1.1.2017-30.6.2017
  1. 395 Seiten
  2. German
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Über dieses Buch

Die Sammlung bietet die Judikatur staatlicher Gerichte zum allgemeinen Religionsrecht und zum Verhältnis von Kirche und Staat. Die Sammlung ist die einzige ihrer Art im deutschsprachigen Raum. Seit Band 39 ist die für die Verhältnisse in Deutschland relevante Rechtsprechung europäischer Gerichtshöfe in die Sammlung einbezogen.

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Information

Jahr
2021
ISBN drucken
9783110678673
eBook-ISBN:
9783110678703
Auflage
1
Thema
Jura

1

Für einen Rechtsstreit um den Bestand und den Inhalt eines Grabnutzungsrechts auf dem Friedhof einer korporierten jüdischen Kultusgemeinde ist der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten eröffnet (wie ständige höchstrichterliche Rechtsprechung).
Art./§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 14 Abs. 2, 19 Abs. 4, 140 GG, 137 Abs. 3 WRV, 4 NW.BestG
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 3. Januar 2017 -19 A 1970/14-1
Die Beteiligten streiten über die Bestattung der verstorbenen Frau I. T., der nicht dem jüdischen Glauben angehörenden Stiefmutter der Kläger, auf dem von der Beklagten betriebenen jüdischen Friedhof T.-Straße in F. bzw. deren Umbettung dorthin.
Das VG Gelsenkirchen (Urteil vom 22.8.2014 -14 K 744/12- KirchE 64, 178) hat der Klage stattgegeben.
Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung blieb ohne Erfolg.

Aus den Gründen:

[1] Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. In ihrer fristgerecht eingegangenen Antragsbegründung … stützt die Beklagte ihn ausschließlich auf den Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Ihre nachträgliche Rüge auch der Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nrn. 2, 3 und 4 VwGO im Schriftsatz vom 7.11.2016 ist verspätet. (wird ausgeführt)
[4] Das Zulassungsvorbringen rechtfertigt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils. Richtigkeit im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO meint dabei die Ergebnisrichtigkeit des Entscheidungstenors, nicht dagegen die (vollständige) Richtigkeit der dafür gegebenen Begründung (BVerwG, Beschluss vom 10.3.2004 -7 AV 4.03- NVwZ-RR 2004, 542, juris, Rn 7 ff.).
[6] 1. Ernstliche Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils ergeben sich zunächst nicht aus dem Vorbringen der Beklagten, das Verwaltungsgericht habe für den vorliegenden Rechtsstreit zu Unrecht den Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten als eröffnet angesehen (juris, Rn 42 ff.). In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist seit Jahrzehnten geklärt, dass eine korporierte Religionsgemeinschaft öffentliche Gewalt im Sinne des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ausübt, wenn sie als Friedhofsträgerin auftritt, also einen öffentlichen Friedhof betreibt, auf dem Hinterbliebene die ihnen durch staatliches Recht auferlegte Bestattungspflicht erfüllen. Hiermit macht die Religionsgemeinschaft von der Widmungsbefugnis gegenüber Dritten Gebrauch, die ihr der Staat mit der Verleihung ihres Körperschaftsstatus übertragen hat. Die in Ausübung dieser Widmungsbefugnis wahrzunehmenden Friedhofsangelegenheiten gehören herkömmlich zu den gemeinsamen Angelegenheiten von Kirche (oder Religionsgemeinschaft) und Staat. Für sie ist der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten eröffnet, weil sie über den rein innerkirchlichen Bereich hinausreichen (BVerfG, Beschluss vom 30.6.2015 -2 BvR 1282/11- BVerfGE 139, 321, juris, Rn 92, KirchE 65, 432; Urteil vom 19.12.2000 -2 BvR 1500/97- BVerfGE 102, 370, juris, Rn 78, KirchE 38, 502; BVerwG, Beschluss vom 31.5.1990 -7 CB 31.89- NJW 1990, 2079, juris, Rn. 5, KirchE 28, 127; Urteil vom 16. 12.1966 -VII C 45.65- BVerwGE 25, 364 [365 f.], KirchE 8, 254; s. ferner NdsOVG, Urteil vom 30.11.1994 -8 L 166/92- DÖV 1995, 518, juris, Rn 7, KirchE 32, 435; BayVGH, Urteil vom 5.12.1990 -4 B 87.2014- VGHE BY 44, 7, juris, Rn 22 ff., KirchE 28, 359, jeweils mwN).
