1 Einleitung
Das vorliegende Buch soll Aufklärung bieten über die therapeutischen Möglichkeiten der Anwendung einer Leitungswasser-Iontophorese (medizinische Abkürzung: LWI) bei Diagnose des krankhaften Schwitzens, der sogenannten »Hyperhidrosis«.
Im Therapieprozess ist die LWI zur wirksamen Behandlung übermäßigen Schwitzens an Händen und/oder Füßen (palmoplantare Hyperhidrosis) unlängst bekannt und mittlerweile selbst bei hartnäckigen Schwitzproblemen im Achsel- oder im Gesichtsbereich therapeutisch in den Behandlungsfokus gerückt.
Über die Jahre hinweg hat sich dieses spezifische Therapieverfahren durch technische Optimierungen der Behandlungsgeräte sowie infolge der Ergebnisse experimenteller Anwendungsstudien weiterentwickelt. Im Therapieprozess des übermäßigen Schwitzens nimmt die physikalische Therapie der LWI daher einen hohen Stellenwert ein.
Medizinische und technische Erweiterungen auf dem Gebiet dieser Therapieform, vornehmlich auch die simple Heimtherapie der LWI in patientenfreundlicher häuslicher Umgebung, rechtfertigen daher durchaus eine Näherbetrachtung dieser besonderen Therapie.
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Das exzessive Schwitzen stellt vom Krankheitswert eine ernst zu nehmende Belastung für Betroffene dar, die sich zwar im physiologischen Sinne nicht unbedingt gesundheitsschädlich auswirkt, jedoch mit außergewöhnlich psychosozialen Problemen im Berufs- und Sozialleben einhergeht.
Als interessierter Leser, Betroffener oder Mediziner werden Sie um die Problematik und insbesondere auch psychosozialen Belastungen des exzessiven und krankhaften Schwitzens wissen. Sie kennen sicherlich die Leidenssituation vieler Betroffener, die händeringend nach Hilfsangeboten suchen oder Sie befinden sich als Leidtragende(r) selbst auf ständiger Recherche nach der für Sie abgestimmten, effektivsten Therapie mit den geringsten Nebenwirkungen.
In der Therapiepraxis der Hyperhidrosis hat sich die Stufentherapie als Behandlungsplan wissenschaftlich etabliert, beginnend mit naturheilkundlichen Verfahren wie pflanzlichen Wirkstoffen in Form von Extrakten des Salbeis, externen Anwendungen mit Aluminiumchloriden bei lokalen Schwitzphänomenen, der hier vorgestellten Therapieform LWI, medikamentösen Therapien mit Anticholinergika bei universellen Schweißausbrüchen, Botox-Injektionen zur chemischen Denervierung der Schweißdrüsen, Drüsenabsaugungen im Achselbereich, Laseranwendungen oder dem Mikrowelleneinsatz bis hin zu radikalen operativen Eingriffen am sympathischen Nervensystem.
In den letzten Jahren hat sich zwar nicht unbedingt die Zahl der Behandlungsmöglichkeiten erhöht, die bestehenden Therapieoptionen des übermäßigen Schwitzens wurden aber wissenschaftlich fundierter untersucht und mit Kontinuität weiterentwickelt.
Jedes dieser Verfahren in diesem genau definierten Stufenplan kann je nach Erscheinungsform des zu Grunde liegenden Schwitzphänomens durchaus seine therapeutische Berechtigung haben und einen Behandlungsversuch indizieren.
Bestimmte Formen des Schwitzens erweisen sich bei manchen Therapieoptionen allerdings als behandlungsresistent, so dass sich die therapeutische Auswahl schnell begrenzt. In diesem Zusammenhang ist die spezifische Form des generalisierten Schwitzens anzuführen, bei der sich der funktionell gestörte Schweißfluss zum Leidwesen Betroffener großflächig auf den gesamten Körper erstrecken kann.
Das Phänomen dieser generalisierten Hyperhidrosis lässt sich daher nur eingeschränkt therapeutisch angehen, etwa durch eine systemische Behandlung mit schweißhemmenden Medikamenten in Form von sogenannten Anticholinergika. Behandlungswege mit lokal wirksamen Verfahren und Anwendungsmitteln wären hier kontraindiziert.
Analog zu den alternativen Therapieoptionen erfährt auch das in diesem Buch vorgestellte physikalische Therapieverfahren der LWI seine therapeutischen Grenzen. Diese Behandlung mit Strom ist bei Vorliegen lokaler Erscheinungsformen des pathologischen Schwitzens indiziert und hierbei nachweislich wirkungsvoll.
Diese Elektrotherapie beschränkt sich indikativ primär auf ein krankhaft übersteigertes Schwitzen an den Händen und Füßen. Bedingt und mit Einschränkungen sind auch Achsel-, Gesichts- oder sogar Rücken- und Nackenbereich behandelbar. Letztgenannte Schwitzphänomene lassen sich durch die LWI weniger effektiv und nur unter Zuhilfenahme von Applikatoren angehen.
Bei all den existierenden Therapiemaßnahmen im Therapieplan einer Hyperhidrosis ist zu beachten, dass jedes Verfahren auch seine Nebenwirkungen mit sich bringt. Genau hier aber liegt der ganz entscheidende Vorteil der Behandlungsform der LWI.
