Das Schweizer EU-Komplott
eBook - ePub

Das Schweizer EU-Komplott

  1. 248 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub

Das Schweizer EU-Komplott

Über dieses Buch

In der Schweizer Europapolitik gibt es seit dem Ende des Kalten Krieges eine Bewusstseinsspaltung. Das Volk wünscht wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der EU. Eine kleine Elite arbeitet hingegen auf eine politische Annäherung hin. Da ein Beitritt nicht zur Debatte steht, wollen die Komplotteure in Verträgen mit der EU möglichst viele points of no return schaffen. Ein Höhepunkt ist das Rahmenabkommen, nach dem die Schweiz der Überwachung durch die Kommission und der Kontrolle durch den EuGH unterworfen wäre.

Häufig gestellte Fragen

Ja, du kannst dein Abo jederzeit über den Tab Abo in deinen Kontoeinstellungen auf der Perlego-Website kündigen. Dein Abo bleibt bis zum Ende deines aktuellen Abrechnungszeitraums aktiv. Erfahre, wie du dein Abo kündigen kannst.
Derzeit stehen all unsere auf mobile Endgeräte reagierenden ePub-Bücher zum Download über die App zur Verfügung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die übrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Perlego bietet zwei Pläne an: Elementar and Erweitert
  • Elementar ist ideal für Lernende und Interessierte, die gerne eine Vielzahl von Themen erkunden. Greife auf die Elementar-Bibliothek mit über 800.000 professionellen Titeln und Bestsellern aus den Bereichen Wirtschaft, Persönlichkeitsentwicklung und Geisteswissenschaften zu. Mit unbegrenzter Lesezeit und Standard-Vorlesefunktion.
  • Erweitert: Perfekt für Fortgeschrittene Studenten und Akademiker, die uneingeschränkten Zugriff benötigen. Schalte über 1,4 Mio. Bücher in Hunderten von Fachgebieten frei. Der Erweitert-Plan enthält außerdem fortgeschrittene Funktionen wie Premium Read Aloud und Research Assistant.
Beide Pläne können monatlich, alle 4 Monate oder jährlich abgerechnet werden.
Wir sind ein Online-Abodienst für Lehrbücher, bei dem du für weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhältst. Mit über 1 Million Büchern zu über 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nächsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja! Du kannst die Perlego-App sowohl auf iOS- als auch auf Android-Geräten verwenden, um jederzeit und überall zu lesen – sogar offline. Perfekt für den Weg zur Arbeit oder wenn du unterwegs bist.
Bitte beachte, dass wir keine Geräte unterstützen können, die mit iOS 13 oder Android 7 oder früheren Versionen laufen. Lerne mehr über die Nutzung der App.
Ja, du hast Zugang zu Das Schweizer EU-Komplott von Carl Baudenbacher im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten Büchern aus Politik & Internationale Beziehungen & Politik. Aus unserem Katalog stehen dir über 1 Million Bücher zur Verfügung.

