Das rote Erbe der Front
eBook - ePub

Das rote Erbe der Front

Der Erste Weltkrieg in der DDR

  1. 395 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub

Das rote Erbe der Front

Der Erste Weltkrieg in der DDR

Über dieses Buch

Der Erste Weltkrieg darf nicht nur als die "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts" gesehen werden, sondern auch als eine fundamentale Grunderfahrung für die zukünftige Führungselite der DDR. Der Krieg hat ihren Leib und ihre Weltanschauung geprägt. Wie relevant war diese Erfahrung für die politischen Kämpfe der Weimarer Republik und den Widerstand unter dem Nationalsozialismus?

Dieser Sammelband geht einerseits der Frage nach dem Verhältnis zwischen dem Ersten Weltkrieg als "Erfahrungsraum" und "Fronterlebnis" sowie andererseits der DDR als politischem Experiment in Deutschland nach 1945 nach. Wie wurde der Erste Weltkrieg zwischen 1949 und 1989 als Erinnerungsort tradiert? Welche Geschichtsschreibung, welcher Diskurs und welche Vektoren wurden dabei mobilisiert? Inwieweit und wie hat letztendlich dieser Krieg die DDR als Lebenswelt geprägt?

Häufig gestellte Fragen

Ja, du kannst dein Abo jederzeit über den Tab Abo in deinen Kontoeinstellungen auf der Perlego-Website kündigen. Dein Abo bleibt bis zum Ende deines aktuellen Abrechnungszeitraums aktiv. Erfahre, wie du dein Abo kündigen kannst.
Derzeit stehen all unsere auf mobile Endgeräte reagierenden ePub-Bücher zum Download über die App zur Verfügung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die übrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Perlego bietet zwei Pläne an: Elementar and Erweitert
  • Elementar ist ideal für Lernende und Interessierte, die gerne eine Vielzahl von Themen erkunden. Greife auf die Elementar-Bibliothek mit über 800.000 professionellen Titeln und Bestsellern aus den Bereichen Wirtschaft, Persönlichkeitsentwicklung und Geisteswissenschaften zu. Mit unbegrenzter Lesezeit und Standard-Vorlesefunktion.
  • Erweitert: Perfekt für Fortgeschrittene Studenten und Akademiker, die uneingeschränkten Zugriff benötigen. Schalte über 1,4 Mio. Bücher in Hunderten von Fachgebieten frei. Der Erweitert-Plan enthält außerdem fortgeschrittene Funktionen wie Premium Read Aloud und Research Assistant.
Beide Pläne können monatlich, alle 4 Monate oder jährlich abgerechnet werden.
Wir sind ein Online-Abodienst für Lehrbücher, bei dem du für weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhältst. Mit über 1 Million Büchern zu über 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nächsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja! Du kannst die Perlego-App sowohl auf iOS- als auch auf Android-Geräten verwenden, um jederzeit und überall zu lesen – sogar offline. Perfekt für den Weg zur Arbeit oder wenn du unterwegs bist.
Bitte beachte, dass wir keine Geräte unterstützen können, die mit iOS 13 oder Android 7 oder früheren Versionen laufen. Lerne mehr über die Nutzung der App.
Ja, du hast Zugang zu Das rote Erbe der Front von Emmanuel Droit, Nicolas Offenstadt, Emmanuel Droit,Nicolas Offenstadt im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten Büchern aus Geschichte & Geschichte unterrichten. Aus unserem Katalog stehen dir über 1 Million Bücher zur Verfügung.

