Die Bewusstseinsrevolution
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Die Bewusstseinsrevolution

Betrachtungen über neue Menschlichkeit und Werte

  1. 200 Seiten
  2. German
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Die Bewusstseinsrevolution

Betrachtungen über neue Menschlichkeit und Werte

Über dieses Buch

"Eine Reise ins Unbewusste, eine sprachliche Gedankenrevolution."Dieses Buch des britisch-amerikanischen Autors und Redners Sebastian Siegel, beeinflusst von Alan Watts, Ken Wilber und Ramana Maharshi, ist ein Beitrag zur Frage, wie die Barrieren, die uns Menschen voneinander trennen, gesprengt werden können.Siegel gründet die Konzepte von Paradox und Erwachen auf kurze Illustrationen aus der Geschichte, der Wissenschaft und aus seinem persönlichen Leben.Das Buch ist ein Teil Philosophie, ein Teil Psychologie und ein Teil Poesie – leicht zugänglich gemacht durch thematisch verbundene Erzählungen. Es ist eine aufschlussreiche und tiefgründige Lektüre für jeden, der Interesse an Fragen des Bewusstseins, an authentischer Spiritualität sowie an Fragen der Vernetzung und des Wiedererwachens der Menschheit hat. Siegel präsentiert eine Meditation über den Sinn des Lebens und die Gefahren der konventionellen Denkweise, die als ein Alarmsignal an die Menschheit zu verstehen ist. Er erkundet die von uns selbst meist unbewusst geschaffenen Limitierungen und beschreibt, wie wir uns von ihnen wieder befreien können.Die Bewusstseinsrevolution handelt von der Weisheit der persönlichen Verantwortung, die unerlässlich für Transzendenz ist."Sebastian Siegel lässt uns mit seiner inspirierenden Stimme tiefe Einsichten in die Schönheit und Komplexität des Menschseins gewinnen"Marianne Williamson, Bestsellerautorin New York Times""Sebastian Siegel hat eine grosse Gabe mit seiner bildlichen und philosophischen Sprache die Menschen zum Nachdenken anzuregen und ganze Völker zu vereinen"

Häufig gestellte Fragen

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KAPITEL 13
Das torlose Tor, der Delfin, das Paradox und die Gezeitenströmung
Das torlose Tor
Wo ist die Ewigkeit? Wenn du sie an irgendeinem Ort finden kannst, kannst du sie an jedem beliebigen Ort ausmachen, denn sie existiert überall. Vielleicht kannst du sie in dir spüren oder in einem Lied, das du hörst, einem Gedicht, das du liest. Vielleicht erfährst du sie in einer Meditationsübung, wie zum Beispiel im Zazen oder in einer Atemmeditation, vielleicht während eines intensiven Körpertrainings, beim Langstreckenlauf oder Schwimmen oder vielleicht bei der Ausübung einer kontemplativen Praxis, beim kreativen Schreiben, der Selbsterforschung oder der Tiefenbefragung.
Vielleicht auch macht sich die Ewigkeit von selbst bemerkbar, etwa in der Farbenpalette eines Regenbogens, im lilafarbenen Himmel kurz vor Sonnenaufgang oder im tiefen Orange des Mondes. In Millionen von Gedichten, Liedern, Büchern, Gemälden, Skulpturen und anderen Kunstwerken wurde der Versuch gemacht, das Wesen der Ewigkeit zu erhellen, und aufzuzeigen, wo sie existiert. Überall in der Natur kann man Hinweise auf unsere Vergänglichkeit finden, aber gleichzeitig auch darauf, dass wir Teil einer ewigen Resonanz sind.
Solche Werke sind Gesten Gottes, die wir nicht ignorieren dürfen und unbedingt versuchen müssen, zu deuten und zu definieren. Wir müssen das tun, weil es notwendig ist, zu verstehen, der Natur näher zu kommen und uns selbst zu transzendieren. Aber letztlich ist alles undefinierbar, unreduzierbar, unaussprechlich und unauflöslich. Das ist das Wesen des Paradoxes, dessen Spuren überall sind. Je fundamentaler etwas ist, desto weniger ist es greifbar. Kannst du mit deinen Augen dein eigenes Sehvermögen sehen? Kannst du dir der Grundlage deines eigenen Bewusstseins bewusst werden? Es bewegt sich ewig und bleibt immer gleich.
