Konstruktionen zwischen Lexikon und Grammatik
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Konstruktionen zwischen Lexikon und Grammatik

Phrasem-Konstruktionen monolingual, bilingual und multilingual

  1. 381 Seiten
  2. German
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Konstruktionen zwischen Lexikon und Grammatik

Phrasem-Konstruktionen monolingual, bilingual und multilingual

Über dieses Buch

Der Phrasemtyp der halbschematischen Phrasem-Konstruktionen eignet sich in hohem Maße – sowohl aufgrund seiner Flexibilität in der Slotbesetzung als auch wegen seiner graduellen Schematizität bzw. Produktivität – für konstruktionsgrammatische Studien, was in der bisherigen Forschung leider kaum wahrgenommen wurde. Andererseits ist die kontrastive Perspektive zwischen dem Deutschen und den romanischen Sprachen in der Konstruktionsgrammatik bis heute auf wenig Aufmerksamkeit gestoßen. In diesem Zusammenhang will der Band dazu beitragen, den defizitären Stand der Phraseologieforschung im Zusammenhang mit der Konstruktionsgrammatik zu verbessern und neue Impulse für die Untersuchung der Phrasem-Konstruktionen sowohl aus intra- als auch aus interlingualer Perspektive zu schaffen. Diesem Ziel Rechnung tragend, werden im Sammelband verschiedenartige Phrasem-Konstruktionen sowohl monolingual (im Deutschen und Spanischen) als auch bi- und multilingual im Deutschen, Englischen, Italienischen, Russischen, Spanischen und Ungarischen näher erläutert und größtenteils korpusbasiert beschrieben. Der Sammelband erweist sich besonders nützlich für Germanisten/-innen und allgemein für Interessierte an der Phraseologie und Konstruktionsgrammatik.

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Information

I Phrasem-Konstruktionen: monolingual

Konstruktionelle Arbeitsteilung im Lexikon-Grammatik-Kontinuum: das Beispiel sprachlicher Kodierungen von Quantität

