Abschnitt 1:
Personalwirtschaft im betrieblichen und gesellschaftlichen Kontext
1. Einführung - Personalwirtschaft (Human Resources)
Das Personalwesen (auch Personalmanagement, Personalwirtschaft; engl. Human Resource Management, kurz HRM) ist der Bereich innerhalb der Betriebswirtschaftslehre, der sich mit dem Produktionsfaktor Arbeit beschäftigt. Dabei umfasst das Personalwesen alle Aufgaben, die durch den Produktionsfaktor Arbeit in einem Unternehmen anfallen.
Seit etwa 1960 ist das betriebliche Personalwesen (Personalwirtschaft) ein fester und bedeutender Teil der Betriebswirtschaftslehre. Das Personal gilt inzwischen als eine der wichtigsten Ressourcen eines Unternehmens, als Leistungsträger. Da es sich hierbei um einen "lebenden" Produktionsfaktor handelt, kann sich der Bereich des Personalwesens nicht nur mit rein wirtschaftlichen Interessen beschäftigen. Der arbeitende Mensch (Arbeitnehmer), der die unterschiedlichsten Bedürfnisse und Werte hat, ist somit eine zu respektierende Persönlichkeit, die sowohl in beruflicher als auch privater Entwicklung gefördert werden kann und muss. In diesem Kontext treten auch verstärkt die Rechte der Arbeitnehmer in den Betrachtungsvordergrund.
Eine andere Betrachtung stellen gesellschaftliche und volkswirtschaftliche Veränderungen dar, die zu einer zunehmenden Bedeutung des Produktionsfaktors „Personal“ führen. Als Beispiele hierfür sind zu nennen:
- Konjunkturelle Schwankungen.
- Technologische Entwicklungen.
- Rechtliche Rahmenbedingungen.
- ‘Anspruchsvollere’ Mitarbeiter (Wertegefüge).
- Beschäftigungssituation am Arbeitsmarkt.
1.1 Begriffe der Personalwirtschaft
In der Literatur findet sich nun auch eine Vielzahl von Begriffen, die mehr den einen oder anderen Aspekt des Funktionsbereiches Personalwirtschaft betonen. Dies sind schwerpunktmäßig folgende Begriffe:
- Personal.
- Personalorganisation.
- Personalmanagement.
- Personalmarketing.
- Personalpolitik.
Aufgabenstellung:
Im Folgenden finden Sie die in der betrieblichen Praxis verwendeten Beschreibungen bzw. Definitionen der genannten Begriffe. Versuchen Sie eine entsprechende Zuordnung.
a. ( ): Stellt die Gesamtheit der abhängig beschäftigten Arbeitnehmer in einem Unternehmen dar. Dazu zählen auch die leitenden Angestellten. Der Begriff ist somit gleichzusetzen mit dem der Belegschaft. Es werden alle Bereiche und Funktionen innerhalb des Unternehmens angesprochen.
b. ( ): Beinhaltet den gesamten Aufgabenbereich, der sich mit personellen Fragen im Unternehmen befasst. Dies beinhaltet Tätigkeiten der Systemgestaltung (Führungstätigkeiten für das Personal) und Verhaltenssteuerung (Personal- und Mitarbeiterführung durch den Vorgesetzten).
c. ( ): Schaffung von Bekanntheit und Attraktivität eines Unternehmens für potentielle Arbeitnehmer. Eine arbeitsmarktbezogene Betrachtung des Personals ist das kennzeichnende
Merkmal. Die Personalbeschaffung hat hierbei eine zentrale Bedeutung. Ein weiterer wichtiger Bestandteil bildet das „Employer Branding“ (Arbeitgebermarke), welches die strategische Positionierung und Kommunikation eines Unternehmens als attraktiven Arbeitgeber umfasst.
d. ( ): Gestaltungsrahmen für die sozialen, wirtschaftlichen und umweltbezogenen Ziele eines Unternehmens. Die Orientierung erfolgt u. a. anhand der Unternehmenskultur. Hierzu zählen auch die Entscheidung und Durchsetzung personalwirtschaftlicher Leitlinien.
e. ( ): Mitarbeiter werden schwerpunktmäßig als Teil der Unternehmensstruktur anhand von Merkmalen wie Quantität, Qualifikation und Einsatzmöglichkeit betrachtet.
1.2 Einordnung der Personalwirtschaft in das Zielsystem einer Unternehmung
Unternehmenspolitische Ziele können grundsätzlich in einen ökonomischen, sozialen und umweltorientierten Bereich getrennt werden. Hierbei können die sozialen Ziele auch als personalwirtschaftliche Ziele bezeichnet werden. Folgende Skizze verdeutlicht diesen Zusammenhang:
Abb. 1: Zielsystem eines Unternehmens mit personalpolitischen Zielen.
Aufgabenstellung:
Im Folgenden sind Beispiele verschiedener Unternehmensziele genannt. Diese können den ökonomischen (ö) oder den sozialen (s) Zielen zugeordnet werden.
- ( ) Kostenminimierung.
- ( ) Betriebliche Mitbestimmung.
- ( ) Sicherung der Arbeitsplätze.
- ( ) Leistungsgerechte Beurteilung und Bezahlung.
- ( ) Produktivitätssteigerung.
- ( ) Optimaler Einsatz der Mitarbeiter.
- ( ) Leistungssteigerung.