Das torlose Tor ist die unsichtbare Grenze zwischen diesem Leben und dem nächsten. Es erscheint zwischen verschiedenen Ebenen des Bewusstseins – zwischen Tiefschlaf und Wachzustand, zwischen einer Mutter und dem Kind im Mutterleib, zwischen deinem Geist und meinem, zwischen der Lebensquelle dieses Planeten und der Quelle allen Lebens. Es ist das Verbindungsglied, das unzerbrechlich ist, weil es nicht getrennte Teile verbindet, sondern weil es das Wesen allen Seins ist. Es ist der Strom, in dem du schwimmst, solange du lebst. Seine Bewusstheit ist auch deine Bewusstheit. Seine Anwesenheit gibt dir das Gefühl zu existieren. Durch die verfeinerte Wahrnehmung wird das Schauspiel erkennbar. Es ist hier, genau jetzt, unmittelbar vor dir und in dir.
Der Delfin
In den Sechzigerjahren des vorigen Jahrhunderts begann Ric O’Barry, in Florida Delfine einzufangen und zu trainieren. Fünf der Delfine, mit denen er dabei zusammenarbeitete, spielten die Rolle des Delfins Flipper in der beliebten, gleichnamigen Fernsehserie. Mit der Zeit bemerkte O’Barry aber, dass es seinen Delfinen nicht gut ging. Mittlerweile sind diese Ereignisse ausführlich dokumentiert, etwa im Dokumentarfilm Blackfish aus dem Jahr 2013. Es ist nun klar, welche Formen von Pathologien sich in diesen Meeressäugetieren entwickeln, wenn sie auf zu kleine Räume beschränkt werden. Ich hatte einmal die Gelegenheit, mit in Gefangenschaft lebenden Delfinen zu schwimmen. Später, nach dem Ansehen dieser Dokumentationen, konnte ich nicht umhin, mich zutiefst dafür zu schämen, dass ich selbst bei der Ausbeutung dieser Tiere mitgemacht habe. Ich fühlte eine persönliche Verantwortung und beschloss, niemals wieder an dieser Art von Missbrauch teilzunehmen und mich wo immer möglich dagegen auszusprechen.
Was sowohl Delfintrainer wie O’Barry als auch andere Delfinforscher erkannten, war die Tatsache, dass diese Tiere über ein starkes Gefühl der Identität verfügen und sogar in der Lage waren, für zukünftige Ereignisse vorzuplanen. Eines Tages geschah etwas sehr Tragisches: Kathy, eine der Flipperdarstellerinnen, beging laut O’Barry Selbstmord. Sie schwamm in seine Arme, schaute ihm kurz in die Augen und hielt den Atem an. Dann sank sie leblos auf den Boden des Beckens. Nach diesem Erlebnis widmete der ehemalige Delfintrainer sein Leben der Rettung und Auswilderung von Delfinen auf der ganzen Welt.
Die Frage, ob Tiere Selbstmord begehen können, wurde somit zu einem Diskussionsthema. Es ist eine dunkle Ironie, dass einerseits Selbstmord bei Menschen als eine Schande angesehen wird, dass wir aber andererseits Tieren die Fähigkeit, sich selbst zu töten, absprechen. Ebenso scheint die menschliche Bereitschaft, andere empfindsame Lebewesen zum Zweck der Unterhaltung oder der Fleischproduktion in Käfige einzusperren und zu quälen, zwanghaft zu sein. Eine der größten Fähigkeiten des menschlichen Verstands ist die der »Dissoziation«, das heißt der Trennung von eigentlich zusammenhängenden Phänomenen. So kann ein Mensch zum Beispiel ohne Weiteres sein Haustier über alles lieben, gleichzeitig aber ungerührt bleiben, wenn Hunderte von Millionen Tieren auf der Welt täglich unsägliche Leiden ertragen müssen, obgleich diese Tiere über das gleiche Level an Bewusstsein verfügen wie das angeblich so geliebte Haustier. Oft unterstützen wir diese Praktiken sogar aktiv. Unsere Ernährung, die Kleidung, die wir tragen, sowie im Allgemeinen die Konsumgüter, die wir täglich kaufen, sind ein Zeugnis unserer Ignoranz und unserer moralischen Unfähigkeit.
