Anhang
Kurzbiographien
Verzeichnis der Sachbegriffe
Abkürzungsverzeichnis
Namenregister
Bildteil
Kurzbiographien
Abálkin, Leoníd Iwánowitsch (1930–2011), russ. Ökonom; ab 1966 Leiter des Lehrstuhls für Politische Ökonomie am Plechanow-Institut für Volkswirtschaft in Moskau. 1972 Berufung zum Professor; 1986–1989 und 1991–2005 Direktor des Instituts für Ökonomie der Akademie der Wissenschaften der UdSSR/Russlands. 1989–1991 Stv. Vorsitzender des Ministerrats der UdSSR, 1990–1991 Mitglied des ZK der KPdSU. Auf der XIX. Allunionskonferenz der KPdSU (1988) trat er als Kritiker des „Beschleunigungskurses“ auf und setzte auf einen strukturellen Umbau der Wirtschaft. Er war Urheber eines gewagten, administrativ verordneten Programms für den Übergang zur Marktwirtschaft, welches die Schattenwirtschaft begünstigte. Ab 1994 verwarf er die westliche liberale Spielart des Marktes und favorisierte ein sozial orientiertes Modell nach chinesischem Vorbild.
Abrámowitsch, Román Arkádjewitsch (*1966), der vor allem durch Ölgeschäfte zu Geld kam, gilt als einer der vermögendsten Männer der Welt. Sein Einstieg in das Ölgeschäft begann in den 1990er-Jahren beim Schweizer Rohölhändler Runicom. Der entscheidende Tag für den Aufstieg zu einem der reichsten Männer Russlands war für A. eine Begegnung mit Borís Beresówskij* im Jahr 1992. Zunächst als Partner des Oligarchen Beresówskij baute er in der Folge ein weitverzweigtes Firmenimperium auf. Offenbar unter dem Eindruck des Verfahrens gegen Michaíl Chodorkówskij* verkaufte A. nach und nach seine Anteile an russ. Unternehmen. Lange Zeit galt A. als wichtigster Oligarch im Umfeld von Wladimir Putin. Er gilt als einer der entscheidenden Wegbereiter für den Machtwechsel von Ex-Präsident Boris Jelzin zu Putin im Jahr 2000.
Achroméjew, Sergéj Fjódorowitsch (1923–1991), 1974–1977 Leiter der Operativen Hauptverwaltung des Generalstabs der Sowjetarmee und Stellvertreter des Generalstabschefs und 1979–1984 Erster Stv. Generalstabschef. 1982 verlieh man ihm die Auszeichnung „Held der Sowjetunion“ und 1983 wurde er zum Marschall der Sowjetunion ernannt. Am 6. September 1984, nachdem Marschall Nikolaj Ogarkow nach Auseinandersetzungen mit Verteidigungsminister Ustinow ausscheiden musste, folgte er ihm im Amt als 24. Chef des Generalstabes. Er war zugleich 1984–1988 Erster Stv. Verteidigungsminister der UdSSR (Minister: 1984–1987 Marschall Sokolow, ab 1987 Marschall Dimitrij Jasow). Nach seinem Ausscheiden als Generalstabschef war er ab 1990 Militärberater des Generalsekretärs der KPdSU Michail Gorbatschow. Bei den Verhandlungen zur deutschen Wiedervereinigung sprach er sich gegen eine NATO-Mitgliedschaft Deutschlands aus. Nach dem Scheitern des Putsches gegen Gorbatschow im August 1991, bei dem er allerdings keine Rolle gespielt hatte, beging er in seinem Arbeitszimmer im Kreml Selbstmord; es gab allerdings auch Spekulationen, dass er ermordet worden sein könnte.