[8] Nach diesem Maßstab ist der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten für den vorliegenden Rechtsstreit eröffnet. Sein Streitgegenstand ist der von den Klägern geltend gemachte Anspruch aus dem 1971 von ihrem 1996 verstorbenen jüdischen Vater erworbenen Grabnutzungsrecht am Doppelgrab D 9 auf dem Friedhof der beklagten jüdischen Kultusgemeinde, ihre 2011 verstorbene nichtjüdische Stiefmutter in der noch freien Grabstelle neben ihrem Ehemann bestatten zu lassen, was die Beklagte seit 2011 bis heute unter Berufung auf halachisches Recht ablehnt.
[9] Zu Unrecht stützt die Beklagte ihren Standpunkt, der staatliche Rechtsweg sei nicht eröffnet, einseitig auf den Teil der höchstrichterlichen Rechtsprechung, welcher rein innerkirchliche Maßnahmen betrifft. Solche Maßnahmen sind keine Ausübung öffentlicher Gewalt im Sinn des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Für sie ist der staatliche Rechtsweg auf der Grundlage des allgemeinen Justizgewährungsanspruchs aus Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 und Art. 92 GG lediglich subsidiär gewährleistet, weil eine unmittelbare Überprüfung innerkirchlicher Maßnahmen durch staatliche Gerichte mit dem Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV unvereinbar wäre (BVerfG, Beschlüsse vom 9. 12.2008 -2 BvR 717/08- NJW 2009, 1195, juris, Rn 2, 5, KirchE 52, 337, und vom 18.9.1998 -2 BvR 1476/94- NJW 1999, 349, juris, Rn 28 f., KirchE 36, 409; BVerwG, Urteile vom 25.11. 2015 -6 C 21.14-BVerwGE 153, 282, juris, Rn 15, und vom 27.2.2014 -2 C 19.12- BVerwGE 149, 139, juris, Rn 27, KirchE 63, 161; BGH, Urteil vom 28.3.2003 -V ZR 261/02 - BGHZ 154, 306, juris, Rn 8, KirchE 43, 201).
[11] 2. Ebenso wenig ist ernstlich zweifelhaft, dass das Verwaltungsgericht nach § 40 Abs. 1 VwGO den Verwaltungsrechtsweg als eröffnet angesehen hat (Rn 34 ff). Auch insoweit ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung seit Jahrzehnten geklärt, dass ein Grabnutzungsrecht auf einem Friedhof als ein subjektiv-öffentliches Sondernutzungsrecht an der öffentlichen Anstalt Friedhof anzusehen ist. Das gilt unabhängig davon, ob der Träger des Friedhofs ein kommunaler, kirchlicher oder privater Träger oder, wie hier, eine korporierte Religionsgemeinschaft ist (§ 1 Abs. 2, 4 bis 6 BestG NRW).(BVerwG, Beschluss vom 18.12.2001 -9 BN 5.01- NVwZ 2002, 609, juris, Rn 3, KirchE 39, 469; Urteile vom 8.3.1974 -VII C 73.72- juris, Rn 18, vom 16.12.1966, aaO, S. 365, und vom 8.7.1960 -VII C 123.59- BVerwGE 11, 68 [73]); s. ferner OVG NRW, Beschlüsse vom 28.10.2016 -19 A 2345/15- juris, Rn 6 f., und vom 6.6.2016 -19 A 1039/15- juris, Rn 2 mwN).