Ist es nicht krankhaft, wenn wir, um einem Kind einen Tag voller Spaß und Freude zu bereiten, Tiere quälen, die dieses Kind instinktiv lieb hat? Ist der Preis, den wir für diese Freude bezahlen, nicht zu hoch? Das geschieht natürlich ohne das Wissen der Kinder, die keine Ahnung davon haben, was »hinter der Bühne« vor sich geht. Dadurch werden die Kinder selbst unempfindlich gegenüber Heuchelei und Unaufrichtigkeit und diese Verhaltensweisen werden von Generation zu Generation vererbt. Es ist so leicht, sich daran zu gewöhnen: ein Ausflug in den Vergnügungspark, den Zoo, ins Aquarium oder zu einem Rodeo; dazu Hotdogs, Hamburger und Schokoladeneis. Damit bringen wir den Kindern bei, die Tiere auf künstliche und oberflächliche Weise zu lieben, wobei diese Augenblicke der Zuwendung teuer erkauft sind, nämlich zum Preis des Leidens der Tiere. Können wir nicht stattdessen unsere Aufmerksamkeit der wunderbaren Zartheit und Schönheit der Tiere schenken und uns von diesen Unterdrückungspraktiken distanzieren? Wo bleibt sonst die Wahrheit, das Erwachen, die transzendente Praxis?
Du bist der Betrachter und als solcher derjenige, der die Konzepte entwirft. Du siehst die Farben des Regenbogens, die Augen eines anderen Menschen und du zeichnest den Verlauf des Lebens auf deine Weise auf, so wie sonst kein anderer. Als Menschen erzählen wir unsere Geschichten oft von der Perspektive eines anonymen Betrachters. Dieser nimmt gewissermaßen die Funktion eines Fotoapparats, eines Malerpinsels oder einer Filmkamera wahr. Er erlaubt es uns, eine gegebene Szene sozusagen objektiv, in ihrer Ganzheit zu sehen. Es gibt da einen Witz, dem dieser Gedanke zugrunde liegt. Frage: »Was sagte Jesus beim letzten Abendmahl?« Antwort: »Wer aufs Bild möchte, bitte auf diese Seite des Tisches kommen.«
Leonardo da Vinci erfüllte die Funktion eines solchen Beobachters, als er die Szene in seinem berühmten Gemälde darstellte. Natürlich findet dieser Akt der Beobachtung nur in seiner Vorstellung statt, was ja auch die Pointe des Witzes ist. Wie ironisch, dass wir uns zwar Jesus, also eine der am engsten mit Begriffen wie Sanftmut und Mitgefühl assoziierten historischen Figuren, ohne Weiteres vorstellen können, dass wir aber unsere schöpferische Fantasie nicht dazu verwenden, unser Einfühlungsvermögen und unser Mitgefühl für andere lebendige Wesen zu stärken, um damit genau der Sache zu dienen, für die Jesus steht.
Allzu schwer wäre das nicht, vorausgesetzt, dass wir den Entschluss fassen, das all-sehende Auge in unserem Geist zur Kontemplation zu gebrauchen. Das wäre ein einfacher Prozess, der schon im Kindergarten oder der Grundschule gelehrt werden könnte. Als kontemplative Praxis könnte er mit der folgenden Einleitung beginnen: »Stellt euch dieses Tier vor, das wir essen. Stellt euch vor, woher es kommt, wie es geboren wurde, wo und wie es gelebt hat, wie es gestorben ist und wie es dann hierher gekommen ist.« Eine solche einfache Kreativitätsübung erweitert das Wahrnehmungsspektrum und kann zur Grundlegung der kollektiven moralischen Verantwortungsbereitschaft beitragen, die gerade hier und heute absolut notwendig geworden ist, wenn wir die sich entfaltende Welt wirklich dahin steuern wollen, wohin sie laut unseren religiösen und spirituellen Proklamationen hin soll. Ist es von einer Bewusstseinsrevolution etwa zu viel verlangt, unsere Visualisierungsfähigkeit zur Verbreitung von Mitgefühl einzusetzen? Die Zeit dafür ist gekommen! Genau jetzt!
