Tradition schießt keine Tore
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Tradition schießt keine Tore

Werder Bremen und die Herausforderungen des modernen Fußballs

  1. 272 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
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Tradition schießt keine Tore

Werder Bremen und die Herausforderungen des modernen Fußballs

Über dieses Buch

Als Werder Bremen im Sommer 2021 nach 40 Jahren aus der 1. Bundesliga abstieg, stand Marco Bode dem Aufsichtsrat des Klubs vor. In diesem Buch schildert er gemeinsam mit Dietrich Schulze-Marmeling, wie es zu diesem Absturz kommen konnte und warum Vereine wie Werder sich im modernen Profifußball auch abseits des Platzes zusehends schwerer tun. Das Buch gibt Handlungsoptionen an und räumt mit der Illusion auf, dass Tradition und die große Anzahl treuer Fans allein die Grundlage für eine erfolgreiche Zukunft bilden könnten.

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Information

eBook-ISBN:
9783730706206
Auflage
6

KAPITEL 1

Kick it like Kahneman

„Politische Kolumnisten und
Sportexperten werden für ihre
Selbstsicherheit belohnt.“
DANIEL KAHNEMANN
Ein roter Faden dieses Buches ist die Beschäftigung mit unserem Denken und unseren Entscheidungen. Wir werden dabei natürlich immer auf den Fußball schauen, aber auf dem Spielfeld werden einige ungewöhnliche Spieler erscheinen, ein „kleines Team von Denkern“, die uns dabei helfen, den Fußball anders zu sehen, als wir das bisher getan haben. Der zentrale Mittelfeldspieler in unserem System, unser „Zehner“, ist der israelische Psychologe und Nobelpreisträger Daniel Kahneman.

Große und kleine Entscheidungen

Manchmal erzählt Marco bei Partys den Witz, dass es bei seiner Frau und ihm so funktioniert, dass er die großen Entscheidungen treffe und sie die kleinen … und dass er hoffe, dass es irgendwann auch mal große Entscheidungen geben werde. Tatsächlich werden wir im weiteren Verlauf feststellen, dass es gravierende Unterschiede gibt zwischen Entscheidungen, die wir in großer Zahl ganz einfach, automatisch und unbewusst treffen, und solchen Entscheidungen, die sehr wichtig sind, über die wir lange nachdenken (sollten) und die uns nachts nicht schlafen lassen. In Marcos Leben als Profi hat er Entscheidungen der ersten Art jeden Tag auf dem Platz getroffen, aber nur wenige der zweiten Art. Später als Aufsichtsrat war es genau umgekehrt!
Unsere menschliche Intuition ist ein grandioses Werkzeug. Blicken wir in ein uns bekanntes Gesicht, erkennen wir in Sekundenbruchteilen, wenn etwas nicht stimmt oder ob unser Gegenüber freudig oder wütend ist. Wird uns eine schwierige Frage gestellt, zum Beispiel, ob ein 17-jähriges Fußballtalent eine große Karriere vor sich hat, haben wir schnell einige Argumente im Kopf, die unsere intuitive Antwort stützen können. Und wenn ein überraschendes (Fußball-)-Ergebnis eingetreten ist, erfinden wir ad hoc eine Theorie, eine Geschichte, die alle kausalen Zusammenhänge mühelos erklärt.
Diese Intuition besitzen eigentlich alle Menschen. Wir alle sind sehr gut darin, Geschichten zu erfinden, kausale Zusammenhänge zu erkennen (auch wenn manchmal keine da sind …) oder schwierige Fragen durch leichtere zu ersetzen.

