ALPAKAS! WAS KANN MAN EIGENTLICH MIT DENEN MACHEN …?
Reiten, Lasten tragen, Herdenschutz?
Fehlanzeige – das ist nichts für Alpakas.
Aber sie sind bestens für die tiergestützte Arbeit geeignet, für Wanderungen und ihre Wolle ist einfach phänomenal weich. Du willst mehr wissen? Dann lies einfach weiter.
Foto © Nadine Malzkorn
Gut zu gebrauchen?!
Ein Alpaka kostet viel Geld, zumindest solche aus seriösen Züchtungen. Aber zugegeben, ein Alpaka kannst du nicht reiten und es wird in der Regel keine Kutsche ziehen, wobei es Alpakas gibt, denen man antrainiert hat, einen Saccowagen zu ziehen, wie es auch große Hunde lernen können. Ein Alpaka trägt dir nicht dein Gepäck durch die Gegend wie es das Lama kann, es vertreibt keine Wölfe aus der Schafherde oder schreckt Raubvögel oder Füchse auf dem Hühnerhof ab.
Obwohl es Menschen gibt, die das tatsächlich behaupten. Ganz ehrlich: Wenn unsere Alpakas auf die Weide kommen, wo auch die Hühner umherlaufen, dann nehmen die Hühner Reißaus.
Alpakas lieben es nämlich, die Hühner durch die Gegend zu jagen und ihr Summen dabei hört sich an wie ein heiteres Gelächter.
Hahaha – drei Mal kurz gelacht …
Und zum Thema Herdenschutz kann man nur sagen: „Da lachen ja die Hühner“. Der Wolf ist ein Raubtier und das Alpaka ein Fluchttier. Punkt. Es kursieren Videos im Internet, vorzugsweise aus Amerika, da werden Alpakas in Haus oder Garten gehalten und mit zum Surfen genommen. Bitte, bitte nicht nachmachen, das ist Tierquälerei, auch wenn es vielleicht auf den ersten Blick lustig erscheint.
Alpakas, die umweltfreundlichen Rasenmäher. Foto © Nadine Malzkorn
Aufgepasst!
Aus welchem Grund auch immer Alpakas gehalten werden, man muss sie mit viel Geduld und Sachkenntnis darauf vorbereiten. Unsere Tiere werden übrigens im Rahmen der pädagogischen Arbeit und der tiergestützten Aktivität gehalten und ausgebildet.
Was die Halter wollen
Je nach Interesse der jeweiligen Halter und/oder Züchter von Alpakas erfüllen die Tiere recht unterschiedliche Aufgaben.
Alpakas
•werden in mittleren bis großen Beständen als Nutztiere gehalten, um die Faser kommerziell zu vermarkten,
•werden gezüchtet und verkauft,
•werden in der tiergestützten Intervention eingesetzt,
•können als Landschaftspfleger und Rasenmäher gute Dienste tun
•und dich einfach nur erfreuen.
Die tiergestützte Arbeit
Landläufig fällt schnell der Begriff von der tiergestützten Therapie. Dies ist jedoch nicht richtig, es geht um die tiergestützte Arbeit, und die teilt sich auf in drei unterschiedliche Bereiche. Zum einen ist es tatsächlich der therapeutische Ansatz, wobei nur ausgebildete Therapeuten diese Art der Nutzung auch so nennen dürfen, z.B. Psychologen, Psychiater oder Ergotherapeuten. Der zweite Bereich ist die tiergestützte pädagogische Arbeit, die nur ausgebildete Pädagogen anbieten können, z.B. Trauma-Pädagogen, Sozialpädagogen oder Erzieher.
Der dritte Bereich schließlich ist die tiergestützte Aktivität, die ohne einen besonderen beruflichen Hintergrund angeboten werden kann. Hierbei geht es beispielsweise um den Einsatz der Tiere auf Wanderungen oder Geburtstagen. Wichtig ist es, beim professionellen Einsatz von Alpakas auf jeden Fall eine fundierte Fortbildung für tiergestützte Arbeit zu besuchen, denn in allen drei Bereichen sind die passenden Hygienekonzepte, rechtliche Belange, ethische Fragen, Wirkungsweise von Tieren auf den Menschen, Rasse- und tierartspezifische Anforderungen von großer Bedeutung. Solche Weiterbildungen werden von unterschiedlichen Instituten und Unternehmen angeboten, wobei man unbedingt auf die Qualität achten sollte. Gute Fortbildungen qualifizieren die Absolventen nach den Standartausbildungskriterien der ESAAT bzw. ISAAT. Diese Weiterbildungen werden in Modulform angeboten und bilden wissenschaftlich konzipiert und praktisch orientiert aus. Martin hat seine Fortbildung zur Fachkraft für tiergestützte Intervention beim Institut für Soziales Lernen mit Tieren in der Wedemark bei Hannover über knapp zwei Jahre absolviert. Es gibt aber z.B. auch AATLA–“Animal Assisted Therapy with Llamas and Alpacas“. Dieses Institut hat als Ausbildungsschwerpunkt die Neuweltkameliden.
