
- 264 Seiten
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Über dieses Buch
Der Jurist Paul Werner (1900-1970) wurde nach der Neuorganisation der Kriminalpolizei in Baden zum 1. September 1933 zum Leiter des Landeskriminalpolizeiamtes ernanntund am 30. Mai 1937 auf Wunsch des damaligen Leiters des Preußischen Landeskriminalpolizeiamtes, Arthur Nebe, nach Berlin versetzt und zu dessen ständigem Stellvertreter bestimmt.Zum 16. Juli 1937 ging diese Behörde im Reichskriminalpolizeiamt (RKPA) auf, in dem Werner zunächst als Referatsleiter und ab 1939 nach Einrichtung des Reichssicherheitshauptamtes(RSHA) bis Kriegsende als Leiter der Gruppe A im Rang eines Ministerialrats, Oberst der Polizei und SS-Oberführers unter anderem für die "vorbeugende Verbrechensbekämpfung" originär zuständig war.Im Rahmen der "vorbeugenden Verbrechensbekämpfung" implementierte die Kriminalpolizeiab 1937 einschneidende Maßnahmen wie die planmäßige Überwachung und Vorbeugungshaft in KZ und Heilanstalten gegen ´Berufs- und Gewohnheitsverbrecher´ sowie ´Asoziale´. Ab 1939 wurden diese Maßnahmen auch auf die Gruppe der Sinti und Romaausgeweitet oder sie wurden ins Generalgouvernement deportiert, ab 1943 zur Vernichtung ins KZ Auschwitz. Zudem erfolgte die Erziehung durch Arbeit bei verwahrlosten Kindernund Jugendlichen in den Jugendschutzlagern zum wirksamen Schutz der ´Volksgemeinschaft´ gegen verbrecherische Schädlinge und Regimefeinde, auch unter rassistischen underbbiologischen Ansätzen.Gegen Werner, nach der Quellenlage ein überzeugter Nationalsozialist, wurden zwischen 1959 und 1970 zehn Ermittlungsverfahren beispielsweise wegen des Verdachts des Mordes und der Beteiligung am Euthanasie-Programm geführt. Die Verfahren wurden durch die Staatsanwaltschaften alle nach Paragraf 170 Abs. II StPO wegen des´fehlenden beweiskräftigen Nachweises der Straftaten´ eingestellt, obwohl nach dem derzeitigen Forschungsstand mindestens 100000 Frauen, Männer, Kinder und Jugendliche, darunter geschätzt 40000-50000 Sinti und Roma unter anderem nach dem Deportationserlass vom 29. Januar 1943 ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, in den KZ und Heilanstalten, auch durch Menschenversuche und Vergasungen, und in den Jugendschutzlagern ermordet wurden.Die Verfahrenseinstellungen waren dem Umstand geschuldet, dass die Kriminalpolizei durch das IMT nicht wie die Gestapo und SS als "verbrecherische Organisation" eingestuftworden war und die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Werner als ´Schreibtischtäter´ in ´mittelbarer Täterschaft´ erst nach einem Grundsatzurteil des BGH 1994 auch im Nachgangdes Prozesses gegen Eichmann 1961 in Jerusalem ermöglicht wurde, sodass Werner seine Karriere ab 1951 als Beamter in der badischen Innenverwaltung wieder beginnen und ab 1952 in der des Landes Baden-Württemberg bis zur Pensionierung 1966, wiederum als Ministerialrat, fortsetzen konnte.