Die Intuition der Experten

Noch beeindruckender als bei allen Menschen ist die Intuition von Experten auf einem bestimmten Gebiet. Wenn der amtierende Schachweltmeister Magnus Carlsen auf eine sinnvolle Stellung auf einem Schachbrett blickt, fallen ihm sofort mehrere starke Züge ein, und wenn die Stellung keinen Sinn ergibt, weil die Figuren vielleicht zufällig platziert wurden, irritiert ihn das unmittelbar. Wenn wir als Laien auf eine sinnvolle Stellung schauen und die Regeln des Schachspiels beherrschen, fallen uns auch Züge ein, allerdings lässt die Qualität dieser Züge vermutlich zu wünschen übrig, oder wir finden nur zufällig einen starken Zug.
Natürlich spielt diese besondere Expertenintuition auch im Fußball eine wichtige Rolle. Lionel Messi, der durch die gegnerische Abwehr dribbelt, oder „Raumdeuter“ Thomas Müller, der durch den Strafraum schleicht, nutzen ihre besondere Intuition, um das Verhalten der Abwehrspieler zu antizipieren oder Räume zu erkennen, in die sie laufen müssen, um sich Sekunden danach einen Vorteil zu verschaffen. Fußballzuschauer erkennen diese besonderen Begabungen und können sich daran erfreuen. Im Schach dagegen bleibt sie den allermeisten Beobachtern verborgen. Ein genialer Zug von Carlsen wird nur von ein paar Hundert Menschen auf der Welt als solcher erkannt – und von einigen Computerprogrammen. Wenn man es genau bedenkt, dann ist es sogar so: Im Fußball erkennen wir außergewöhnliche Aktionen auf dem Platz sofort, sind aber Lichtjahre davon entfernt, sie selbst ausführen zu können. Im Schach ist es genau umgekehrt: Jeder von uns könnte eine bestimmte Figur von A nach B setzen, aber wir haben keine Ahnung von der Qualität dieses Zuges.
Wir tun den Genies, die in ihrer Welt über eine besondere Intuition verfügen, vermutlich kein Unrecht, wenn wir die These aufstellen, dass diese Begabung wenig mit allgemeiner Intelligenz oder klassischer Bildung zu tun hat. Vielmehr handelt es sich vermutlich um eine Kombination aus außergewöhnlichem Talent und sehr viel Erfahrung. Manche Psychologen sehen darin vor allem ein Wiedererkennen, so wie ein Kind, das gerade erst zu sprechen beginnt, einen Ball „Ball“ nennt, weil es ihn wiedererkannt hat. Was es genau ist und wie man diese besondere Intuition erlernen und trainieren kann, ist eine sehr spannende Frage und mehr als nur relevant – für die Wirklichkeit in Schulen genauso wie für die in Fußballinternaten und Nachwuchsleistungszentren.

