Entstelltes Chaos glänzender Gestalten
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Entstelltes Chaos glänzender Gestalten

Die Frauen in August Wilhelm Schlegels Leben

  1. 460 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
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Entstelltes Chaos glänzender Gestalten

Die Frauen in August Wilhelm Schlegels Leben

Über dieses Buch

Propria rate pellimus undas: Unter seiner eigenen Flagge durch die Gewässer des Lebens segeln, das könnte August Wilhelm Schlegels (1767-1845) Lebensmotto gewesen sein, der sich gerne als den Odysseus der Romantik sah. Abenteuerlich genug war sein Leben und sein Wirken in ganz Europa. Viele hochinteressante Frauen begleiteten ihn auf der Reise, aber am Ende wartete keine Penelope auf ihn. Diese Biografie versucht, anhand der schicksalhaften Begegnungen mit den Frauen in seinem Leben eine Struktur aufzuzeigen, welche die Größe und Tragik des letzten Universalisten der Philologie erlebbar macht.

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Information

Jahr
2022
ISBN drucken
9783925805271

Sophie von Schlegel

Maria Löbel, so könnte das Kapitel auch überschrieben sein. Denn sie war die Frau, mit der Schlegel über zwanzig Jahre in Bonn in seinem Haus in der Sandkaule lebte. Da keine Ehefrau im Hause war, Sophie nicht nach Bonn zog, aber die Scheidung nicht vollzogen wurde, übernahm seine Haushälterin Löbel weit mehr Aufgaben als üblich und sie wurde, so weit das möglich war, seine Vertraute. Fielen die beiden namengebenden Frauen des letzten Kapitels schon aus der Reihe der Vorgängerinnen heraus, so fehlt Maria ihnen gegenüber noch ein wesentliches Kriterium, das es rechtfertigen würde, ihr das Kapitel zu widmen. Sie hatte nicht die Bildung genossen.
Zwar waren Frauen nicht zu Universitäten zugelassen, aber in den Familien, die es sich leisten konnten oder selbst über die Kenntnisse verfügten, genossen sie auf die eine oder andere Art und Weise Unterricht und erreichten, wie wir gesehen haben, eine sehr umfassende Bildung; sie sprachen oft mehrere Sprachen, interessierten sich für Kunst und Philosophie, manche auch für die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse, waren selbst kreativ und hatten den enstprechenden gesellschaftlichen Umgang. All das war Maria Löbel nicht möglich.
Die Bonner Zeit von 1818 bis zu August Wilhelms Tod im Jahre 1845 war im Vergleich zu seinem bisherigen Leben die ruhigste Phase, auch wenn er weiterhin gelegentlich auf Reisen ging.
Ich möchte an das Zitat von Paulin „Seine Zeitgenossen nahmen es scheinbar nicht zur Kenntnis, oder, wie im Fall Heinrich Heines, sie übersahen es geflissentlich“ anknüpfen und zeigen, wie sehr von Anfang an der Wind Schlegel entgegenwehte, wie wenig man offensichtlich bereit war, ihm Respekt zu zollen, und ihn als extravagnten, aber weisen und mürrischen alten Mann, der er zunehmend wurde, zu akzeptieren.
Hoffmann von Fallersleben549 war einer der frühen Studenten Schlegels; er schrieb: Aus den Anfänger der Universität Bonn
„(…) Unter den Professoren waren bedeutende Namen, besonders in der philosophischen Fakultät. Bald zeigte sich, dass sie als Lehrer ebenso unbedeutend waren wie früher bedeutend durch ihre Schriften. Der Kollegia, die unsereiner hören mochte, waren wenig, und diese entsprachen durchaus nicht den Erwartungen, mit denen man in den Hörsaal trat. So las Schlegel Geschichte der neueren deutschen Literatur. Das war nicht viel besser, als wenn man gelegentlich einem Fremden erzählt, dass wir Deutschen auch eine schöne Literatur haben. Dabei brachte er alle wichtigen Erscheinungen mit sich in Beziehung, und wenn er auf Goethe und Schiller zu sprechen kam, so vergaß er nie »mein unsterblicher Freund« hinzuzufügen.“550