[13] 3. Entgegen der unter Nr. 3 ihres Schriftsatzes vom 22.12.2016 weiterverfolgten Rechtsauffassung der Beklagten hat das Verwaltungsgericht auch das Rechtsschutzbedürfnis der Kläger im Ergebnis zutreffend bejaht (Rn 54 ff.). Dem steht insbesondere nicht die Eröffnung des Rechtswegs zu einem jüdischen Kirchengericht entgegen. Die gegenteilige Rechtsauffassung der Beklagten beruht der Sache nach wiederum auf der Prämisse, der Rechtstreit betreffe eine rein interne Angelegenheit der korporierten Religionsgemeinschaft, die nach dem oben unter 1. Ausgeführten unzutreffend ist. Nur für rein innerkirchliche Maßnahmen besteht ein Rechtsschutzbedürfnis für die Anrufung der staatlichen Gerichte erst dann, wenn ein von der Religionsgemeinschaft eröffneter interner Rechtsweg erfolglos ausgeschöpft ist (BVerfG, Beschluss vom 18.9.1998, aaO, Rn 30; BVerwG, Urteile vom 25.11.2015, aaO, Rn 20, und vom 27.2.2014, aaO, Rn 27; BGH, Urteil vom 28.3.2003, aaO, Rn 12 ff.
[15] 4. Keine ernstlichen Zweifel bestehen ferner an der Ergebnisrichtigkeit der Feststellung des Verwaltungsgerichts, die Beklagte habe dem Vater der Kläger spätestens mit der Übermittlung des an ihn gerichteten Schreibens ihres damaligen Vorstands am 11.12.1971 ein Grabnutzungsrecht eingeräumt (Rn 80 f.). Eine am Empfängerhorizont orientierte Auslegung dieses Schreibens ergibt, dass der Vorstand den Eheleuten das Nutzungsrecht am Doppelgrab sofort verbindlich einräumen und nicht etwa nur, wie die Beklagte meint, für die Zukunft im Sinn des heutigen § 38 NW.VwVfG zusichern wollte. Maßgeblich für diese Auslegung spricht, dass die Eheleute die Nutzungsgebühr in Höhe von damals 1.000,00 DM bereits entrichtet hatten. Hinzu kommt die Klarstellung im letzten Satz des Schreibens, dass „ein Steinsetzen zu Lebzeiten auf dem Jüdischen Friedhof nicht erlaubt“ sei. Diese Klarstellung ergibt nur Sinn, wenn den Eheleuten das Grabnutzungsrecht ab sofort zustehen sollte. Gegenteiliges lässt sich auch nicht aus den beiden Formulierungen ableiten, der Scheck sei zur „Reservierung“ von zwei Kaufgräbern übersandt, und, dass diese beiden Gräber den Eheleuten „vorbehalten bleiben“. Hiermit hat sich die Beklagte insbesondere keine spätere Entscheidung über das Nutzungsrecht vorbehalten, sondern im Gegenteil das „Vorbehalten“ sprachlich ausdrücklich auf die beiden Gräber bezogen, für die die Reservierung ersichtlich sofort wirksam werden sollte.
[16] Gegen diese Argumentation, die der Senat den Beteiligten bereits im Erörterungstermin vom 23.11.2016 unterbreitet hat, wendet die Beklagte unter den Nrn. 4 bis 6 ihres Schriftsatzes vom 22.12.2016 ohne Erfolg im Kern ein, die Zahlung von 1.000,00 DM könne nur als Anzahlung aufgefasst werden, weil im Jahr 1987 ausweislich einer aufgefundenen Rechnung aus diesem Jahr sogar ein Einzelgrab bereits 2.500,00 DM gekostet habe. Die Beklagte räumt selbst ein, in ihrem Archiv keine Belege zu den Gebühren der Grabnutzungsrechte in den 70er Jahren gefunden zu haben. Ebenso wenig legt sie aber einen Beleg aus dem Jahr 1996 über die Zahlung einer Restsumme aus Anlass der Bestattung des Vaters der Kläger vor, was nahegelegen hätte, wenn die 1.000,00 DM aus dem Jahr 1971 tatsächlich nur eine Anzahlung hätten sein sollen.
