Vom Holztempel zur Backsteingotik
Undurchdringliches Dunkel liegt über der allmählichen slawischen Besiedlung des Gebietes, aus dem sich Mecklenburg entwickelte, heutigen Denkgewohnheiten und -möglichkeiten nur schwer zugänglich. Die Gestalt der slawischen Stammesverbände wird erst erkennbar, als sie bereits voll ausgeprägt war und im Begriff stand, sich weiter auszudifferenzieren.
Vor den Slawen hatten Germanen die südlichen Ostseeländer bewohnt und unübersehbare, eindrucksvolle Lebens-Zeichen, die Großsteingräber, aufgerichtet, vom Volksmund heute noch unwissenschaftlich aber ehrfurchtsvoll als Hünengräber bezeichnet, wie man sie bei Groß Stieten, Naschendorf oder Boitin - Orte im Landkreis Nordwestmecklenburg - findet. Die Nachfahren der hier bestatteten Toten hatten das Land verlassen, und die Gründe, die dazu führten, sind nicht einmal in Mythologie oder Sagenwelt eingeflossen.
Und doch – in unseren Tagen stieß man auf Zeugnisse bronzezeitlichen Lebens und Kämpfens … Als die Griechen sich aufmachten, um Troja zu erobern, um 1300 v.Chr., fand an der Tollense etwa 30 Kilometer südlich von Greifswald eine große Schlacht statt, vielleicht die größte im bronzezeitlichen Nordeuropa. Archäologen fanden bis jetzt Überreste von 124 Menschen mit unübersehbaren Kampfspuren. Weitere Funde werden erwartet, man nimmt an, dass in dieser Schlacht über 1000 Menschen den Tod fanden. Wer waren sie? Wofür kämpften sie? Wo blieben die Überlebenden?
Die Slawen hatten ein Vakuum aufgefüllt, das von den Germanen verlassene Land in Besitz genommen und erweckten den Eindruck und Anschein, als seien sie hier immer zu Hause gewesen, als sei ihnen dieses Land mit seinen unzugänglichen Sumpf- und Seengebieten und seinen schwer durchdringbaren Waldflächen, in denen Eichenwälder dominierten, so recht auf den Leib geschneidert. Auf keinem Schriftdokument ist diese Landnahme festgehalten, Führerpersönlichkeiten sind in der Frühzeit nicht erkennbar. Die slawischen Stämme verfügten nicht über eine Schrift und konnten daher keine Selbstdarstellung überliefern. So geschehen im 6. nachchristlichen Jahrhundert, zu dessen Merkmalen die Wanderungen ganzer Völker gehörten, in dem viele spätere europäische Staaten ihre frühe Kindheit durchlebten, während andere von der Bühne der Weltgeschichte verschwanden.
Langsam, gleichsam widerstrebend, entwickelte sich ein genaueres Bild von den slawischen Bewohnern des Ostseebereiches. Sie geben sich zu erkennen, unterscheiden sich voneinander, bleiben nicht die Slawen schlechthin, haben sich bereits Gruppennamen gegeben. Eine erste Grenze zieht sich durch das spätere Land Mecklenburg in Nord-Süd-Richtung und markiert Stammeszugehörigkeit zu den Obotriten im Westen und zu den Wilzen im Osten. Innerhalb dieser Gruppierungen differenzieren sich kleinere Stammeseinheiten heraus: bei den Obotriten die Rereger um Wismar und Schwerin, die Warnaben an der oberen Warnow und die Polaben an der Elbe um Lauenburg, Boizenburg und Ratzeburg. Die Wilzen gliedern sich in die Stämme der Kessiner, der Circipaner, Tollenser und Redarier, auf die Namensprägungen zurückgehen, die bis zum heutigen Tage wirksam geblieben sind.
Viele Wurzeln und Impulse der slawischen Stämme liegen im Bereich des Mythischen, aus dem auch der Rinderkopf als Symbol und Wappenzeichen herauswuchs. Es ist der Auerochs, das Ur, ein ausgestorbenes europäisches Wildrind, dessen numinose Kräfte die Urvölker als Machtzuwachs für sich in Anspruch nahmen und in einem Feldzeichen demonstrierten.
