Poesie, Philosophie und Malerei
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Poesie, Philosophie und Malerei

Ästhetisch-philosophische Studien zu Joseph von Eichendorff und Otto Weininger

  1. 156 Seiten
  2. German
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  4. Über iOS und Android verfügbar
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Poesie, Philosophie und Malerei

Ästhetisch-philosophische Studien zu Joseph von Eichendorff und Otto Weininger

Über dieses Buch

Der Band enthält zwei umfangreichere Studien aus dem Nachlass des 2014 verstorbenen Autors. Die eine, verfasst 1993, befasst sich mit Joseph von Eichendorffs Roman "Ahnung und Gegenwart" (1815), die andere, etwa 2003 geschrieben, mit Otto Weiningers Buch "Geschlecht und Charakter" (1903). In beiden Studien geht Georg Gimpl dem Einfluss der jeweils zeitgenössischen Malerei auf die Texte und ihrer Einbettung in die Philosophie ihrer Zeit nach.

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Information

Jahr
2022
ISBN drucken
9783754308639
eBook-ISBN:
9783756296750
Auflage
1

Georg Gimpl

Bild vor Bild die Wunderdonau hinab

Joseph von Eichendorffs Roman an die Nation

Wie eines Stromes Dringen
Geht unser Lebenslauf,
Gesanges Macht und Ringen
Tut helle Augen auf.
Und Ufer, Wolkenflügel,
Die Liebe hoch und mild –
Es wird in diesem Spiegel
Die ganze Welt zum Bild […]
Doch wolle nie dir halten
Der Bilder Wunder fest,
Tot wird ihr freies Walten,
Hältst du es weltlich fest.7
Dem Grafen Leontin legt der junge Eichendorff dieses Lied in den Mund – aber es besteht kein Zweifel, dass aus dem Munde des Hals über Kopf verliebten Herzensbruders von Graf Friedrich Eichendorffs eigenes Credo spricht. Hält man sich den bereits mächtig rauschenden Blätterwald der Eichendorff-Literatur vor Augen, so kann einem nicht entgehen, wie leitthematisch und stimmführend darin immer wieder Begriffe wie Allegorie, Symbol, Emblematik und Bild geworden sind. Auch – und gerade – Eichendorffs erster großer Wurf, Ahnung und Gegenwart, ist dabei zum akademischen Turnierplatz der scharfsinnigsten und spitzfindigsten Differenzierungen und Kontroversen geworden. In Anbetracht der tragenden Bedeutung der Bilder bei Eichendorff kann das ja auch gar nicht verwundern.
Ins Auge sticht dabei aber zugleich auch eine frappierende Defizitbilanz der Forschung: die lange Zeit kaum marginal recherchierte, ja sogar bestrittene Querbeziehung von Eichendorffs Wortkunst zur eigentlichen Bildkunst und Malerei seiner Zeit.8
Dabei war das Interesse Eichendorffs an der Malerei, wie ich hier zeigen werde, beachtlich. Erst in den letzten zehn Jahren der Eichendorff-Forschung wird diesem eklatanten Nachholbedarf einer interdisziplinären Forschung Rechnung getragen. Mangelhaft freilich bleibt dabei weiterhin, dass diese Erforschung methodisch im Bannkreis singulärer Beziehungen Eichendorffs zu einzelnen Malern geblieben ist – eine eigentliche Vernetzung des ganzen Umfelds der romantischen Malerei jedoch immer noch aussteht.
Das sieht vom Blickwinkel der Malerei aus nicht erheblich günstiger aus: Anstatt die parallel einherlaufenden und vielfach ineinander verwickelten Fäden der tatsächlich gegebenen Querbeziehungen zu verknüpfen, operiert die Wissenschaft auch dort nach wie vor reichlich eigenbrötlerisch in ihren Schächten. Es lässt sich dies speziell am Fall Eichendorff bis in die jüngste Gegenwart herauf nachvollziehen.

