Verzeichnis von größeren Aufgaben für U I.
I. Kuratoren
1. Kuratorialinstruktion. Der Entwurf liegt vor und wird m[eo] v[oto] h[umili]166 noch einmal an Herrn Kurator von Meier behufs erneuter Prüfung aufgrund der von ihm in Göttingen gemachten Erfahrungen zurückzuschicken sein, um sodann zum Abschluß gebracht zu werden.
II. Allgemeine Universitätsangelegenheiten
2. Revision der Universitäts- und Fakultätsstatuten. Der Zweck wird m[eo] v[oto] h[umili] sein müssen: 1. Streichung der vielen obsoleten und inepten Bestimmungen, 2. Herbeiführung einer Übereinstimmung in denjenigen Punkten, welche in einem wohlgeordneten Staate für alle Universitäten gleichmäßig geregelt sein sollten, während jetzt in dieser Beziehung zahlreiche Verschiedenheiten sine mente ac ratione167 bestehen. Im übrigen wird dagegen der Gesichtspunkt festzuhalten sein: in dubiis libertas168, Vermeidung jeder schablonenhaften Uniformität und Schonung der Individualität der einzelnen Universitäten, wie sich dieselbe historisch entwickelt hat.
3. Promotionswesen. Es wird sich darum handeln, gewisse Normen aufzustellen, welche in allen Promotionsordnungen unbeschadet ihrer sonstigen Verschiedenheit zugrunde zu legen sind zum Beispiel: Name des Zensors auf der Dissertation, Beibehaltung oder Abschaffung des formellen Promotionsaktes, Gebrauch der deutschen Sprache, Mediziner dürfen in der Regel erst nach Ablegung der ärztlichen Prüfung zur Promotion zugelassen werden, Abschaffung der Magisterprüfung etc. etc. – Schollmeyer.
4. Gebührenwesen. Kosten der Immatrikulation und der Exmatrikulation, Gebührenanteile des Rektors und der Dekane, Promotions- und Habilitationskosten etc. Hier bestehen vielfache Verschiedenheiten, die entweder überhaupt oder doch in dem jetzigen Umfange unberechtigt sind.
5. Auditoriengelder, Institutsgebäude und Praktikantenbeiträge. Diese Materie ist im wesentlichen geordnet. Es bedarf indes noch einer Fixierung der Auditoriengelder, damit der fleißige Student nicht härter getroffen wird als der unfleißige.
III. Professoren
6. Gehaltsverhältnisse. Es ist nötig: 1. eine Verstärkung der Besoldungsfonds durch Erhöhung der Durchschnittssätze, 2. eine Verbesserung des ganzen Besoldungssystems in der Art, daß die Verwaltung zwar im allgemeinen die jetzige Freiheit der Bewegung (Individualsystem) behält, aber doch gewisse Einschränkungen festgesetzt werden, wodurch die Lage der Professoren gesicherter wird, zum Beispiel Minimalbesoldungen, Alterszulagen etc. Vergleiche die umfangreiche Literatur und die Gehaltssysteme in anderen deutschen Ländern. – Enneccerus.
7. Honorarwesen. Die jetzige Bemessung lediglich nach der Stundenzahl führt zu unhaltbaren Ergebnissen, zum Beispiel zu dem Bestreben, die Vorlesungen zu einer unangemessenen Stundenzahl auszudehnen, ferner dazu, daß dieselbe Vorlesung im Sommer teurer ist als im Winter. Die medizinischen und naturwissenschaftlichen Vorlesungen sind vielfach zu teuer, weil ursprünglich davon ausgegangen wurde, daß der Dozent das Material und die Assistenz auf eigene Kosten zu stellen habe. Im übrigen aber liegt zu einer Herabdrückung der Honorare kein Grund vor, weil es kein Bedürfnis, Unbemittelte noch mehr als bisher zum Studium zu verlocken, [gibt]. Dieser Gesichtspunkt führt auch auf die Frage, ob nicht das Stundungswesen abzuschaffen und nur der Erlaß beizubehalten ist (so in Bayern). Vor allem muß aber die Freiheit des einzelnen Dozenten, das Honorar zu bestimmen, beschränkt werden. – Enneccerus.
8. Reliktenversorgung. Der Plan ist in Übereinstimmung mit dem Finanzministerium ausgearbeitet. Zur Durchführung desselben sind aber noch umfangreiche Arbeiten nötig, da die Statuten der einzelnen Witwenkassen entsprechend abgeändert werden müssen. Zur Ermöglichung dieser Abänderung ist eine Allerhöchste Bestimmung erforderlich, daß die Beschlüsse der Generalversammlungen der Kassen nicht einstimmig gefaßt zu werden brauchen.
9. Beurlaubung von Professoren und Beschränkungen der übermäßigen Privatpraxis der Kliniken (natürlich nur der neu anzustellenden).
10. Abschaffung der unbesoldeten Extraordinarien. Ist im Gange.
IV. Privatdozenten
11. Rechtliche Stellung der Privatdozenten. Disziplin, Residenzpflicht, Beurlaubung etc. Alles in Unordnung.
12. Der Dozentenfonds bedarf einer grundsätzlichen Umgestaltung. Die Überzeugung, daß derselbe in seiner jetzigen Gestalt nichts weniger als heilsam wirkt, ist nahezu eine allgemeine.
