Zwischen 1760 und 1850 werden die Gründe für noch gegenwärtige Opferdiskurse gelegt. Seit dem bürgerlichen Trauerspiel besetzt in einer expliziten Engführung zwischen Geschlecht und tragischer Funktion meist das weibliche Opfer die tragische, männliche Täterschaft komplementär die antagonistische Position: Die Dramen überhöhen die ›Victimae‹ zu ›Sacrificia‹ und bringen das Opfer mit der seinerzeit akuten Geschlechteranthropologie in Verbindung. Lessings Emilia Galotti hatte ein wirkmächtiges Schema geprägt, das die nachfolgende Dramatik von Lenz, Caroline Schlegel, Schiller oder Goethe, über Kleist, Werner und Grillparzer bis hin zu Hebbel, Hauptmann oder Hofmannsthal in mimetischer Anknüpfung und Absetzung fortschreibt. Oft beobachten auch Romane das enge Band zwischen Gender, Tragödie und Opfer. Bis hin zu Elfriede Jelinek, Botho Strauß oder Lars von Trier wirkt der Zwiespalt zwischen aufgeklärter Opferkritik und ästhetischem Opferkult nach. Ob die Darstellung des Opfers den Darstellungscharakter schon des realen Opfers erhellt, und damit auch die Darstellungsfunktion von Geschlecht, oder ob sie vom Opfer entfachte Leidenschaften nährt, bleibt bis heute fraglich.

Häufig gestellte Fragen

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Information

Verlag

Königshausen & Neumann

Jahr

2024

ISBN drucken

9783826076312

eBook-ISBN:

9783826087295

Thema

Sprachen & Linguistik

Thema

Sprachwissenschaft

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Uwe C. Steiner Opferdramaturgie und Geschlecht
Anita Martin Verhüllen, Verbergen und Verschwinden im tableau mort von Trauerspiel, Melodrama undromantischer Tragödie um 1800
Manusch Rimkus „Tragische Aufopferung“ und „theatralische Affektation“
Florian Stegmaier Für ein Opfer schön genug?
Irene Husser Vom Unbehagen am sozialen Drama zur Neuromantik
Kanichiro Omiya Ein abgehauener Kopf
Wim Peeters Sakrifizielles Versagen
Rabea Conrad Lust und Verlust des tragischen Opfers
Christoph Kucklick Das phobogene Objekt der Moderne und der nächste Feminismus
Backmatter