1 Wallfahrten in Natur und Kunst. Die Lukasbrüder

Die biographisch-historische Evidenz der Querbeziehungen Eichendorffs zu den einzelnen Vertretern der (früh)romantischen Malerei ist durchaus gesichert. Dass sie – wie bei ihm so vieles – oft nur tangentiell und bloß indirekt, aus dem Werke selbst, erfassbar wird, hat mit der von Paul Stöcklein so gültig festgestellten Neigung Eichendorffs zur eigenen manipulatorischen Verdunkelung des Lebens und seiner ’Lebensreise incognito’ zu tun.9 Doch lässt sich auch aus den vorhandenen Andeutungen ein reichlich konturiertes Gesamtbild erstellen, fügt man die einzelnen Puzzles der Forschung nur richtig zusammen.
Da sind zunächst einmal systematisch all die Lineamente von Eichendorffs Interesse für die Malerei festzuhalten, wie sie sich allein schon an Hand der Notizen des Tagebuchs10 nachziehen lassen. Eichendorffs Begeisterung für die Malkunst gibt sich bereits kund, als sich die beiden Brüder zum Studium nach Halle begeben – und dabei selbstverständlich in Dresden Station machen, „… besahen früh die Bildergalerie“, lautet die knappe Eintragung ins Tagebuch vom 27. April 1805 (T, 96) – es ist das Erste, was sie sich dort ansehen müssen. Nicht minder dürfen dann die „Morgenspaziergänge auf den giebichsteiner Felsen mit Sternbalds Wanderungen v. Tieck“, laut einer Eintragung vom 13. August 1805 (T, 106), auch als kaum verhehlte Begeisterung für die Malerei interpretiert werden.
Einfach klassisch romantisch! geht es dann wieder zu, als die beiden Brüder im September desselben Jahres ihre „hamburger Reise“ (T, 109) bis an die Nordsee unternehmen. Die Kunst der Galerien wetteifert nur so mit der Freilicht-Kunst der Natur. So vergessen sie natürlich nicht, auf dem Wege dorthin das Schloss Blankenburg, die ehemalige Residenz der Herzöge von Braunschweig zu besichtigen, und zwar „das Innere dieses alten Heiligtums“, wo sie nach der Besichtigung der Hofkapelle mit dem „merkwürdigen“ „elfenbeinernen Kruzifix“ (T, 113) „endlich die herrliche Bildgalerie“ genießen, „die meistens Stücke aus dem deutschen Mittelalter“ enthält. Die sich daran anschließende „Wallfahrt“ (T, 116) der „Brockenpilger“ wiederum, mit „ihren oft unbeschränkten Aussicht(en) in ganze Länder“, wie der „unbeschreiblich himmlische Panorama“-Blick vom Gipfel der Heinrichshöhe (T, 116), mutet in ihrer Natur-Beschreibung wie ein Galeriebesuch bei Caspar David Friedrich an – und zwar des ganzen Friedrich und Brocken, wie der Genuss des „Fürchterlich-Schönen“ einiger Minuten, die ihm „ewig unvergesslich bleiben werden“, schlaglichtartig deutlich macht. (T, 117)
Und wie die Ikonographie des Tagebuchs dann seine Erlebnisse an der Nord-und Ostsee einfängt, bringen den Wallfahrer in Natur und Kunst förmlich ins Schwärmen: Eichendorffs Impressionen vom Hamburger Hafen vorab; dann all die „Merkwürdigkeiten“ Lübecks, von denen das Tagebuch bezeichnenderweise vorzüglich die der Baukunst und Malerei nennt – „die Kirche mit dem Gemälde eines Schülers Albrecht Dürers, das alte gotische Rathaus und die Marienkirche. In dieser letzteren bewunderten wir die schöne Kanzel, den geschmackvollen Altar, beide ganz von Marmor, das astronomische Uhrwerk, u. den berühmten Totentanz“ (T, 126). Krönender Höhepunkt aber der ganzen Reise ist die Küstengegend bei Travemünde wie die unvergesslichen Erlebnisse auf der freien Nordsee. Die Gewalt dieser Eindrücke schlägt denn auch entsprechend zu Bild und Buche. Die Bildexstasen in Eichendorffs Tagebuch lesen sich da zuweilen den Friedrichschen Landschaften wie aus dem Gesicht geschnitten. „Travemünde allein mit seinen Herrlichkeiten war der ganzen Reise wert, und ewig wird der Anblick des Meeres meiner Seele vorschweben!“ (T, 129). Eichendorffs Eintragungen ins Tagebuch gehen hier denn auch weit über die üblichen Gestaltungsqualitäten seiner sonst so zugeknöpften Annotationen hinaus. Auch das Nürnberg im Jahre 1807, auf der Wegstrecke von Lubowitz nach Heidelberg, wo die Eichendorffs ihr Studium fortsetzen, nachdem durch Napoleon die Universität Halle aufgehoben worden war, hat selbstverständlich starke künstlerische Eindrücke hinterlassen, die auch im Tagebuch ihren Niederschlag fanden, die großen Gemälde sind davon nicht ausgenommen. „Mit Ehrfurcht schritten wir über diesen (auch d. Tiecks Sternbald) klassischen Boden, u. es war, als müsste überall ein Ritter mit wehendem Helmbusch die Straße herabgesprengt kommen“, (T, 187) heißt es vom Stadtplatz in Nürnberg.
