
- 628 Seiten
- German
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Grundriss Geschichte des chinesischen Denkens
Über dieses Buch
Anne Chengs Standardwerk zur viertausendjährigen Geschichte der chinesischen Philosophie von den Anfängen bis ins 20. Jahrhundert liegt nun endlich auch in deutscher Übersetzung vor. In ihrer meisterhaften Gesamtdarstellung verfolgt die vielfach ausgezeichnete Autorin die Entwicklung des chinesischen Denkens in seiner Kontinuität wie in allen Verwandlungen und Brüchen und bietet gleichzeitig ein hervorragendes Nachschlagewerk.
Als die »Histoire de la pensée chinoise« 1997 auf Französisch erschien, setzte sie sogleich Maßstäbe für eine schlüssige und zugleich umsichtige Darstellung der in der westlichen Philosophie oft nur bruchstückhaft bekannten, geschweige denn rezipierten chinesischen Philosophiegeschichte. Das Buch setzt ein mit der archaischen Kultur der Sh?ng und Zh?u im 2. Jahrtausend v. Chr. und behandelt in sechs Teilen die antiken Grundlagen des chinesischen Denkens (Konfuzius, Mòz?), die Zeit der Streitenden Reiche (Zhu?ngz?, Menzius, L?oz?, Xúnz?, Legisten und kosmologisches Denken), die geistige Erneuerung während der HànDynastie, die buddhistische Umwälzung und anschließende Integration des Buddhismus in China, die Philosophie in der Zeit der Sòng und der MíngDynastien und schließlich die Entstehung des modernen Denkens. Auch wenn Cheng sich an den bekannten Schulen und Traditionslinien orientiert, berücksichtigt sie stets die Problematik, dass diese Schulen sich ihrem Selbstverständnis nach oft keiner Tradition zuordneten und Philosophiegeschichtsschreibung meist im Nachhinein konstruiert ist. Es gelingt der Autorin, unter enger Bezugnahme auf die jüngste sinologische Forschung den verschiedensten systematischen Aspekten des Philosophierens im traditionellen China gerecht zu werden – bei aller Eigenartigkeit, die diese Denkweisen in ihren Argumentationsstrukturen auszeichnet.
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Information
VIERTER TEIL
Die große buddhistische Umwälzung
(1.–10. Jahrhundert)
14
Die Anfänge des Buddhismus in China (1.–4. Jahrhundert)
Als die Weltsicht und das Wertesystem, die sich in China in den vier Jahrhunderten der Hàn-Dynastie herausgebildet hatten, um das 3. und 4. Jahrhundert zusammenbrachen und die individuelle Sinnsuche sich stärker durchsetzte, brachte das Vordringen des Buddhismus aus Indien eine neue Auffassung vom Dasein nach China, die die bisherigen Sichtweisen völlig umkrempelte – ein historischer Vorgang, der schließlich dazu führen sollte, dass der Buddhismus ab dem 8. Jahrhundert zur Zeit der Táng-Dynastie als wahrhaft in die chinesische Kultur integriert angesehen werden kann.
Die indischen Ursprünge des Buddhismus
Das buddhistische Abenteuer begann in Indien mit Gautama Śākyamuni (etwa 560–480 v. Chr.) zur selben Zeit, als Konfuzius in China lehrte. Auch in Indien leitete der Buddhismus eine gewaltige Wende ein. Śākyamuni war Kronprinz eines kleinen Königtums zu Füßen des Himalajas und wuchs in Luxus und Vergnügung auf, wurde dann aber zum Bettelasketen, nachdem er vier Mal den Palast verlassen und nacheinander einen Greis, einen Kranken, einen Leichnam und einen Mönch mit Bettelschale gesehen hatte und zur Erkenntnis gelangt war, dass »alles Illusion (māyā) ist«. Im Alter von fünfunddreißig Jahren wurde er unter dem Baum des Erwachens (bodhi) erleuchtet und als Buddha (der Erwachte) bekannt. Er brachte den Rest seines Lebens damit zu, zu lehren (seine erste Predigt war die berühmte Lehrrede von Benares), und starb im Parinirvāṇa im Alter von achtzig Jahren.
Die buddhistische Botschaft ist universell und sprengt die Beschränkungen der vedischen Rituale, des Intellektualismus der Upanischaden und der Kastengesellschaft. Sie bewahrt aber auch Elemente des indischen Denkens, und zwar insbesondere die Vorstellung vom Karma und der Wiedergeburt. Diese Vorstellung besagt, dass die Taten (karma) der vergangenen Existenzen bei allen Wesen bestimmen, welches Leben sie in ihren künftigen Existenzen annehmen werden. Die Existenz hat somit weder Anfang noch Ende und wird als eine endlose Verkettung unterschiedlicher Daseinsformen (Götter, Menschen, Tiere, niedere Wesen …) angesehen, die durch das in früheren Leben angesammelte gute oder schlechte Karma bestimmt sind.