Kapitel 1

Die wichtigsten europäischen Verträge der Schweiz

I.EFTA-Konvention

1.Grundzüge

Die Schweiz war im Jahr 1960 Gründungsmitglied der Europäischen Freihandelsassoziation. Am 4. Januar 1960 unterzeichnete sie zusammen mit Österreich, Dänemark, Norwegen, Portugal, Schweden und dem Vereinigten Königreich die multilaterale EFTA-Konvention in Stockholm. Der Schritt war eine Reaktion der genannten sieben Staaten auf die Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft EWG und der Europäischen Atomgemeinschaft durch die Benelux-Staaten, Deutschland, Frankreich und Italien im Jahr 1957. Man sprach damals von den «Inner Six» und den «Outer Seven». Finnland, das auf die Sowjetunion Rücksicht nehmen musste, wurde 1961 assoziierter EFTA-Staat und 1986 EFTA-Vollmitglied. Island trat der EFTA am 1. März 1970 bei. Das Zustandekommen der EFTA war keine Selbstverständlichkeit. Die österreichische Wirtschaft hatte sich für den Beitritt zur EWG ausgesprochen, aber da das Land erst wenige Jahre zuvor seine Souveränität wiedererlangt und sich dabei im sog. Staatsvertrag zur Neutralität nach Schweizer Vorbild verpflichtet hatte, war das politisch nicht möglich. Die Briten hatten eine Teilnahme an der EWG geprüft, sie aber mit Rücksicht auf ihre Commonwealth-Verbindungen und ihre Landwirtschaft verworfen. In der Schweiz hat man lange Zeit den damaligen Direktor der Eidgenössischen Handelsabteilung und späteren Bundesrat Hans Schaffner als «Vater der EFTA» bezeichnet. Auch wenn Schaffner’s Verdienste unbestritten sind, so darf man aber den britischen und den skandinavischen Beitrag nicht übersehen.
Die EFTA war von Anfang an als zweiter Kreis ausserhalb der EWG gedacht. Der dänische Aussenminister und spätere Premier Jens-Otto Krag sagte im April 1960 in einem Gespräch mit dem deutschen Nachrichtenmagazin «Der Spiegel»:
«Ich möchte betonen, wie sehr ich meinesteils die EWG als sehr wichtigen, sehr mutigen Schritt in der europäischen Geschichte betrachte. Meiner Ansicht nach muß die EWG unter allen Umständen als ein europäischer Kern existieren. Ebenso aber sollte man, was die Efta angeht, unserer Absicht vertrauen, daß wir die Spaltung nicht vertiefen, sondern beseitigen wollen.»
Die Ziele der EFTA waren viel bescheidener als die der EWG. Die EWG strebte, basierend auf supranationalen Strukturen, die Schaffung eines Gemeinsames Marktes an, der als Mittel zum politischen Ziel einer Einigung Europas gesehen wurde. Der Begriff Supranationalismus umschreibt ein System, bei dem die Macht an Instanzen übertragen wird, die über den Mitgliedstaaten stehen. Der Gegenbegriff ist Intergouvernamentalismus. Hier haben die Mitgliedstaaten bei der Schaffung neuen Rechts das Sagen. Die EFTA war (und ist) eine Freihandelszone, welche die Zölle auf Industrieerzeugnisse im Inneren abgeschafft hat. Aber jeder EFTA-Staat behielt seine Aussenhandelssouveränität und hat daher seine eigene Zollregelung gegenüber Drittländern. Die EFTA-Mitgliedschaft war ohne weiteres mit der Neutralität vereinbar. Die Freihandelsassoziation hat keine Gesetzgebungskompetenz, es gibt keine gemeinsame Überwachung und kein gemeinsames Gericht, und die Mitgliedschaft kann leicht gekündigt werden (Artikel 57 EFTA-Konvention). In der Botschaft des Bundesrates vom 5. Februar 1960 wurde das Fehlen von Supranationalität besonders hervorgehoben. Dass die EFTA-Konvention keine Freizügigkeit vorsah und eine Ausnahme für die Landwirtschaft enthielt, erleichterte die Mitgliedschaft weiter. Der Beitritt zur EFTA war nicht Gegenstand des fakultativen Referendums. Die Freihandelsassoziation war ein sofortiger wirtschaftlicher Erfolg.
Die EFTA hat eine wechselvolle Geschichte und der Mitgliederbestand hat sich relativ häufig geändert. Eine grundlegende Neuausrichtung wurde nach 1995 notwendig, als die Assoziation als Folge des EU-Beitritts von Finnland, Österreich und Schweden von sieben auf vier Mitgliedstaaten verkleinert wurde. Drei von ihnen, nämlich Island, Liechtenstein und Norwegen, waren (und sind) über das multilaterale EWR-Abkommen («EWRA») mit der Europäischen Union verbunden und nehmen am Binnenmarkt teil. Der vierte EFTA-Staat, die Schweiz, hat zahlreiche sektorielle bilaterale Abkommen mit der EU abgeschlossen, die ihrer Industrie weitgehenden Zugang zum Binnenmarkt verschaffen. Andere Sektoren, vor allem die Banken und Versicherungen, besitzen diesen Zugang aber nicht.
Ein neues EFTA-Übereinkommen wurde am 21. Juni 2001 in Vaduz unterzeichnet und trat am 1. Juni 2002 in Kraft. Die wichtigste Neuerung war die Integration von Regeln und Grundsätzen des EWRA und der bilateralen Abkommen zwischen der EU und der Schweiz in die EFTA-Konvention. Die Vorteile der privilegierten Beziehungen, welche die drei EWR/EFTA-Staaten einerseits und die Schweiz andererseits gegenüber der Europäischen Union erlangt hatten, wurden damit auf ihre eigenen internen Beziehungen übertragen. Gleichzeitig hat die revidierte Konvention eine verbesserte Plattform für den Ausbau der Handelsbeziehungen der EFTA mit Nicht-EU-Staaten geschaffen. Der EFTA-Rat aktualisiert die Vaduzer Konvention regelmässig, um neue Entwicklungen im Rahmen des EWRA und der EU-Verträge umzusetzen.
Die Schweiz ist heute als EFTA-Staat Teil eines weltweiten Systems bilateraler Freihandelsabkommen. Vielfach konnte die EFTA solche Abkommen vor der Europäischen Union abschliessen. In bestimmten Fällen, in denen die vier EFTA-Staaten Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein unterschiedliche Interessen hatten, hat die Schweiz solche Abkommen ausserhalb der EFTA geschlossen. Die wichtigsten Beispiele sind die Freihandelsabkommen mit Japan und mit China.