Eichendorff ist kaum zwei Wochen in Heidelberg, so sitzt er auch schon in der „Ästhetik bei Görres“. (T, 192) Die Forschung wird nicht müde zu betonen, wie bedeutsam dieser für die weltanschaulich-politische Festigung des jungen Eichendorff geworden war; wie dessen Notizen zeigen, ist Görres aber nicht nur ein Schlüssel für die Dechiffrierung der politischen Symbolik von Ahnung und Gegenwart. Schon einen Monat nach seiner Ankunft – am 9. Juli 1807 – trägt sich der Student in sein Tagebuch ein: „Zeigte uns Görres in der ästhetischen Stunde die 4 himmlischen Kupferstiche von Runge, die diesmal den Preis in Weimar erhalten. Arabesken. Unendliche Deutung.“ (T, 195) Görres‘ „göttliches Collegium“ (T, 210) – viermal hört er wöchentlich bei diesem Philosophie – endet so „himmlisch“ (T, 215) wie es begonnen.
Überhaupt ist die mit Görres angesprochene kräftige Unterströmung der Malerei durch die Philosophie und Literatur schon für den Studenten Eichendorff von höchster Relevanz. So lässt sich denn eine intensive direkte Novalis-Lektüre Joseph von Eichendoffs in seinen autobiographischen Notizen schon für das Jahr 1806 ausmachen. (T, 134) In Halle wiederum waren die beiden Brüder mit der Naturphilosophie des von Schelling und Novalis geprägten Steffens bekannt geworden.11 Der antiaufklärerische Dunstkreis einer theologisierenden Philosophie zurück zur Natur war dem Keimen der neuen romantischen Bildlichkeit denkbar günstig.
Der weitere Studienweg des sichtlich noch suchenden jungen Studenten sollte diesem Durst nach Bildern dann nur weitere Nahrung zuführen. Nach Paul Stöcklein waren es in Heidelberg gerade die Natursymbole von Runges Kunst, die Görres den begeisterten Brüdern nahebringt. Dazu kommt der sich direkt auf seine literarischen Tastversuche niederschlagende nachhaltige Einfluss von Graf Otto Heinrich von Loeben (aus Dresden!); auch dieser nimmt sich, wie eine Reaktion Eichendorffs auf Loebens Manuskripte deutlich macht, zuweilen geradezu exaltiert aus: „Wunderbar zogen sie mich in ihre innerste Mitte, u. die göttlichen Flammen schlugen über mir zusammen.“ (T, 212)
Dies alles potenziert und klärt sich schließlich in Wien. Es ist nicht zu viel gesagt, dass die für Eichendorff so entscheidenden und glücklichen Jugendjahre dort dann geradezu den Gipfelpunkt dieses Zusammenwachsens von Literatur, Malerei und Philosophie in seiner Lebensbiographie darstellen.
Um dies zu verstehen, müssen wir uns aber erst einmal Kairos und Skandalon in der Szene der Malerei im Wien jener Tage vor Augen halten: die spektakuläre Sezession des am 10. Juli 1809 in Wien gegründeten Lukasbundes, seinen Exodus nach Rom, in die Einsiedelei des ehemaligen Klosters San lsidoro.12 Es kann kein Zweifel bestehen, dass dieses Ereignis und sein unmittelbarer Nachhall Eichendorff innerlich zutiefst erfasst haben muss, sind deren Bestrebungen doch den eigenen Zielsetzungen in der Literatur wie aus dem Gesicht geschnitten. Noch Jahrzehnte später, im Nachruf in seiner Geschichte der deutschen Literatur, wird diese Wahlverwandtschaft gemeinsamen Mühens der Romantik denn auch gebührend festgehalten: „Ihre ursprünglichen Intentionen, alles Irdische auf ein Höheres zu beziehen, mußte daher auch insbesondere das ganze Gebiet der Kunst gleichmäßig umfassen und durchdringen. […] Der Malerei vindizierte sie die Schönheit der Religion als höchste Aufgabe, und begründete durch deutsche Jünglinge in Rom die bekannte Malerschule, deren Führer Overbeck, Philipp Veit und Cornelius waren.“13