- ( ) Senkung Personalkosten.
- ( ) Gutes Betriebsklima.
Beide Zielsetzungen sind im Wesentlichen konfliktär und stehen damit zumindest kurzfristig im Gegensatz zueinander. Folgende Beispiele verdeutlichen dies:
Beispiel 1:
Ein hoher Standard der Sozialleistungen als soziales Ziel kann die Erreichung der wirtschaftlichen Ziele (Umsatz- und Gewinnziele) beeinträchtigen und langfristig den Bestand eines Unternehmens gefährden.
Beispiel 2:
Eine „Nur-Orientierung“ an wirtschaftlichen Zielen durch überzogene Leistungserwartungen und / oder verfehlte Lohnpolitik kann zu Fehlzeiten, Ausschussproduktion und auch zu Fluktuation gut ausgebildeter Arbeitnehmer führen und somit direkt oder indirekt die Realisierung wirtschaftlicher Ziele gefährden.
Hierbei ist der Personalbereich eines Unternehmens mit dafür verantwortlich, dass wirtschaftliche und soziale Ziele in angemessener Form in einem ausgewogenen Verhältnis stehen.
1.3 Organisation des Bereiches Personalwirtschaft
Die Organisation des Bereiches Personalwirtschaft hängt grundsätzlich von der Größe (Mitarbeiterzahl) und dem Organisationsgrad (Hierarchiestufen) eines Unternehmens ab.
Die organisatorische Struktur eines Unternehmens wird unterteilt in eine Ablauf- und Aufbauorganisation.
a. Aufbauorganisation
Sie bildet das hierarchische Grundgerüst eines Unternehmens. Diese Struktur wird in der betrieblichen Praxis durch ein Organigramm abgebildet und definiert die Rahmenbedingungen für die Verteilung von Aufgaben und Befugnissen innerhalb der Organisation (z. B. Abteilungen, Stellen).
Folgendes Schaubild verdeutlicht diesen Zusammenhang:
Abb. 2: Darstellung eines Organigramms im Personalbereich (Beispiel).
Ein Organigramm zeigt auch den Organisationsgrad bzw. die sog. Leitungsspanne (Hierarchiestufen) und stellt damit die Intensität der Organisation anhand einer Kennzahl dar. Im obigen Schaubild z. B. den Organisationsgrad 3.
b. Ablauforganisation
Im Rahmen der Ablauforganisation wird das räumliche und zeitliche Zusammenwirken von Arbeitnehmern und Betriebsmitteln (Arbeitsmitteln) zur Erfüllung von Arbeitsaufgaben betrachtet. Sie ist somit für geordnete Abläufe in einem Betrieb verantwortlich. Grafisch wird dies i. d. R. durch ein Flussdiagramm dargestellt.
Folgendes Schaubild verdeutlicht diesen Zusammenhang:
Abb. 3: Beispiel eines Ablaufdiagramms (Flussdiagramm).
Als Synonyme des Begriffs Ablauforganisation werden vermehrt die als modern geltenden Begriffe wie Prozessmanagement (Prozessorganisation) oder Workflow-Management verwendet.
Eine weitere Betrachtungsmöglichkeit zeigt folgendes Schaubild. Hierbei wird der mögliche inhaltliche Aufbau eines eigenständigen Bereiches ‚Personalwirtschaft‘ anhand einzelner Funktionsbereiche dargestellt.
Abb. 4: Aufbau des Bereiches Personalwirtschaft anhand von Funktionsbereichen (Beispiel).
Die Inhaber von Linienstellen unterliegen dem Direktionsrecht (Weisungsrecht) von übergeordneten bzw. hierarchisch übergeordneten Stellen. Das heißt, je höher der Vorgesetzte in der Hierarchie eines Unternehmens angesiedelt ist, desto umfassender ist sein Direktionsrecht gegenüber untergeordneten Instanzen.
Die Stabsstellen selbst haben keine Weisungsbefugnis. Diese stehen den einzelnen Stellen eines Unternehmens nach Bedarf mit unterschiedlichen Beratungsfunktionen im Sinne einer Dienstleistung zur Verfügung.
1.4 Verzahnung der Unternehmensplanung mit dem Bereich Personalwirtschaft
Folgende Übersicht zeigt die Interdependenz (wechselseitige Abhängigkeit) zwischen der Unternehmensplanung im Gesamten und dem Bereich Personalwirtschaft anhand der Personalbedarfsplanung.
Abb. 5: Interdependenz: Unternehmensziele und Personalbedarfsplan.
2. Historische Entwicklung des Human-Resource Gedankens
Im Folgenden ein kurzer zeitlicher Abriss der historischen Entwicklungsphasen des Human-Resource Gedankens:
a. Die ‘Industrielle Revolution’
Hiermit wird die tiefgreifende und dauerhafte Umgestaltung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse, der Arbeitsbedingungen und Lebensumstände bezeichnet, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts begann und verstärkt im 19. Jahrhundert, zunächst in England, dann in ganz Westeuropa und den USA, seit dem späten 19. Jahrhundert auch in Japan und weiteren Teilen Europas und Asiens zum Übergang von der Agrar- zur Industriegesellschaft geführt hat. Als wichtigste an dieser Umwälzung beteiligten Gesellschaftsklassen standen sich kapitalistische Unternehmer und lohnabhängige Proletarier gegenüber. Die industrielle Revol...