V. Studenten
13. Bedarf an Studenten. Es fragt sich, wie viele Studierende in den verschiedenen Berufszweigen vorhanden sein müssen, um den öffentlichen Bedarf in Preußen zu decken. Über diese, auch für U II so wichtige Frage ist meines Wissens noch nie eine zuverlässige Berechnung erstellt worden. – Lexis
14. Stipendienwesen. Die vielen kleinen Stipendien, die jetzt gebräuchlich sind, werden meist ohne ernste Prüfung an den ersten besten vergeben und tragen wesentlich zur Förderung des Pauperismus auf der Universität bei; es wird ein Minimalbetrag von etwa 600 Mark, wie bei den Technischen Hochschulen festzusetzen sein. Auch dienen gegenwärtig die Stipendien vielfach nur zur Bezahlung der Kollegiengelder, so daß die Professoren die eigentlichen Stipendiaten sind; daher wird sich die Bestimmung empfehlen: wer ein Stipendium bekommt, ist zugleich ipso iure von den Kollegiengeldern befreit (so auch bei den Technischen Hochschulen).
15. Krankenkassen. Obligatorischer Beitritt? Jetzt hier so, dort so. Auch sonst in den Reglements viele ganz ungehörige Verschiedenheiten.
16. Studentenausschüsse. Stellungnahme dazu und normativ für die Organisation.
VI. Prüfungsordnungen
17. Juristische. Die Kommission hat noch nichts Vernünftiges fertiggebracht. Die Angelegenheit wird energisch wieder aufzunehmen sein, zumal der Erlaß des Zivilgesetzbuches, worauf immer vertröstet wurde, noch in Jahren nicht zu erwarten steht.
18. Ärztliche. Verschiedene Punkte bedürfen dringend der Abhilfe. So, daß jetzt Mediziner schon vor bestandener ärztlicher Vorprüfung die Kliniken besuchen dürfen (auch als Praktikanten!), daß Kandidaten, die einen Prüfungsabschnitt nicht bestanden haben, zu den folgenden übergehen dürfen, ehe sie jenen nachgeholt haben, etc. Am schlimmsten ist, daß die medizinische Klinik, also der Mittelpunkt der praktischen Ausbildung, weder im Studium noch in der Prüfung zu ihrem Rechte kommt. Auch eine Ausdehnung des Studiums auf 10 Semester halte ich für sehr wünschenswert.
19. Pharmazeutische. M[eo] v[oto] h[umili] sind erhöhte Anforderungen an die Schulbildung und 4 Semester Studienzeit erforderlich.
VII. Bibliotheken
20. Gruppenbildung der Bibliotheken, so daß die aus 2 oder 3 Bibliotheken bestehende Gruppe Vollständigkeit anstrebt, indem jede einzelne dazu gehörige Bibliothek gewisse Literaturgebiete vorzugsweise anbaut.
21. Verhältnis der Seminar- und Institutsbibliothek zur Universitätsbibliothek. Jetzt besteht gar kein Verhältnis, was zu den größten Unzuträglichkeiten und unnützen Ausgaben führt. Das Richtige wird sein, die Seminar- etc. Bibliotheken werden, unbeschadet der freien Bewegung der Direktoren, zu detachierten Teilen der Universitätsbibliothek gemacht.
22. Bibliothekfrage für Berlin. Bestimmung der Universitätsbibliothek im Verhältnis zur Königlichen Bibliothek. Begründung von neuen Fachbibliotheken etc.
23. Admissionsbedingungen für den Bibliotheksdienst. Prüfung etc.
24. Anciennitätsliste der wissenschaftlichen Beamten. Ist in Vorbereitung.
25. Katalogisierung. Einheitliche Bestimmungen über die Katalogisierung, damit nicht jeder Bibliothekar immer wieder von neuem anfängt, und die Einführung der Druckzettel anstelle der geschriebenen Zettel, was eine große Ersparnis an Zeit und Kosten zur Folge haben und die mühelose Herstellung von mehreren Exemplaren des Katalogs ermöglichen wird. Ist eingeleitet durch die Einsetzung einer Kommission, bestehend aus den Herren Wilmanns, Dziatzko und Hartwig.
26. Regelung des Doublettenwesens. Abschaffung des Verkaufes von Doubletten und Abgabe derselben an andere Bibliotheken.
27. Gesetzentwurf über Pflichtexemplare. Die innerhalb Preußens bestehende Rechtsverschiedenheit ist unmotiviert; der gegenwärtige Zeitpunkt erscheint für eine einheitliche Regelung mit Rücksicht auch auf die Agitation der Buchhändler in der Rabattfrage günstig. Ist in Vorbereitung.
VIII. Literatur
28. Die Chroniken. Es bedarf einer größeren Gleichmäßigkeit in deren Einrichtung. Muster: Die Bonner Chronik.
29. Zusammenstellung der Bestimmungen. Für Berlin durch Herrn Daude erledigt. In Halle unter Leitung des Herrn Kurators in Ausarbeitung. Im übrigen langsam vorgehen und schließlich eine zusammenfassende Arbeit nach Art von Koch.
30. Geschichte der Universitäten. Kaufmann wird jetzt als Professor in Münster in der Lage sein, das Werk rascher zu fördern.
31. Bibliographie der Universitätsliteratur. Damit ist Herr Kustos Dr. Erman (Königliche Bibliothek) beschäftigt.169