Dieses als konservativ beschriebene Therapieverfahren gilt als nahezu nebenwirkungsarm und hocheffektiv. Langzeitnebenwirkungen sind nicht bekannt und bereits mehrfach wurde in Fallstudien bewiesen, dass die Leitungswasser-Iontophorese bei über 80-90 % der Anwender signifikante Erfolge verspricht.
| Therapie/Zonen | Ach-seln | Hände | Füße | Kopf/Gesicht |
| Antitranspi-rante | ja | ja | ja | bedingt |
| Botox© | ja | bedingt | bedingt | bedingt |
| miraDry© | ja | | | |
| Laser | ja | | | |
| Absaugung | ja | | | |
| Iontophorese | bedingt | ja | ja | bedingt |
| Medika-mente | ja | bedingt | bedingt | ja |
| ETSOperation | ultimaratio | ultimaratio | | |
Tabelle 1: verschiedene Indikationen für spezifische Formen der Hyperhidrosis
Die LWI gilt als konservative Behandlung der lokalen Hyperhidrosis, da hier ausschließlich unter Zuhilfenahme physikalischer Maßnahmen therapiert wird. Im Gegensatz zu dieser Konservativtherapie steht die chirurgische Behandlung wie etwa die transthorakale Sympathektomie oder die Schweißdrüsensaugkürettage, die zwar in manchen Fällen durchaus der letzte Behandlungsweg im Stufenplan sein kann, immer aber mit einem hohen gesundheitlichen Risiko und in der Regel mit einem Mehr an Nebenwirkungen verbunden ist.
Obwohl bei der LWI letztendlich mit Strom auf den Organismus und menschliches Gewebe Einfluss genommen wird, ergeben sich bei dieser Anwendung nur geringfügige Begleitkomplikationen, auf die später noch näher einzugehen sein wird.
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Vor langer Zeit war die Behandlung einer Hyperhidrosis an Händen und/oder Füßen mit der Leitungswasser-Iontophorese ausschließlich der klinischen Praxis vorbehalten. Überwiegend in dermatologischen Zentren erfolgte die Initiierung und Begleitung dieser konservativen physikalischen Therapie. Einhergehend war dieser Umstand oft mit hohen Hürden für die Betroffenen. So musste zu Behandlungszwecken häufig eine dermatologische Praxis aufgesucht und nicht selten mussten weite Anfahrten und erhebliche zeitliche Aufwendungen in Kauf genommen werden.
Durch technische Fortschritte, eine Modifizierung und ständige Optimierung der Elektrogeräte aber auch durch diverse Effizienzstudien wurde die spezielle Iontophorese-Behandlung über die Jahre hinweg stetig optimiert, sicherer und anwendungsfreundlicher im Bedienkonzept und nicht zuletzt wegen erheblicher Kostenreduzierung auch für die Heimanwendung interessanter.
Mittlerweile ist selbst der freie Erwerb der als Medizinprodukte geltenden Geräte möglich. Ärztlich rezeptiert und im Idealfall von den Krankenkassen rückvergütet oder rezeptfrei auf Privatrechnung erhältlich ist ein Erwerb für jedermann möglich und der Betroffene kann selbst ohne ärztliche Begleitung spontan mit der Behandlung beginnen. Heute bestellt, morgen geliefert und sogleich lostherapiert.
Doch genau hier liegt auch eine Gefahr, da ein solches Vorgehen medizinisch weder zu empfehlen noch zu verantworten ist. Eine unkontrollierte und unüberwachte Anwendung geht nicht selten mit einem unverkennbaren Risiko einher.
Der Betroffene erhält zwar mit Erwerb seines Gerätes vom Händler oder Hersteller eine umfangreiche Bedienungsanleitung oder einen Schnelleinstieg, bleibt in Folge aber mit dem kompletten medizinischen Ablaufverfahren auf sich allein gestellt.
Erfolgte früher noch zumindest die Initialphase der Iontophorese unter ärztlicher Aufsicht in klinischer Umgebung und schloss sich die Erhaltungstherapie dann meist im Rahmen der Heimbehandlung an, so werden heute nicht selten beide Therapiephasen ohne professionelle Begleitung oder Anleitung in heimischer Umgebung durchgeführt.
Auspacken, aufbauen und Therapiestart widersprechen aber dem komplexen und vor allem individuellen Therapieverfahren der Iontophorese. Hierbei geht es nicht um mögliche gravierende Nebenwirkungen, sondern eher um die Frage der Anwendungspraxis, der Feinjustierung dieses effektiven aber eben auch sensiblen Therapieverfahrens. Ohne individuelle Abstimmung der Therapieform unter fachkompetenter Anleitung wird die Behandlung nicht selten erfolglos, wirkungsarm oder aber doch mit vermeidbaren Nebenerscheinungen einhergehen. Im Bedarfsfall bieten die meisten Hersteller daher einen qualifizierten Support (u.a. Live-Chat, WhatsApp-Service, Rückruf bei einer Leihstellung) zur Klärung aller Behandlungsfragen, um durch zielgerichtete Anpassungen noch bessere therapeutische Ergebnisse zu erzielen.
Trotz der Bequemlichkeit der Heimanwendung ist die temporäre Anwendungsbegleitung durch einen fachkundigen und anwendungsgeschulten Arzt we...