Das Auerochsenhaupt mit der später hinzugefügten so genannten wendischen Krone ist Selbstdarstellung, Wunschtraum, auch nostalgische Verklärung. Das bezwungene und unterworfene, dienstbar gemachte Tier ist als Symbol der Stärke und der Starken, Abschreckung im Machtkampf, fast eine Parallele zur Wirkung der Gorgo Medusa aus der griechischen Mythologie, deren Anblick erstarren ließ und tötete.
Unter diesem Zeichen entwickelte sich auch die Nachbarschaft der Slawenstämme, insbesondere der Obotriten, zu den Dänen im Norden und den Sachsen im Westen. Von den Sachsen wurden die Obotriten vor allem als unberechenbare gefürchtete Räuber erlebt, die in wohl organisierten Zügen ins Nachbarland einfielen und mit reicher Beute wieder in ihre unzugänglichen Seengebiete zurückkehrten, Verwüstung und Zerstörung hinterlassend.
Gegen Ende des 8. Jahrhunderts treten die Obotriten in neue geschichtliche Zusammenhänge ein. Zum ersten Mal wird ein Fürst namentlich genannt, Witzan, der ein Bündnis mit Karl dem Großen einging, nachdem die Sachsen gewaltsam ins Frankenreich eingegliedert worden waren. Der Frankenkönig und spätere Kaiser brauchte die Hilfe der Obotriten gegen die Bedrohung durch die unterworfenen Sachsen und die Dänen, die seinem Reich gleichfalls feindselig gegenüberstanden. Aus dieser Konstellation entstand eine lang anhaltende und folgenschwere blutige Feindschaft zwischen Obotriten und Dänen.
Der Sitz des Obotritenfürsten in Mecklenburg, 6 km südlich von Wismar gelegen, gab dem Land den Namen und wurde zu einem festen historischen Punkt. Die „Michelenburg" wurde erstmals 995 erwähnt, als Kaiser Otto III. (996-1002) hier eine Urkunde ausstellen ließ. Solche Burgen dienten in Kriegszeiten als Zufluchtsstätten für die Dorfbevölkerung der Umgebung. An schwer zugänglichen Stellen errichtet, in einem Sumpfgebiet, auf einer Insel, boten die Burgen Schutz für Mensch und Vieh und waren darüber hinaus sicherer und zugleich repräsentativer Wohnsitz für das Stammes- oder Sippenoberhaupt und den Kosmos der Stammesgottheiten. Die Gesamtheit der obotritischen und wilzischen Burgen ergab ein gestaffeltes System mit den klar unterschiedenen Funktionen von Hauptburg, Nebenburgen und Verteidigungslinien bildenden Grenzburgen, das in dieser klaren Ausprägung einen längeren Entwicklungsprozess voraussetzt. Die wichtigsten Burgen sind mit ihren Namen überliefert: Schwerin, Wiligrad (auch Weligrad genannt, das spätere Mecklenburg), Dobin und Ilow bei den Obotriten, Werle bei den Kessinern, Stargard und Rethra bei den Redariern.
Über Anlage und Bau solcher Burgen hat ein jüdischer Reisender um 973 berichtet. Ibrahim ibn Jacub, vermutlich ein Arzt, bereiste im Gefolge des Kalifen von Cordoba im seinerzeit islamischen Spanien die slawischen Länder an der Ostsee und in Böhmen. Seine Berichte sind in einer Abschrift aus der Mitte des 11.Jahrhunderts erhalten und stellen wohl die älteste schriftliche Quelle über das Leben der Ostseeslawen dar, wohltuend sachlich und ohne Vorurteile. In späterer Zeit waren die schriftlosen Slawen Darstellungsobjekt von Berichterstattern, von denen sie meist als Gegner angesehen wurden.