An einem Spätnachmittag vor vielen Jahren war ich an der Waianae-Küste auf der Insel Oahu beim Schwimmen. Ich war in Begleitung meiner beiden Freunde Alejandra und Ronnie, zwei Abenteurern mit empfindsamen Seelen. Wir schwammen ungefähr 600 bis 800 Meter hinaus. Dort draußen war der Ozean voller Meeresschildkröten, Delfinen und großen Haien. Wir sahen gerade noch das Muster des weißen Sandes auf dem Meeresgrund, bevor dieser plötzlich steil in eine kristallblaue Dunkelheit abfiel. Und dann hörten wir das unverwechselbare Klicken und Rufen einer Schule von Spinnerdelfinen. Zehn von ihnen waren unterhalb von uns und ein paar andere schwammen diagonal an ihnen vorbei. Ein weiteres Dutzend folgte. Eine Stunde lang schwammen wir kreisend die Küste hoch und runter und ab und zu tauchten wir ab, um für ein paar Augenblicke an ihrer Welt teilzuhaben.
Schließlich gelang es Alejandra und mir, das Verhalten der Delfine einigermaßen gut zu imitieren. Einer der größeren Delfine begann, ungefähr eine Armlänge entfernt, um uns herumzukreisen. Wir hielten Blickkontakt mit ihm und drehten uns auf der Stelle, während er um uns herumschwamm. Der Augenblick schien ewig zu dauern. In meiner Begeisterung stieß ich einen euphorischen Laut aus, ähnlich einem Lachen, und der Delfin imitierte mich. Ich lachte noch einmal und war mir nicht sicher, ob seine Reaktion nur ein Zufall war oder ob er und ich an einer Art urzeitlichem Ritual teilnahmen und uns gegenseitig feierten. Er imitierte auch mein zweites Lachen und dann noch weitere, wobei die Qualität des Lautes sich immer ein wenig änderte. Da waren wir, im Wasser kreisend, der Delfin immer schneller werdend. Die Erregung in unseren Herzen stieg und zwischen uns dreien entstand eine spürbare elektrische Spannung. Unser Tanz wurde zu einer quasi-samadhischen Befreiung von der künstlichen Trennung unserer Welten.
Das war das erste Mal und seitdem bin ich noch oft mit Delfinen, Walen, Haien und anderen Tieren in ihrem natürlichen Lebensraum geschwommen, ohne Boote, Käfige oder Tauchausrüstung. Immer wenn ich einem dieser wundervollen Wesen begegne, empfinde ich es wie eine Neuentdeckung. Jedes Mal scheinen auch sie genauso neugierig auf mich zu sein wie ich auf sie, obgleich sie im Wasser natürlich so viel anmutiger, ausdrucksvoller und befreiter sind, als ich es je sein könnte. Wie ist es möglich, dass wir einerseits die Schönheit und Intelligenz dieses Wesens feiern, andererseits aber dazu bereit sind, es in einen Käfig einzusperren und unter Umständen sogar zu töten, alles zu unserer Unterhaltung? Wie ist es möglich, dass wir das überhaupt mit Tieren machen?
