
- 240 Seiten
- German
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eBook - ePub
Über dieses Buch
Wie kein anderer repräsentierte Albert Einstein die europäische Physiktradition, die mit grundlegenden Prinzipien nach fundamentalen Naturgesetzen suchte. Anfang des 20. Jahrhunderts jedoch korrumpierte der mephistophelische Pakt mit dem Militär des Imperiums USA die Physik, der in der Erfindung der Atombombe gipfelte. Geld und die Nähe zur Macht ließen sie zu einem technischen Hochleistungssport werden, der die Frage nach den grundlegenden Naturgesetzen schlicht vergessen hat. Alexander Unzicker zeigt, wie wir die Physik wieder in den Dienst der Menschen stellen, damit die Zivilisation im 21. Jahrhundert nachhaltig bestehen kann.
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Information
Teil III:
Die Atombombe und die Folgen
»Am Ende des Krieges standen die Physiker, die für Kriegszwecke gearbeitet hatten, vor der Frage, was sie nun anfangen sollten.«1 – Emilio Segrè
8 Der Exodus der europäischen Intelligenz
Amerika und die Bombe
Trotz der totalen Niederlage 1945 blieb Deutschland eine Verwüstung durch Atombomben erspart. Seit der Entdeckung der Radioaktivität 1896 war diese Entwicklung letztlich vorgezeichnet und hätte verschiedentlich auch schneller verlaufen können. Zwischen der deutschen Kapitulation und der Zündung der ersten Atombombe im Juli 1945 lagen gerade einmal zehn Wochen.2 Fast alle kernphysikalischen Grundlagen waren dabei von Physikern aus Europa entdeckt worden, oder von Amerikanern, die es dort gelernt hatten. Wie Robert Jungk in seinem Buch Heller als tausend Sonnen bemerkt,3 hatten sich praktisch alle an der Atombombe beteiligten US-Physiker zwischen 1924 und 1932 einmal in Göttingen aufgehalten.
Es war für eine Karriere in diesem Gebiet fast obligatorisch,4 einige Zeit in Europa verbracht zu haben. Denn zu jener Zeit war der alte Kontinent auch in der Kernphysik noch führend. Das hierfür wichtigste Labor in Cambridge, geleitet von dem unermüdlichen Rutherford, verlor allerdings schon vor dessen Ableben im Jahr 1937 seine besten Leute. Teilweise wanderten sie nach Amerika aus, während einige, wie etwa Pjotr Kapitza, unfreiwillig in die Sowjetunion Stalins zurückgeholt wurden. Dort herrschten im Übrigen für die Wissenschaft kaum bessere Bedingungen als in Nazideutschland: Physik war, wenn überhaupt, allenfalls im Dienst der Waffentechnik geschätzt. So wurde beispielsweise der Mathematiker und Theologe Pawel Florenski zu Lagerhaft und 1937 schließlich zum Tode verurteilt, wegen Verbreitung von »konterrevolutionärer Propaganda«. Damit war eine Monographie über Einsteins Relativitätstheorie gemeint. Russische Atomphysiker, die sich später weigerten, an der Bombenentwicklung mitzuarbeiten, wurden verhaftet und deportiert.5
Allerdings handelte es sich bei der Kernphysik um einen Wissenschaftszweig, bei dem geschicktes Experimentieren und originelle praktische Ideen im Vordergrund standen, nicht tiefgründiges theoretisches Verständnis. In dieser Hinsicht war lediglich Niels Bohrs Einsicht, dass Radioaktivität aus dem Kern kam, wesentlich. Nach Henri Becquerels Entdeckung der radioaktiven Strahlung ließ sich letztlich alles durch sorgfältiges und systematisches Ausprobieren herausfinden.
Schießen auf alles, was da ist
»Hitler? Der wird sich wie alle Tyrannen in absehbarer Zeit den Hals brechen. Mir macht etwas anderes weit mehr Sorgen. Etwas, das die Welt, wenn es in falsche Hände gerät, stärker gefährden kann als dieser ephemere Narr. Etwas, das wir – im Gegensatz zu ihm – nie mehr loswerden können: das Neutron.« – Paul Langevin,6 um 1935
Schon Rutherford hatte Alphastrahlen auf alle möglichen Substanzen gerichtet. Als interessantestes Ziel erwies sich dabei Beryllium. Es setzte durch den Beschuss ein Neutron frei, welches freilich erst 1932 von James Chadwick als solches identifiziert wurde. Neutronen sind der Schlüssel zur Nukleartechnologie, weil sie als ungeladene Teilchen sich jedem Kern ohne Abstoßungskraft annähern und so seine Zusammensetzung ändern können. Manche ahnten, dass das Neutron einmal die riesigen Energien im Kern entfesseln würde.