Der Burgenbau scheint Ibrahim ibn Jacub ganz besonders interessiert zu haben. Aus seinen Beschreibungen spricht auch Bewunderung für diese Art des Bauens und die Funktionstüchtigkeit der Bauwerke. Zunächst suchte man sorgfältig nach einem Bauplatz, der bestimmten Normen und Anforderungen entsprechen musste. Ein Wiesenboden sollte es sein, der Nahrung für das Vieh bot. Wasser musste desgleichen für Mensch und Tier verfügbar sein, und es hatte auch der Verteidigung zu dienen. Unabdingbar war das Vorhandensein von schilfbewachsenen morastigen Uferzonen als Rückzugsgebiet und Versteck. Solche Gegebenheiten finden sich in Mecklenburg häufig.
Spätere Berichterstatter sind meist Geistliche, die ihr Material oft nur aus zweiter Hand erhielten und unter eingeschränkten Blickwinkeln verarbeiteten: die Überlegenheit des christlichen Glaubens, die primitive Wildheit der slawischen Stämme und eine gewisse attraktive Exotik. Es bedarf daher nicht nur sprachlicher Übersetzerkünste, um ein zutreffendes Bild slawischen Lebens entstehen zu lassen.
Die Obotriten errichteten im Westen Mecklenburgs eine territoriale Herrschaft, die weit in die Siedlungsgebiete der Liutizen hineinreichte. Nach deren Unterwerfung der Sachsen 789 drang das fränkische Heer tief in slawische Gebiete bis zur Peene vor. Mit solchen Zügen wollten die deutschen Kaiser in erster Linie die Ostgrenze des Reiches schützen.
Vorübergehend unterwarf Otto der Große die Obotriten und setzte einen Markgrafen für Ostholstein, Mecklenburg und Vorpommern ein. Im großen Slawenaufstand 983 ging die Markgrafschaft wieder verloren. Der Limes Saxonicus, der sächsische Grenzwall, kennzeichnete in der Folgezeit von Boizenburg an der Elbe bis zur Kieler Bucht die Abgrenzung gegen die Slawen, die von den Deutschen als Wenden bezeichnet wurden.
Die Anbindung des Obotritenlandes an den fränkisch-sächsischen Machtbereich blieb bis ins 10. Jahrhundert hinein recht lose. Auch die Errichtung des Erzbistums Hamburg im Jahre 831 als christlicher Brückenkopf zum Osten führte zunächst nicht zu neuer Dynamik an der sächsisch-slawischen, christlich-heidnischen Nahtstelle. Erst als Kaiser Otto an den Grenzen der Slawenländer die Markgrafen Gero und Hermann Billung zur allmählichen Unterwerfung einsetzte, wurde auch der Druck auf die Obotriten stärker, zugleich jedoch der Gegendruck und Widerstand.
Die Spuren der materiellen Kultur der Slawen sind spärlich, vor allem deshalb, weil die einstigen Bewohner Mecklenburgs ihre Bauten aus dem vergänglichen Material Holz errichteten, da das Land über behaubaren Stein nicht verfügte und Ziegelsteine noch unbekannt waren. Dennoch - die archäologischen Grabungen insbesondere nach dem 2. Weltkrieg, die vor allem mit dem Namen Ewald Schuldt (1914-1987) verbunden sind, brachten auch zahlreiche hölzerne Bauelemente ans Tageslicht und ermöglichten die Rekonstruktion von Siedlungen und Kultbauten. Ein besonders aufschlussreiches Beispiel befindet sich auf dem Gelände des archäologischen Freilichtmuseums in Groß Raden bei Sternberg.
Das Festigen und Ausfächern der inneren Verhältnisse, die Abstufungen von Macht und Gehorsam, die sich wandelnden Beziehungen von Mächtigen und Gehorchenden führten allmählich zu Veränderungen. Aus dem Dorfältesten wurde der Gutsherr. Manche dieser Herren brachten mehrere, ja viele Ansiedlungen in ihren Machtbereich und gewannen die Stellung von Gaufürsten, die bald untereinander um noch mehr Machtbefugnisse kämpften. Dabei wurde das Interesse an auswärtigen Bündnispartnern immer größer.