Henriette Herz, die in ihrem Berliner Salon viele Romantiker wie die Tiecks und die Schlegels, sowie die Humboldt-Brüder empfangen hatte: „Ein anderes, eigentümlich ergreifendes Bild hat Henriette Herz von dem alten Freunde entworfen; vielleicht daß sie als Frau ihn mit anderen Augen sah oder weil sie ihn als den verwöhnten, ritterlichen Dichter in seiner schönen Jugend gekannt hatte. Freilich war es zwanzig Jahre vor Strauß551, daß sie ihn in Bonn wiedersah. »Wie war er schon äußerlich verändert«, erzählt sie. »Das sonst so glänzende Auge war erloschen, der Teint bleich, verschossen, die früher schlanke Gestalt auf gedunsen, sein sonst so geistreiches Wesen war nur noch zu ahnen. Wir machten eine Land- und Wasserpartie mit Bonner Professoren und ihren Frauen. Sie waren lustig und laut, aber je mehr sie dies wurden, desto ernster und stiller wurde Schlegel. Zuletzt saß er mit völliger, aber anständiger Teilnahmlosigkeit da, ganz wie ein ältlicher Franzose, der nicht deutsch versteht, in einer Gesellschaft dasäße, und auch sein Äußeres widersprach diesem Bilde nicht. Eigentlich verstand er auch nicht, was um ihn her gesprochen ward, wenn er auch die Worte verstand. Es machte einen schmerzlichen Eindruck auf mich.«“552 Schlegel war gerade Fünfzig geworden, hatte aber schon ein bewegtes Leben hinter sich. Wie weit ihm und seinem Ansehen die Ehe mit Sophie, deren Scheitern sich ja überaus deutlich abzeichnete, schadete, kann man nur vermuten. Ebenso die Gründe, die dazu führten: „Wissen werden wir es nie.“553
Mir kommt es manchmal so vor, als wollte man Romantikern nicht verzeihen, dass sie, wie alle anderen, alt wurden. Wenn sie denn, wie August Wilhelm, lange lebten.
Am 14. Juli 1817 war Madame de Staël in Paris gestorben; sie wurde nach Coppet überführt, wo sie beigesetzt wurde. Schlegel ging nach Deutschland zurück und unternahm im Frühjahr 1818 zwei Rheinreisen; Mainz, Koblenz, Bonn und Köln. Eine im Mai und Juni mit seinem Bruder Friedrich, der in Frankfurt war, wo sie sich zum letzten Male trafen. Sie kamen auch nach Heidelberg, wo am 30. August 1818 die Hochzeit gefeiert wurde. Zweimal traf August Wilhelm in Koblenz Hardenberg,554 ein Mal nur zehn Tage nach der Hochzeit. Man besprach universitäre Angelegenheiten. Sophie kam jedoch nicht wie verabredet nach Bonn.
Die Briefe zwischen den beiden Frischvermählten vom November 1818 zeigten erste Unstimmigkeiten. Dann kamen keine Briefe mehr von Sophie, sie wurde anscheinend nicht mehr gefragt, der Vater übernahm die Korrespondenz. Im Januar 1819 schaltete August Wilhelm einen Anwalt ein. Vermittlungsversuche einer sechsmonatigen Probezeit in Bonn scheiterten. Paulus wollte den Prozess und Geld.
Von Madames Tod, der Rückkehr nach Deutschland, dem Wiedersehen mit der Familie Paulus und deren Tochter Sophie, der Heirat und der Trennung dauerte es also etwas mehr als ein Jahr. Das war in kurzer Zeit ein unglaubliches Wechselbad der Gefühle, Trauer und Verlust, Verliebtheit und Glück, Verletzung und Schmerz. Die Beschreibung, die Henriette Herz von August Wilhelm gab, scheint diese Umstände völlig zu ignorieren.
Die Bereitschaft, den Ruf nach Bonn anzunehmen, Alexander von Humboldt hatte sich darum bemüht, August Wilhelm nach Berlin zu verpflichten, signalisierte Schlegel erst in einem Brief vom 7. August 1818 aus Heidelberg an Koreff555 in Berlin: Nach Empfang Ihres Briefes vom 27sten Jun., mein theuerster Freund, habe ich Ihnen sogleich von hier aus geschrieben, und sogar zweymal: einmal gerade zu nach Spa, jedoch immer mit dem Namen des Fürsten auf dem Umschlage; das zweytemal über Frankfurt; diesen Brief hat Hr. Himly besorgt. Alles was das Geschäft betrifft, worin Sie sich so freundschaftlich für mich verwenden, enthielten diese Briefe, wie auch meine Entschuldigungen wegen der früheren Versäumniß des Schreibens. Seitdem empfing ich einen unendlich schmeichelhaften Brief vom Minister von Altenstein unter dem 19ten Jul. worin er mir die amtliche Ausfertigung meines Rufes nach Berlin ankündigt, die aber noch nicht zu mir gelangt ist.