Aber auch anders spielen die Fäden der Vorsehung mit und tiefgreifend in die Kunst hinein: Durch die Eröffnung der Kaiserlichen Galerie im Schloss Belvedere waren mit einem Mal über 100 altdeutsche Gemälde zugänglich geworden – was die Annäherung der Lukasbrüder zu den altdeutschen Meistern – Dürer obenan – wie den Malern der italienischen Früh- und Hochrenaissance erheblich fördert.14 Auch letzteres Groß-Ereignis findet bei Eichendorff seinen expliziten Niederschlag: Am 26. Juni 1811 bereits, also knappe zwei Wochen nach seiner Ankunft, verzeichnet das Tagebuch den Besuch der kaiserlichen Bildergalerie im Belvedere, wovon aber „erst die italienische Schule aufgestellt war.“ (T, 265) Spätere Besuche werden zwar im Tagebuch nicht weiter registriert, aber es wäre völlig unlogisch, hier ein selbstverständliches Nachfassen auszuschließen. Vor allem aber trifft zwei Monate später dann auch schon Philipp Veit aus Dresden (!) ein, jener Philipp Veit, der dann, nach des Dichters eigenen Worten, „neben meinem Bruder, mein liebster Jugendfreund gewesen und bis zu dieser Stunde geblieben“ war.15
Eichendorff hat diese so enge Freundschaft dann bekanntlich ja auch in einem seiner Widmungsgedichte [An Philipp] verewigt:
„[…] So wird, was spurlos hier vielleicht verschwindet.
Was wir gewollt in Farben oder Tönen,
Am Thron des Herrn zum Ew‘gen sich gestalten.16
Und es war der so warme Zuspruch und die hohe Zielsetzung keineswegs einseitig und unerwidert geblieben. Auch Veit hat dieses Zusammengehen von Bild und Wort in der Herzensbruderschaft ihrer beider höchstem Wollen – in seiner Sonette An J. von Eichendorf17 festgehalten. Zwar liefert uns das Namedropping von Eichendorffs Tagebuchaufzeichnungen aus seiner Wiener Zeit dann keine sonderlich detaillierten Hinweise auf Natur und Gesprächsthematik dieser Wahlverwandtschaft. Doch dürfen wir davon ausgehen, dass es sicher nicht bloß die „Frauen“ „ohne Zahl“ und „der Strom von Tönen […] von noch unbekannten Schönen“ – wie beider Enttäuschungen damit! – waren, die Eichendorffs Lied und Veits Antwort darauf so dezent ansprechen. Dass die beiden Eichendorffs erst im November 1810, also ein Jahr nach der Gründung des Lukasbundes in Wien ankommen, sollte uns dabei nicht sonderlich stören. – Die Fäden zu diesem Künstlerbund waren auch nach dem spektakulären Exodus seiner maßgeblichen Mitglieder nach Rom nicht abgebrochen. Im Gegenteil! Diese Sezession der fürderhin Unerreichbaren und Unkontrollierbaren wirkte vielmehr wie ein Hebel zurück: „Sie, deren Zusammenschluß in Wien gewiß keinen Bestand gehabt hätte“, schreibt Claude Kreisch, „wurden nun zum Kern einer überaus einflußreichen Richtung, die sogar, in den Brüdern Olivier und dem jungen Schnorr von Carolsfeld, nach Wien zurückwirkte.“18
Doch sollten wir dabei unsere Augen nicht nur nach dem Süden und Rom richten. Einzelne Fäden zu den „Vorstellungen von einer katholischen Kunst […], die sich am Vorbild der vorraffaelitischen Malerei orientierte“12, lassen sich bereits an die Brüder Franz und Johannes Riepenhausen nach Dresden knüpfen und bis auf das Jahr 1804 zurückdatieren. Die beiden Brüder illustrierten einst Tiecks Leben der heiligen Genoveva19 Eichendorff hat ihnen dafür in Ahnung und Gegenwart sogar ein dezentes Denkmal seiner rückhaltlosen Bewunderung gesetzt; wir werden unten darauf detallierter zurückkommen.
Auch die Idee der Versöhnung der deutschen mit der italienischen Kunst war im Elb-Florenz längst vorexerziert worden. Der Gedanke enger Verbindungen Wiens mit den Kunstbestrebungen dort und wohl auch einer tiefen Vertrautheit Eichendorffs mit der Kunst Caspar David Friedrichs und Philipp Otto Runges drängt sich einem ja allein schon durch den Mittelsmann Veit auf. Ein Splitter aus einem Brief Philipp Veits an dessen Vater hellt da einmal im Rückblick blitzartig auf, wie man sich die innere Choreographie und Logik einer Wirkungsgeschichte der Kunst vorzustellen hat: „Was macht denn Eichendorf? Ist er schon nach Potsdam? Alles erkundigt sich hier nach ihm und freut sich über sein äußeres und inn...

Inhaltsverzeichnis

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Foto von Georg Gimpl
  3. Curriculum vitae
  4. Bemerkenswerte Texte bemerkenswerter Autoren
  5. Verzeichnis der Veröffentlichungen
  6. Nachruf auf Dozent Dr. Georg Gimpl
  7. Bild vor Bild die Wunderdonau hinab. Joseph von Eichendorffs
  8. Geschlecht und Ästhetik (ca. 2003)
  9. Anhang
  10. Impressum