In vielen Laboren setzte nun rege Tätigkeit ein, indem man Neutronen auf alle möglichen Substanzen lenkte. Führend waren dabei Frédéric und Irène Joliot-Curie in Paris, Otto Hahn und Lise Meitner in Berlin sowie in Rom Enrico Fermi, der die Effizienz von langsamen Neutronen erkannt hatte. Obwohl es sich sämtlich um brillante Wissenschaftler handelte, erkannten sie über einen Zeitraum von fast fünf Jahren nicht, dass beim Beschuss des schwersten verfügbaren Elements, Uran, dieses schon längst gespalten worden war.
Stattdessen glaubten sie, schwerere Elemente als Uran, sogenannte Transurane erzeugt zu haben, wofür Fermi 1938 sogar den Nobelpreis bekam.
»Gott machte aus seinen eigenen unergründlichen Absichten damals jedermann gegenüber dem Phänomen der Spaltung blind.«7 – Emilio Segrè, 1954
Doch fast alle Kernforscher waren der falschen Überzeugung, dass eine Spaltung des Kerns nur durch viel energiereichere Geschosse als Neutronen möglich sei. Einzig Ida Tacke-Noddack, eine Chemikerin in vergleichsweise bescheidener Stellung an der Universität Freiburg, schrieb schon 1934, dass der Urankern »in mehrere große Bruchstücke« zerfallen könne. Hahn lehnte es trotz ihrer Bitte ab, diese These in einem Vortrag auch nur zu erwähnen, um Tacke »nicht lächerlich zu machen«. Auch Jahre später konnte sich Hahn diesen überheblichen Irrtum schwer eingestehen.8
Entdecker wider Willen
Otto Hahns heutiger Ruf als »Entdecker« der Kernspaltung steht in gewissem Kontrast zu der Borniertheit, mit der er das Offensichtliche nicht sah, sondern immer noch glaubte, er habe es mit den verschiedenen Isotopen und IsomerenLVII von Transuranen zu tun. Offenbar war er sich seiner außergewöhnlichen Fähigkeiten als Radiochemiker so sicher, dass er lange Zeit Ergebnisse aus dem Pariser Labor nicht zur Kenntnis nahm, ebenso wie Lise Meitner, die mit ihrer Rivalin Irène Joliot-Curie einige wissenschaftliche Dispute9 hatte, die zu ihren Ungunsten verliefen. 1938 erschien schließlich eine Veröffentlichung aus Paris mit ganz deutlichen Hinweisen auf ein Kernbruchstück (Lanthan). Aber Hahn wollte sie nicht einmal lesen. Erst als ihn sein Assistent Fritz Strassmann förmlich dazu zwang, wenigstens einen Blick auf die Zusammenfassung zu werfen, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. In wenigen Tagen hatte Hahn das Bruchstück Barium zweifelsfrei nachgewiesen und damit den Beweis für die Kernspaltung erbracht.
Lise Meitner, die sich als gebürtige Wienerin jüdischer Abstammung nach dem Anschluss Österreichs im März 1938 in akuter Lebensgefahr befand, hatte sich zuvor mit Hahns Hilfe nach Schweden abgesetzt. Gleichzeitig mit dem Artikel schickte Hahn unmittelbar vor Weihnachten 1938 einen Brief nach Schweden, indem er sie um Rat fragte, wie denn die Ergebnisse zu interpretieren seien. Zufälligerweise erhielt Meitner gerade Besuch von ihrem Neffen, dem Physiker Otto Frisch, mit dem sie die Neuigkeiten sofort diskutierte.