2.Konfliktlösung

Die ursprüngliche EFTA-Konvention sah in ihrem Artikel 31 lediglich ein allgemeines Konsultations- und Beschwerdeverfahren beim EFTA-Rat vor. Nur sechs Fragen wurden dem Rat im Rahmen dieses Verfahrens vorgelegt, die letzte im Jahre 1967. Der Lausanner Professor Andreas R. Ziegler hat dazu bemerkt:
«While the EC had already a fully fledged court in place for the settlement of disputes among its members, the EFTA relied on a very traditional GATT-oriented model not even including classical arbitration
«Während die EG bereits über ein vollwertiges Gericht für die Beilegung von Streitigkeiten zwischen ihren Mitgliedern verfügte, stützte sich die EFTA auf ein sehr traditionelles GATT-orientiertes Modell, das nicht einmal die klassische Schiedsgerichtsbarkeit umfasste.»
Das trifft zwar zu, aber es beschreibt nur die halbe Wahrheit. Wichtiger als die Möglichkeit der Mitgliedstaaten der EWG gegeneinander Klage zu erheben, waren die Vertragsverletzungsklage der Kommission gegen einen Mitgliedstaat und das Vorabentscheidungsverfahren, bei dem nationale Gerichte der Mitgliedstaaten direkt an den EuGH gelangen konnten. Damit hatten auch Private und Unternehmen von Anfang an Zugang zur europäischen Justiz.
Die Vaduzer Konvention enthält neue Vorschriften zur Konfliktlösung. An erster Stelle stehen nach Artikel 47 Kooperation und Konsultation. Der EFTA-Rat, in welchem die Mitgliedstaaten durch Minister oder Beamte vertreten sind, hat die Aufgabe, eine gütliche Lösung zu suchen. Wenn die Sache nicht bereinigt werden kann, so kann sie an ein Dreier-Schiedsgericht verwiesen werden. Die Parteien ernennen je einen Schiedsrichter und die Parteischiedsrichter ernennen einen Präsidenten. Das Schiedsgericht entscheidet endgültig und mit verbindlicher Wirkung. Ein Mitgliedstaat, der nicht Konfliktspartei ist, hat das Recht, sich am Verfahren zu beteiligen. Wenn der unterliegende EFTA-Staat den Spruch des Schiedsgerichts nicht umsetzt, so können Ausgleichsmassnahmen ergriffen werden. Angesichts der Vorliebe der Schweiz für Schiedsgerichte darf man davon ausgehen, dass diese Neuerung auf ihr Drängen hin geschaffen wurde. Das ändert aber nichts daran, dass Private und Unternehmen keinen Zugang zur Konfliktlösung haben. Es sind im-Übrigen keine Fälle bekannt, in denen ein Schiedsverfahren eingeleitet wurde.

