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Schöpfen und Erschöpfen
- 100 Seiten
- German
- ePUB (handyfreundlich)
- Über iOS und Android verfügbar
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Schöpfen und Erschöpfen
Über dieses Buch
Der Dialog zweier aufregender Denkerinnen unserer Zeit zelebriert das Zuhören und das Nachfragen, die Vergemeinschaftung von Wissen, ohne Differenzen aufzugeben, um andere Formen des Wirtschaftens und der Lebensgrundlage in den Blick zu nehmen: Versorgung statt Phantombesitz, AuÍbruch statt Apokalypse, Regenerieren statt Erschöpfen.
Wie lässt sich Ökonomie anders denken als im Wachstumsparadigma, welchen Umgang mit Ressourcen sollten wir pflegen, um ökologischer und sozialer Erschöpfung entgegenzuwirken, und ist es möglich, dass Gesellschaften tatsächlich mehr Reichtum, Wohlstand und Wohlbefinden für alle erzeugen können, wenn sie nicht mehr an Profit orientiert sind? – Diesen Fragenstellen sich die Politökonomin Maja Göpel und die Philosophin Eva von Redecker, beleuchten sie aus ihren jeweiligen Disziplinen und gehen dabei debattierend aufeinander zu, um gemeinsam mögliche Wege aus der Vielfachkrise der Gegenwart aufzuzeigen.
Dieser Dialog ist die Weiterführung eines Gesprächs zwischen den beiden Autorinnen, das im Rahmen der Veranstaltungsreihe »Burning Futures: On Ecologies of Existence« im HAU Hebbel am Ufer (Berlin) stattfand, kuratiert und moderiert von Margarita Tsomou und Maximilian Haas.
Häufig gestellte Fragen
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Information
Schöpfen und Erschöpfen
MH: Vorweg muss eines gesagt werden: Dass eine queer-feministische linke Philosophin und eine in der Realpolitik agierende Transformationsforscherin gemeinsam über Ökologie und Ökonomie ins Denken kommen, ist nicht selbstverständlich.
MT: Aber wir dachten, es ist ein Skandal, dass ihr beide noch nie in der Öffentlichkeit miteinander gesprochen habt.
MH: Wo sich eure Positionen doch in interessanter Weise ähneln …
MT: … aber doch auch an entscheidender Stelle unterscheiden. Das ruft nach einem Gespräch!
MH: Eine wichtige Rolle spielen in euren Büchern die jüngsten öko-aktivistischen Bewegungen, auf die ihr verschiedentlich Bezug nehmt. Maja, du machst das in deinem Buch Unsere Welt neu denken, aber auch, indem du zum Beispiel 2019, sehr früh nach dem Beginn von Fridays for Future, als Unterstützung die Scientists for Future mitgegründet und der Bewegung zur Seite gestellt hast. Und Eva, du hast in deinem Buch Revolution für das Leben eine philosophische Auswertung dieser neuen Protestbewegungen vorgenommen. Das heißt, es werden darin philosophische Ansätze zur Kritik und Neuerfindung von Eigentum und Wirtschaft aus den Bewegungen abgeleitet und erst im zweiten Schritt mit philosophischen Referenzen und Begriffen belegt.
MT: Warum wir euch so gern ins Gespräch bringen wollten, ist, weil in beiden Büchern Ökonomiekritik zentral ist. Und zwar eine Ökonomiekritik, die wirtschaftliches Wachstum und auch den Glauben an linearen Fortschritt als eine Dynamik kritisiert, die auf Erschöpfung hinausläuft: Erschöpfung von Menschen, more-than-humans und natürlich der Erde, der Natur, des Klimas und so weiter. Dagegen setzt ihr beide dezidiert die zyklischen Kreisläufe der Natur. Eva, du sprichst von Gezeiten, und Maja spricht von Zeit als einem zyklischen Paradigma, dem sich auch unser ökonomisches Denken anpassen könnte, ja sogar muss, um Regeneration zu ermöglichen. Und zwar ein Regenerieren, das eben nicht nur mit technologischen Lösungen zu tun hat, sondern mit Gesten der Sorge, mit der Arbeit des Pflegens, des Rettens und des Teilens.