Einsatz und Nutzen im sozialpädagogischen Kontext
Wir arbeiten auf dem Sternschnuppenhof seit 14 Jahren als sozialpädagogische Lebensgemeinschaft. Zwei Kinder haben im Rahmen ihrer individuellen Verweildauer in der Jugendhilfe einen familienanalogen Lebensmittelpunkt bei uns gefunden, d.h. die Kinder werden von uns 24 Stunden an sieben Tagen der Woche betreut, gefördert und begleitet. Dabei wird jeweils in Absprache mit allen am Prozess Beteiligten wie den Eltern, Vormündern, den Koordinatoren unseres Jugendhilfeträgers, den Zuständigen der Jugendämter, den Schulen oder auch den Therapeuten und uns regelmäßig ein Zieleplan erarbeitet, umgesetzt und überprüft.
Echt interessant
ESAAT ist das Kürzel für European Society for Animal Assisted Therapy. Die Organisation wurde 2004 in Wien gegründet und ist der wichtigste europäische Dachverband für alle Vereinigungen, die tiergestützt arbeiten. ISAAT ist die International Society for Animal Assisted Therapy.
Vor einer Wanderung muss erstmal ein Halfter angelegt werden. Foto © Nadine Malzkorn
In unserer pädagogischen Arbeit setzen wir dabei neben trauma- und entspannungspädagogischen Ansätzen auch auf die Möglichkeiten der tiergestützten Pädagogik. Es gilt als wissenschaftlich erwiesen, dass Tiere eine äußerst positive Wirkung auf Psyche und Physis des Menschen ausüben. Gerade bei Kindern und Jugendlichen, die häufig in ihrem jungen Leben enttäuscht wurden, aus einem Milieu von Gewalt seelischen und/oder körperlichen Ursprunges kommen, Verwahrlosung oder Unterversorgung, Flucht oder gar Krieg erlebt haben, wirkt ein Tier oft positiv als Eisbrecher und Vertrauter. Die Kommunikation mit dem Tier ist authentisch.
Ein Tier ist in seiner Sprache und seinen Bedürfnissen ganz klar und nimmt den Menschen ohne zu berechnen, zu lügen oder zu enttäuschen einfach so an wie er ist. Egal welche Hautfarbe, welches Aussehen, welche Krankheit er hat oder wie intelligent er ist. Beim Versorgen der Tiere werden Erfahrungen der Selbstwirksamkeit und des Gebrauchtwerdens gemacht. Beim Streicheln wird Oxytocin, ein Glücks- und Bindungshormon ausgeschüttet, das sich positiv auf das psychosoziale Befinden auswirkt.
Alpakas helfen Menschen
Neben Hunden, Katzen, Hühnern, Eseln, einem Pferd, das etwas entfernt vom Hof mit anderen Pferden auf einer Reitanlage steht, und weiteren Tierarten haben wir uns vor zehn Jahren auch ganz bewusst für den Einsatz von Alpakas in unseren pädagogischen Fördermaßnahmen entschieden.
Die Optik und Sanftheit, die neugierige, interessierte Art, die klare Körpersprache mit der die Tiere ausdrücken, wie weit eine Annäherung zugelassen wird, und das nicht bedrängende Verhalten prädestiniert Alpakas hervorragend für den tiergestützten Einsatz. Die Kinder und Jugendlichen lernen bei Alpakas, dass nur eine langsame und behutsame Annäherung zu gegenseitigem Vertrauen und Respekt führt. Ist dieses Vertrauen einmal da, dann lassen die meisten Tiere auch Streicheleinheiten am Hals oder der Schulter zu. Die beruhigende Wirkung des Summens und der schaukelnde Passgang der Tiere beim Wandern überträgt sich schnell auf die Menschen, entschleunigt und erdet.
Tiergestützte Aktivitäten
Alle zuvor beschriebenen Wirkweisen kommen auch hierbei zum Tragen. Im Unterschied zum therapeutischen und pädagogischen Ansatz sind tiergestützte Aktivitäten meist zeitlich begrenzt und eine einmalige Begegnungen zwischen Mensch und Tier.
Tiergestützte Angebote:
•Wanderungen oder Trekkingtouren
•Entspannungsangebote auf der Weide mit Meditation, Qi Gong und Atemübungen
•Picknick unter den Tieren mitten auf der Weide
•Kindergeburtstag mit Alpakaführerschein und Basteln mit Alpakafaser
Wusstest du, dass …
… Alpakas auch die „Delfine der Weide“
genannt werden? Das ist wahrscheinlich
ein bisschen übertrieben, aber sie sind
für pädagogische Interventionen
hervorragend geeignet.
Im Vordergrund steht bei all ...