Ackermann, Anton (1905–1973), dt. Kommunist, SED-Funktionär und Kandidat des Politbüros des ZK der SED. Schon während der Weimarer Republik war A. in kommunistischen Organisationen aktiv. Nach der NS-Machtübernahme emigrierte er 1935 nach Prag und lebte dort bis 1937. Nach Teilnahme am Spanischen Bürgerkrieg und einem Aufenthalt in Paris ging er 1940 nach Moskau und arbeitete dort zunächst als Redakteur der Zeitung Das freie Wort. 1941 schulte er deutsche Kriegsgefangene und war Mitbegründer des Nationalkomitees Freies Deutschland (NKFD). 1941–1945 leitete er den Sender Freies Deutschland. Im Mai 1945 reiste er mit Genehmigung der sowjet. Militäradministration zusammen mit Walter Ulbricht, Wilhelm Pieck und Franz Dahlem nach Berlin, um die KPD in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) neu zu gründen. In der Folgezeit verfasste er mehrere programmatische Dokumente für die KPD und später der SED. Bei der Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) im Frühjahr 1946 formulierte er deren Ziele mit. Nachdem sich Jugoslawien unter Führung von Josip Broz Tito* 1948 von Stalin losgesagt hatte, musste A. seine These vom „besonderen deutschen Weg zum Sozialismus“ ohne eine vorausgehende „Diktatur des Proletariats“ widerrufen. In verschiedenen Funktionen tätig, wurde er im Frühjahr 1953 kurzzeitig amtierender Minister. Im Mai 1973 nahm sich A. wegen einer schweren Krebserkrankung das Leben.
Afanássjew, Júrij Nikolájewitsch (*1934), sowjet. und russ. Historiker und Politiker; ehemaliger Rektor des Moskauer Historisch-archivalischen Instituts und Gründer sowie ehemaliger Rektor der Russischen Staatlichen Geisteswissenschaftlichen Universität (RGGU). War Mitvorsitzender der Partei Demokratisches Russland. A. prägte 1989 die Redewendung „aggressiv-gehorsame Mehrheit“ im Zusammenhang mit einem Teil der Volksdeputierten der UdSSR.
Akájew, Askár Akájewitsch (*1944), 1990–1991 Präsident der Kirgisischen SSR; 1991–2005 erster Staatspräsident des unabhängigen Kirgisistan. Kirgisistan war einst ein Vorbild in Sachen Demokratie unter den GUS-Staaten. Der zunehmend autoritäre Regierungsstil des Präsidenten verwandelte das Land jedoch in eine Autokratie. Nach anhaltenden massiven Unruhen aufgrund von Wahlfälschungsvorwürfen mit Demonstrationen und Besetzungen von öffentlichen Gebäuden sah sich A. gezwungen, nach Kasachstan zu fliehen, nachdem Russland angekündigt hatte, es werde nicht intervenieren. Von Kasachstan aus floh er weiter nach Moskau, wo er am 4. April 2005 offiziell seinen Rücktritt als Präsident Kirgisistans verkündete.
Albáz, Jewgénija Márkowna (*1958), russ.-jüd. Publizistin. In der Sowjetzeit schrieb sie u. a. für die Sonntagsbeilage der Zeitung Iswjéstija. 1986–1992 war sie Korrespondentin der Zeitung Moskówskije Nówosti [„Moskauer Nachrichten“]. 1992 war sie außerdem Sachverständige des Verfassungsgerichts der Russischen Föderation im Fall der KPdSU. 1993–2000 gehörte sie dem Vorstand der Begnadigungskommission beim Präsidenten der Russischen Föderation an. 2004 promovierte sie an der Universität Harvard. 2010 unterschrieb sie den Aufruf der russ. Opposition „Putin muss gehen“. Seit 2012 unterhält sie eine eigene Sendung im Radiosender Écho Moskwý [„Echo Moskaus“]. Dort erregte sie am 15. Oktober 2013 mit der Aussage Aufsehen: „Gott mit ihm, mit China. Von mir aus soll es mit seinen Investitionen Einfluss auf die Nachbarländer Russlands nehmen. (…) Ich sehe ehrlich gesagt auch kein besonderes Problem darin, wenn sich Russland entlang des Ural-Gebirgskamms teilt. (…) Aus meiner Sicht, so wie sich heute die Wirtschaft entwickelt, darunter auch im Fernen Osten, scheint es mir absolut unvermeidlich, dass Sibirien sowieso ein Teil von, na ja, ein wirtschaftlicher Vasall von China wird. Ich denke, das ist eine absolut unvermeidliche Sache.“ Seit 2012 ist A. auch Chefredakteurin der Zeitung The New Times. Außerdem gehört sie der Gesellschaftsorganisation beim Russischen Jüdischen Kongress an.
Albright, Madeleine (*1937), US-Politikerin (Demokraten), 1997–2001 Außenministerin der USA und damit die erste Frau in diesem Amt. Nach ihrem Ausscheiden als Außenministerin gründete A. das politische Beratungsunternehmen Albright Stonebridge Group in Washington D.C., das Politik- und Strategieberatung anbietet.