Schnelles und langsames Denken

Unsere Intuition lässt uns also selten im Stich. Nur manchmal machen wir die schmerzhafte Erfahrung, dass Intuition keine Hilfe bietet. Logik, Statistik, Mathematik, in solchen Feldern geraten wir leicht ins Schwimmen: „Rechne 37 x 43 im Kopf!2“, „Zähle auf dieser Buchseite exakt alle Konsonanten, die im Alphabet zwischen E und U liegen!“ Solche Aufgaben sind anstrengend, und da hilft unsere Intuition irgendwie nicht weiter!
Unser „Zehner“, Daniel Kahneman, hat die Unterschiede dieser beiden Aufgabenkategorien und die Art, wie wir Menschen mit ihnen umgehen, anschaulich durch zwei Denkweisen beschrieben: Schnelles Denken – langsames Denken, so lautet auch der Titel des Buches, das sein Lebenswerk darstellt. Dieses Buch hat insbesondere Marcos Sicht auf unsere Entscheidungen, auf die Art, wie wir denken, nachhaltig verändert. Um unsere Vorstellung davon zu erleichtern, wie diese Denkweisen funktionieren, hat Kahneman ihnen sogar eigene „Persönlichkeiten“ zugewiesen. Er nennt sie ganz einfach „System 1“ und „System 2“. Das System 1 ist das automatisierte, intuitive Denken, das ganz schnell und mühelos stattfindet. Die allermeisten Aufgaben des Tages können damit bewältigt werden: E-Mails schreiben, Autofahren (zumindest, wenn nichts Besonderes passiert), Unterhaltungen auf einer Party führen – alles kein Problem für System 1. Beim Sport können wir laufen, springen, einen Ball fangen oder schießen, ohne darüber nachdenken zu müssen.
Selten am Tag werden wir mit einer Aufgabe konfrontiert, die das System 1 überfordert, die unsere volle Aufmerksamkeit verlangt: rückwärts in eine enge Parklücke einparken, einen wichtigen Brief formulieren, Zahlen im Kopf addieren oder multiplizieren, so wie die Aufgabe 37 x 43. System 1 sagt dann: „Das kann ich nicht!“ Wir wechseln zum bewussten, rationalen System 2. Nun müssen wir alles andere ausblenden. Das Beste ist, wir schließen uns ein.
System 2 ist unser rationales Wesen, das wir mobilisieren, wenn wir wirklich angestrengt nachdenken müssen, wenn wir uns Zeit für eine Antwort nehmen müssen, wenn wir viel Konzentration und Energie aufwenden müssen. Und es ist der Teil unserer Persönlichkeit, den wir als unser eigentliches Ich wahrnehmen. Unsere Intuition, unser System 1, dagegen agiert völlig automatisch. Und ist dabei auch noch so schnell, dass uns selbst meistens gar nicht bewusst ist, wo ein Gedanke herkommt, warum wir uns gerade entschieden haben oder warum wir glauben, etwas zu wissen.

Von Natur aus faul

Wie wir schon festgestellt haben, funktioniert unsere Intuition auch meistens sehr gut, und das bedeutet, dass die meisten unserer Entscheidungen ebenfalls gut sind, jedenfalls erscheinen sie uns nicht als fehlerhaft oder fragwürdig. In Wahrheit ist es aber so, dass wir mehr Fehler machen, als wir denken, was uns nur nicht auffällt, weil es meistens keine negativen Konsequenzen hat. Mit etwas größerer Wahrscheinlichkeit entdecken wir Fehler bei anderen Menschen, für unsere eigenen sind wir ziemlich blind.
Und noch etwas ist wahr: Wir sind von Natur aus ziemlich faul und versuchen, soweit es geht, auf anstrengendes Nachdenken und Konzentrieren zu verzichten. Schauen Sie mal in Ihrem Bekanntenkreis, wie viele Menschen bereit sind, die Kopfrechenaufgabe wirklich zu lösen! Stellen Sie ruhig ein paar Kaltgetränke als Belohnung in Aussicht!
Machen Sie einen kleinen Selbsttest: Ein Tennisschläger und ein Ball kosten zusammen zehn Euro. Der Schläger kostet neun Euro mehr als der Ball. Wieviel kostet der Ball? Nehmen Sie sich ein paar Sekunden Zeit. Nun, vermutlich sind sie geneigt zu sagen: „Ein Euro!“ Das ist die intuitive Antwort. Die Autoren haben es versucht, und fast alle Gefragten geben diese Antwort. Wobei sich einige etwas unsicher fühlen. „Warum stellt er mir so eine einfache Frage? Die Antwort ist zu einfach! Habe ich etwas übersehen?“ Wenn Marco solche Fragen stellt, sind viele seiner Freunde übrigens schon gewarnt, weil er sie immer wieder mit Rätseln nervt.
Die intuitive Antwort ist in der Tat falsch. Denken wir etwas nach, kommen wir zum richtigen Ergebnis: Der Schläger kostet 9,50 €, der Ball 50 Cent. Bereits bei dieser Frage benötigen wir also System 2.
Dieses kleine „Schläger-Ball-Problem“ führt uns vor Augen, dass unsere Intuition manchmal irreführend ist. Dass wir Fehler begehen und nicht perfekt sind, kennen wir auch durch optische Täuschungen bei unserer Wahrnehmung oder körperliche Defizite. Denkfehler bemerken wir nicht so leicht.
Geht es um Dinge, bei denen wir nicht gut sind, was wir ungern zugeben, beispielsweise um das Einschätzen von Wahrscheinlichkeiten, wo wir Entscheidungen mit dem Gefühl der Unsicherheit treffen bzw. in einer unsicheren Situation treffen, begehen wir aber systematische Fehler. Immer und immer wieder. Man kann nur lernen, bei bestimmten Fragen, bei denen es um Wahrscheinlichkeiten oder Logik geht, vorsichtig zu sein.