MH: Wir wollen vorschlagen, daher auch bei der Ökonomie zu beginnen. Nicht nur weil die Ökonomie für euch beide so eine wichtige Referenz bildet, sondern auch, weil unsere ökopolitische Lage ohne sie nicht zu verstehen ist. Ökonomie und Ökologie sind heute weniger denn je zu trennen.
Eva, du führst in deinem Buch den Begriff »Phantombesitz« ein, vielleicht kannst du zum Einstieg beschreiben, wie Phantombesitz und Eigentumsform zueinander stehen, aber auch, wie sie den wirtschaftlichen Zugang zu Ressourcen strukturieren und welche Rolle sie also für die Ökologie spielen?
ER: Das eine ist sozusagen der Schatten des anderen, also der Phantombesitz der Schatten des Eigentums. Aber von vorn: Die Eigentumsform ist die Gestalt, die Eigentum jeweils historisch annimmt – was es also konkret bedeutet, dass einem etwas gehört. In der westlichen Moderne hat Eigentum die Gestalt der absoluten Sachherrschaft, das heißt, es verspricht volle Verfügung über eingegrenzte »Sachen«. Phantombesitz besteht nun wiederum im Anspruch auf ein solches Verfügen. Es beschreibt eine Weise, die Welt so zu sehen, als sei sie aus lauter separaten Sachen gemacht, verfügbaren Sachen, genauer: mir verfügbaren Sachen. Ich benutze die Kategorie des Phantombesitzes, um gleich zu zeigen, dass die Ökonomie symbolische Gehalte hat und Wertschöpfung ohne ideologische Anteile gar nicht zu denken ist. Dazu bin ich auf zwei Wegen gekommen.
Das eine ist eine Beobachtung über gegenwärtige reaktionäre oder protofaschistische Bewegungen, die ganz oft lautstark den Anspruch auf etwas erheben, das ihnen angeblich gehört und das ihnen nun entwendet wurde. Oft genug handelt es sich dabei um etwas, von dem man denkt, das kann eigentlich gar kein Eigentum sein, weil es sowieso niemandem zusteht, also ein Phantom: ein geschichtlich verankerter Herrschaftsimpuls, eine Leerstelle, an der mit aller Gewalt Eigentum reklamiert werden soll. Diesen politischen Impuls wollte ich besser verstehen.
Der andere Weg zur Eigentumsform ergab sich für mich aus der Suche nach dem Scharnier oder dem gemeinsamen Nenner von intersektionalen Herrschaftsverhältnissen, von Kolonialität und politischer Ökonomie. Die Kritische Theorie denkt ja eigentlich immer von der Warenform her. Das Klassenverhältnis, aber auch die Naturbeherrschung ergeben sich aus der Warenwelt. Und in der Dialektik der Aufklärung wird sogar Antisemitismus auf raffinierte Weise aus einer Gesellschaft abgeleitet, die alles in vergleichbare und austauschbare Werte verwandelt. Diese Perspektive hat jedoch ziemliche Probleme, Rassismus und Sexismus theoretisch reichhaltig zu analysieren. Das hat mich beschäftigt!
Nach und nach hat sich dann bei mir die Idee verfestigt, dass das Eigentum ein ideologisches Eigenleben führt. Das meiste Eigentum geht zwar seit 300 Jahren immer in die Warenform über – was Eigentum wird, kann dann auch kommodifiziert werden –, mit dem Eigentum existieren aber auch andere Logiken, unabhängig von der Frage danach, wie viel Profit sich daraus schlagen lässt. Zum Beispiel Logiken der Souveränität, die nach Vorbild der Eigentumsbeziehung funktionieren, oder Vorstellungen von Freiheit als vollkommener Verfügung über etwas.
MH: Kannst du dafür ein Beispiel geben?
ER: Güter wie Land mussten geschichtlich überhaupt erst mal Eigentum werden, bevor sie als Ware gehandelt werden konnten. Denn Land ist nicht von Natur aus besitzbar. Man muss also selbst bei Sachen, die tatsächlich gegenständlich sind, ganz viel machen, damit sie Eigentum werden und beherrschbar sind. Für das konkrete Beispiel Land bedeutet das: Man muss Zäune bauen, es vermessen, ein Grundbuch einführen, um es dort einzutragen, und so weiter.