In seinem Buch The Descent of Man (1871) (deutsch Die Abstammung des Menschen) schrieb Darwin schon im Jahr 1871: »Ich glaube, es ist nun gezeigt worden, dass der Mensch und die höheren Thiere, besonders die Primaten, einige wenige Instincte gemeinsam haben. Alle haben dieselben Sinneseindrücke und Empfindungen, ähnliche Leidenschaften, Affecte und Erregungen, selbst die complexeren, wie Eifersucht, Verdacht, Ehrgeiz, Dankbarkeit und Grossherzigkeit; sie üben Betrug und rächen sich; sie sind empfindlich für das Lächerliche und haben selbst einen Sinn für Humor. Sie fühlen Verwunderung und Neugierde, sie besitzen dieselben Kräfte der Nachahmung, Aufmerksamkeit, Überlegung, Wahl, Gedächtniss, Einbildung, Ideenassociation. Verstand, wenn auch in sehr verschiedenen Graden. Die Individuen einer und derselben Species zeigen gradweise Verschiedenheit im Intellect von absoluter Schwachsinnigkeit bis zu grosser Trefflichkeit. Sie sind auch dem Wahnsinn ausgesetzt, wenn schon sie weit weniger oft daran leiden als der Mensch.«
Das Wort Emotion kommt vom lateinischen »ēmovere«, das aus den beiden Wurzeln »ē/ex-, aus« und »movere, sich bewegen« besteht. Emotion heißt also »Hinausgehen, Hinausbewegung«. Solange das Vorhandensein von Emotionen nicht genug Grund dafür ist, ein Wesen als intelligent und empfindsam zu respektieren, kann es keine Zukunft für die Evolution der Menschheit geben und auch nicht für andere Lebensformen. Unser Mangel an persönlichem Verantwortungsgefühl ist eine Form der Ignoranz, die unbedingt durch intensive Bewusstseinsentwicklung ausgeglichen werden muss, wenn wir nicht in die tiefe Finsternis der apokalyptischen Visionen versinken wollen, die in unserer Popkultur so weitläufig angeboten werden. Es ist durchaus möglich, dass diese Bilder und Geschichten aus dem kollektiven Unterbewusstsein stammen, von einem verdrängten Schatten, der sich, falls nicht adäquat anerkannt und gewürdigt, früher oder später in der Wirklichkeit manifestieren könnte.
Die Massenmedien berichten nicht darüber, was wirklich wichtig ist. Stattdessen liefern sie uns all das, was wir bereit sind zu konsumieren. Sie verkaufen uns Drogen und wir werden süchtig. Wir werden süchtig nach Ablenkung, süchtig nach Komfort und so lange wir weiter kaufen, so lange stärken wir die Macht oder wenigstens die Fassade der Macht, dieser »Drogenhändler«. Auf diese Weise schaffen wir die Bürokratien, die wir gleichzeitig verachten und kritisieren. Auf diese Weise verdrängen wir unsere eigene Grausamkeit und prägen Heuchelei in unser Erbgut ein.
Kann es einen deutlicheren Ausdruck der Gottlosigkeit geben, als unser ständiges Einsaugen von Unwissenheit und Betäubung, das als Nebenprodukt permanentes Leiden erzeugt? Einerseits besitzen wir die Fähigkeit, tiefes Mitgefühl zu zeigen. Andererseits aber fällt uns nichts leichter, als unsere Bequemlichkeit zu rechtfertigen und die Notwendigkeit anderen zu helfen zu ignorieren. Diese Haltung kann man überall finden. Dabei gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht: Die schlechte Nachricht ist, dass die Verantwortlichen für Heuchelei und Unaufrichtigkeit nicht irgendwo anders zu suchen sind. Sie sind in uns selbst, in jedem Einzelnen von uns. Die gute Nachricht aber ist, dass dasselbe auch für den Retter gilt. Das Schicksal hat uns zu diesem gegenwärtigen Punkt geführt. Jetzt hängt die weitere Entwicklung von uns selbst, unserer eigenen Disziplin und unserer Hoffnung ab. Und dazu brauchen wir die Bewusstseinsrevolution.
Das Paradox
»Du bist zu Größerem bestimmt«, so das Kriegsgeschrei der selbst ernannten und sich selbst bedienenden, sogenannten »Self-help-Gurus« der New-Age-Bewegung. Als wäre es nicht genug, dass man Augen zum Sehen hat und Arme zum Umarmen. Als wäre es nicht angenehm genug, sich an einem Atemzug erfreuen zu können oder die wunderbare Wärme der Sonne auf der Haut zu spüren. »Nein, du musst unbedingt Chef eines Start-ups werden, deine Erfolgsgeschichte schreiben, weil das der göttliche Plan für dich ist.« Leider ist nichts schädlicher auf dem Weg zur persönlichen Selbsterfüllung als eine solche Anweisung.