[17] 5. Im Ergebnis zutreffend ist weiter die sinngemäße Feststellung des Verwaltungsgerichts, die Beklagte habe mit ihrer 1998 vorgenommenen satzungsrechtlichen Beschränkung des Grabnutzungsrechts der Eheleute gegen elementare rechtsstaatliche Grundsätze verstoßen (Rn 76, 79). Das Grabnutzungsrecht fällt als subjektiv-öffentliches Sondernutzungsrecht in den Schutzbereich entweder der Eigentumsgarantie in Art. 14 Abs. 1 GG oder der allgemeinen Handlungsfreiheit in Art. 2 Abs. 1 GG. Diese Grundrechte belassen dem Friedhofsträger die grundsätzliche Befugnis, ein einmal erworbenes Nutzungsrecht satzungsrechtlich nachträglich zeitlich zu begrenzen und seine Verlängerung von der Zahlung einer Gebühr abhängig zu machen, wenn ein vom Friedhofszweck gedeckter Grund, insbesondere ein gestiegener Bedarf an Friedhofsfläche dies rechtfertigt und der Wesenskern des Nutzungsrechts unangetastet bleibt. Dieser Wesenskern besteht darin, einem Verstorbenen für eine angemessene Dauer eine würdige letzte Ruhestätte zu bieten (BVerfG, Beschlüsse vom 29.6.1972 -1 BvR 98/71, 1 BvR 101/71 und 460/70- und vom 27.10.1969 -1 BvR 293/69- zitiert bei BVerwG, Urteil vom 8.3.1974, aaO, Rn 19; OVG NRW, Beschlüsse vom 6.6.2016, aaO, Rn 13 mwN, und vom 10.11.1998 -19 A 1320/98-NWVBl. 1999, 870, juris, Rn 25.
[19] Diesen Wesenskern des Nutzungsrechts an der für die Stiefmutter vorgesehenen Grabstelle tastet die Beklagte mit ihrer Ablehnung nicht nur an, sondern beseitigt ihn nahezu vollständig. Erhalten bleibt nur das Grabgestaltungsrecht, dessen Wert im vorliegenden Fall angesichts der fehlenden Belegung der Grabstelle von geringem Gewicht ist und keinen Gegenwert für die im Jahr 1971 entrichtete Nutzungsgebühr darstellt. Entgegen der Auffassung der Beklagten bleibt der Wesenskern des Nutzungsrechts an der Doppelgrabstelle auch nicht deshalb unangetastet, weil sie dem verstorbenen Vater der Kläger weiterhin als Ruhestätte dient (Nr. I. 6. des Schriftsatzes vom 7. November 2016). Unter diesen Umständen verstößt der nahezu vollständige Entzug des Grabnutzungsrechts offensichtlich gegen die Totenwürde sowohl der verstorbenen Stiefmutter als auch des verstorbenen Vaters der Kläger aus Art. 1 Abs. 1 GG (Dazu zuletzt BVerfG, Beschluss vom 9.5.2016 -1 BvR 2202/13-, EuGRZ 2016, 474, juris, Rdn. 56 ff., KirchE 67, 313).
[21] Beide hatten durch den Erwerb des Grabnutzungsrechts den Wunsch artikuliert, in dem erworbenen Doppelgrab als Eheleute nebeneinander ihre letzte Ruhe zu finden. Die Beklagte hat insbesondere der Stiefmutter in den nahezu 13 Jahren zwischen dem Inkrafttreten ihrer Friedhofssatzung im Dezember 1998 und deren Tod im November 2011 nicht ersichtlich Gelegenheit gegeben, auf den zu ihren und ihres verstorbenen Ehemannes Lasten eingeschränkten Friedhofszweck noch zu Lebzeiten zu reagieren und etwa eine Umbettung ihres verstorbenen Ehemannes auf einen nichtjüdischen Friedhof zu betreiben. Danach hat der aus dem Menschenwürdeschutz nach Art. 1 Abs. 1 GG erwachsende Belang der Wahrung des Nutzungsrechts unter den Umständen des vorliegenden Einzelfalles Vorrang vor dem nach der Rechtsprechung des BVerfG ebenfalls besonders hoch zu gewichtenden Schutz des Selbstverwaltungsrechts der Religionsgemeinschaft aus Art. 137 Abs. 3 WRV. Dasselbe verfassungsrechtliche Abwägungsergebnis kommt zum Tragen, wenn man in der Ablehnung der Bestattung zugleich einen Widerruf oder eine Rücknahme der Einräumung des Nutzungsrechts sehen wollte. Beide Maßnahmen stünden im Ermessen der Beklagten, welches sie – soweit überhaupt – rechtswidrig ausgeübt hätte, weil sie ihre halachischen Grundsätze absolut setzt, ohne den erwähnten Totenwürdeschutz in Rechnung zu stellen.