Information

Teil I: Erfahrung und Tradierung – eine biografische Perspektive

Wilhelm Pieck im Krieg

Der Erste Weltkrieg als biografische Zäsur und erinnerungspolitisches Kapital
Marcus Schönewald
Dass er einmal am 1. Mai, dem „Kampftag der Arbeiter“, Worte mit dem preußischen Kronprinzen wechseln würde, hätte sich Wilhelm Pieck (1876 – 1960) als linker Sozialdemokrat in den Vorkriegsjahren sicher nicht träumen lassen. Doch bei einem Truppenbesuch in Lothringen 1916, für den er mit den übrigen Soldaten seiner Kompanie in aller Frühe hatte antreten müssen, reichte ihm Wilhelm von Preußen (1882 – 1951), Kommandeur der 5. Armee sowie der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz, die Hand und fragte ihn nach Alter, Wohnort und dem Befinden seiner Familie. Anschließend verabschiedete er sich. „Auf Kommando mußte noch Hurra geschrien werden. Dann stieg er ins Auto und fort.“1 Die kurze Szene, die Pieck in einem Tagebuch festgehalten hat, wäre kaum weiter bemerkenswert, hätte er nicht ein Jahr zuvor eine Demonstration gegen den Krieg vor dem Reichstag organisiert, bei der er verhaftet und für mehrere Monate in Militärgewahrsam genommen worden war. Nun, nach seiner zwangsweisen Rekrutierung nach Frankreich im März 1916, blieb ihm als Ausdruck seiner oppositionellen Haltung nur mehr, den Hohenzollern in wenig schmeichelhaften Zügen als „hagere Figur mit spindeldürren Beinen“ und krankhaftem Aussehen darzustellen.2
Piecks Weg von der Antikriegsdemonstration an die Westfront ist ein eindrückliches Beispiel für die gewaltigen Veränderungen, durch die der Krieg die Welt der linken Sozialdemokraten um Rosa Luxemburg (1871 – 1919) und Franz Mehring (1846 – 1919) aus den Fugen geraten ließ. Über die langfristige Bedeutung des Ersten Weltkrieges für das Leben, Denken und Handeln der späteren Gründungsmitglieder der KPD herrscht in der historischen Forschung jedoch wenig Klarheit. Zwar ist die Geschichte der Spaltung der deutschen Arbeiterbewegung während des Krieges ergründet und auch die Oppositionsarbeit der Gruppe Internationale und des Spartakusbundes wiederholt thematisiert worden.3 Welche Stellung die Zeit des Krieges in der Erfahrungswelt und Erinnerung der späteren Kommunisten besaß und welchen Wandlungen sie von der Weimarer Republik bis in die Anfangsjahre der DDR unterworfen war, ist bislang jedoch kaum thematisiert worden.4 Überdies wird die Frage, ob mit der historischen Zäsur des Ersten Weltkrieges ein Umbruch politischer Vorstellungen und Handlungsweisen einherging, bis heute sehr unterschiedlich beantwortet. Auf der einen Seite findet sich die These von der Radikalisierung des linken Flügels der Sozialdemokratie infolge der Burgfriedenspolitik der Partei- und Fraktionsführung, eines enthemmenden Kriegserlebnisses und der russischen Revolutionen von 1917.5 So hat Andreas Wirsching „die mentale Ausgangsdisposition des frühen Kommunismus“ als „eine Mischung aus Bedrohungsangst und hemmungsloser Aggressivität“ charakterisiert, „deren Dimension und Intensität nur vor dem Hintergrund des säkularen Weltkriegstraumas und des russischen Bürgerkrieges zu begreifen“ seien.6 Auf der anderen Seite herrscht die schon 1919 von dem sozialdemokratischen Politiker und Publizisten Paul Lensch (1873 – 1927) vertretene Ansicht, „daß im Spartakusbund und bei den Unabhängigen im Grunde nichts anderes zum Ausdruck kommt, als die alte Ideologie der Sozialdemokratie aus dem Voraugust“.7 Nach dieser Auffassung waren die Kriegsjahre weder ein tiefer, bewusstseinsprägender Einschnitt noch ein Motor der Brutalisierung.8
Anhand der Biografie Wilhelm Piecks werde ich im Folgenden einen genaueren Blick auf die Bedeutung des Ersten Weltkrieges für die sozialdemokratischen Linken und späteren Kommunisten um Luxemburg und Mehring werfen und die Perspektive über den Parteikommunismus der Weimarer Republik hinaus weiten. Denn Piecks Lebenslauf, der von der kaiserzeitlichen Sozialdemokratie bis in die Anfangsjahre der DDR reicht, erlaubt nicht nur, nach den Brüchen und Kontinuitäten in den politischen Erfahrungen, Anschauungen und Praktiken über die Epochenschwelle des Ersten Weltkrieges hinweg zu fahnden. Er ermöglicht auch, das Fort- und Umschreiben der Kriegserfahrungen in der historischen Meistererzählung der KPD und SED in das Blickfeld der Forschung zu rücken und den sich wandelnden Wert der Weltkriegszeit in der kommunistischen Erinnerungskultur am Beispiel des späteren Parteivorsitzenden und Präsidenten der DDR nachzuzeichnen.