»Wie haben wir das nur so lange übersehen können? Genauso musste es sein. Was sind wir doch für Idioten gewesen!« – Niels Bohr, 1938
Offenbar wurde der Urankern durch ein zusätzliches Neutron instabil und geriet in so starke Schwingungen, dass er sich schließlich in der Mitte einschnürte und in zwei Teile zerbrach. Diese Interpretation als Fission, die heute noch gültig ist, schickte Meitner sofort an die Zeitschrift Nature. Nun ging alles sehr schnell. Bei der Rückkehr von Göteborg traf Frisch in Kopenhagen Niels Bohr, dem nun auch plötzlich einleuchtete, dass die Kerne schon längst gespalten worden waren.
Der Geist ist aus der Flasche
Bei seinem nächsten Amerikabesuch plauderte Bohr die sensationelle Neuigkeit sofort aus,10 obwohl er eigentlich Frisch Stillschweigen versprochen hatte. Besonders alarmiert davon war der ungarische Physiker Leo Szilard, ein genialer Kopf, der seiner Zeit weit voraus war. Bereits um 1932 hatte er mit seinem Kollegen Fritz Houtermans sich über die gewaltige in Atomkernen gespeicherte Energie Gedanken gemacht.11 Unter anderem wurde ihnen dabei auch schon klar, dass die schier unerschöpfliche Leuchtkraft der Sonne nur durch Kernfusion von Wasserstoff zu Helium in ihrem Inneren zustande kommen kann.
Vorhergesehen wurde von Szilard auch schon die Möglichkeit einer Kettenreaktion, falls bei der Kernspaltung weitere Neutronen freigesetzt würden. Er versuchte daher schon um 1935, Physiker für die Idee zu gewinnen, nicht alle Ergebnisse der gefährlichen Technologie zu publizieren, jedoch ohne Erfolg. 1938 wurde plötzlich zu einer realen Gefahr, was vielen vorher als fernliegende Spekulation erschienen war. Aus eigenen Mitteln führte Szilard im März 1939 in Chicago ein Experiment durch,12 das die Möglichkeit einer Kettenreaktion bewies. In jener Nacht, so schrieb er, wurde es ihm klar, dass »die Welt einen Weg voller Sorgen angetreten hatte«.
Zusammen mit seinem Landsmann Edward Teller veranlasste Szilard schließlich Einstein, einen vorgefertigten Brief an Präsident Roosevelt zu unterzeichnen, der auf die Möglichkeit einer neuartigen Bombe aufmerksam machte, und auf die Möglichkeit, dass Hitler sie in die Hände bekomme. Daraufhin wurde ein Forschungsprojekt begonnen, die konkrete Entwicklung der Bombe wurde allerdings erst später beschlossen. Mehr als Einsteins Initiative haben wohl Otto Frisch und Rudolf Peierls dazu beigetragen, die beide nach England emigriert waren. In ihrem Memorandum13 von 1940 legten sie erstmals konkrete Berechnungen über die technische Ausführung und die zu erwartende Sprengkraft vor.
Albtraum Hitlers Bombe
Treibende Kraft für die amerikanische Entscheidung, die Bombe zu entwickeln, war die Befürchtung, die neuartige Waffe könne in Deutschland, dem jahrzehntelangen Zentrum der Atomphysik, sich schon in der Herstellung befinden. Während viele die Möglichkeit erkannten, natürlich auch Heisenberg, waren die technischen Schwierigkeiten enorm. Wieder war es Niels Bohr, der als Erster realisiert hatte,14 dass die Spaltreaktion von Uran 235 ausging, welches nur zu einem winzigen Prozentsatz in natürlichem Uran vorkommt. Die Trennung der Isotope 235 und 238 ist aber äußerst aufwendig und erfordert großtechnische Anlagen wie beispielsweise Gaszentrifugen. Im späteren Manhattan-Projekt wurden dazu hauptsächlich MassenspektrometerLVIII verwendet, sogenannte Calutrons, welche für jedes Gramm U...
Inhaltsverzeichnis
- Titel
- Inhalt
- Teil I: Das Land ohne Kultur
- Teil II: Aufstieg und Krise der europäischen Wissenschaftstradition
- Teil III: Die Atombombe und die Folgen
- Teil IV: Von der Mondlandung abwärts – Die Degeneration der Physik
- AusblickQuo vadis, Homo sapiens?
- Dank
- Literatur
- Anmerkungen
- Fußnoten