Ein gesundes Selbstwertgefühl aufzubauen, ist zweifellos eine sehr wirksame Methode zur Erlangung und Unterstützung einer guten Gesundheit. Viele Alltagshelden, wie zum Beispiel Sozialarbeiter, Psychologen, Heilpraktiker, Autoren und Coaches, deren Aufgabe es ist, anderen zu helfen und die dabei oft bemerkenswerte Resultate erreichen, können ein Lied davon singen. Ich habe die Richtigkeit dieser Aussage selbst oft in meinen eigenen Vorträgen und Seminaren beobachten können. Das rechtfertigt aber keineswegs die Fülle von Buch- und Trainingsangeboten, in denen Glück, Erfolg und Erfüllung mit dem Erwerb von Reichtum gleichgesetzt wird und deren Maxime lautet: Du kannst alles erreichen und alles bekommen, was du willst. Wenn du jemals etwas in diesem Bereich zu tun hattest, kennst du wahrscheinlich die Statistik: 90 % der Leute lesen nur 10 % eines solchen Buches. Mein Ratschlag ist daher: Suche dir Autoren, Künstler, Musiker, Dichter, Trainer und Therapeuten, die dir einen Weg in dich selbst hinein öffnen. Lies die Bücher und folge den Zeichen, die dich zu etwas Beständigem, Ewigem führen, zu einer Vertiefung deiner Beziehung zu anderen, zu dir selbst, zum Leben.
Ein Beispiel eines solchen Autors ist Ken Wilber, der die entwicklungspsychologischen Theorien von Piaget, Graves, Loevinger, Kohlberg und Cook-Greuter ausführlich und verständlich darstellt. Zentral ist hierbei das Konzept der drei Entwicklungsstufen, die als »präkonventionell«, »konventionell« und »postkonventionell« bezeichnet werden. Das sind Bewusstseinsstufen, die ein Mensch in seiner Entwicklung durchlaufen kann. Wichtig ist es hier, dass diese Stufen von Bewusstseinszuständen zu unterscheiden sind: Jeder kann von Zeit zu Zeit einen höheren Bewusstseinszustand erleben, wie eine Art »Gipfelerlebnis«, um dann aber wieder auf die normale Ebene zurückzukehren. Die Bewusstseinsstufen hingegen sind mehr permanent und mit einer Bewusstseinsverschiebung sowie einem fundamentalen Wachstumsprozess verbunden. Von außen betrachtet, sieht dabei die niedrigere Stufe, also die präkonventionelle Stufe, so ähnlich aus wie die höhere, die postkonventionelle. Wilber bezeichnet das als die »Prä-/Trans-Verwechslung«, was so viel heißt, dass oft irrationales Denken fälschlicherweise höher bewertet wird, als es eigentlich verdient, während umgekehrt überrationales, postkonventionelles Denken mit Irrationalität verwechselt wird.
Nehmen wir das Beispiel einer Frau, die eine Antwort auf die rein hypothetische Frage geben soll, ob sie das Recht habe, ein Kind abzutreiben. Auf der präkonventionellen Stufe wird die Antwort lauten: »Ja, ich habe das Recht, mit meinem Körper zu tun, was ich will.« Mit anderen Worten, sie ist nur um ihr eigenes Wohlergehen besorgt. Auf der konventionellen Ebene könnte dann ein »Nein« die Antwort sein, wenn die Frau zum Beispiel den Vorschriften und Konventionen der katholischen Kirche folgt oder im Allgemeinen dem Gebot »Du sollst nicht töten« verpflichtet ist. Erst auf der postkonventionellen Ebene wird eine Antwort möglich, die der ganzen Komplexität der Frage gerecht wird. Hier kann wieder ein »Ja« stehen, aber dieses »Ja« ist nicht identisch mit dem obigen, da verschiedene Szenarien in Betracht gezogen werden, wie etwa Fragen nach gesundheitlichen Bedenken, nach potenziellen Risikofaktoren für die Mutter, nach der möglichen Zukunft des ungeborenen Kindes.