3.Rechtsprechung des Bundesgerichts

Einen gemeinsamen supranationalen Gerichtshof gibt es in der EFTA, wie gesagt, nicht. Das schliesst aber nicht aus, dass sich Bürger und Unternehmen vor den nationalen Gerichten der EFTA-Staaten auf die Konvention berufen. Das Bundesgericht hat dazu eine sehr fortschrittliche Rechtsprechung entwickelt. In der Rechtssache Banque de Crédit international entschied die Zweite öffentlichrechtliche Abteilung am 13. Oktober 1972, dass das in Artikel 16 Absatz 1 EFTA-Konvention enthaltene Diskriminierungsverbot unmittelbar anwendbar ist (BGE 98 Ib 385, Erw. 2 b.). Die Vorschrift garantiert das Niederlassungsrecht. Einem britischen Staatsangehörigen, der für eine Bank in Genf arbeiten sollte, war eine Aufenthaltsgenehmigung verweigert worden. In Übereinstimmung mit seiner ständigen Rechtsprechung stellte das Bundesgericht fest, dass die von der Bundesversammlung genehmigten internationalen Verträge Teil des Bundesrechts werden und dass die mit ihnen geschaffenen Rechtsnormen für die Behörden verbindlich sind. Eine Person kann sich daher gegenüber der Verwaltung und den Gerichten auf einen Vertrag berufen, wenn dieser hinreichend genaue Rechtsnormen enthält. Obwohl das Diskriminierungsverbot in Artikel 16 Absatz 1 der EFTA-Konvention nur ein bedingtes Recht auf Arbeit einräumte, stellte das Bundesgericht fest, dass es jedem Mitgliedstaat eine Verpflichtung auferlegte, Personen aus anderen Mitgliedstaaten ein Recht auf Nichtdiskriminierung zu gewähren.

II.Europäische Menschenrechtskonvention

1.Grundzüge

Die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten wurde 1950 vom Europarat ins Leben gerufen und trat 1953 in Kraft. Der 1949 gegründete Europarat fördert die Menschenrechte, die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit. Gründungsstaaten waren Belgien, Dänemark, Frankreich, Grossbritannien, Irland, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen und Schweden. Der Europarat war der erste politische Zusammenschluss in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Konvention war durch die UNO-Menschenrechtserklärung von 1948 inspiriert. Sie sieht die Einrichtung eines gemeinsamen Gerichtshofs der Mitgliedstaaten, des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte («EGMR»), vor. Die Schweiz war kein Gründungsmitglied des Europarates. Obwohl es die Werte der Vertragsstaaten im Wesentlichen teilte, zögerte das Land, die mit dem Beitritt zur Europäischen Menschenrechtskonvention einhergehende internationale Verrechtlichung des Menschenrechtsschutzes zu akzeptieren. Erst als sich herausstellte, dass die Aktivitäten des Rates eher unpolitisch und seine Konventionen für die Mitgliedstaaten nicht bindend sind, beschloss die Schweiz 1963, 14 Jahre nach der Gründung, den Beitritt. Der Bundesrat nutzte ein klassisches Argument, um die Mitgliedschaft im Europarat für die Öffentlichkeit verständlich zu machen: Er betonte, dass der Rat über keine supranationalen Entscheidungsstrukturen verfüge, so dass die Souveränität der Mitgliedstaaten unberührt bleibe. Ebenso hätten die Beschlüsse des Rates nur den Charakter von unverbindlichen Empfehlungen.
Bis die Schweiz der Europäischen Menschenrechtskonvention beitrat, dauerte es noch einmal zehn Jahre. Das Übereinkommen ist für die Schweiz seit dem 28. November 1974 verbindlich. Mit diesem Schritt ging ein eher peinlicher Alleingang zu Ende. Der Politologe Dieter Freiburghaus von der Universität Lausanne hat eine weitere Funktion der Schweizer Mitgliedschaft im Europarat und im Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beschrieben: Das Gefühl, trotz fehlender EWG-Mitgliedschaft «Teil Europas» zu sein. Damit erlangte die Schweiz auch das Recht, einen Richter/eine Richterin am EGMR zu stellen.