Neben den Fürsten und dem Adel nahmen die Priester eine herausragende Stellung ein. Man erkannte sie daran, dass sie Haupthaar und Bart nicht schoren. Die Religion hatte einen hohen Stellenwert. Hiervon zeugen die Tempelburgen in Arkona auf Rügen, in Rethra oder auf Swante Wustrow, der heiligen Insel. Die Religion der Slawen diente vor allem dem Schutz der Identität, der althergebrachten Lebensweise und Vorstellungswelt. Gute und böse Kräfte offenbaren sich kämpfend in der Natur, zeigen sich als Belebung und Zerstörung. Ihre Verkörperung finden sie als gute, lichterfüllte Gottheit, oder in einem finsteren, lichtlosen göttlichen Wesen, das sich meist als mächtiger erweist als das Lichtwesen und Furcht und Schrecken verbreitet. Hoffnung auf den Sieg des Guten, des Besseren wird nicht ausgeprägt. Entwicklung und Veränderung werden nicht zu Bewusstseinsinhalten.
Die Suche nach den Spuren der slawischen Götterwelt ist mühsam und vom Rankenwerk der Legenden umgeben. Sie war immer wieder Gegenstand eines besonderen literarischen Interesses. Auch Theodor Fontane wandte sich in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ diesen Spuren zu, verfolgte sie bis Pommern und Mecklenburg und setzte sie in Kontrast zum griechisch römischen Götterhimmel, der allein den klassischen Bildungskanon bestimmte.
Zu den mächtigsten Göttern der Ostseeslawen wurden Radegast und Swantewit. Radegast war ursprünglich nur Stammesgott der Redarier, Swantewit Stammesgott der Ranen, der Bewohner von Rügen. Mittelpunkte dieser Götterkulte waren das Radegast-Heiligtum von Rethra, das man auf einer Insel im Tollensesee vermutet, und das Heiligtum in Arkona. Da diese Heiligtümer naturgemäß das besondere Interesse der frühen christlichen Missionare fanden, wurden Eindrücke und Vorstellungen dieser Welt festgehalten und überliefert, wenn auch meist aus dem Blickwinkel der Konfrontation.
Sitz des Radegast war eine besonders starke Burg, geschützt durch Wasser und Sümpfe, im Wald völlig versteckt, erreichbar nur für Eingeweihte. Nur kultisch Befugte durften die hölzerne Brücke zum Heiligtum, das noch zusätzlich von einer dreieckigen Burg abgeschirmt wurde, passieren, sei es mit Opfern als Ausdruck der Devotion oder mit persönlichen Fragen und dem Versprechen absoluter Unterwerfung unter die orakelhafte Antwort.
Die Außenwände des Tempels waren mit holzgeschnitzten Götterbildern bedeckt, nicht als Schmuck, sondern zur Abwehr feindlicher Kräfte, die keinen Zugang zum goldenen Bild des Radegast finden sollten. Seine Skulptur war nach Art eines Pantheons von vielen Götterbildern umgeben. Radegast kann als die eigentliche Verkörperung des siegreichen Lichtgottes gelten, des Garanten für die Einheit der slawischen Stämme, die sein Bild auf Kriegsfahnen und Schilden dem Heer vorantragen ließen. Eine Darstellung von Georg Spalatin aus der Sachsenchronik (1510) zeigt Radegast mit einem Auerochsenkopf aus seinem Wappenschild. Das legt die Vermutung nahe, dass das mecklenburgische Wappentier in einer besonderen Beziehung zum Gott Radegast steht.