[22] Der weitere Vortrag der Beklagten unter Nr. 8 ihres Schriftsatzes vom 22.12.2016, selbst der 1996 verstorbene jüdische Vater der Kläger habe nach halachischen Glaubensgrundsätzen nicht auf ihrem Friedhof bestattet werden dürfen, hat bereits deshalb außer Betracht zu bleiben, weil die Beklagte dies erstmals mit jenem Schriftsatz und damit über zwei Jahre nach Ablauf der Frist für die Begründung des Zulassungsantrags erwähnt hat. Zudem ist ihr Vorbringen unglaubhaft, ihr sei erstmals im November 2016 bekannt geworden, dass der Vater der Kläger 1996 unter Verstoß gegen halachische Glaubensgrundsätze beigesetzt worden sei. Es steht im Widerspruch zu ihrem eigenen Vortrag, ihr Vorstandsmitglied C S. habe bereits 1996 den Kläger zu 2) auf das entsprechende Verbot hingewiesen. Im Übrigen würde der Vortrag ein abweichendes Abwägungsergebnis nicht rechtfertigen. Ausschlaggebend ist insoweit, dass der Vater der Kläger seit 1996 tatsächlich auf dem Friedhof der Beklagten seine letzte Ruhe gefunden hat. Wenn die Beklagte bereits 1996 hiervon wusste, hat sie überdies die nach ihrer Darstellung Glaubensgrundsätzen widersprechende Beisetzung seitdem geduldet, ohne die Ehefrau des Beigesetzten auf hieraus etwa erwachsende Bedenken gegen den Fortbestand des Grabnutzungsrechts hinzuweisen und ihr so Gelegenheit zu geben, abweichende Bestimmungen zu treffen.
[23] 6. Mit der vorstehenden Begründung kann der Senat das angefochtene Urteil ohne Berufungszulassung bestätigen, obwohl diese Begründung teilweise von derjenigen des Verwaltungsgerichts abweicht. (wird ausgeführt)

2

Die Inanspruchnahme staatlichen Rechtsschutzes in kirchen-(dienst)rechtlichen Angelegenheiten ist allenfalls subsidiär – erst nach Erschöpfung des innerkirchlichen Rechtswegs – und zudem auch inhaltlich nur eingeschränkt möglich (wie BVerwG, Urteile vom 27.2.2014 -2 C 19.12- BVerwGE 149, 139 Rn 27, KirchE 63, 16 und vom 25.11.2015 -6 C 21.14- BVerwGE 153, 282 Rn 20).
Art./§§ 1, 20, 79 Abs. 3, 140 GG, 137 Abs. 3 WRV, 2, 3, 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, 15 Abs. 2 BDG
BVerwG, Beschluss vom 4. Januar 2017 -2 B 23/16-2
Das Verfahren betrifft ein Rechtsschutzbegehren gegen eine auf innerkirchliches Recht gestützte Kürzung des Ruhegehalts eines Priesters der römischkatholischen Kirche.
Der Kläger war Prozessbevollmächtigter und ist Alleinerbe des im September 2014 verstorbenen ursprünglichen Klägers dieses Verfahrens, eines Priesters der römisch-katholischen Kirche. Gegen diesen waren Vorwürfe erhoben worden, er habe sich in den 1960er Jahren sexueller Handlungen an Minderjährigen schuldig gemacht. Im Rahmen der daraufhin von der beklagten Diözese im Jahr 2010 eingeleiteten Ermittlungen äußerte sich der Priester zu den Vorwürfen nicht. Mit Dekret vom 22.6.2011 stellte der Bischof der Beklagten fest, die vorgeworfenen Handlungen könnten dem Priester wegen Verjährung nicht mehr angelastet werden. Er erteilte ihm aber einen Verweis und legte ihm eine Buße auf; diese bestand in der Kürzung der Bezüge um 20 vH für die Dauer von drei Jahren, beginnend mit dem 1.8.2011, und mit der Maßgabe, diese Mittel einem Fonds zuzuführen, aus dem Opfer sexuellen Missbrauchs finanzielle Zuwendungen erhalten.