Alexander Ziem

1 Zwischen Lexikon und Grammatik

Nicht nur in projektionistischen Grammatikmodellen, sondern auch – wenngleich meist implizit – in Schulgrammatiken wird ‚das‘ Lexikon („Vokabeln“) kategorial von ‚der‘ Grammatik („grammatischen Regeln“) unterschieden.1 Demnach legt das System der grammatischen Regeln fest, wie Wörter und Phrasen zu komplexeren Einheiten kombiniert werden können, während das Lexikon, verstanden als Inventar von Wörtern, das sprachliche Material zur Verfügung stellt, mit denen die Regeln operieren.
Durch das Raster eines solchen lexikalistisch-projektionistischen Sprachmodells fallen komplexe schematische Einheiten, die eine innere Struktur aufweisen und als Ganze Bedeutungen tragen. Diese sind im Übergangsbereich zwischen Lexikon und Grammatik angesiedelt. Hierzu gehört eine große Bandbreite ganz unterschiedlicher Phänomene, von grammatischen Idiomen (wie etwa geschweige denn, vgl. Fillmore, Kay & O’Connor 1988) und Argumentstruktur-Konstruktionen (vgl. die Pionierstudie von Goldberg 1995) bis hin zu einer großen Vielzahl sehr unterschiedlicher Phraseoschablonen bzw. konstruktioneller Idiome (vgl. etwa Dobrovol’skij 2011; Ziem 2018). Solche (teil-)schematischen Einheiten zeichnen sich dadurch aus, dass sie zwar wie Wörter Bedeutungen tragen und z. T. auch Wörter als feste Bestandteile aufweisen, gleichwohl aber nicht ins Lexikon delegiert werden können, da ihre Leerstellen syntaktischen und/oder semantischen Beschränkungen unterliegen.
Die methodische und praktische Herausforderung besteht darin, im Lexikon- Grammatik-Kontinuum sprachliche Einheiten verschiedener Komplexität und Schematizität einheitlich zu erfassen und zu beschreiben. Dies betrifft sowohl ihre Form- als auch ihre Bedeutungsseite. Zu berücksichtigen sind dabei Parameter wie der Grad an Schematizität und, im Fall von (teil-)schematischen Einheiten, an Produktivität sowie syntaktische und semantische Beschränkungen, denen Konstruktionen unterworfen sind.
Solche Parameter markieren zugleich zentrale Ausgangspunkte eines konstruktionsgrammatischen Zugangs. Zu den größten Vorzügen der Konstruktionsgrammatik gehört vielleicht, sowohl Graden an Schematizität (von atomaren bis vollschematischen Einheiten) als auch Graden an Idiomatizität (von vollkompositionellen bis zu phraseologischen Einheiten) Rechnung tragen zu können, ohne auf irreführende Dichotomien wie „regelhaft vs. irregulär“ oder „Kern vs. Peripherie“ zurückgreifen zu müssen.
Gleichwohl steht eine auf deskriptive Adäquatheit ausgerichtete Analyse vor großen Herausforderungen, von denen ich im Folgenden zwei herausgreifen und am Beispiel von sprachlichen Kodierungen von Quantität2 in den Blick nehmen möchte:
  1. Arbeitsteilung im Lexikon-Grammatik-Kontinuum: Geht man davon aus, dass verschiedene sprachliche Formen unterschiedliche Bedeutungen oder Funktionen kodieren,3 so ist anzugeben, wie im Einzelnen Prozesse der semantischen Arbeitsteilung organisiert und strukturiert sind.
  2. Ermittlung (der Variation) sprachlich kodierter Bedeutungen: Die Erfassung arbeitsteiliger Prozesse setzt die Identifizierung von systematische Bedeutungsvariationen voraus; zu klären wäre mithin, wie sich Konstruktionsbedeutungen vergleichend erfassen lassen.
Im Folgenden möchte ich diesen Fragenkomplexen exemplarisch am Beispiel von sprachlichen Formen nachgehen, die Quantität kodieren. Ich werde argumentieren, dass sich mithilfe von Frames (hier insbesondere des in FrameNet dokumentierten Frames Quantifizierte_Menge4) Konstruktionsbedeutungen nicht nur ermitteln, sondern auch hinsichtlich ihrer semantischen Arbeitsteilung im Konstruktikon erfassen lassen. Dies geschieht in zwei Schritten: Zunächst unterscheide ich zwischen vier Typen von Konstruktionen (Abschnitt 2.1) und stelle eine Auswahl der Vielfalt sprachlicher Formen vor, mit denen im Deutschen Quantität kodiert wird (Abschnitt 2.2). Auf dieser Basis wird in einem zweiten Schritt die Frage nach ihren je spezifischen Bedeutungen auf der Basis framesemantischer Analysen beantwortet (Abschnitt 3). Differenziert wird hier zwischen vier Kodierungstypen: lexikalischen Einheiten (Abschnitt 3.1), festen Mehrworteinheiten (Abschnitt 3.2), konstruktionellen Idiomen (Abschnitt 3.3.) und vollschematischen Konstruktionen (Abschnitt 3.4). Leitend ist dabei die Annahme, dass auch im Lexikon-Grammatik-Kontinuum verschiedene Formen verschiedene Bedeutungen konstituieren (Goldberg 1995: 67).

2 Jenseits der Lexikon-Grammatik-Dichotomie: die Vielfalt sprachlicher Kodierungen von Quantität

Zum Kerngeschäft der Konstruktionsgrammatik gehört die Erfassung und Modellierung dessen, was vielfach als das Lexikon-Grammatik-Kontinuum beschrieben worden ist (vgl. Boas 2010; Broccias 2012). Vor dem Hintergrund der Annahme, dass sich Wörter von grammatischen Kategorien und Strukturen nicht kategorial, sondern nur graduell unterscheiden, ist davon auszugehen, dass es eine Vielzahl sprachlicher Kodierungen innerhalb einer konzeptuellen Domäne gibt. Zur Veranschaulichung dient im Folgenden die Domäne der Quantität. Grundsätzlich unterscheide ich im Folgenden vier verschiedene Typen von Kon...

Inhaltsverzeichnis

  1. Title Page
  2. Copyright
  3. Contents
  4. Open-Access-Transformation in der Linguistik
  5. Phrasem-Konstruktionen in der heutigen Forschung: ein Überblick
  6. I Phrasem-Konstruktionen: monolingual
  7. II Phrasem-Konstruktionen: bilingual und multilingual
  8. Register