Kultisches Attribut des Radegast war ein lebendes weißes Pferd, das ständig im Heiligtum gehalten wurde und als Orakel den Willen des Gottes kundtat, dem sich die Menschen bedingungslos unterwarfen. Auch ein mit Met gefülltes Trinkhorn wurde als Orakelwerkzeug benutzt. Das von Saxo Grammaticus (dänischer Geschichtsschreiber, geb. um 1150, gest. 1216) als riesig geschilderte hölzerne Standbild des Swantewit im Arkona-Heiligtum hatte vier Köpfe, die in die vier Himmelsrichtungen gewandt waren und somit absolute Machtfülle und auch kosmische Vorstellungen symbolisierten. Der Name des Swantewit war so tief ins Bewusstsein der Ostseeslawen eingeprägt, dass kluge christliche Missionare sich später dazu entschlossen, ihn als Sanctus Vitus, einen altchristlichen römischen Märtyrer, weiterleben zu lassen.
Aus der von den Slawenmissionaren besonders gefürchteten polabischen Fruchtbarkeitsgöttin Siwa aber wurde die „Böse Sieben", vor der man sich besonders in acht nehmen sollte.
In Rethra und Arkona wurde die Identität der Ostseeslawen am sorgfältigsten und längsten bewahrt, gehütet und verteidigt. Hier hielt sich der Widerstand gegen das lebhaft vordrängende Christentum am hartnäckigsten, geschürt und belebt von einer mächtigen, einflussreichen Priesterschaft.
Mecklenburg erhielt wesentliche Prägungen auch durch christliche Vorstellungen. Die Christianisierung des Landes dauerte allerdings mehrere Jahrhunderte. Der aus Frankreich stammende Mönch und Bischof Ansgar steht den christlichen Wurzeln dieses Gebietes am nächsten. Er war Erzbischof von Hamburg-Bremen in den Tagen Karls des Großen. In seinem Bistum gab es nur vier Taufkirchen. Auch die ferneren Völker, die Jüten und Schweden und die Ostseeslawen waren ihm anvertraut. Mit der Mission bei den Obotriten hatte er keinen Erfolg. Seine Bemühungen wurden erst nach fast 200 Jahren durch den christlichen Slawenfürsten Gottschalk fortgesetzt, der seine Erziehung im Michaeliskloster zu Lüneburg erhalten hatte. Nach blutigen Sippenfehden schloss er sich als Wiking, als landsuchender Seebewohner, dem Dänenkönig Knut an, als dessen Schwiegersohn er um 1043 in das Land südlich der Ostsee zurückkehrte und die Stämme der Obotriten, der Wagrier und Polaben einte. Unter seinem Schutz wurden die Bistümer Ratzeburg und Mecklenburg gegründet.
Im Jahre 1066 erhoben sich jedoch die Slawen gegen die Macht des Kaisers und den Einfluss seiner Vasallen, und im Verlauf der Schlacht bei Lenzen fand Gottschalk mit vielen anderen den Tod. Mit vielen anderen wurde auch Ansverus, der Abt des Benediktinerklosters St. Georg in Ratzeburg, getötet. Die christliche Saat schien erstickt zu sein.
Eine nachhaltige christliche Missionierung der slawischen Stämme erfolgte erst in der Mitte des 12.Jahrhunderts unter dem Schutz Heinrichs des Löwen, des dänischen Königs Waldemars I. und des Polenkönigs Boleslaw III. Im Westen Mecklenburgs war seit dem 11.Jahrhundert das Herrschergeschlecht der Obotriten durch Lehnsverträge an das Herzogtum Sachsen gebunden. Der Obotritenfürst Niklot widerstand dem Kreuzzug, zu dem 1147 Bernhard von Clairvaux (Zisterzienser, Kreuzzugsprediger und Mystiker, 1090-1153) die sächsischen Bischöfe, Fürsten und alle Gläubigen gegen die heidnischen Wenden aufgerufen hatten. Erst als 1151 Adolf von Holstein dem Slawenfürsten Niklot gegen wilzische Stämme half, trat jener der Christianisierung nicht mehr entgegen, die danach vor allem durch den Zisterziensermönch Berno eifrig betrieben wurde.