2.Zugang der Privaten zu einem übernationalen Gericht

1959 wurde der EGMR in Strassburg errichtet. Er hat die Aufgabe, die Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention sicherzustellen. Die Mitgliedstaaten des Europarates erklärten sich bereit, an die Urteile des EGMR gebunden zu sein. Private hatten allerdings zunächst keinen direkten Zugang zum Gerichtshof. Sie mussten sich vielmehr mit Beschwerde an die 1954 eingesetzte Kommission für Menschenrechte wenden und auch das war nur möglich wenn der betreffende Mitgliedstaat dieses Recht anerkannt hatte. Der EGMR war auch kein ständiges Gericht.
Durch zahlreiche Änderungen ist dieses System über die Jahre und Jahrzehnte sukzessive verbessert worden. Die Kommission wurde abgeschafft und der EGMR ist seit 1998 ein ständiger Gerichtshof. Private haben nunmehr direkten Zugang. Nach Artikel 1 EMRK sichern die Vertragsparteien allen ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Personen die in der Konvention genannten Rechte und Freiheiten zu. Diese Vorschrift verleiht jedem Einzelnen das Recht, sich vor den nationalen Gerichten auf die Konvention zu berufen. Nach den Artikeln 34 and 35 EMRK kann der EGMR grundsätzlich von jeder natürlichen Person, nichtstaatlichen Organisation oder Personengruppe mit einer Beschwerde befasst werden, sofern die innerstaatlichen Rechtsbehelfe erschöpft wurden.

3.Der EMRG als Wirtschaftsrechtsgericht

Ursprünglich zielte die EMRK darauf ab, die klassischen Menschenrechte wie das Recht auf Leben, auf Privatsphäre oder auf freie Meinungsäusserung zu schützen. In den letzten Jahrzehnten hat die Rechtsprechung des Strassburger Gerichtshofs aber ein hohes Mass an wirtschaftlicher Relevanz erreicht. Die wichtigsten Beispiele finden sich in Bereichen wie dem Kartellrecht, dem Recht des unlauteren Wettbewerbs, dem Immobilienrecht, dem Tarif- und Arbeitskampfrecht, dem Immaterialgüterrecht und dem öffentlichen Vergaberecht.

III.Bilaterale Verträge mit der EU

1.Überblick

Die Schweiz hat mit der EU ein Netz von sektoriellen bilateralen Abkommen abgeschlossen. Der erste grosse und wohl bis heute wichtigste Vertrag ist angesichts des hohen wirtschaftlichen Integrationsgrades der Schweiz das Freihandelsabkommen von 1972 («FHA»). Es wurde im Hinblick auf den Übertritt des Vereinigten Königreichs und Dänemarks von der EFTA in die EWG eingegangen. Zusammen mit der Schweiz schlossen auch die übrigen Rest-EFTA-Staaten solche Verträge mit der EWG ab. (Genau genommen wurden zwei Verträge geschlossen, einer...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Vorwort
  6. Abkürzungen
  7. Kapitel 1 Die wichtigsten europäischen Verträge der Schweiz
  8. Kapitel 2 Distanz zur EWG
  9. Kapitel 3 EU-Begeisterung
  10. Kapitel 4 Institutionenfreier Bilateralismus als Zwischenschritt
  11. Kapitel 5 «Autonomer» Nachvollzug europäischen Rechts
  12. Kapitel 6 Auf dem Weg zur Institutionalisierung
  13. Kapitel 7 2013–2017: Das «reine» EuGH-Modell
  14. Kapitel 8 Britzerland?
  15. Kapitel 9 Ab 2018: «Schiedsgericht» – das EuGH-Modell im Tarnanzug
  16. Kapitel 10 Plädoyer für einen Neustart
  17. Folgerungen
  18. Literatur
  19. About the Author