Der Priester legte gegen das Dekret innerkirchliche Rechtsbehelfe der römisch-katholischen Kirche ein. Nach dem Tod des Priesters teilte der jetzige Kläger der Glaubenskongregation für den Klerus in Rom mit, dass er den innerkirchlichen Rechtsstreit als Alleinerbe des Priesters aufnehme. Der vom Kläger fortgeführte Rekurs (Rechtsbehelf) des Priesters liegt derzeit dem seit November 2014 dafür zuständigen innerkirchlichen Richterkollegium der Glaubenskongregation zur Prüfung vor.
Ein von dem Priester bei den staatlichen Gerichten gestellter Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wurde in zwei Instanzen zurückgewiesen. Mit seiner im Juli 2012 noch von dem Priester erhobenen und sodann vom Kläger fortgeführten Klage begehrt dieser die ungekürzte Auszahlung der einbehaltenen Bezüge (in der Berufungsinstanz hilfsweise die Feststellung, dass die Beklagte dazu verpflichtet sei). Die Klage ist in den Vorinstanzen (VG Stuttgart, Urteil vom 12.2.2013 -12 K 2291/12- BeckRS 2013, 196694 ; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.11.2015 -4 S 901/14- KirchE 66, 224) ohne Erfolg geblieben.
Der Senat weist die gegen die Nichtzulassung der Revision gerichtete Beschwerde zurück.

Aus den Gründen:

[7] 2. Die auf sämtliche Revisionszulassungsgründe (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO) gestützte Beschwerde ist bereits unzulässig (a), hat aber auch in der Sache keinen Erfolg (b).
[8] a) Die Beschwerde ist bereits unzulässig, weil sie den Darlegungsanforderungen nicht g...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Vorwort und Benutzungshinweise
  5. Inhaltsverzeichnis
  6. Abkürzungsverzeichnis
  7. 1 Umbettung auf einen jüdischen Friedhof. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 3.1.2017 (19 A 1970/14
  8. 2 Ausschöpfung des kirchloichen Rechtswegs vor Anrufung der staatlichen Gerichte. BVerwG, Beschluss vom 4.1.2017 (2 B 23/16)
  9. 3 Verpflichtung muslimischer Mädchen zur Teilnahme am schulischen Schwimmunterricht. EGMR, Urteil vom 10.1.2017 (No. 29086/12)
  10. 4 Glaubhafte Konversion eines Asylbewerbers vom muslimischen zum evangelisch-christlichen Glauben in Deutschland. VG Augsburg, Urteil vom 12.1.2017 (Au 5 K 16.31843)
  11. 5 Gestaltungsvorschriften für Friedhöfe. VG Münster, Urteil vom 16.1.2017 (1 K 1652/15)
  12. 6 Staatlicher Zuschuss für jüdische Gemeinde. BVerwG, Beschluss vom 23.1.2017 (6 B 43/16)
  13. 7 Elektronische Gesundheitskarte mit Lichtbild. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.1.2017 (L 11 KR 3562/16)
  14. 8 Besonderes Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe. VG Cottbus, Urteil vom 26.1.2017 (1 K 805/14)
  15. 9 Zulässigkeit einer Moschee in einem besonderen Wohngebiet. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 31.1.2017 (8 B 11605/16)
  16. 10 Erhebung von Rundfunkgebühren. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1.2.2017 (OVG 11 N 91.15)
  17. 11 Verfall des übergesetzlichen Urlaubs. LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2.2.2017 (2 Sa 395/16)
  18. 12 Dynamische Weitergeltung der AVR nach Betriebsübergang auf einem nichtkirchlichen Arbeitgeber. Sächsisches LAG, Urteil vom 2.2.2017 (1 Sa 338/16)