Außer bei den Pruzzen (baltischer Volksstamm zwischen Weichsel und Minge) ist wohl in keiner deutschen Region bei der Einführung des Christentums so viel Blut geflossen wie in Mecklenburg. Die ersten Chronisten, Thietmar von Merseburg und Helmold von Bosau, geben davon anschauliche Berichte, sparen aber auch nicht mit Kritik an der Macht- und Habgier der Sachsen. Auch der Dänenkönig Sven Astridson ist der Meinung, dass die Slawenvölker längst bekehrt worden wären, wenn nicht die Habsucht der Sachsen ein unüberwindliches Hindernis gebildet hätte, „denn diesen steht der Sinn mehr nach Steuern, als nach Bekehrung der Heiden.“
Helmold überliefert die Worte, die im Jahre 1142 Pribislaw, Fürst der Wagrier und Polaben, vor seiner Taufe an den Lübecker Bischof Gerold richtete: „Unsere Fürsten - die sächsischen Herzöge und Grafen - verfahren mit solcher Strenge gegen uns, daß wegen des großen Druckes der Abgaben und der Knechtschaft der Tod uns lieber ist als das Leben... Wie soll es uns dabei noch möglich sein, für diesen neuen Glauben Kirchen zu bauen? Wozu uns taufen lassen, da wir täglich an Flucht denken müssen? Ach, wenn es nur einen Ort gäbe, wohin wir fliehen könnten! Aber wenn wir über die Trave gehen, so ist dort dasselbe Unheil, und kommen wir an die Peene, so ist es dort um nichts anders. Was bleibt uns also übrig, als das feste Land ganz zu verlassen und aufs Meer zu fahren? Oder welche Schuld trifft uns, wenn wir, aus dem Vaterland vertrieben, das Meer unsicher machen und von den Dänen oder den Kaufleuten, welche dasselbe befahren, unsern Lebensunterhalt entnehmen? Werden nicht die Fürsten, die uns dazu treiben, daran Schuld sein?“
Dem tatenfreudigen und machtbewussten Sachsenherzog Heinrich dem Löwen trat eine weitere Gründergestalt an die Seite, nicht nur klug, sondern auch weise, auf Vermittlung und Ausgleich gerichtet und von erstaunlichem historischen Weitblick: Berno, der Zisterziensermönch aus dem Weserkloster Amelungsborn, zu dessen Gründungskonvent er möglicherweise gehörte. Er stammte aus vornehmem Geschlecht und schloss sich der neuen Lebensweise des Bernhard von Clairvaux mit ihren urchristlichen Idealen an. Die Zisterzienser zeichneten sich durch straffe Ordnungen mit der Tendenz zur Zentralisation aus. Sie wollten in äußerster Armut, Einfachheit und Demut leben und ihren Unterhalt mit harter Handarbeit erwerben. Ein Ideal, eine Regel und gleiche Sitten sollten für alle gelten. Ganze Familien von Klöstern entstanden.
Berno fühlte sich aus innerem Antrieb zur Wendenmission berufen, durfte jedoch nur mit Zustimmung des Papstes sein Kloster verlassen und kam zwischen 1154 und 1157 aus persönlicher Entscheidung auf eigenes Risiko nach Mecklenburg. Ausgangspunkt seiner Arbeit war Schwerin, wo sich eine der Hauptburgen Niklots befand. Es kam zur Gründung einer kleinen Christengemeinde, die wohl vor allem aus deutschen Kaufleuten bestand.
Es gelang Berno nur zum Teil, vom Einfluss und Anspruch der Mächtigen frei zu bleiben. Er war Zeuge, wie die alte Mecklenburg durch einen Slawenaufstand zerstört wurde. Als er für die Getöteten unter freiem Himmel einen Gedenkgottesdienst hielt, wäre er um ein Haar einem gegnerischen Anschlag zum Opfer gefallen. Er war dabei, als Heinrich der Löwe 1168 auf Rügen landete, um die Insel in seinen Besitz zu bringen. Es muss ihm schwer genug geworden sein, zu den Eroberern gezählt zu werden.
In einer hellen Juninacht wurde die slawische Tempelburg Arkona erobert, n...