Alfjórow, Schorés [phonetisch: Zharés] Iwánowitsch (*1930), russ. Physiker, studierte am Elektrotechnischen Institut in Leningrad Physik und forschte im Bereich der Halbleiterlaser. Alle Halbleiterlaser beruhen auf den von A. entdeckten Prinzipien. 1987–2003 war er Direktor des Physikalisch-Technischen Instituts A. F. Joffe in St. Petersburg und bis 2006 dessen wiss. Leiter. Seit 1989 ist er Vizepräsident der RAN*. Den Nobelpreis im Jahr 2000 erhielt er zur Hälfte zusammen mit Herbert Kroemer (die andere Hälfte ging an Jack S. Kilby) für Arbeiten zur Halbleiterphysik, die Basis der Informationstechnologie geworden sind. Seit 1995 ist er Mitglied der russischen Duma und derzeit ihr Alterspräsident. Seit 2010 ist A. wiss. Leiter und Mitvorsitzender des Konsultativen wiss. Bereits des Innovationszentrums Skolkowo*.
Allilújewa, Swjetlána Iossífowna, urspr. Stálina (1926–2011), jüngstes Kind und einzige Tochter von Josef Stalin und seiner zweiten Frau Nadjéschda A. Nach dem Tod des Vaters 1953 nahm sie den Nachnamen ihrer Mutter an und nannte sich fortan Swjetlána A. Am 6. März 1967 emigrierte sie in die USA. 1984 kehrte sie für kurze Zeit in die Sowjetunion zurück und lebte bis 1987 in Georgiens Hauptstadt Tiflis. Nach ihrer zweiten Emigration in den Westen lebte sie wechselweise in den USA und in England. Eine weltweite Sensation löste ihr autobiografisches Werk 20 Briefe an einen Freund (Wien, Verlag Fritz Molden, 1967) aus, in dem sie ihren Vater im privaten Umfeld und das Leben im Kreml schildert.
Ambarzúmow, Jewgénij Arschákowitsch (1929–2010), russ. Historiker; absolvierte 1951 das MGIMO* MID (Dr. der Geschichtswissenschaften 1954). 1954–1956 arbeitete er als Redakteur der Zeitschrift Nówoje Wrémja [„Neue Zeit“]. Anschließend war er bis 1959 Erster wiss. Mitarbeiter am IMEMO*. Dann ging er nach Prag und arbeitete bis 1963 als Redakteur der Theoriezeitschrift der kommunistischen und Arbeiterparteien der Welt Problémy Míra i Sozialísma [„Probleme des Friedens und des Sozialismus“]. 1973–1991 war er Sektoren- und Abteilungsleiter des IEMSS*(seit 1990 IMEPI RAN*). 1988 trat A. als einer der Autoren des Sammelbands Inówo nje danó [„Einen anderen Weg gibt es nicht“] (Moskau (Progress) 1988) in Erscheinung, in dem sich namhafte Wissenschaftler für eine Radikalisierung der Perestrojka und Demokratisierung der sowjet. Gesellschaft aussprachen.
Anfílow, Wíktor Aleksándrowitsch (1919–2002), Oberst des Generalstabs, Geschichtsprofessor und Publizist. Als Absolvent der Militäringenieur-Akademie baute er während des Deutsch-Sowjetischen Kriegs Landeplätze an der Westgrenze, nahm an der Verteidigung Kiews und an der Befreiung der Ukraine teil. A. ist Autor des Buches Der Beginn des Großen Vaterländischen Krieges. Moskau (Wojenisdát) 1962.
Apel, Erich Hans (1917–1965), dt. Politiker; wurde 1939 zur Wehrmacht eingezogen und zur Heeresversuchsanstalt Peenemünde kommandiert, wo er mit dem Raketenkonstrukteur Wernher von Braun zusammenarbeitete. Wegen seiner Kenntnisse der deutschen Raketentechnik wurde A. nach Kriegsende von der sowjet. Besatzungsmacht in die Sowjetunion verpflichtet. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland war er im DDR-Ministerium für Maschinenbau und im Ministerium für Schwermaschinenbau tätig. Seit 1953 war er unter Heinrich Rau stv. ...