Parallel dazu sind aber auch soziale Beziehungen eigentumsförmig verdinglicht worden. Es gab also immer eine Art von Kompensationseigentum – ich nenne das fiktives Eigentum, in Anlehnung an Karl Polanyis Kategorie der fiktiven Waren –, mit dem manche entschädigt wurden, die tatsächlich gar nichts besessen haben und also gegen diese neue Eigentumsordnung hätten rebellieren müssen, in der sie leer ausgegangen sind. Zum Beispiel, weil sie als frühmoderne Bauern gerade von ihrem Land gejagt wurden oder als befreite Leibeigene durch Entschädigungszahlungen an die vorigen Gutsherren gleich wieder verschuldet waren. Im Herrschaftsgefüge der Sachherrschaft wurden sie jedoch mit anderen Ansprüchen ausgestattet: zum Beispiel der patriarchalen Verfügung über Reproduktionsarbeit oder der weißen Vorherrschaft als Wissen darüber, dass man immerhin im Besitz seiner Arbeitskraft bleibt – im Gegenteil zu versklavten Menschen –, selbst wenn man diese sofort und ständig wieder verkaufen muss, um überleben zu können. Durch solche Mechanismen wurde die Durchsetzung des Eigentums gesichert.
Diese Verhältnisse der Sachherrschaft, in denen also fiktives Eigentum entsteht, damit jemand darüber herrschen kann, haben wir heute zum Teil emanzipativ überwunden. Und trotzdem führen sie ein Nachleben, weil unsere Gesellschaft subjektiviert, gewachsen und geformt ist durch diese Verhältnisse. Das Eigentum ist in den modernen Seelen verankert. Und so wie Phantomschmerz da wehtut, wo eigentlich keine Gliedmaße ist, ist Phantombesitz ein Verfügungsanspruch auf etwas, worauf eigentlich kein Anrecht und woran kein Eigentum besteht.
MT: Maja, auch du sprichst an zwei Stellen in deinem Buch von Phantomwelt, vor allem aus der Erfahrung, die du mit der Disziplin der Volkswirtschaftslehre, also der politischen Ökonomie gemacht hast. Du sagst: »Diese Modelle beschreiben eine Welt, die nicht real ist«, und nennst das eine Scheinrealität des Monetären, in der wir uns eingerichtet haben. Dass also biologische oder geologische Fakten in Bezug zum Klima beispielsweise klar sind und auf dem Tisch liegen, wir aber trotzdem lieber in einer Scheinrealität verharren, in der das Monetäre wichtiger ist als diese Fakten. Wie stehst du zu dem, was Eva gerade über den Phantombesitz gesagt hat, und lässt sich das ins Verhältnis setzen zu deinem Verständnis der monetären Scheinrealität?
MG: Mir scheint es tatsächlich hilfreich, sich mit der Ökonomie aus einer sozialwissenschaftlichen Perspektive zu beschäftigen. Denn verrückterweise berücksichtigt vieles von dem, was sich im Moment Ökonomisch-Denken-und-Ausgebildetwerden nennt, gar nicht die Ideengeschichte der eigenen Disziplin. Also finden solche kritischen Suchprozesse, wie Eva sie gerade beschrieben hat, gar nicht statt. Das war für mich ein großes Aha-Erlebnis, als ich nach ein paar eher verwirrenden Vorlesungserlebnissen zur Makroökonomie in meiner Promotion zu politischer Ökonomie in die Ideengeschichte eingestiegen bin. Denn da wurde klar – was Eva eben auch erwähnte –, dass es natürlich immer unterschiedliche Möglichkeiten gibt, die Komplexität der Welt zu reduzieren um das, was wir in der Welt an Überschuss an Sein haben und momentan nicht verarbeiten können. Wir versuchen diese Auswahl in Worte zu packen, in Modellhaftigkeiten, in Kennzahlen wie zum Beispiel monetäre Größen, um uns zu orientieren, mit anderen in Beziehung zu treten und uns darüber auszutauschen, warum wir Dinge tun. Genau dafür haben wir uns Geld auch ausgedacht: Damit wir sagen können, etwas ist so und so viel wert und ich habe ein Äquivale...
Inhaltsverzeichnis
- Cover
- Titel
- Inhalt
- Schöpfen und Erschöpfen
- Impressum