Schwierige Fragen durch leichte ersetzen

Daniel Kahneman beschreibt sehr viele Fehler und Verzerrungen in unserem Denken. Viele davon haben damit zu tun, dass wir für schwierige Probleme sogenannte Heuristiken (Faustregeln) verwenden. Besonders unser System 1 mag solche Vereinfachungen. Dann werden zum Beispiel schwierige Fragen durch leichtere ersetzt. Soll ich Aktien von Mercedes Benz kaufen? Rational betrachtet müsste man schauen: Wie ist die Kursentwicklung, wie waren die Ergebnisse in den letzten Jahren, wie könnte sich die Zukunft der Aktie gestalten? Alles hochkomplexe Fragen. Deshalb neigen wir dazu, diese Fragen zu ersetzen durch die Frage: Mag ich diese Marke? Mag ich die Autos, die sie bauen? Diese Frage ist viel leichter zu beantworten. Wenn mir die Autos gefallen, wenn ich meine, das ist eine coole Marke, bin ich eher dazu geneigt, Aktien zu kaufen. Wir verwenden dann eine „Affektheuristik“, vertrauen unseren Gefühlen. Aber das ist gefährlich, denn es ist nicht die entscheidende Frage. Wir müssten uns eigentlich viel sorgfältiger mit der Aktie beschäftigen.
Auch der Fußball ist eine Summe von Entscheidungen. Welcher Trainer ist der richtige für Verein und Mannschaft? Welche Aufstellung und Taktik ist gegen den kommenden Gegner die erfolgsträchtigste? Wie entscheidet der Spieler in welcher Situation? Wie entscheidet der Schiedsrichter in kniffligen Situationen? Soll der Sportdirektor sportlich oder finanziell ins Risiko gehen?
Wir treffen im Fußball sehr häufig falsche Entscheidungen. Und noch mehr Entscheidungen, die uns als falsch ausgelegt werden. So paradox es klingen mag: Es kommt sogar vor, dass wir Entscheidungen treffen, die richtig sind – aber im Ergebnis falsch. Wie auch das Gegenteil: Eine Entscheidung führt durch Glück zu einem guten Ergebnis – trotzdem war sie zum Zeitpunkt, als wir sie getroffen haben, eigentlich falsch oder mindestens zu riskant.
Das alles findet im Fokus der Öffentlichkeit statt: Medien und Fans konfrontieren uns tagtäglich mit ihren Einschätzungen und Urteilen. Das unterscheidet Verantwortliche im Fußball von solchen in der Wirtschaft. Der Psychologe Hans-Dieter Hermann, der die DFB-Elf seit 2004 begleitet, aber auch ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Prolog
  6. Einleitung
  7. KAPITEL 1
  8. KAPITEL 2
  9. KAPITEL 3
  10. KAPITEL 4
  11. KAPITEL 5
  12. KAPITEL 6
  13. KAPITEL 7
  14. KAPITEL 8
  15. KAPITEL 9
  16. KAPITEL 10
  17. KAPITEL 11
  18. KAPITEL 12
  19. KAPITEL 13
  20. KAPITEL 14
  21. KAPITEL 15
  22. KAPITEL 16
  23. Dank
  24. Die Autoren