  19. 13 Kopftuchverbot für Lehrerin an allgemeinbildender Schule. LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9.2.2017 (14 Sa 1038/16)
  20. 14 Zeitgutschrift für Vorfesttage. LAG Nürnberg, Urteil vom 15.2.2017 (4 Sa 352/16)
  21. 15 Erhebung von Rundfunkgebühren. Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Urteil vom 1.3.2017 (4 A 145/16)
  22. 16 Zur Erhebung der Kirchensteuer nach hessischem Landesrecht. Hess. VGH, Beschluss vom 2.3.2017 (5 A 1843/16.Z)
  23. 17 Unternehmensinternes Kopftuchverbot. EuGH, Urteil vom 14.3.2017 (C-157/15)
  24. 18 Besonderes Kirchgeld für Kirchenmitglieder in glaubensverschiedener Ehe. FG Düsseldorf, Urteil vom 21.3.2017 (1 K 1970/16 Ki)
  25. 19 Aufnahme eines Schülers islamischen Glaubens in eine katholische Bekenntnisgrundschule. BVerwG, Beschluss vom 22.3.2017 (6 B 66/16)
  26. 20 Beschimpfen von Einrichtungen einer Religionsgemeinschaft. LG Münster, Urteil vom 29.3.2017 (13 Ns-81 Js 3303/-15/16)
  27. 21 Erhebung des „Besonderen Kirchgeldes“ in Deutschland. EGMR, Urteil vom 6.4.2017 (10138, 16687, 25359, 28919/11)
  28. 22 Werbungskosten eines Pastors im Ruhestand. FG Hamburg, Urteil vom 6.4.2017 (2 K 77/16)
  29. 23 Gewerbliche Floh- und Trödelmärkte an Sonn- und Feiertagen. OVG Lüneburg, Beschluss vom 21.4.2017 (7 ME 20/17)
  30. 24 Eigenschaft einer Kirche als Denkmal. Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 3.5.2017 (3 Bf 98/15)
  31. 25 Anspruch einer Kirchengemeinde auf Zugang zu den Namen der Mitglieder einer Stiftung. VG Berlin, Beschluss vom 10.5.2017 (2 L 69.17)
  32. 26 Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge auf streng muslimisch lebende Kindesmutter. OLG Hamm, Beschluss vom 12.5.2017 (II-4 UF 94/16, 4 UF 94/16)
  33. 27 Verweigerung aus religiösen Gründen, bei der Urteilsverkündung eines staatlichen Gerichts aufzustehen. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.5.2017 (3 Ws 790/16)
  34. 28 Normenkontrolle einer Rechtsverordnung zur Ladenöffnung an einem Sonntag. BVerwG, Urteil vom 17.5.2017 (8 CN 1/16)
  35. 29 Ausschluss der Mitgliedschaft von Frauen in Freimaurerloge. BFH, Urteil vom 17.5.2017 (V R 52/15)
  36. 30 Nutzung als islamische Gebetsstätte. VG Dresden, Beschluss vom 29.5.2017 (7 L 463/17)
  37. 31 Rundfunkbeitragspflicht für eine gottesdienstlichen Zwecken gewidmete Betriebsstätte. BayVGH, Urteil vom 31.5.2017 (7 B 16.473)
  38. 32 Gebührenermäßigung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KostO. BGH, Beschluss vom 1.6.2017 (V ZB 23/16n)
  39. 33 Einschätzungsprärogative des kirchlichen Gesetzgebers. BAG, Urteil vom 1.6.2017 (6 AZR 495/16)
  40. 34 Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen. BAG, Beschluss vom 15.6.2017 (7 AZB 56/16)
  41. 35 Kopftuchverbot für Rechtsreferendarin. BVerfG, Beschluss vom 27.6.2017 (2 BvR 1333/17)
  42. 36 Besitzstandszulage im kirchlichen Bereich. BAG, Urteil vom 29.6.2017 (6 AZR 485/16)
  43. 37 Kirchliche Zusatzversorgung. OLG Hamm, Urteil vom 29.6.2017 (I 6 U 211/15, 6 U 211/15)
  44. 38 Schwerbehindertenvertretung. ArbG Kiel, Beschluss vom 29.6.2017 (5 BV 57e/16)
  45. 39 Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht aus religiösen Gründen. Sächsisches OVG, Beschluss vom 30.6.2017 (5 A 133/16)
  46. Sachregister