Häufig gestellte Fragen
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Information
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- 1. Absicht, Fragestellung, Konzeption, Quellenlage und Literatur
- 2. Forschungsstand zur Kriminalpolizei im „Dritten Reich“
- 2.1 Nationalsozialismus und Verbrechensbekämpfung
- 2.2 Aufgaben und Rolle der Kriminalpolizei als Teil der Sicherheitspolizeiund des Repressions- und Vernichtungsapparates des NS-Staates imRahmen der ´vorbeugenden Verbrechensbekämpfung
- 2.3 Einrichtung des RKPA 1937 mit KTI und WKP und Überführung indas Amt V des RSHA 1939
- II. Paul Werner (1900-1970): Biografie und berufliche Vita
- 1. Biografie
- 2. Berufliche Vita
- 2.1 Karriere vor und während der NS-Zeit
- 2.2 Wiederverwendung nach Internierung und Entnazifizierung ab 1951
- 2.3 Veröffentlichungen von Werner in Fachzeitschriften während der NSZeit
- III. Strafrechtliche Ermittlungen gegen Paul Werner als Beschuldigten und als Zeugen ab 1959
- 1. Überblick
- 1.1 Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaften gegen Werner alsBeschuldigten
- 1.2 Werner als Zeuge in NSG-Verfahren der Staatsanwaltschaften
- 2. Aus- und Bewertung einzelner Ermittlungsverfahren gegen Werner
- 2.1 Ermittlungen der StA beim LG Stuttgart ab 1959
- 2.2 Ermittlungen der StA beim LG Frankfurt a.M. gegen Paul Werner und Dr. Hans Hefelmann wegen des Verdachts des Mordes (Euthanasie) ab1959, Az.: 4 Js 220/59 und Js 248/60 (OStA)
- 2.3 Ermittlungen der StA beim LG Köln gegen Werner wegen desVerdachts der Freiheitsberaubung zum Nachteil (zit. z.N.) von Asozialenund Zigeunern ab 1961, Az.: 24 Js 429/61 und 24 Js 542/1
- 2.4 Ermittlungen der StA beim Hanseatischen OLG unter anderem gegenWerner wegen des Verdachts der Tötung von Geisteskranken im Rahmender sogenannten Euthanasie ab 1962, Az.: 141 Js 1937/62
- 2.5 Ermittlungen der StA beim Kammergericht Berlin gegen Werner undweitere Angehörige des RSHA wegen des Verdachts des Mordes (NSG)oder der Beihilfe zum Mord zwischen 1960 und 1967, Az.: 1 Js 4/65, 1 Js10/65, 1 Js 12/65, 1 Js 13/65, 1 Js 18/65 und 1AR (RSHA) 107/66
- 3. Werner als Zeuge in NSG-Verfahren der Staatsanwaltschaften
- 3.1 Ermittlungen der StA beim LG Düsseldorf unter anderem gegen Dr.Albert Widmann vom ehemaligen KTI des RKPA wegen des Verdachtsdes Mordes in Heilanstalten durch den Einsatz vergifteter Munition undvon Gaswagen ab 1956 Az.: 8 Js 7212/59 und 8 Ks 1/61
- 3.2 Ermittlungen der Staatsanwaltschaften Frankfurt und Köln gegen Dr.Eva Justin und Dr. Hans Maly unter anderem wegen des Verdachts desMordes an Zigeunern durch Einweisung in KZ, Sterilisierung undVergasung 1948 und 1958-1960, Az.: 55 Js 5582/48, 24 Js 7019/58, 4 Js220/59, 4 Js 444/59 und 24 Js 429/61;473 die Verfahren wurden durch dieStA Köln am 20. April 1963 insgesamt eingestellt; siehe hierzu auch Ziffer1.1.4 und 2.2.
- 3.3 Ermittlungen der StA beim LG Stuttgart gegen den SS-AngehörigenHelmut Roscher wegen Mordes ab 1965, Az.: 1 Js 5/65
- 3.4 Ermittlungen der StA beim LG Düsseldorf gegen Franz Stangl wegendes Verdachts des Mordes im KZ Treblinka/Polen ab 1959, Az.: 8 Js10904/59
- 3.5 Ermittlungen des Untersuchungsrichters beim LG Köln unteranderem gegen Dr. Richard Schulze wegen des Verdachts des Mordes imKZ Mauthausen ab 1958, Az.: 30 UR 9/58
- 3.6 Ermittlungen des Untersuchungsrichters II beim LG Frankfurt gegenDr. Hans Hefelmann wegen des Verdachts des Mordes (´Aktion T4´/Euthanasie) ab 1960, Az.: Js 248/60 (OStA)
- 3.7 Ermittlungen der StA beim LG Kassel gegen den ehemaligen Leiterder Gestapo Kassel Franz Marmon wegen des Verdachts einesVerbrechens gegen die Menschlichkeit ab 1951, Az.: 3a Ks 3/51
- 3.8 Ermittlungen der StA beim LG Köln gegen KR a.D. Böhlhoff wegendes Verdachts der Beihilfe zum Mord oder versuchtem Mord ab 1961, Az.:24 Js 542/61
- 3.9 Ermittlungen der StA beim Kammergericht Berlin unter anderemgegen Dr. Richard Schulze wegen des Verdachts der Beihilfe zum Mordan flüchtigen britischen Fliegeroffizieren (sogenannter ´Sagan-Fall´ 1944)ab 1967, Az.: 1 Js 10/65 und 1 AR (RSHA) 107/66
- 4. Zusammenfassung und Fazit zu Kapitel III
- 5. Paul Werner - ein sogenannter ´Schreibtischtäter´ in mittelbarerTäterschaft?
- 5.1 Begriff/Definition
- 5.2 Eichmann-Prozess
- 5.3 Strafrechtliche Verantwortlichkeit von ´Schreibtischtätern
- IV. Zusammenfassung und Fazit
- Anhang
- 1. Verzeichnisse
- 1.1 Abkürzungsverzeichnis
- 1.2 Quellen- und Literaturverzeichnis
- 1.3 Personenregister
- 2 Anlagen