Das Wort Karma bedeutet Tatsache oder Handlung. Jede Handlung bringt ein gutes oder schlechtes Ergebnis. Handlungen sind nicht punktuell und neutral, sondern sie bringen ihre eigenen Folgen mit sich: »Alles, was existiert, stellt einen karmischen Vorgang dar: lebende und leblose Wesen, Tiere, Menschen und auch Götter existieren nur als Daseinsreihen, die aus Ursachen und Folgen bestehen und in denen die jetzigen Momente und Handlungen durch die vorhergehenden bestimmt sind und die nachfolgenden bestimmen.«1 Das Gesetz des Karmas bewirkt, das die Wesen die vergangenen Handlungen »erben« und dementsprechend wiedergeboren werden. Es ist fast so, als ob die Handlungen Gene hätten: Die Idee des Karmas ist gewissermaßen eine »genetische« Theorie der Handlungen. Dies zeigt sich im Dialog zwischen dem indischen Mönch Nāgasena und dem indogriechischen König Milinda (Menandros, 2. Jahrhundert v. Chr.), der begierig ist, die buddhistische Doktrin zu kennen:
Der König sprach: Aus welchem Grunde wohl, o Herr, sind sich die Menschen nicht alle gleich? Warum sind zum Beispiel die einen kurzlebig und die anderen langlebig, die einen kränklich und die anderen gesund, die einen hässlich und die anderen schön, die einen machtlos und die anderen mächtig, die einen arm und die anderen reich, die einen von niedriger Abstammung und die anderen von hoher Abstammung, die einen dumm und die anderen weise?
Warum sind wohl, o König, nicht alle Kräuter gleich?, fragte der Ordensältere, sondern einige sauer, einige salzig, einige bitter, einige scharf, einige herb und einige süß? Ich denke wohl wegen der Verschiedenheit des Samens, o Herr.
Genau so, o König, sind wegen der Verschiedenheit ihrer (in früherem Leben verübten) Werke nicht alle Menschen gleich, sondern die einen kurzlebig und die anderen langlebig, die einen kränklich und die anderen gesund, die einen hässlich und die anderen schön, die einen machtlos und die anderen mächtig, die einen arm und die anderen reich, die einen von niedriger Abstammung und die anderen von hoher Abstammung, die einen dumm und die anderen weise. Auch der Erhabene, o König, hat gesagt: »Eigner der Taten sind die Wesen, o Brahmane, Erben der Taten; die Taten sind ihre Wiege, sind ihre Freunde und ihre Zuflucht. Die Tat scheidet die Wesen in hoch und niedrig«.2
Das Bild der Samenkörner wurde zu einer klassischen Metapher zur Beschreibung des karmischen Vorgangs, bei dem die guten und schlechten Wiedergeburten nicht als Belohnungen oder Strafen angesehen werden, sondern schlicht und einfach als natürliche Folgen bestimmter Handlungen. Der Beitrag des Buddhismus zur Theorie des Karmas besteht darin, den Schwerpunkt nicht auf die Handlung selbst als Faktum zu legen, sondern auf die Absicht, deren Kundgebung sie ist. Die Intention, der psychische Anstoß, erzeugt das Karma, sie löst eine Kette von Ursachen und Ergebnissen aus. Daher zielt der Buddhismus in erster Linie auf die Auslöschung der Intention ab, des ständigen Strebens nach etwas, kurz gesagt des Begehrens, das als Duḥkha angesehen wird. Der Begriff Duḥkha bezeichnet den Zustand der Unzufriedenheit, des ständigen Unbehagens, das alle Wesen kennzeichnet, die ans Rad des Saṃsāra gekettet sind (abgeleitet von der Wurzel sar »dahinfließen« drückt der Begriff Saṃsāra das »ewige Herumirren«, den ununterbrochenen universellen Fluss der Existenzen aus). Der in der indischen Kultur tief verankerte Gedanke der Seelenwanderung hängt mit dem Gefühl zusammen, dass uns als bedingten Wesen Erfüllung und dauerhafte Vollkommenheit fehlt. Wie Teresa von Ávila es so schön ausgedrückt hat: »Gegen unser Begehren gibt es kein Heilmittel.«