Ich habe sogleich geantwortet, und meine Bereitwilligkeit erklärt, vorläufig in Bonn anzutreten, wie ich dieß auch früher gegen Sie gethan. Mit großer Sehnsucht habe ich einigen Zeilen von Ihnen entgegengesehen, weil ich wünschte zu erfahren, ob ich, und wo und wann dem Fürsten aufwarten soll. Ich wäre sogleich zu Ihnen geeilt, aber ich habe es nicht gewagt ohne einen ausdrücklichen Wink, weil ich nicht wußte, ob sich der Staatskanzler nicht, während der Cur in Spa, alle auf Geschäfte bezügliche Besuche entfernt halten will.
Indessen rückt der Sommer weiter vor, und es wird mir immer schwerer, um nicht zu sagen unmöglich, für den Antritt im Herbst alle erfoderlichen häuslichen und gelehrten Vorbereitungen zu treffen. Denn ich konnte und kann noch, aus Mangel einer bestimmten Entscheidung, weder eine Wohnung miethen, noch meine Bibliothek kommen lassen; noch dieß, noch jenes.
Nun ist noch ein neues Ereigniß hinzugekommen, das mich persönlich betrifft, – ein retardirender Umstand, würde Goethe sagen, der aber eine Million Förderungen werth ist. Freuen Sie sich mit mir des unverhofften Glückes, das mir die Vorsehung beschieden hat, Sie, mein von jeher für mich so liebevoll gesinnter Herzensfreund. Ich bin verlobt: ein edelgesinntes, geistreiches liebenswürdiges und schönes Mädchen giebt mir ihre Hand: Fräulein Sophie Paulus die Tochter meines alten verehrten Freundes, des Geheime Kirchenrathes Paulus, giebt mir ihre Hand. Beyde Eltern, von denen diese einzige Tochter, einzig in jeder Beziehung, die ausgezeichnetste Erziehung bekommen, haben mir von jeher viel Freundschaft und Theilnahme bewiesen. Auch vertraut man ein solches Kleinod nur dem, welchem man das beste gönnt.
Nun, lieber Koreff, bitte ich Sie um ein kleines Tränkchen der Unsterblichkeit, deren Sie so manche in der Tasche haben. Nun verlohnt es sich zu leben: nach einem in Todesgedanken und tiefer Trauer durchlebten Jahre, bin ich erwacht zur Freude und zur Hoffnung.
Diese Verbindung vermehrt meine Neigung zu Bonn, mit welchen anderweitigen Schwierigkeiten der vorläufige Antritt dort auch verknüpft seyn möchte. Denn die Trennung von ihren Eltern wird meiner geliebten Braut sehr schwer fallen, und auf diese Art bleibt sie doch mehr in der Nachbarschaft.
Leben Sie tausendmal wohl – ich beschwöre Sie, schreiben Sie mir bald, und glauben Sie an meine ewig unveränderliche dankbare Freundschaft.
Ihr
A. W. v. Schlegel
„Es war nicht selbstverständlich, dass Schlegel erneut eine akademische Karriere ergreifen würde. Philipp Joseph Rehfues,556 sein späterer Vorgesetzter als „Kurator“ der Universität Bonn, war erst einmal anderer Meinung. Schlegel hätte nach seiner Tätigkeit bei Bernadotte im preußischen, russischen oder österreichischen Dienst Karriere machen können; oder er hätte in Frankreich ein homme de lettres werden können, ein angesehener Mirarbeiter des Journal de débats, vielleicht ein pair de France, sogar ein Minister wie Victor Cousin,557 auch er Akademiker.558 Doch eine akademische Karriere schien sich anzubahnen. Koreff soll als erster auf die Idee gekommen sein, Schlegel einen Universitätsposten in Preußen attraktiv zu machen;559 Wilhelm von Humboldt behauptete dasselbe.“560
Ich denke, man kann von einer in ihren Konsequenzen kaum bedachten, wenn nicht überstürzten Heirat sprechen kann; für die Eile gab es eigentlich keinen Grund. Fest steht, dass August Wilhelm bereit war, mit Sophie in Bonn zu leben. Die Frage bleibt, ob es Sophie war, die zurückschreckte, oder ob es die Eltern waren, die Sophie, aus welchen Gründen auch ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Motto
  2. Inhaltsverzeichnis
  3. Vorwort
  4. Sophie Paulus (1818)
  5. Caroline Böhmer (1786-1803)
  6. Sophie Bernhardi, geb. Tieck (1803/04)
  7. Mad. de Staël (1804-1817)
  8. Julie Récamier
  9. Elisabeth Wilhelmine van Nuys
  10. Marianne Haller
  11. Nina Schiffenhuber-Hartl (1816)
  12. Albertine de Broglie, Augusta von Buttlar
  13. Sophie von Schlegel
  14. Auguste Luise Adolfine von Flotow (1836-1843)
  15. Zeittafel
  16. Kurioses
  17. Körner: August Wilhelm von Schlegel und die Frauen
  18. Blütenlese Dichterstreit
  19. Bibliografie
  20. Personenregister
  21. Weitere Informationen
  22. Impressum