Das postkonventionelle »Ja« darf also nicht mit dem präkonventionellen verwechselt werden: Es basiert auf mehr Information, größerem Einfühlungsvermögen und berücksichtigt eine größere Anzahl von Perspektiven und Möglichkeiten. Auf der präkonventionellen Ebene ist die Perspektive von innen nach außen, während auf der postkonventionellen Ebene der Blick sich auch von außen nach innen richtet. Das »Ja« in beiden Fällen kommt also von unterschiedlichen psychologischen Entwicklungsstufen.
Hier erscheint erneut das Paradox. Um in dieser Welt zu leben, müssen wir uns ihrer materiellen, physikalischen Struktur anpassen. Das bedeutet, dass wir uns mit Sorgfalt um unseren Körper, unsere Organe, unseren Geist kümmern müssen. Paradox ist dabei die Tatsache, dass all das, um das wir uns so sehr sorgen, vergänglich ist. Alles Körperliche und Materielle stirbt, aber etwas bleibt bestehen und lebt weiter. Was also tun: Sich zu sehr um etwas kümmern, das sowieso nicht beständig ist, oder einfach gehen lassen, unbekümmert und achtlos werden? Beide Haltungen werden oft miteinander verwechselt. Wenn wir uns Ziele für unser Leben setzen, dann verpflichten wir uns dazu, Dinge zu tun, die uns voranbringen und uns diesen Zielen näherbringen. Das Ziel wird oft als ein Moment am Ende des Lebens dargestellt, von dem man zurückblickt und sieht, was man erreicht hat. Aber dieses Ziel existiert so gar nicht. Die einzige Funktion dieser Vorstellung ist, dass es unserem Leben hier und jetzt mehr Tiefgang gibt.
Aussagen, die wirklich auf ein besseres Verständnis des Lebens hinweisen, sind ebenso paradox. Man kann überhaupt nicht darüber reden, ohne gleich zu viel zu sagen. Es bleibt nichts anderes übrig, als es zu zeigen, zu demonstrieren, es auf einem Tablett zu servieren. Lebe es, erwirb es, tue es! Der amerikanische Philosoph Alan Watts sprach in diesem Zusammenhang vom Zen als »geistiger Augenheilkunde«. Es erlaubt dir, deine Sehkraft so zu verbessern, dass du das Wesen des Lebens klarer siehst denn je. Wenn du das Gesehene dann beschreibst, dann sagst du nur genau so viel wie nötig. Nicht mehr und nicht weniger. Und dann ziehst du die Worte wieder heraus: Die Regeln der Sprache müssen gebrochen werden. Konventionelle Sprache und Kommunikation sind unzureichend.
Das Erfassen des Paradoxes allein führt nicht zur Loslösung von den Dingen. Ganz im Gegenteil führt es dazu, dass du dich noch intensiver engagierst, noch mehr auf das Leben einlässt. Du lebst in ständiger Umarmung mit der ganze...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Kurztitel
  3. Titel
  4. Impressum
  5. Inhaltsverzeichnis
  6. KAPITEL I Das Schicksal, die Hand, die sich dir entgegenstreckt, und der Übermensch
  7. KAPITEL 2 Maya und der Traum
  8. KAPITEL 3 Das zweite Satori und sich selbst feiern lernen
  9. KAPITEL 4 Die Anziehungskraft des Omegapunktes, der Lachs und die Hummel
  10. KAPITEL 5 Selbsthilfe, Lincoln und die Quelle des Glücks
  11. KAPITEL 6 Der Kannibale und die Evolution des Bewusstseins
  12. KAPITEL 7 Der Schwimmer, die Seele und der Regentropfen
  13. KAPITEL 8 Die unsichtbare Kraft, Buddha im Gefängnis und der tanzende Shiva
  14. KAPITEL 9 Indra und die Ameisen und das Loslassen
  15. KAPITEL 10 Kali und der Weg nach Hause
  16. KAPITEL 11 Platons Höhle, Zhuangzis Traum und die Notwendigkeit der Poesie
  17. KAPITEL 12 Das Neutrino, die Aufrichtigkeit und die sieben Schwestern
  18. KAPITEL 13 Das torlose Tor, der Delfin, das Paradox und die Gezeitenströmung
  19. Literatur
  20. Über den Autor
  21. Stimmen zum Buch