Alles Dasein ist Duḥkha, da es unbeständig ist. Der Kerngedanke des Buddhismus ist, dass unsere größte Illusion in unserer Überzeugung liegt, ein dauerhaftes »Ich« zu sein. Diese Illusion hindert uns am meisten, zum Absoluten vorzudringen. Gemäß der Theorie des »Nicht-Ich« (anātman) besteht das menschliche Wesen nur aus fünf Zusammenhäufungen (skandha) purer Erscheinungen (leibliche Gestalt, Empfindungen, Wahrnehmungen, mentale Gebilde, Bewusstsein). Dies sind die Grundelemente, aus denen sich das zusammensetzt, was der Gemeinsinn als »Individualität« ansieht. Die Illusion besteht darin, dieser Zusammenhäufung von Erscheinungen den Begriff eines »Ich« aufzupfropfen, wodurch ihm scheinbar Einheit und Beständigkeit verliehen wird, wir aber an das Rad der Existenzen gekettet werden. Wie es Bernard Faure so gut ausgedrückt hat, ist »der Begriff des Nichtvorhandenseins des Ich sicherlich das, was den Buddhismus am deutlichsten von anderen philosophischen und religiösen Doktrinen unterscheidet. Er ist sicher auch der am schwersten zu verstehende, weil er unserer innersten Überzeugung so sehr widerspricht. […] Die ganze Ontologie, der Glaube ans Sein und an die Substanz, fällt um. Es gibt im Kern der Wesen und Dinge nicht mehr diesen Funken letzter Wirklichkeit, dieses Ātman, das für die Hindus der individuelle Anteil am Absoluten, die Spur des letzten Prinzips oder Brahmans in der Tiefe des Selbst ist. Es gibt hinter all den emotionalen und psychischen Zuständen, den Gedanken und Taten kein unveränderliches verbindendes oder vereinigendes Prinzip, das man als Ich bezeichnen könnte. Es gibt Gedanken, aber keinen Denker. Der Begriff eines Akteurs, von etwas, was hinter den Taten ist, ist nur ein von der Sprache verursachter Irrtum. […] Es ist nichts und niemand dahinter, weder ein Subjekt noch ein subjektiver Sinn.«3
Endziel ist es, die Verkettung des Begehrens zu beenden: Wenn das Begehren verlischt, wird kein Karma mehr erzeugt und der Kreislauf der Wiedergeburten endet, das Nirvāṇa ist erreicht. Es geht eigentlich nicht so sehr darum, das Rad des Saṃsāra zu verlassen, als vielmehr zu seiner Mitte vorzudringen, zu seiner Achse, dem endlos leeren Raum, der allein nicht dem endlosen Kreisen des Rads anheimfällt. In diesem zur Ruhe gekommenen Zentrum kann man sich des Duḥkha und des Wirrwarrs des Saṃsāra bewusstwerden, in dem der nach außen gewandte und aus der Mitte verschobene Mensch lebt.
Die vier Siegel des Dharmas
»Alles ist Duḥkha (Leid)«, lautet die erste der vier edlen Wahrheiten, der vier Siegel des buddhistischen Gesetzes (dharma), die Buddha nach seiner Erleuchtung in der Predigt von Benares lehrte:
Dies, Mönche, ist die edle Wahrheit vom Leiden: Geburt ist leidhaft, Alter ist Leiden, Krankheit ist leidhaft, Tod ist leidhaft, Trauer, Jammer, Schmerz, Gram und Verzweiflung sind leidhaft; mit Unliebem vereint, von Lieben getrennt sein ist leidhaft; Begehrtes nicht erlangen ist leidhaft; kurz: die fünf Aneignungsgruppen (skandha) sind leidhaft.
Dies, Mönche, ist die edle Wahrheit von der Leidensentstehung: Es ist die Wiedergeburt bewirkende, wohlg...
Inhaltsverzeichnis
- Cover
- Titel
- Impressum
- Widmung
- Inhalt
- Vorwort zur deutschen Übersetzung
- Vorbemerkungen des Übersetzers
- Hinweis
- Chronologie
- Einleitung
- ERSTER TEIL: Die antiken Grundlagen des chinesischen Denkens (2. Jahrtausend – 5. Jahrhundert v. Chr.)
- ZWEITER TEIL: Freier Gedankenaustausch zur Zeit der Streitenden Reiche (4.–3. Jahrhundert v. Chr.)
- DRITTER TEIL: Ausgestaltung des Erbes (3. Jahrhundert v. Chr. – 4. Jahrhundert n. Chr.)
- VIERTER TEIL: Die große buddhistische Umwälzung (1.–10. Jahrhundert)
- FÜNFTER TEIL: Das chinesische Denken nach der Integration des Buddhismus (10.–16. Jahrhundert)
- SECHSTER TEIL: Heranbildung des modernen Denkens (17.–20. Jahrhundert)
- Epilog
- Bibliographie
- Register der chinesischen Begriffe
- Register der Eigennamen
- Register der Werke