsstaat die Religionsfreiheit nicht nur im Sinne einer Governance for Religions fördern, sondern kann sogar eine Governance by Religions zulassen, indem er beispielsweise den christlichen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen in konfessionelle Trägerschaft gibt und islamisch-religiöse Studien an staatlichen Universitäten zulässt, was aus Neutralitätsgründen geboten sowie aus Integrations- und Supervisionsgründen gleichermaßen sinnvoll ist.
Mit dieser Anspielung auf Abraham Lincolns berühmte Definition aus seiner Gettysburg Address, Demokratie sei »government of the people, by the people, for the people« lässt sich verdeutlichen, dass sich die religionspolitische Governance des weltanschaulich neutralen Staates am evolutionären Grad religiöser Liberalität ausrichten kann, indem er stets in Einklang bringen muss, dass er zu Governance for Religions verpflichtet ist, während er Governance by Religions zulassen kann beziehungsweise Governance of Religions durchsetzen muss, wenn das Verhalten der Glaubensgemeinschaften dies erlaubt beziehungsweise erfordert.6 Dabei bleibt die religiöse Liberalität als Fluchtpunkt der Unterscheidung zwischen Governance of, for und by Religions jedoch stets wandelbar, entsprechend unberechenbar und vor allem für den freiheitlichen Staat politisch unverfügbar, da er ja um seiner eigenen Liberalität willen keine Gesinnungsprüfungen vornehmen darf.
Folglich bedarf es anderer Praktiken, wie sie sich im Fall der Deutschen Islam Konferenz beobachten lassen. Diese sollte vor allem einen langfristigen, dialogischen Kommunikationsprozess zwischen Staatsvertretern und Muslimen in Deutschland eröffnen und auf diese Weise einen religionspolitischen Konsens innerhalb der deutschen Verfassungsordnung ermöglichen. Sie hat aber in erster Linie die Ratlosigkeit des Staates bewiesen, wie das auf die christlichen Konfessionen ausgerichtete staatskirchenrechtliche Modell den nur zu rund zehn Prozent organisierten Muslimen angepasst werden könnte. So stellt die Deutsche Islam Konferenz ein Beis...
Inhaltsverzeichnis
- Armin Nassehi | Editorial
- Elke Buhr | Brief einer Leserin (23)
- Sibylle Lewitscharoff | Drei Tannen
- Gregor Maria Hoff | Kirche zu, Problem tot! Theologische Reflexionen zum Missbrauchsproblem in der katholischen Kirche
- Armin Nassehi | Strategisch. Religiös. Reden. Warum Religion keine Privatschrulle ist und weltgesellschaftliche Konflikte religiös werden
- Karsten Fischer | Mullahs, Monster und Ministerräte. Der neutrale Staat im religionspolitischen Handgemenge
- Jens Spahn | Christ und Demokrat in Union. Glaube und Moral in der Politik. Ein Gastbeitrag
- Diedrich Diederichsen | Magic and Lies. Über Religion und Pop-Musik
- Ralph Niese | Zum Teufel nochmal!
- Johann Hinrich Claussen | Der Fremde in uns. Sechs Mosaiksteine einer Religion der Migration
- Johanna Pink | Islam? Welcher Islam? Interpretations- und Machträume rund um den Koran
- Aladin El-Mafaalani | Jung. Muslimisch. Radikal. Neue Spannungsfelder und Ambivalenzen bei muslimischen Jugendlichen
- Monika Wohlrab-Sahr | Die Macht der Unterscheidung. Gibt es nicht-westliche Grundlagen der Säkularität?
- Reinhard Schulze | Der lange Bart des Propheten. Kursbuch Classics: Wiederabdruck des Essays aus dem Kursbuch 93/1988 | Glauben
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