Schock und Marginalisierung: das andere „Augusterlebnis“

Für den Kreis um Rosa Luxemburg und Franz Mehring, dem Pieck schon bald nach seiner Übersiedlung von Bremen nach Berlin im Mai 1910 angehört hatte, war nicht der Ausbruch des Krieges, sondern die Nachricht von der Bewilligung der Kriegskredite durch die sozialdemokratische Reichstagsfraktion die einschneidende Erfahrung des Jahres 1914. Während er – zumindest in der marxistischen Theorie – auf den Krieg als Folge der wirtschaftlichen Konkurrenz zwischen den kapitalistischen Staaten gefasst war, hatte er die Kreditbewilligung am 4. August nicht für möglich gehalten.9 Die Nachricht wirkte daher wie ein Schock.10 Noch am Abend des 4. August kamen Mehring, Julian Marchlewski (1866 – 1925), Ernst Meyer (1887 – 1930), Hermann Duncker (1874 – 1960), Hugo Eberlein (1887 – 1941) und Wilhelm Pieck in der Wohnung Luxemburgs zusammen, um zu beraten, „was in dieser grausigen Situation zu tun sei“.11 Unter dem ersten Eindruck der Kreditbewilligung war auch ein Austritt aus der Partei erwogen worden. Am Ende beschlossen sie jedoch, „den Kampf gegen den Krieg in der Organisation zu führen“12 – „eben weil wir die Partei gewinnen wollten“, wie Duncker später erklärte.13 Sie einigten sich darauf, all jene Genossen im Lande zu sammeln, mit denen sie sich in der Ablehnung der Fraktionspolitik einig wähnten, und sie zu einer Besprechung nach Berlin zu rufen. Über 300 Telegramme wurden verschickt, doch wie Eberlein schreibt, war das Resultat „katastrophal“. Clara Zetkin (1857 – 1933) sei die einzige gewesen, die ihre Zustimmung gesandt habe.14 Dem Vorschlag eines öffentlichen Protestes gegen das Votum der Reichstagsfraktion begegnete sie allerdings mit großen Bedenken: „[…] er bliebe eine rein persönliche Kundgebung, die jetzt von Niemand verstanden würde, nur zeigte, daß wir völlig isoliert in der Luft stehen und wie klein und ohnmächtig wir sind“.15 Auch Karl Liebknecht (1871 – 1919) lehnte zu dieser Zeit ab, in einer öffentlichen Erklärung gegen die Kreditbewilligung zu protestieren. Er hatte sich zwar mit einer Minderheit in der Reichstagsfraktion gegen die Bewilligung ausgesprochen, wahrte jedoch nach außen die Parteidisziplin und setzte darauf, dass die Fraktion ihren Kurs bald korrigieren würde. Erst Ende August oder Anfang September trat er in eine nähere Verbindung zu Luxemburg.16 So scheint es wenig übertrieben, wenn Paul Lensch rückblickend schreibt, dass es am 5. August 1914 unmöglich gewesen sei, „in Berlin auch nur ein halbes Dutzend Stimmen zum Protest gegen die Kreditbewilligung aufzutreiben“.17 Auf den Schock und die Enttäuschung über das Votum der Reichstagsfraktion folgte die Erfahrung der politischen Marginalisierung, die das Selbstbild der Gruppe fortan bestimmen und zu einem festen Bestandteil der Gründungserzählung der späteren KPD werden s...

Inhaltsverzeichnis

  1. Title Page
  2. Copyright
  3. Contents
  4. Danksagung
  5. Der Erste Weltkrieg und die DDR oder wie man die Kontinuitäten in der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts reflektieren kann
  6. Teil I: Erfahrung und Tradierung – eine biografische Perspektive
  7. Teil II: Das „monumentale“ Gedächtnis des Ersten Weltkrieges in der DDR
  8. Teil III: Das „literarische“ Gedächtnis des Ersten Weltkrieges in der DDR
  9. Teil IV: Malerei und Film – eine künstlerische Perspektive
  10. Teil V: Der Erste Weltkrieg in der DDR-Geschichtsschreibung
  11. Teil VI: Der Erste Weltkrieg in der DDR-Schule
  12. Autorenliste
  13. Personenregister